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Abends kamen noch Dana und Dominik bei Tom vorbei und wir aßen selbstgemachte Lasagne. Tom machte die beste Lasagne auf der ganzen Welt und wir verloren kein einziges Wort über die Mädchen. Doch meine Gedanken schweiften immer wieder zu ihnen. Bisher hatte ich noch keine Zeit gehabt, die Fotos, die ich gemacht hatte genau anzuschauen.
Ich sagte Tom, dass es mir nicht gut ging und er begleitete mich noch in meine Wohnung.
Endlich allein, schmiss ich meinen Laptop an, zog die Fotos auf die Festplatte und druckte sie aus.
Ich hielt es nicht mehr aus. Ich musste dringend mit jemandem reden, der kein Polizeiabzeichen hatte und mit der ganzen Sache nichts zu tun hatte. Mir fiel nur eine Person ein. Bea.
Ich packte meinen Schlüssel, die Fotos, die ich in meine Tasche stopfte und schloss die Tür hinter mir zu. Als ich die Treppe runterlaufen wollte, ging die Tür zu Toms Wohnung auf und ich drückte mich gegen die Wand, um mit ihr zu verschmelzen und unsichtbar zu werden. Aber leider gibt es ja sowas wie Bewegungsmelder, damit die Lichter angingen und er starrte mich böse an.
"Ich dachte dir geht’s nicht gut?", sagte er, während er zu mir runterkam, und mich die Stufen an der Hand wie ein ungezogenes Kind hochzog.
"Was hast du für ein Problem? Ich will doch nur zu Bea!"
"Was willst du denn bei der?", fragte er. Ich hatte ihm von Bea erzählt, dass sie eigentlich meine einzige Freundin war, aber er hatte sich nie mehr nach ihr erkundigt.
"Reden?"
"Ave… du sollst nicht mit anderen darüber reden, was in der Arbeit passiert. Das weißt du doch?"
Ich räusperte mich und sah ihn an.
"Es gibt auch noch andere Dinge, die ich mit ihr bereden will. Zum Beispiel, ähm, über Jungs. Sie hat mir geschrieben, dass sie wen kennengelernt hat und dass sie mir von ihm erzählen will. Also warum sollte ich nicht zu ihr fahren?"
Er seufzte und hielt mir die Hand her.
"Was?", fragte ich verwirrt und starrte total bescheuert seine Hand an.
"Handy. Ich will das sehen. Das was sie dir geschrieben hat."
Ich konnte es nicht fassen. Einen Moment später, als die Worte mein Hirn erreicht hatten, hatte ich einen Wutausbruch.
"Sag mal geht’s noch? Du willst jetzt auch noch mein Handy kontrollieren? Ich sag dir eins, Tomas Kellner, wenn ich dich einmal auch nur ein einziges Mal an meinem Handy sehe, dann… dann.."
Er lehnte sich gegen das Treppengelände und zog wieder die Augenbrauen nach oben.
"Dann was?"
"Dann… dann… dann setzt es was und zwar gewaltig!"
"Ja klar… Okay, ich glaub dir. Aber Babe, es ist sieben Uhr an einem Freitag Abend. Meinst du nicht, sie hat was zu tun, wenn sie gerade jemanden kennengelernt hat?"
"Nein, ich hab sie angerufen und sie freut sich, wenn ich komm", log ich und versuchte, seinem Blick Stand zu halten. Er glaubte mir anscheinend, ziemlich unerwartet weil ich eine lausige Lügnerin war, und er zog mich die restlichen Treppen rauf und in seine Wohnung.
Er griff nach den Schlüsseln und sagte den anderen zwei, dass er gleich wieder da wäre.
"Was machst du?", fragte ich ihn, als er mich in den Aufzug drückte, meine Proteste ignorierte (ich bin furchtbar klaustrophobisch) und auf den Erdgeschossknopf drückte.
"Naja, ich fahr dich zu ihr. Und ich will mit ihr reden, dass sie dich danach heimfährt, bzw du bei ihr über Nacht bleibst und ich dich morgen abholen kann."
"Du führst dich auf wie mein Vater", meinte ich beleidigt und hämmerte mit dem Finger auf den Erdgeschossknopf. Dass Aufzüge auch immer so langsam sein müssen.
Als die Tür aufsprang, sprintete ich hinaus und an der frischen Luft angekommen, atmete ich erst mal tief durch.
Als wir bei Bea angekommen waren, machte er Anstalten, auszusteigen.
"Nein, du bleibst hier. Ich will nicht, dass du wie mein Bodyguard oder so mit ihr redest. Ich kann das selbst. Ich verspreche dir, dass ich dich später anrufe, okay?"
Er sah aus, als würde er rasend schnell Pro und Contra in seinem Gehirn durchrattern, doch dann entschied er sich dafür, im Auto zu bleiben.
"Gut, aber ich warte bis du drin bist. Und ich will, dass du mich sofort anrufst, wenn du weißt, wann ich dich abholen soll, ist das klar? Ich will nicht, dass du allein nach Hause gehst!"
Ich zuckte mit den Schultern und öffnete die Tür.
"Bekomm ich keinen Kuss?", fragte er leise und ich hielt inne.
Upps, wie konnte ich das nur vergessen?
Ich beugte mich zu ihm und gab ihm einen sanften Kuss, doch er zog mich an sich und ich merkte, dass er Angst hatte, an der Art, wie er mich festhielt.
Ich drückte ihn sachte weg, lächelte ihn an und schloss die Tür. Seine Blicke durchbohrten meinen Rücken, als ich zu Beas Wohnungstür ging.
Ich klingelte und eine Mitbewohnerin von Bea, die glaub ich Ellen hieß, öffnete und lies mich in die Wohnung.
"Hi Ellen. Ist Bea hier?", fragte ich sie und ich merkte an der Lautstärke, dass hier eine Party in vollem Gang war.
Sie schüttelte den Kopf und mein Herz sank in die Hose. Na toll. Hätte ich sie doch bloß vorher angerufen.
"Sie ist glaub ich bei den Pferden. Wenn du willst, dann fahr ich dich hin?"
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, schon gut. Kann ich mir nur ein Fahrrad leihen? Ich bin mit… ähm mit einem Freund hergefahren."
"Klar. Du kannst meins haben."
Sie gab mir ihren Fahrradschlüssel und ich kontrollierte erst mal, ob Toms Auto noch da war, als ich die Tür öffnete.
Nichts zu sehen.
Den Weg zu dem Hof, auf dem Bea ritt, kannte ich auswendig, da ich schon oft dort gewesen war.
Ich blickte auf die Uhr. Es war sieben Uhr abends. Nicht allzu spät.
Gut dass es Sommer war, und bis ungefähr zehn hell war, denn ein bisschen gruselte es mich schon, wie ich so ganz allein durch die gottverlassene Landschaft fuhr.
Ich bog in die Landstraße ein, an deren Ende der Hof lag. Von weitem konnte ich schon die Pferde sehen.
Langsam fuhr ich durch das Hoftor und vorbei an den Koppeln. Der Schotter auf dem Weg rüttelte mich ordentlich durcheinander.
Ich stellte das Rad ab und wunderte mich, dass hier fast keiner war.
Im Stall traf ich dann endlich auf jemanden. Ein Mädchen mit hübschen, blonden Haaren und das noch viel kleiner war als ich, mühte sich gerade mit der Mistgabel ab, die fast genauso groß wie sie war.
"Hallo. Ähm, ich suche Bea", sagte ich zu ihr und sie hielt inne, sah mich an und lächelte. Sie legte die Mistgabel ab, wischte sich die Hände ab und kam zu mir rüber.
"Hi, ich bin Eva. Bea ist glaub ich auf dem Reitplatz. Du musst einfach nach hinten über den Hof gehen, dann müsstest du sie schon sehen."
Ich folgte ihrer Beschreibung, fluchte ziemlich laut, als ich in Pferdemist stieg und sah Bea, wie sie auf einem schönen schwarzen Hengst ritt. Elegant sah sie aus, mit ihren langen blonden Locken, die sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte und den dunkelblauen Reiterklamotten. Ihre ganze Haltung war ziemlich anmutig. Ich stellte mir gerade vor, wie ich wohl auf einem Pferd aussehen würde, als sie mich entdeckte und mir zu winkte. Ich winkte zurück, während sie von dem Pferd sprang und auf mich zu kam.
"Ave! Das ist ja schön, dass du vorbeikommst!"
Sie umarmte mich und drückte mir Küsschen auf die Wangen, was sie immer tat, wenn wir uns sahen. Ich musste unwillkürlich lächeln, denn sie war eine große Frau und überragte mich um Längen.
"Was tust du hier?", fragte sie mich und band den Hengst an dem Zaun an.
"Ähm, ich wollte einfach nur mal mit dir Quatschen. Haben wir schon lange nicht mehr gemacht."
Sie strahlte wie immer übers ganze Gesicht. Gottseidank. Sie freute sich wirklich, mich zu sehen.
"Tut mir leid, Ave. Wenn du angerufen hättest, dann hätten wir was anderes machen können. Aber nicht so schlimm. Komm, wir setzen uns auf die Bank. Wie geht es Tom?"
Wir setzen uns und ich fing an, ihr zu erzählen, dass alles gut war, doch sie merkte schnell, dass ich log und dann erzählte ich ihr unter Tränen, was wirklich los war. Sie hörte mir zu und drückte meine Hand, ganz so, wie eine Freundin es tat und ich war zum ersten Mal in meinem Leben richtig froh darüber, dass ich sie hatte.
Sie unterbrach mich kein einziges Mal und als ich fertig war und wir uns in den Armen lagen, erzählte sie mir von dem Mann, den sie kennengelernt hatte.
"Er ist wirklich toll! Wahnsinnig gutaussehend und seine Augen…", fing sie an zu schwärmen und ich schaltete irgendwann ab, denn ich wollte es eigentlich gar nicht hören, wie glücklich sie war, während mein Glück langsam in Millionen Stücke zerbrach.
"Ave?", fragte sie mich und ich merkte, dass ich etwas zu lang abgeschaltet hatte.
"Jaja, hört sich echt super an! Wann lern ich ihn mal kennen?"
Sie sah mich etwas komisch an und meinte: "Das hab ich dir doch gerade gesagt. Er ist hier. Eigentlich müsste er gleich wieder da sein."
Ich konnte nicht mehr als ein Oh hervorbringen, denn da sah ich ihn.
Er war ein Mann, der alle Blicke auf sich zog, wenn er auftaucht und das auch weiß. Ein Mann, bei dem jede Frau in seinem Umkreis das Atmen aufhört, innehält und ihn einfach nur anstarren muss. Mit einem selbstsicheren Gang und einem breiten Grinsen kam er auf uns zu und fuhr sich mit der Hand durch die blonden Haare, die ihm etwa bis zum Kinn reichten. Seine breiten Muskeln spannten sich unter seinem Shirt und ich konnte schon von weitem seine schlanken, muskulösen Beine sehen.
Bea musste gemerkt haben, dass ich ihn schamlos anstarrte und vermutlich auch noch sabberte, denn sie kicherte leise und stieß mir den Ellenbogen in die Rippen, sodass ich aus meiner Trance gerissen wurde.
Als er vor uns stand und Bea aufsprang und ihm einen Kuss auf die Wange drückte, erhob ich mich so schnell, dass mein Fuß einknickte und ich vor ihm in den Staub gefallen wäre, wenn er mich nicht aufgefangen hätte. Schüchtern sah ich ihm in die Augen und das waren die schönsten Augen, die ich je gesehen hatte. Dunkel, fast schwarz und so ausdrucksstark, dass meine Knie zitterten und ich nicht wusste, ob ich stehen konnte, wenn er mich losließ.
Er drückte mich auf die Bank und würdigte Bea keines Blickes, die sich an seinen Arm klammerte.
Ich blickte ihn verwirrt an, dann sah ich Bea an und er sagte etwas zu ihr, sah ihr dabei fest in die Augen und sie nickte, ging zum Pferd und ließ uns allein. Mich wunderte das, denn normal hätte sie ihn mir vorgestellt.
Er setzte sich neben mich und ich hatte Angst, dass ich wieder zu sabbern anfing, wenn ich ihn ansehen würde. Also starrte ich auf meine Hände und zwang mich, sie ruhig zu halten, denn sie zitterten unaufhörlich.
"Hallo", sagte er mit einer tiefen Stimme und das Schweigen nach diesem Hallo brachte mich dazu, ihn anzusehen und ein Hi herauszuquetschen. Ich hörte mich jämmerlich an, doch er lächelte und tat so, als hätte er den quietschenden Ton nicht gehört.
Irgendwo her kannte ich den doch, schoss es mir durch den Kopf.
"Ich bin Jared", sagte er und streckte mir die Hand hin.
Ich starrte sie an, als könnte sie sich jeden Moment in eine Giftschlange verwandeln, doch dann nahm ich sie und schüttelte sie wie eine Wilde. Er lächelte wieder.
"Wie heißt du?", fragte er und ich zwang mich, mich zusammenzureißen. Was war ich nur für eine, die sich so wegen einem Mann aus dem Konzept bringen ließ?
Ich räusperte mich und hörte, dass meine Stimme nun wieder normal war.
"Ich bin Avenae."
Ich schüttelte immer noch seine Hand und als ich es merkte, zog ich sie blitzschnell zurück.
"Freut mich, dich kennenzulernen, Avenae. Außergewöhnlich schöner Name für eine außergewöhnlich schöne Frau."
Jaah, mich freut es auch, dich kennenzulernen, dachte ich, aber sagte nichts. Ich konnte einfach nichts sagen.
Woher kenn ich dich nur, fragte ich mich wieder, als ich ihn ansah und seine schwarzen Augen mich zu durchbohren schienen.
Ich wurde unterbrochen, denn mein Handy fing an zu läuten. Als ich nicht hinging, meinte Jared, ich solle doch rangehen.
Schnell zog ich ungeschickt mein Handy aus der Tasche und hörte Toms Stimme, als ich abhob.
Achja, den gibt’s ja auch noch.
Er sagte etwas von wegen warum ich nicht angerufen hätte und was los sei. Ich sagte ihm schlicht, dass ich bei Bea schlafen würde und sie mich morgen heimbringen würde.
Dann legte ich auf, ohne die gewohnte Ich-liebe-dich-Floskel und ich fing wieder Jareds Blick auf, der mich unentwegt ansah.
"Dein Freund?", fragte er und ich schüttelte instinktiv den Kopf.
"Nein, nur ein Bekannter." Wow, so schnell kann's gehen.
Ich erhob mich, als mir einfiel wo wir überhaupt waren. Ich sah zu Bea, die immer noch bei dem Pferd stand und uns nicht mal ansah. Seltsam.
Ich ging zu ihr und sie sah mich erst an, als Jared zu uns kam, ihr eine Hand auf den Rücken legte und etwas ins Ohr flüsterte. Äußerst seltsam.
Ihre Stimme war irgendwie komisch und sie gab sich ziemlich unecht.
"Ich muss schnell in den Stall und Nero reinbringen. Ihr könnt euch ja so lange unterhalten, wenn ihr wollt. Ich muss jetzt dann sowieso bald los. Arbeit…", meinte sie gespielt fröhlich und ich ging mit ihr zusammen zu dem Stall, Jared hinterher, dessen Blicke ich die ganze Zeit spüren konnte.
"Arbeit? Achja stimmt, du musst ja Freitag arbeiten, hab ich ganz vergessen. Schade", sagte ich und meinte es wirklich ernst. Ich hätte gerne mit ihr geredet und Zeit verbracht.
"Ja, tut mir leid. Ich fahr gleich von hier aus in die Stadt. Wenn du willst, dann kann Jared dich heimbringen?"
Ich schüttelte den Kopf, denn ich war ja mit dem Rad von Ellen da und wollte das erst zurückbringen.
Wir verabschiedeten uns und Bea versprach, mich morgen anzurufen.
Als ich mich von Jared verabschiedete und Bea schon im Stall war, nahm er meine Hand und drückte mir einen Kuss darauf.
"War wirklich ein Vergnügen, dich kennenzulernen. Hoffentlich sehen wir uns bald wieder", meinte er und er sah mir mit seinen schwarzen Augen fest in die Augen.
Ich sah ihn verwirrt an, als er mich immer noch anstarrte. "Ist noch was?", fragte ich und endlich riss er sich los und schüttelte den Kopf.
"Nein, ich dachte nur…", sagte er, drehte sich um und ging in Richtung Stall.
Auf der Fahrt zurück zu Beas Wohnung dachte ich über den äußerst komischen Verlauf des Abends nach. Was sollte denn das Ganze? Und wie konnte mich ein Kerl, der nicht mein Freund war, so dermaßen aus dem Konzept bringen, wie dieser Jared? Ich überlegte den ganzen restlichen Weg zurück, wo ich ihn schon mal gesehen haben könnte.
Bei der Wohnung angekommen, stellte ich das Rad ab und beschloss, den Rest zu meiner Wohnung zu gehen. Tom musste das ja nicht wissen. Wie sagt man so schön? Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß.
Ich kramte in meiner Tasche nach meinen Kopfhörern, als meine Hand auf etwas stieß, das ungewöhnlich war. Achja richtig, die Fotos. Ich zog es heraus. Ich sah sie mir im Schein der untergehenden Sonne an und kam zu dem Bild, wo ich die Adresse fotografiert hatte.
Dann fiel mir was ein. Ich kramte wieder in meiner Tasche und stellte mit Erleichterung fest, dass meine Dienstmarke da war. Also warum sollte ich nicht bei dem vorbeischauen, der vielleicht einen Haufen Mädchen getötet hatte? Ich befühlte meine Jackentasche. Das Pfefferspray und das Taschenmesser waren eine ausreichende Verteidigung, beschloss ich und machte mich auf dem Weg zu der Adresse.
Es war ein schönes Haus, in dem Licht brannte. Ich atmete tief durch, denn ein bisschen aufgeregt war ich schon. Ich suchte mit zittrigen Händen meinen Dienstausweis in meiner Tasche und atmete nocheinmal ganz tief durch.
Zögernd klingelte ich und tänzelte nervös von einem Bein auf das andere.
Nach kurzer Zeit öffnete ein junger Mann und ich war einen Moment wie gelähmt. Denn der, der da stand, mit dem hatte ich niemals gerechnet. Jetzt wusste ich auch, woher ich ihn gekannt hatte.
In der Tür stand Jared. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
"Ja?", fragte er mit seiner wunderschönen Stimme.
"Hi, ähm.. Ich… ähm…", stammelte ich und umklammerte meinen Ausweis, unfähig mich zu rühren.
"Ja?", fragte er nochmal und der Klang seiner Stimme trug nicht gerade dazu bei, dass ich mich sammeln konnte.
"Hast du schon Sehnsucht nach mir?"
Ich sah ihn an. Besser gesagt ich starrte ihn an und das Licht der untergehenden Sonne verwandelte seine Haare in Gold und in seinen Augen blitzen dunkle Sonnenstrahlen…
"Ist alles in Ordnung?", fragte er leise und machte einen Schritt auf mich zu. Er berührte meine Hand, in der ich meine Dienstmarke hielt und er hob sie an sein Gesicht.
"Aha, Avenae Johannson, Polizei Rügen. Was hab ich denn verbrochen? Bin ich zu schnell gefahren, Frau Kommissar?"
Was zum Teufel machst du da?, schrie ich mich selbst in Gedanken an und schüttelte mich.
"Ich… ich. Nein. Ja, ich meine Nein, du bist nicht zu schnell gefahren. Ich hab einfach nur... Ich hab. Ich weiß nicht… Und ich bin keine Kommissarin sondern nur.."
Schelmisch biss er sich auf die Unterlippe und ich musste schlucken. Ach du scheiße. Das gibt’s doch nun wirklich nicht. Was war das nur für ein Sahneschnittchen?
"Komm erst mal rein. Vielleicht weißt du ja dann wieder, warum du vor meiner Tür stehst, total verwirrt", sagte er mit seiner schönen Stimme und zog mich in die Wohnung.
Ich registrierte nicht mal die Einrichtung, denn ich musste auf seinen Hintern starren, als er durch den Gang hindurch um die Ecke verschwand.
Oh Gott. Langsam kapierte ich, wie absolut lächerlich ich mich gerade benahm.
Ich atmete tieeef durch und folgte ihm.
"Jared?", fragte ich, als ich ihn nicht sah und ich bekam plötzlich Angst. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, hier an einem Freitagabend nach Dienstende mit meiner Praktikanten Dienstmarke herzukommen, wo er doch vielleicht ein Mörder war, mit meiner besten Freundin zusammen war und, achja ich hatte ja auch noch einen Freund, der daheim hockte und sich ständig Sorgen um mich machte?
Oder sich vielleicht gerade einen Porno ansah, weil ich schon Ewigkeiten nicht mehr mit ihm geschlafen hatte? Und warum musste ich ausgerechnet jetzt über Pornos nachdenken?
"Willst du einen Tee? Bier, Wein, Wasser aus dem Wasserhahn?", hörte ich Jared von links und ich betrat die Küche.
Ich schüttelte heftig den Kopf, bis mir auffiel, dass er das gar nicht sehen konnte, da er mit dem Rücken zu mir stand und mir wieder seinen absolut hinreißenden Hintern präsentierte. Also sagte ich nur "Nein, danke, ich brauche nichts."
Er drehte sich um und musterte mich von oben bis unten.
"Ist dir nicht ein bisschen warm, mit deiner Jacke? Hier hat es sicherlich 27 Grad", meinte er mit einem Blick auf ein Thermometer, das an der Wand neben ihm hing.
Ich zuckte zusammen, als er mir die Jacke abnehmen wollte.
"Also, Frau Hauptkommissarin, was führt Sie denn hierher?", fragte er von weiter weg und ich kam wieder zu mir. Ich stand schon wieder wie ein Trottel in der Gegend rum und er war längst in ein anderes Zimmer gegangen.
Ich ersparte ihm die Erklärung, dass ich keine Hauptkommissarin oder Kommissarin sondern nur eine kleine einfache Praktikantin war und folgte ihm.
Ich wusste nicht, wo ich meine Hände hintun sollte, wie ich mich hinstellen sollte um einen kompetenten Eindruck zu hinterlassen. Ich war eine so verdammt schlechte Polizistin, halt stopp, ich war nicht mal Polizistin, sondern nur ein kleines unsicheres Ding, das sich von einem Mann so aus der Fassung bringen ließ.
Er lehnte an der Couch und sah mich wieder mit diesem unwiderstehlichen Lächeln an. Ich konnte spüren, wie ich knallrot anlief.
Ich beschloss, ihm die Wahrheit zu sagen.
"Ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung. Ich denke, ich sollte wieder gehen."
Ich drehte mich um und versuchte fluchtartig das Haus zu verlassen.
"Avenae!", rief er und ich hörte, wie er mir nachlief.
"Warte, du hast deine Jacke vergessen", flüsterte er, nachdem er mich an der Tür abfing, mich am Arm packte und mir nun meine Jacke um die Schultern legte.
"Willst du wirklich schon gehen?"
Ich drehte mich um und wollte etwas sagen, doch er stand so dicht vor mir, sodass ich erstmal meinen Kopf in den Nacken legen musste um ihn anzusehen. Und als ich ihn dann ansah, wusste ich wieder nicht, was ich sagen wollte.
Ich atmete tief ein und er benutzte kein Parfüm und mir gefiel das auf eine Art und Weise, für die ich mich noch vor drei Monaten bevor ich Tom kennenlernte, geohrfeigt hätte. Er roch so gut, dass ich nicht wusste, nach was. Nach frischer Seife? Nach süßem Obst mit Schokolade an einem heißen Sommertag? Nach einer langen, heißen Nacht am Strand?
Während ich darüber grübelte, was das für ein Geruch an ihm war, hob er seine Hand und öffnete mir meinen Dutt. Er zog die Klammern heraus und warf sie einfach auf den Boden. Mit sanften Fingern fuhr er durch mein Haar und als seine Finger über meinen Hals streiften bekam ich Gänsehaut.
Was tat ich hier? Also echt, was um alles in der Welt tat ich hier?, schimpfte ich mich selbst und hatte keine Antwort darauf. Ich wusste es nicht. Ich wusste nicht, was ich mir dabei dachte. Doch es war das beste Gefühl, das ich jemals gehabt hatte. Tom war gut und es war schön mit ihm, aber das, was dieser Typ hier mit mir machte, sowas hatte ich noch nie erlebt. Mit ein paar einfachen Worten und Berührungen war es um mich geschehen.
Halt, sagte plötzlich mein Verstand und ich reagierte sofort. Ich trat einen Schritt zurück und drehte mich von ihm weg. Doch er war schneller und drückte sich von hinten an mich.
"Willst du mir nicht antworten?" Sein Atem strich über meine Wange und er zog mir die Jacke wieder von den Schultern. Ich war froh, dass ich ein Top angezogen hatte, beziehungsweise wusste ich nicht, ob das gut oder schlecht war, denn seine Hände, die sanft über meine nackten Schultern strichen, raubten mir den letzten Rest meines Verstands.
"Welche Frage?"
"Ob du schon gehen willst, Avenae."
Die Art, wie er meinen Namen aussprach, so ganz anders als alle anderen, ließ mich erneut erschaudern.
"Ich.. Ich weiß nicht…", stammelte ich und er lachte leise. Er schob mir die Haare auf die Seite und strich mit seinen sanften Lippen seitlich über meinen Hals.
"Vielleicht sollte ich dir die Antwort sagen, was hältst du davon?" Jedes einzelne Wort kitzelte auf der Haut und schickte kleine Stromstöße durch meinen Körper.
Er legte seine Hände an meine Taille und zog mich so fest an sich, sodass ich ihn in meinem Rücken spüren konnte.
Oh Mann, ich kanns nicht glauben. Ich kann gar nichts mehr glauben. Wenn er nicht sofort aufhört, dann kann ich gar nicht mehr denken. Ich musste an Tom denken und daran, was er gesagt hatte, an dem Tag am Strand. Dass es nicht besonders genug war. Sowas sagt man doch nicht, wenn man einen liebt oder?
Jared küsste mich weiter und drehte mich so schnell um, dass ich leise aufschrie.
Dann war sein Mund auf meinem, zuerst zögerlich, ganz sanft, doch dann wurde er fester und drängender. Ich hasste Zungenküsse, Tom anscheinend auch, denn er hatte mich noch nie so geküsst. Aber nun gefiel es mir, als seine Zunge in meinem Mund war. Dann hob er mich hoch. "Beine auseinander und mach die Augen auf", raunte er in meinen Mund und ich tat, was er sagte. Er drückte sich an mich und ich schlang die Beine um seine Hüften. Seine Augen bohrten sich in meine und ich konnte fast mein Spiegelbild darin sehen.
So wie er hatte mich Tom noch nie geliebt. Was dieser Mann mit mir anstellte, war der Wahnsinn.
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