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Karin Ackermann-Stoletzky
Hannelore Deußing
Halt
geben!
Menschen mit Demenz begleiten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
ISBN 9783865066985
© 2014 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers
Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers
Titelfoto: shutterstock
Satz: Brendow Web & Print, Moers
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
www.brendow-verlag.de
Cover
Titel
Impressum
Vorwort I
Vorwort II
Zitat
Einführung
Teil I Demenz – Ursachen, Diagnose, Behandlung
Ursachen von Demenz
Das hohe Alter als Risikofaktor
Weitere Risikofaktoren für eine Demenz
Wann liegt eine Demenz vor?
Formen von Demenz
Verteilung der häufigsten Demenzformen
Alzheimer
Vaskuläre Demenzen
Demenzphasen: Eine Übersicht
1. Phase: Leichte Demenz
2. Mittelschwere Demenz
3. Schwere oder fortgeschrittene Demenz
Diagnose
Diagnosestellung
Der Ablauf der Diagnosephase
„Pseudodemenz“ – die Unterscheidung Demenz und Depression
GHIAbgrenzung zu weiteren Krankheiten
Anlaufstellen: Beratung und Information
Memory-Kliniken
Selbsthilfegruppen
Demenzberatungsstellen
Therapie: Was kann helfen?
Medikamentöse Therapie
Nicht-medikamentöse Behandlungskonzepte
Kommunikation und Demenz
Ein kleiner Einblick in die Kommunikationstheorie
Veränderungen in der Kommunikation von Demenzkranken
Hilfen und Anregungen für die Kommunikation mit demenziell Erkrankten
Teil II Halt im Meer des Vergessens. Hilfen für Betroffene und Angehörige
1. Leichte Demenz
Wenn sich der Alltag plötzlich entzieht – die Anfangsphase der Demenz
Demenz und Berufstätigkeit
Was Sie früh klären sollten: Vorsorgedokumente
Psychotherapeutische Angebote für den Betroffenen in der Frühphase der Krankheit
Liebe Gewohnheiten und Hobbys beibehalten
Demenz und Bewegung
Hilfsmittel: Merkhilfen im Alltag, Wohnungsumgestaltung, technische Hilfsmittel, Vorsorge im Notfall und vieles mehr
Orientierungshilfen im Alltag
Das Zuhause gut gestalten: So passen Sie die Wohnung an
Bereich Sicherheit
Im Notfall
„Stark mit Demenz“ – Ideen und Anregungen für Menschen im Frühstadium der Demenz von Helga Rohra
2. Mittlere bis schwere Demenz
Bewusster Umgang mit dem Betroffenen
Gefühle und Bewusstsein des Betroffenen ernst nehmen
Der Tag braucht Struktur: Anregung und Aktivierung
So klappt‘ s mit der Pflege
Weitere Anpassungen der Wohnung
Pflegehilfsmittel
Selbst-Erhaltung: Den Betroffenen einbeziehen
Essverhalten, Essen reichen, Ernährung
Leben aus dem Augenblick
Kommunikation bei fortgeschrittener Demenz
3. Späte Phase der Demenz
Die Verbindung nicht abbrechen lassen: Kommunikation in der Spätphase der Demenz
Die Gestaltung des Alltags
Basale Simulation
Zeit nehmen
Auf Körpersprache achten
Besondere Problemfelder der späten Phase
Essen und Trinken in der späten Demenz
Wenn Schmerz nicht wahrgenommen wird: Die verschiedenen Ebenen des Schmerzes
Unterstützungsmöglichkeiten: Vom Seniorendienst bis zur Pflegeeinrichtung
Woran erkenne ich ein gutes Pflegeheim?
Worauf muss ich bei der Auswahl eines Heimes achten?
Ehrenamtliche Angebote
Seniorenservice
Tagespflege: Eine alternative Versorgungsform
Pflegestufen
Einstufung
Weitere Unterstützungs- und Absicherungsangebote für pflegende Angehörige
Betreuungs- und Pflegekonzepte
Biografiearbeit
Realitätsorientierungstraining
Validation
Mäeutik – der verletzliche Mensch im Mittelpunkt
Dementia Care Mapping
Teil III Die Situation der Angehörigen
Wenn sich alles ändert
System Familie
Die Rolle des Betroffenen
Haben Sie noch „offene Rechnungen“?
Wenn Familienrollen behindern
Auswirkungen von langfristigem Stress für den Pflegenden
Wie Stress entsteht
Selbsttest: Wo lag heute Ihr „Stresslevel“?
Unabhängigkeit hilft, gesund zu bleiben
Möglichkeiten der Unterstützung
Entspannungsübungen
Ruhebilder
Ruheorte
Progressive Muskelentspannung
Kneipp‘ sche Anwendungen
Teil IV Noch immer Teil der „Gemeinschaft der Gläubigen“
Demenz und Spiritualität
Lebenslanger Glaube
Wie verändern sich die geistlichen Bedürfnisse von Menschen mit Demenz?
Ein Ort für Glaube mit Demenz
Die „demenzfreundliche Gemeinde“
Was macht eine Gemeinde „demenzfreundlich“?
Ideen zur Gestaltung einer demenzfreundlichen Gemeinde
Ideen und Anregungen zur Durchführung eines Demenzgottesdienstes
Aufgabenparcours: Wie fühlt sich ein Mensch mit Demenz?
Verwendete Literatur
Hilfreiche Seiten im Internet
Weitere Bücher
Fußnoten
Vorwort I
Dieses Buch richtet sich nicht an „Profis“. Es will kein Fachbuch sein, sondern eher ein Lesebuch, das Sie ermutigt, informiert, nachdenklich macht sowie zum Handeln und zu guten Begegnungen verhilft. Wir möchten Sie einladen, mit uns darüber nachzudenken, wie Demenz das Leben, die Beziehungen, die eigene Spiritualität verändern kann – und Ihnen Gedankenanstöße dazu vermitteln, wie man mit dieser Situation umgehen kann.
Dabei gehen wir davon aus, dass jeder Mensch, ob mit oder ohne Demenz, ein wertvolles Lebewesen ist, ein Kind des Schöpfers. Und dass jeder Mensch es verdient, von seiner Umwelt so wertschätzend wahrgenommen zu werden.
Die Begründerin der Familientherapie, Virginia Satir, schrieb vor vielen Jahren ihr „Credo“ zum Umgang von Mensch zu Mensch:
„Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt.“
Gesehen, gehört, verstanden und berührt … Wir würden uns freuen, wenn unser Buch dazu ermutigt.
Karin Ackermann-Stoletzky
Vorwort II
Warum schreibe ich mit an diesem Buch? Es gibt bereits so viele gute Bücher und Artikel zum Thema Demenz. Bücher von Fachleuten und Bücher von Betroffenen.
Ich bin Ergotherapeutin und arbeite mit Menschen, die in der Diagnosephase stehen, eine Demenzerkrankung diagnostiziert bekamen oder mit Demenz leben. Informationen und Gedanken, die mir wichtig sind, möchte ich hier zusammenfassen.
Ich bemerke, dass die Art und Weise, wie mit einer Diagnose umgegangen wird, immer unterschiedlich ist. Was macht die Diagnose Demenz so schrecklich? Vielleicht ist es das wenige Wissen, die Angst davor, damit nicht zurechtzukommen, die Ungewissheit. Denn das Leben wird sich nachhaltig verändern. Manches kann man vielleicht eine Weile verdrängen. Anderes ist von Beginn an so mächtig, dass es nicht verdrängt werden kann, sondern in den Alltag und in die Beziehungen drängt.
Ich habe mich manchmal gefragt: Wie wäre das für mich? Zu wissen, ich würde mehr und mehr Probleme mit dem Gedächtnis bekommen, mich an Verschiedenes in der Vergangenheit nicht mehr erinnern können und im Alltag zunehmend abhängiger von der Hilfe anderer? Letzteres wäre besonders schrecklich für mich.
Eines weiß ich ganz genau: Ich würde die Diagnose wissen wollen. Ich würde mir wünschen, genügend Zeit zu haben, die zu diesem Zeitpunkt unerledigten Dinge regeln zu können. Ich würde mir wünschen, Unterstützung zu haben und Unterstützung annehmen zu können.
Dabei soll dieses Buch helfen.
Ich arbeite jetzt fast 40 Jahre im sozialen Bereich, in der Pflege sowie in unterschiedlichen ergotherapeutischen Bereichen. Ich bin vielen Menschen mit Demenz begegnet. Viele Erinnerungen sind beim Schreiben dieses Buches und in den Gesprächen wieder hochgekommen. Eine ist mir besonders lieb: Ich erinnere mich an eine kleine rundliche Frau, die im Heim in einer Wohngruppe gelebt hat und gerne tanzte. Manchmal haben wir im Zimmer getanzt, Walzer, sie hat geführt. Das hat mich etwas Wichtiges gelehrt: Menschsein ist nicht nur denken und planen können. Menschsein ist leben können. Und es ist auch mit Demenz möglich. Auch dazu, dies zu erkennen, soll dieses Buch beitragen.
Ich bedanke mich bei allen Menschen, die mich unterstützt haben.
Ich bedanke mich besonders bei meinen Interviewpartnern und -partnerinnen.
Hannelore Deußing
Ich träume von einem Land,
in dem Menschen mit Alzheimer
durch die Straßen irren können.
Auf der Suche nach ihrem Haus,
dem für immer verlorenen Zuhause.
Und dass da immer jemand ist, der sagt:
„Kommen Sie, ich bring Sie nach Hause.“
Stella Braam
Einführung
„Ich gehe jetzt und …“ Mitten im Satz fällt einem das nächste Wort nicht ein. Man nennt das eine Wortfindungsstörung, und die zeigt sich besonders in Stresssituationen. Solche Augenblicke kennt jeder: Vergesslichkeit, Gedankendurcheinander, innere Zerfahrenheit – aber eben noch keine Demenz.
Anders sähe die Sache aus, wenn man nicht mehr wüsste, welche Jahreszeit gerade ist, oder ernsthaft glaubte, eine Apfelsine zu essen, bei der es sich aber offensichtlich um einen Apfel handelt. Oder wenn man sich plötzlich nicht mehr in der eigenen Wohnung zurechtfände.
Das können Anzeichen für eine Demenzerkrankung sein. Aber Vorsicht: Ebenso gut könnten sie auf eine schwere Depression, Austrocknung oder einen vorübergehenden Verwirrtheitszustand hinweisen …
Eine erschreckende Diagnose
Demenz, umgangssprachlich auch Altersverwirrtheit genannt, ist eine fortschreitende Erkrankung, von der vor allem ältere Menschen betroffen sind. Die Demenz ist nicht die Folge eines natürlichen Alterungsprozesses, sondern gehört zu einer Gruppe von Erkrankungen des Gehirns, bei der Nervenzellen vorzeitig absterben.
Wer an Demenz erkrankt, muss damit fertig werden, dass sich sein Leben grundlegend verändert.
Zunächst bedeutet Demenz eine zunehmende Einschränkung der Fähigkeit, das Leben selbst zu organisieren und zu verarbeiten. Außerdem bedeutet Demenz, ein stigmatisierendes Etikett zu bekommen, und zwar eines, das wir alle fürchten. „Ich denke, also bin ich“, hat es der Philosoph Descartes formuliert. Wenn mein Denken sich aber verändert, wenn ich die Kontrolle verliere: Bin ich dann noch? Und wenn ja, wer bin ich dann?
„Um offen zu sein, ich fürchte, ich bin nicht bei vollem Verstand. Mir scheint, ich sollte Euch kennen und diesen Mann auch, doch ich bin im Zweifel; denn ich bin völlig im Unklaren, was für ein Ort dies ist, und alle Kenntnis, die ich habe, erinnert sich nicht an diese Kleider; auch weiß ich nicht, wo ich letzte Nacht gewohnt habe.“
Zitat aus „König Lear“ von William Shakespeare
Der Begriff „Demenz“ an sich ist eigentlich schon eine Abwertung des Betroffenen. „Ohne Geist sein“, heißt die Übersetzung aus dem Lateinischen. Ohne Geist? Das ist vollkommen falsch! Menschen sind prinzipiell nicht ohne Geist. Wenn auch die Kontrolle über die eigenen Gedanken, Handlungen und Erinnerungen sich verändert und schwindet, bleibt ein Mensch doch er selbst, und die Gefühle verschwinden überhaupt nicht. Sie werden im Gegenteil oft viel unmittelbarer, ehrlicher und klarer. Und im christlichen Sinne gibt es die Idee vom „Menschen ohne Geist“ schon gar nicht. Jeder Mensch ist und bleibt ein geliebtes Kind des himmlischen Vaters. Prof. Jürgen Steiner (Zürich) schlägt deshalb als Alternative die Bezeichnung „Menschen in einem kognitiven Wandel“ vor, den wir ebenfalls für sinnvoller halten. In diesem Buch bleiben wir aber bei der in Deutschland gebräuchlichen Bezeichnung „Demenz“, um keine unnötige Verwirrung zu stiften.
Demenz ist kein Randgruppenthema
Nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sind derzeit rund 1,4 Millionen Männer und Frauen in Deutschland von Demenz betroffen. Weil unsere Gesellschaft immer älter wird, werden es 2050 voraussichtlich 3 Millionen sein. Dennoch herrscht viel Unwissen über die Krankheit, die überwiegend Menschen über 65 und einige wenige jüngere trifft.
In unserer Gesellschaft des langen Lebens kennt fast jeder Erwachsene Personen, die an Demenz erkrankt sind, oder zumindest ihre Angehörigen. Wenn man davon ausgeht, dass es pro Betroffenem durchschnittlich 3 Angehörige gibt, dazu Freunde, Nachbarn und Gemeindemitglieder, hat eigentlich jeder Mensch in seinem Umfeld Kontakt zu Demenzbetroffenen und ihren Angehörigen.
Viele sehr alte Menschen müssen erleben, dass ihre Gedächtnisleistungen und kognitiven Funktionen nachlassen. Unsere Kognition ist unsere Fähigkeit, Signale der Umwelt wahrzunehmen und weiterzuverarbeiten. Das Wort „kognitiv“ leitet sich aus dem lateinischen „cognoscere“ ab, was mit „erkennen“ zu übersetzen ist. Wenn es mir immer schwerer fällt, zu erkennen und zu verarbeiten, was um mich herum geschieht, verliere ich in meinem Leben zunehmend die Orientierung, fühle mich unsicher und kann nicht mehr so reagieren, dass meine Umwelt mein Verhalten als angemessen erlebt.
„Demenz“ beschreibt eine Erkrankung, bei der sich dieser Prozess immer weiter fortsetzt. Menschen mit Demenz fällt es zunehmend schwerer, Neues dazuzulernen. Ihr Kurzzeitgedächtnis wird immer stärker eingeschränkt, ihr Langzeitgedächtnis funktioniert nicht mehr zuverlässig – es gibt die benötigten Informationen nicht immer dann preis, wenn sie gebraucht werden. Störungen der Wahrnehmung und Persönlichkeitsveränderungen können hinzukommen, die Sprachfähigkeit kann sich verändern. Die Gefühle aber funktionieren bis zum Schluss – wenn auch nicht immer so, dass die Umwelt sie nachvollziehen kann.
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