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Vorwort
Enttäuschung und mögliche Entscheidungen
Wider die Lebenslüge. Ein Erfahrungsbericht.
Sei mutig und entscheide dich!
Nimm dein Schicksal an und gestalte es selbst!
Gestalte und erschaffe deine eigene Realität!
Der Seinszustand und das Bewusstsein
Die universelle Energie und ihre Ausdrucksformen
Die Opferrolle
Die Ursachen der Angst
Liebe – was ist Liebe?
Der innere Frieden im Vertrauen in die universellen Gesetze
Die Kirche und die Religion
Von Liebe und Schmerz
Eine tief greifende eigene Erfahrung
Gott in Aktion – du!
Praxisarbeit mit Katrin
Die Funktionsweisen unserer Bewusstseinsstufen
Das zwischenmenschliche Beziehungsgeflecht
Die Chakren
Nachwort
Georg O. Anders
Ohne Du kein Ich,
kein Wir
Erkenne
die Großartigkeit
in Dir und allem,
so heilst Du
die Wunden unserer Zeit
Sachbuch/Ratgeber
VORWORT
Schön, dass Sie da sind.
Danke, dass Sie bereit sind, einen Teil Ihrer Zeit der Lektüre zu widmen.
Ohne Du kein Ich, kein Wir.
Ohne Sie, liebe Leserin, lieber Leser, wäre dieses Buch ziemlich sinnlos.
Wenn es niemanden gäbe, der sich für diese Zeilen interessierte, würde das Ziel, durch Information eine Veränderung anzubieten, verfehlt werden. Genauso wenig wäre das Buch ohne die vielen Menschen entstanden, die an seiner Entwicklung teilhatten.
Wir brauchen einander!
Deshalb ist es schön, dass Sie da sind!
Alle Ereignisse werden von hinten geschoben, und viele Wege führen nach Rom.
Dieser Ausspruch meiner Großeltern umschreibt wohl am deutlichsten meinen Lebensverlauf.
Wie viele Um- und Irrwege, aber auch wunderschöne Wegstrecken waren für mich nötig, um hierher zu gelangen! Und wie oft erwarteten mich am Wegesrand Menschen oder unerwartete Ereignisse, die mich immer wieder auffingen, wenn ich schon den Mut verloren hatte. Diese Tatsache ist für mich das erhabenste und wunderbarste Geheimnis der Welt. Und jene Wegbegleiter waren vor allem auch dann noch an meiner Seite, wenn ich mich nicht von meiner besten zeigte. Dafür bin ich ihnen unendlich dankbar.
Ein Freund ist ein Mensch, der alles von dir weiß und dich trotzdem liebt.
Diesen auf einer Karte verewigten fernöstlichen Weisheitsspruch schenkte mir vor einigen Jahren meine wunderbare Frau, die mit mir lebt und zelebriert, was bedingungslose Liebe bedeutet. Sie ist für mich Freundin und Geliebte, Beraterin, Beichtmutter und Ruhepol. Ohne ihren unermüdlichen Zuspruch und ihre zauberhafte Eigenschaft, mich zu nehmen, wie ich bin und mir immer wieder das Lied meiner Seele vorzusingen, wenn ich es schon vergessen glaubte, wäre dieses Buch sicherlich nie entstanden. Jeden Tag danke ich Gott für diese Führung und Fügung, die uns zusammenführte.
Meine Frau hat einen kleinen gemütlichen Laden, ein Geschäft, vollgestopft mit Engelsfiguren, Steinschmuck, Heil- und Edelsteinen. Etwas chaotisch, aber die Leute scheinen eben gerade dies zu lieben.
Hier lernte ich Menschen kennen, die zu mir stehen und das Leben von mir und meiner Frau ungemein bereichern. Ihnen allen danke ich zutiefst für ihre Anteilnahme und den Trost in den dunkelsten Stunden meines Lebens.
Da ist zum Beispiel Brigitte Wendrich, die mir liebevoll zur Seite steht und mit großem Engagement den Text überarbeitet und digital erfasst hat. Ihr unermüdlicher Einsatz hat maßgeblich zum Entstehen dieses Buches beigetragen.
Auch Marion Engel, ein überaus liebevoller Mensch, stand mir und meiner Frau zur Seite und hat darüber hinaus Anteil an dem Buch durch ihr Einverständnis, einen von ihr an mich gerichteten Brief abdrucken zu dürfen. Ihre Zeilen zu dem jähen Tod meiner geliebten Tochter haben mich tief bewegt und sind sicher geeignet, auch anderen Menschen in ähnlichen Situationen Trost zu spenden.
So aussichtslos Situationen manchmal auch erscheinen mögen, immer sollten wir genau hinschauen und uns fragen, welche Botschaft sich in der schicksalhaften Konstellation verbirgt.
Oder ziehen Sie es vor, lieber keine neue Erfahrung zuzulassen?
Die Entscheidung liegt immer bei Ihnen!
Ebenso verhält es sich mit diesem Buch.
Sind Sie bereit, Veränderungen zuzulassen oder zumindest alte Verhaltensmuster zu überdenken? Oder glauben Sie, dass Ihre Welt so in Ordnung ist, wie sie sich im Augenblick präsentiert? Auch gut, dann lesen Sie dieses Buch eventuell nur zum Vergnügen. Sollte es Sie jedoch ansprechen und zum Nachdenken anregen, freue ich mich umso mehr.
Zum Abschluss möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass dieses Buch im Folgenden die Du-Form verwendet, was einfach der Tatsache geschuldet ist, dass wir alle mit seelischer Energie ausgestattete Menschen sind, deren Körper letztlich ebenfalls aus seelischer Energie besteht. Somit schafft das Du eine unbewusste Vertrautheit, auch ohne dass wir, Sie und ich, uns persönlich kennen.
Nun wünsche ich dir eine gute Reise durch diese Zeilen, möge dein Herz offen und dein Geist bereit sein.
Herzlichst,
Georg O. Anders
ENTTÄUSCHUNG UND MÖGLICHE
ENTSCHEIDUNGEN
Unsere Welt befindet sich im Umbruch. Alte Werte werden überdacht, geändert, fallengelassen oder aber zu neuem Glanz aufpoliert.
Mit dem zu Ende gegangenen etwa 2.000 Jahre alten Fische-Zeitalter wurde das neue des Wassermanns eingeläutet, das die Entfaltung einer neuen Humanität und spirituellen Ausrichtung sowie eine Transformation der Gesellschaft zu einer höheren Evolutions- und Bewusstseinsstufe der Menschheit verspricht, was dir unter dem Begriff New Age vielleicht geläufiger ist.
Auch auf dich warten Veränderungen als unausgesprochene Einladungen, dein Bewusstsein zu erweitern und dir klarzumachen, dass es so wie bisher nicht weitergeht.
Der Klimawandel, die Umweltverschmutzung und sterbenden Meere, die weltweit nicht enden wollenden Kriege, Finanzmanipulationen und Doping-Skandale sind Beispiele für eine Welt, die man bestenfalls ›unbewusst‹ nennen kann.
Unsere Geschichtsbücher sind voll mit Berichten, die vor Grausamkeiten gerade nur so triefen.
Wie konnte es jedes Mal so weit kommen? Warum schaute eine ganze Nation, manchmal auch die ganze Welt, bei Verbrechen zu, die nur einem kranken Gemüt entspringen konnten? Und diese Frage stellt sich, wie wir wissen, auch heute noch.
Nein, liebe Seele, der Punkt ist gekommen, endlich zu handeln!
Durch unsere Welt ist ein Ruck gegangen. Es werden Konzerte für unsere Mutter Erde gegeben, und der Dalai Lama hat bei seinem Deutschlandbesuch quer durch alle Gesellschaftsschichten einen positiven Anklang gefunden, der selbst die kühnsten Erwartungen seiner Anhänger übertroffen hat.
All dies sind Zeichen für längst fällige Veränderungen, um die unsere Welt im physischen und feinstofflichen Bereich schon lange bittet.
Es liegt an uns, für die kommenden Entwicklungen offen zu sein und auch eventuell Verluste hinzunehmen und bereit zu sein, sich von veralteten Vorstellungen zu verabschieden.
Bereitschaft signalisieren heißt hier, bereit zu sein, andere Wege zu gehen, die ausgetretenen Pfade des Gewohnten zu verlassen, Mut zu zeigen und die eigene Kraft im Kontext der ewigen Wahrheiten auszuleben, die sich aus dem gesunden Menschenverstand ergeben.
Die Erinnerung an uns selbst, die Fähigkeit, die alte Gewissheit wiederzubeleben, die uns schon seit Menschengedenken vor dem Aussterben bewahrt hat, beseelt uns mit der Einsicht: Tu einem anderen nichts an, was du nicht selbst durch andere erfahren möchtest.
Warum tun wir es dennoch?
Diese und ähnliche Fragen möchte ich in diesem Buch aufgreifen, in dem ich mich mit dem Thema unbewusstes Handeln und seinem spiegelbildlichen Konterpart bewusstes Handeln und den daraus korrespondierenden Polen wie das Erschaffen von Realität und die Relativität der Realität auseinandersetze, aber mich ebenso mit dem Thema eigene Verantwortung und der sich darin verbergenden betörenden Freiheit beschäftige, zu der man nur durch verantwortungsvolle Liebe gelangen kann, da sie ständig von Verlustangst begleitet ist.
Immer wieder sind wir aufgefordert, dem Fluss des Lebens zu vertrauen und die ewig gültigen Gesetze unseres Universums zu akzeptieren und zu nutzen.
Die gewaltige Macht der Gedanken, das wunderbare Geschenk der Dankbarkeit und das kaum zu beschreibende Gefühl des Friedens in der Vergebung sind weitere Eckpfeiler unseres Wachstumsprozesses auf unserem Planeten Erde.
Wir stehen vor großen Herausforderungen. Wir werden sie nur im Ausschöpfen der ganzen vom Unterbewusstsein bis zum Suprabewusstsein sich erstreckenden Bandbreite unseres Bewusstseinspotenzials meistern können.
Die Erklärung der sogenannten Chakren aus wissenschaftlicher und spiritueller Sicht wird schließlich unsere gemeinsame Reise in der Hoffnung beenden, selbst einen kleinen Samen für die große Veränderung gelegt zu haben.
Unsere Kinder werden es uns danken!
Ich möchte dich einladen, diesen Weg mit mir zu gehen und uns gemeinsam die verschiedenen Muster anzusehen, die wir verfolgen, um an universelle Energie heranzukommen.
Deine Freude soll meine Freude sein, deshalb ist es mir ein außerordentliches Vergnügen, dich einzuladen und hoffen zu dürfen, dass auch dich dieses Buch ein Stückchen weiterbringen wird (so weit, wie du es zulässt) – ein Stückchen weiter auf dem Weg zu dir selbst.
Eine Entscheidung hast du bereits getroffen, nämlich Veränderungen zuzulassen, sonst würden wir beide, du und ich, uns hier nicht unterhalten.
Das mag dir fremd vorkommen, dass ich der Meinung bin, dass wir uns unterhalten, da du diese Zeilen ja ›nur‹ liest, eine Diskussion, ein Gedankenaustausch im klassischen Sinn also nicht zustande kommen kann. Doch du hast gefragt, hast Fragen an das Universum gestellt, vielleicht nicht laut, sie nicht mit klaren Worten in den Äther geschickt, sondern als ein mit Gedanken, Handlungen, Zweifeln und unbewussten Äußerungen und Gefühlen angefülltes Paket, das neben dem Empfinden von Unzufriedenheit und Unruhe auch das Gefühl beinhaltet, dass da noch mehr sein muss. Noch mehr sein muss als der Trott des Alltags und noch mehr als der ständige Kampf ums Überleben und das tägliche Ringen nach Anerkennung und Liebe, Lob und Freude – kurz: Es muss also noch mehr geben als den Kampf um Energie im weitesten Sinne.
Wer bist du heute? Was machst du? Wo stehst du? Was denkst du?
Schön, dass du auf unserem gemeinsamen Weg zur Vollkommenheit der Seele mithelfen willst, diese und andere Fragen im Bewusstsein unserer seelisch unbegrenzten Herrlichkeit und Einzigartigkeit zu beantworten.
Das ist ein hohes Ziel, auf dessen langem Weg die Gefahren des Scheiterns und der Enttäuschungen lauern. Enttäuschungen tun weh. Vielleicht wartet am Ende des Buches auch die Enttäuschung auf dich, vielleicht hast du etwas anderes erwartet, in welcher Form auch immer, aber vielleicht bist du auch begeistert, setzt das Gelesene um und schreitest voran auf dem Weg deines Lebens.
Die Entscheidung liegt bei dir. Das Buch selbst und seine Aneinanderreihung von Buchstaben sind in sich neutral, es handelt sich nur um Buchstaben, Satzzeichen und um das Papier, auf dem die Buchstaben stehen. Mehr nicht, aber auch nicht weniger.
Falls du nun enttäuscht bist, mag es daran liegen, dass dein Bewusstsein, dein Ich, noch nicht bereit ist, die Gefühle – also die Saiten, die die Worte zum Schwingen bringen oder auch nicht – in dir anklingen zu lassen. Das kann natürlich zu einer Enttäuschung führen, wobei es interessant ist, sich zu vergegenwärtigen, dass Enttäuschung und Täuschung »auf einem Holz wachsen«. Täuschungen, Enttäuschungen gehören zum Leben. Sie lassen uns wachsen und zeigen uns, dass die Wahl, die wir zu diesem Zeitpunkt getroffen haben, für uns nicht vorteilhaft war.
Das kann zu einem anderen Zeitpunkt völlig anders sein oder aber uns in die gleiche Sackgasse führen, nur um abermals festzustellen, dass das, was wir da zu tun versuchten, nicht unser Ding war.
In den meisten Fällen verbirgt sich hinter dem Ding ein ständig sich wiederholendes Handlungs- oder Lebensmuster aus zurechtgelegten Glaubenssätzen, die wir aufgestellt haben, um ein bestimmtes Ziel in unserem Leben zu erreichen. Doch dazu in einem späteren Kapitel mehr.
Enttäuschungen gehören also zum Leben wie die Luft zum Atmen. Trotzdem tun wir fast alles, um sie zu vermeiden.
In unserer Welt, in der es darum geht, erfolgreich und gut drauf, gesund, schlank zu sein und gut auszusehen, in diese Welt passen Erfahrungen sowie Täuschungen nicht hinein. Enttäuschungen heißen also, du hast dich täuschen lassen. Bewusst oder unbewusst, du hast verloren, warst ein Unterlegener, der Verlierer eventuell.
Verlierer zu sein, tut weh. Es kostet Kraft, es zuzugeben, denn du musst dir eingestehen, dass du nicht aufgepasst hast und dich von Emotionen und Gefühlen hast einlullen lassen. Beim nächsten Mal wird dir das nicht wieder passieren, nimmst du dir vor und steckst deinen Rahmen ab, analysierst, planst, wägst ab – und machst zu, zumindest emotional, und tust nach außen hin so, als wäre nichts passiert. Nur keine Gefühle zeigen: Gefühle machen angreifbar.
So, der Plan steht, das Gebot der Stunde heißt: Wachsamkeit demonstrieren, analysieren, Risiko kalkulieren, Handlungen bis ins Detail vorplanen. So muss es gehen, so nimmst du es dir, nehmen wir es uns vor, so soll es sein.
Damit ist die nächste Enttäuschung vorprogrammiert, denn dadurch ist unser Leben, das vorher zumindest noch etwas von innen heraus geführt worden sein mochte, zu einem statischen Konstrukt geworden, das heißt, dass Gefühle, Emotionen, Liebe und Güte jetzt hintanstehen. Jetzt, wo wir uns gegen alle äußeren Gefahren eingemauert haben, mögen Verletzungen vielleicht ausgeschlossen sein, ebenso gut aber auch alle spontanen Aktionen. Die Umwelt wird nur noch über die äußeren Sinnesorgane eines Kopfmenschen wahrgenommen und Seele, Gefühl und Empathie in Sicherungsverwahrung gesteckt: die besten Voraussetzungen also, um sich emotional wie ein Elefant im Porzellanladen zu bewegen.
Die Umwelt um uns herum bemerkt natürlich unsere Veränderung, und wenn wir ganz großes Pech haben, verschließen sich in unserem Umfeld auch noch die letzten uns vormals aufgeschlossenen Menschen.
Trotzdem bleiben wir ein menschliches Wesen mit Bedürfnissen, das geliebt, anerkannt und geschätzt werden, das sich und die Welt mit all seinen Fasern wahrnehmen will.
Diese Attribute bleiben nun aus, Unzufriedenheit macht sich breit, Wut kommt auf, Wut auf unsere Umwelt, denn diese, so haben wir beschlossen, ist schließlich schuld an unserer Misere – der Misere des isolierten, gefühlskalten, in sich gekehrten Individuums.
An dieser Stelle lauert eine Gefahr: die Gefahr des Nicht-hinschauen-Wollens.
Auch ich musste diese Erfahrung machen in meinem Leben, deshalb möchte ich meine Geschichte zum Anlass nehmen, mich ganz persönlich einzubringen. Ich glaube, dass dies eine gute Basis für dein Vertrauensverhältnis zu mir ist, weil du dann siehst, dass auch mein Leben von Höhen und Tiefen geprägt ist.
Dieses Buch ist also kein Werk intellektueller Arbeit, zumindest nicht ausschließlich, sondern findet seinen Ursprung in eigens gemachten Erfahrungen und Beobachtungen, Gelesenem, studiertem Wissen und dem ausdrücklichen Wunsch, in dieser unserer Welt etwas zu verändern oder, besser gesagt, nichts unversucht zu lassen, um unseren Kindern eine bessere Welt zu hinterlassen, als wir sie zurzeit vorfinden.
Dass das ein großes Unterfangen ist, ist mir allzu sehr bewusst. Eben aus diesem Grund halte ich es für sehr wichtig, dass du Vertrauen finden kannst, das Geschriebene hinterfragst, dich mit dem Thema beschäftigst und auch einen Grund siehst, zu einem Rufer zu werden, der bereit ist, die alten Muster aufzubrechen und zu überdenken und sie entweder aufzupolieren oder aber, und das ist das Schwierigste, sie zu verändern.
Aus diesen Gründen erzähle ich also meine Geschichte, damit wir uns kennenlernen und in dieser sich so rasant verändernden Welt Vertrauen gewinnen können.
WIDER DIE LEBENSLÜGE.
EIN ERFAHRUNGSBERICHT.
Ich bin in einer norddeutschen mittelgroßen Stadt geboren und auf dem Land aufgewachsen. Meine Eltern sind ein gewöhnliches Ehepaar mit der Neigung, sich mindestens zweimal pro Jahr scheiden lassen zu wollen. Das haben sie bis jetzt nicht getan, und das, glaube ich heute, war auch gut so, denn tief in ihrem Innersten lieben sie sich doch.
Zurück zu mir. Ich war ein kleiner schüchterner Junge, wie meine Mutter zu sagen pflegte, ein sogenannter Spätzünder.
Diese Aussage basierte vor allem auf der Tatsache, dass sie das Gefühl hatte, ich würde das Leben, die Schule und ihre Aufgaben nicht so recht ernst nehmen. In der Tat blieb mir der Sinn der Schule die ersten Jahre verschlossen. Es wollte einfach nicht in meinen Kopf, dass wir Kinder ständig dem Lehrer Dinge sagen sollten, die er doch, wie sich immer wieder herausstellte, viel besser wusste. Außerdem kam mir schon als Kind die Welt der sogenannten Erwachsenen etwas obskur vor. Warum sagten sie ständig Dinge, die sie doch ganz augenscheinlich nicht so meinten? Wenn zum Beispiel Leute, von denen ich wusste, dass sie meine Mutter nicht besonders mochten, sie auf der Straße trafen, beobachtete ich oft, dass sie so taten, als wäre es für sie eine gewaltige Freude: So ein Zufall, dass man sich hier trifft – wie schön! Anschließend Abschied unter Absingen der herzlichsten Wünsche für die Zukunft: Alles Gute! Viel Glück! Und dergleichen mehr. Dieses Verhalten blieb mir bis zu meiner Jugend ein Rätsel, und als ich gezielte Fragen in diese Richtung stellte, wurde ich schnell zum Außenseiter. Dazu kam, dass mich diverse Krankheiten im zarten Kindesalter zu wochenlangen Krankenhausaufenthalten zwangen.
Dem Bild des normalen unauffälligen Kindes, das den Eltern durchweg Freude macht, wurde ich also nicht gerecht. Die Folge war eine gewisse Ablehnung, nicht nur seitens der Umwelt, sondern auch seitens der eigenen Familie.
Ein Außenseiter war geboren, das war nun sicher.
Heute schaue ich auf eine Kindheit zurück, die in ihren Herausforderungen, Höhen und Tiefen einiges gefordert hat, aber mich zu dem Menschen gemacht hat, der ich jetzt bin.
Später absolvierte ich eine Ausbildung, ging in den Außendienst und heiratete eine junge Frau, mit der ich drei Kinder bekam. Das heißt natürlich: Sie bekam die Kinder, nicht ich.
Für mich aber begann nun die völlig neue, lebensbestimmende Erfahrung des Nicht-hinschauen-Wollens.
Nachdem wir geheiratet und die Kinder das Licht der Welt erblickt hatten, startete ich in verschiedenen Großunternehmen eine Karriere im Außendienst, zunächst vor allem, um unseren Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Doch mit der Zeit nahmen unsere Bedürfnisse immer stärker zu. Waren wir anfangs zufrieden, wenn wir gesund und unsere Kinder glücklich waren und einmal im Jahr Urlaub machen konnten, so merkten wir allmählich, dass dieses angenehme Leben noch ausgebaut werden konnte. Als Erstes musste ein Haus her, weil unsere 120-Quadratmeter-Wohnung plötzlich zu klein war. Natürlich durfte es kein gebrauchtes, es musste ein neues Haus sein.
Als Erstes kauften wir ein Grundstück und sahen uns verschiedene Häuser an. Meine Arbeit im Außendienst machte mir Spaß und der Erfolg ließ nicht auf sich warten. Meinem Ego tat dies über alle Maßen gut. Geld spielte keine große Rolle mehr, es war vorhanden. Trotzdem legte ich nach Feierabend noch kräftig Hand bei den Innenarbeiten an.
Meine Frau hatte es sich zur Gewohnheit werden lassen, abends nach ihrer Arbeit verschiedene Restaurants und Bars zu besuchen und erst spät in der Nacht nach Hause zu kommen, manchmal auch nicht ganz nüchtern.
Natürlich merkte ich, dass etwas nicht stimmte, beschloss allerdings, vorerst nichts zu unternehmen. Stattdessen nutzte ich die Abende, an denen sie nicht anwesend war – und das kam immer öfter vor – zum Studium der verschiedensten Lektüren.
Für eine Entscheidung suchende Auseinandersetzung fehlte mir jedoch der Mut. Also vergrub ich mich in meine Bücher und studierte die Bibel und das I Ging und interessierte mich für spirituelle Dinge, die Esoterik, die Psychologie und dergleichen. Doch trotz allen angelernten Wissens fehlte es weiterhin an Vertrauen und dem Mut, etwas zu unternehmen. Meine innere Unzufriedenheit und mein inneres Leid waren noch nicht groß genug, um zu handeln.
Zwar gestand ich mir ein, dass unsere Beziehung an einem Punkt angekommen war, an dem entschlossenes Handeln die Situation noch hätte retten können, doch die Angst vor der Enttäuschung, versagt zu haben, war einfach zu groß. Also studierte ich weiter und vergrub mich immer mehr, nur, um nicht hinzuschauen.
Meine innere Zerrissenheit wuchs unaufhörlich, meine Frage aus der Kindheit, warum so viel gelogen wurde, aber blieb.
Nun handelte ich ähnlich. Zwar hatte ich nicht gelogen, aber auch nichts getan, meiner Wahrheit Ausdruck zu verleihen. Dem anderen nicht die Chance zu geben, sich zu rechtfertigen, und aus Angst vor möglichen Konsequenzen nichts zu tun, kam mir jedoch noch schlimmer vor. Der Blick in den Spiegel fiel mir langsam schwer.
Meine Kinder merkten natürlich, dass etwas nicht stimmte, die Mama kam immer öfter abends nicht nach Hause, und auf ihre berechtigten Fragen bekamen sie von mir Lügen zu hören wie: »Die Arbeitszeiten der Mama haben sich verändert«, was jedoch nicht den Geruch nach Qualm und Alkohol erklärte, den meine Frau immer häufiger mit nach Hause brachte.
Ein Anruf eines Abends, ich war gerade wieder in die Lektüre vertieft, veränderte alles.
Manchmal, oder besser gesagt, fast immer, sind es nur Momente, winzige Zeitabschnitte, die unser Leben von Grund auf verändern. So auch an diesem besagten Abend.
Das Telefon klingelte und riss mich aus meinen Gedanken. Ein Freund war dran und teilte mir mit, dass meine Frau heute Abend nicht nach Hause kommen würde. Sie habe zu viel Alkohol zu sich genommen und sei nicht mehr fahrtüchtig. Sie würde also bei ihm schlafen. Sorgen, dass sie fremdging, seien nicht nötig. Ich würde sie ja schließlich kennen, könne ihr also vertrauen und so fort.
Wochen später fuhr sie in Urlaub, allein, mit der Begründung, Zeit zu brauchen, um über unsere Situation nachzudenken. Heftige Diskussionen, Streitgespräche und nächtelanges Grübeln im Bett waren dem vorausgegangen. Alle Bemühungen meinerseits, den gefassten Entschluss doch noch zu überdenken, waren jedoch fruchtlos.
Obwohl ich mich schon längst als Opfer, als gehörnter Ehemann fühlte, unternahm ich wieder mal fast nichts.
Ich begann, Briefe zu schreiben, die ich jedoch niemals abschickte, und mich, nachdem ich die Kinder zu Bett gebracht hatte, mit Freunden am Telefon zu beraten.
Aber auch hier merkte ich schnell, dass die Lösung meines Problems nicht bei Freunden oder nicht abgeschickten Briefen zu finden war, sondern nur bei mir selbst. Dieses Problem konnten andere nicht für mich lösen, und wenn ich ehrlich war, wollte ich es auch gar nicht. Tief in mir drin wusste ich, dass diese Herausforderung lebensbestimmend und immens wichtig für mein Wachstum war. Jedenfalls war es ausgeschlossen und erst recht nicht sinnvoll gewesen, diese Herausforderung zu umgehen oder zu ignorieren. Ich musste also handeln und eine Entscheidung für mich und meine Kinder und natürlich auch für meine Frau treffen.