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Nun hingen drei Fackeln am Himmel und zeichneten ein beeindruckendes Muster an das rötliche Firmament. Endlich setzten sie zu einer eleganten Kurve an. Die Flammen verlöschten, die Rauchfahnen wurden kleiner.
Bakur verließ seinen Balkon und eilte zum Flughafen. Die Menschen, an denen er vorüberging, grüßten ihn ehrerbietig, doch er beachtete sie nicht. Er betrat den VIP-Bereich, eine kleine hölzerne Tribüne am Rand des Rollfeldes.
»Salam, mein Khan!«
Ein grauhaariger, elegant gekleideter Mann stand auf und verbeugte sich.
»Salam, Alim!« Bakur legte dem Wesir freundschaftlich die Hand auf die Schulter. »Schön, dass du da bist.«
»Wie könnte ich diesen Moment verpassen? Ein doppelter Sieg gegen die Union; dieser Tag wird in die Geschichte eingehen!«
»Ja, Xator hat sich in seinem Kommando hervorragend bewährt. Er wird ein großartiger Nachfolger sein.« Bakur lächelte stolz.
»Wenn es an der Zeit ist, mein Khan. Wir wollen doch nichts überstürzen.«
Das Lächeln auf Bakurs Gesicht erlosch. »Ich war jünger als er, als ich Khan wurde.«
»Das ist richtig. Aber du hattest keine Wahl. Als dein Vater fiel, musste eine rasche Entscheidung getroffen werden, damit unsere heilige Komanda nicht auseinanderfällt.«
»Auch mir könnte etwas zustoßen!«
»Das sei ferne, mein Khan.« Der Wesir neigte sein Haupt.
»Ja, ja. Dennoch soll meine Nachfolge gut vorbereitet sein. Du weißt genau, wie lange es dauert, bis ein Anführer reif genug ist, um die Komanda zu führen. Er muss Erfahrungen sammeln und sich das Vertrauen der Männer erarbeiten, und dafür braucht er Erfolge.«
»Das ist klug gedacht, mein Khan. Du solltest nur darauf achten, dass dir dein Nachfolger das Amt nicht vor der Zeit streitig macht.«
Bakur fuhr auf. Seine Augen blitzten.
»Was willst du damit sagen? Xator ist mein Ziehsohn. Er würde sich niemals gegen mich erheben!«
Der Wesir verneigte sich. »Verzeiht mir, mein Gebieter. Ich wollte Euren Sohn ganz gewiss nicht beschuldigen. Es war nur die Besorgnis eines alten Mannes.«
»Genug jetzt.«
Der Khan wandte sich ab und beobachtete die herannahenden Shuttles, deren Triebwerke nun deutlich zu hören waren. »Ein Treffer auf die Peacemaker und ein erbeuteter schwerer Kreuzer. Das kann man wohl als Erfolg bezeichnen, denke ich.«
Alim Badawi neigte respektvoll sein graues Haupt und schwieg.
Der Lärm schwoll an und übertönte den Jubel der Menge. Die Shuttles setzten auf und kamen im Antigravfeld bald zum Stillstand.
Es waren plumpe Raumfahrzeuge, die aussahen wie übergroße Reisebusse mit Stummelflügeln. Aber sie erfüllten ihren Zweck, der darin bestand, Mannschaften schnell und zuverlässig zur Mondbasis und wieder zurückzubringen.
Nachdem das Bremsfeld sie freigegeben hatte, rollten die Shuttles an den Rand der Absperrung, wo sie im gleichmäßigen Abstand voneinander stehen blieben. Die Türen schwangen auf.
Begleitet vom Beifall der Menge, strömten die Kämpfer im Laufschritt heraus und stellten sich in perfekt ausgerichteten Reihen vor ihren Raumfähren auf. Xator erschien als Letzter. Als der junge breitschultrige Mann aus der Tür trat, stieß er in Siegerpose seine Faust gen Himmel. Prompt erreichte der Jubel eine ohrenbetäubende Lautstärke.
Dann griff der Khan zum Mikrofon.
»Die Komanda begrüßt ihre Helden!«, rief er, und seine Stimme hallte über den Platz. »Willkommen zu Hause. Ihr habt einen großartigen Sieg errungen.«
Der Rest seiner improvisierten Rede ging darin unter, dass das Rollfeld von den Zuschauern gestürmt wurde. Unter lauten Rufen umarmten Mütter ihre Söhne, Frauen ihre Männer und Kinder ihre Väter. Milde lächelnd sah der Khan zu, wie die militärische Ordnung seiner Krieger im Chaos versank. Dann machte auch er sich auf den Weg, schritt würdig auf die Shuttles zu und schloss seinen Ziehsohn in die Arme.
»Ich bin stolz auf dich«, sagte er und hielt ihn an beiden Schultern vor sich. »Dein erstes Kommando war ein voller Erfolg. Al Kahar hat dich reich gesegnet.«
»Wir müssen reden«, presste Xator heraus. Seine verkniffene Mine stand im Kontrast zum allgemeinen Jubel.
»Später.« Der Khan blickte prüfend zum Himmel. Die rote Sonne stand kurz davor, den Horizont zu berühren. »Erst einmal ist es Zeit für das Abendgebet. Führe deine Männer ins Gebetshaus.«
Eine halbe Stunde später saß Bakur Khan auf seinem Ehrenplatz im Gebetsraum.
Seine Krieger standen in Zwölferreihen vor ihm, perfekt ausgerichtet, die Anführer in den vorderen Reihen.
»Al Kahar ist groß!«, rief Bakur und hob die Hände empor. Ein vielstimmiger Chor antwortete ihm. »Al Kahar ist groß!«
In vollkommen synchronisierter Bewegung sanken alle Männer auf ihr rechtes Knie. Xator, als der ranghöchste anwesende Offizier, begann zu sprechen.
»Wir dienen Al Kahar, dem Allmächtigen, der zu uns gesprochen hat durch die heiligen Propheten. Wir bekennen Amir Abdul Salam als seinen letzten Gesandten. Der Segen Gottes sei über ihm. Wir dienen Bakur Khan, seinem Bevollmächtigten, und folgen willig seinen Befehlen. Der Segen Gottes bleibe auf ihm.«
Die Männer sanken auf beide Knie, ihre Stirn berührte den Boden.
»Preis sei Al Kahar, dem alles Bezwingenden. Niemand kann ihm widerstehen. Preis sei Amir Abdul Salam, seinem Propheten.«
Wie auf Kommando standen die Männer auf, die geballten Fäuste in Höhe ihrer Gürtel.
»Rache und Vernichtung den Vernichtern der heiligen Schriften!«
Die Beter rissen ihren rechten Arm hoch; in den Händen hielten sie imaginäre Säbel.
»Tod allen Ungläubigen und Zerstörung den Feinden des Glaubens!«, Xator brüllte es fast.
Der imaginäre Säbel kam in Bewegung und hieb einen unsichtbaren Kopf ab.
Es schloss sich eine Folge von Vorstößen und Paraden an, Fußtritte zum Kopf und zum Bauch unzähliger Gegner, trickreiche Wendungen und Sprünge, die die gut 120 Mann in exakter Choreografie aufführten, bis sie schließlich wieder in der Grundposition ankamen, in aufrechter Haltung, die Fäuste in Höhe der Gürtel geballt. Auf einigen Gesichtern zeigten sich Schweißperlen.
»Al Kahar ist groß!«, riefen sie ein letztes Mal, die rechte Faust in den Himmel gereckt. Die Gebetszeit war zu Ende.
Der Khan wartete schweigend, bis Alisha die mit Tee gefüllten Gläser vor ihnen auf den Tisch gestellt und den Raum lautlos wieder verlassen hatte.
Er blickte sich in der kleinen Runde um, die aus ihm, seinem Wesir Alim, Xator und den beiden Zerstörerkommandanten Hakan und Faris bestand.
»Wie man hört, hat Al Kahar euch einen großen Sieg geschenkt. Ihr sollt dafür belohnt werden. Doch zuerst erstattet Bericht. Xator?«
»Ich verlange keine Belohnung, sondern eine Bestrafung für Hakan«, platzte er heraus. »Er hat meine Befehle missachtet.«
»Er hat einen schweren Kreuzer erbeutet«, sagte Alim. »Er ist ein Held. Und du willst ihn bestrafen?«
»Er hatte klare Anweisungen, auf mein Eintreffen zu warten. Stattdessen hat er eigenmächtig gehandelt und damit seine Mannschaft gefährdet.«
»Hakan?« Die rabenschwarzen Augen des Khans fixierten den Kommandanten, der unbehaglich zu Boden starrte.
»Es stimmt, mein Khan. Bei der Einsatzbesprechung hat Xator angeordnet, dass alle Schiffe gemeinsam angreifen. Doch nach dem Hypersprung wurden wir getrennt. Seine Qorxu war weit weg und die Perseus direkt vor uns. Ich musste eine Entscheidung treffen.«
»Augenblick.« Der Khan hob die Hand. »Was soll das heißen, dass ihr nach dem Hypersprung getrennt wurdet?«
»Es war ein ungeregelter Sprung, mein Khan. Xator hat die Hypergatebindung aufgelöst, sodass wir nicht durch das korrespondierende Gate geflogen, sondern direkt im Weltraum rematerialisiert sind. Darum wurden wir auch getrennt. Die Qorxu hat eine viel größere Masse als die beiden Zerstörer.«
»Ich verstehe. Bitte lasst mich jetzt einen Moment mit Xator allein.«
Die Männer erhoben sich, legten ihre rechte Hand aufs Herz, verbeugten sich vor dem Khan und verließen den Raum.
»Du hast einen ungeregelten Sprung durchgeführt?«, zischte der Khan. »Ist dir klar, welches Risiko damit verbunden ist?«
»Wer nichts wagt, der kann auch nichts gewinnen. Das hast du mir beigebracht! Außerdem gibt es neue Gleichungen für den Hypersprung. Man kann ihn jetzt viel präziser berechnen als früher.«
»Das haben wir gesehen. Deswegen waren eure Schiffe auch nach dem Sprung verstreut. Du kannst von Glück sagen, dass du nicht in einer Sonne gelandet bist oder in einem Meteoritenfeld!«
»Du übertreibst. So ein Risiko besteht heute nicht mehr. Und außerdem – ohne den Sprung hätte der ganze Angriff nicht funktioniert. Es ging nicht nur um das Überraschungsmoment. Sondern die Raumwellen des Sprunges haben die Peacemaker für einen Moment komplett wehrlos gemacht. EMP ist nichts dagegen!«
Xators Augen leuchteten. »Bakur, wir haben einen Volltreffer auf die Peacemaker gelandet! Das Schiff, von dem es immer hieß, dass es unangreifbar sei! Überleg mal, was das heißt!«
»Mir ist klar, was das heißt. Sie werden Jagd auf uns machen. Sie werden nicht ruhen, bis sie Evinin gefunden haben, und uns vernichten. Die Energiespuren deines Sprunges werden ihnen den Weg weisen.«
»Nein. Vertrau mir. Die haben jetzt die Hosen voll.«
»Wir werden sehen. Nun weiter: Warum willst du einen verdienten Mann bestrafen?«
»Er hat sich meinem Befehl widersetzt. Und er ist ein unnötiges Risiko eingegangen, nur seines persönlichen Ruhmes wegen.«
»Er hat korrekt gehandelt. Auch die Perseus war vom Hypersprung geblendet. Hätte er auf dich gewartet, hätte er seine Chance vertan. Ich werde diesen Mann belohnen und nicht bestrafen.«
»Aber …«
»Schweig jetzt. Das ist meine Entscheidung, und du wirst sie akzeptieren.«
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