Die City Agents auf heißer Spur - Sammelband 4 in 1

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„Und wo ist Big Ben?“, will Marie wissen.

„Siehst du den Turm da an der Seite? Gleich um neun kannst du die große Glocke hören.“
Als die Kinder vor New Scotland Yard stehen, ertönt der bekannte Westminster Schlag.
„Wir sind pünktlich“, stellt Moritz fest. „Aber wo bleibt Saskia?“
„Vielleicht hat sie den Bus verpasst. Sie kommt bestimmt“, beruhigt Marie ihn.
Kurz darauf biegt Saskia um die Ecke. Sie wirkt erschöpft und ängstlich.


Inspektor Appleby hört sich Saskias Geschichte in aller Ruhe an. Von Zeit zu Zeit nickt er.
Was er dann sagt, können die Kinder sich nur zum Teil übersetzen.
Saskia wird plötzlich blass. Hat der Inspektor sie zu streng ermahnt? Gibt es noch ein Problem?
Langsam dreht sie sich zu Laura, Marie, Alexander und Moritz um. „Es ist ein echter Erpresserbrief aufgetaucht, der große Ähnlichkeit mit meinen Zetteln hat“, erklärt sie ihnen. „Scotland Yard glaubt, dass ich die Erpresser kenne oder sogar mit ihnen zusammenarbeite. Die Erpresser fordern eine große Summe Geld vom Direktor des London Zoo, sonst wollen sie alle Zootiere im Regent’s Park freilassen.“
Die Detektive denken an gefährlich fauchende Panther, Tiger und Löwen, die auf der Suche nach Beute durch den Park und die Innenstadt streifen.
Betroffen schauen sie den Inspektor an. Er spricht langsam und wählt einfache Wörter, damit die Kinder ihn verstehen. Sie erfahren, dass der Brief gerade erst angekommen ist und dass die Schrift und das Papier untersucht und verglichen werden. Er braucht auch Saskias Fingerabdrücke.
„Dann ist bestimmt alles schnell geklärt“, tröstet Laura Saskia, die ziemlich hilflos aussieht.

„Jetzt fangen wir wieder von vorne an“, stöhnt Moritz. „Nur diesmal haben wir keinen Anhaltspunkt.“
„Jeder kann der Erpresser sein“, sagt Saskia auf dem Weg nach draußen. „Die Zeitungen haben ja alles haarklein abgedruckt. Und ich sitze mächtig in der Tinte. Scotland Yard verdächtigt mich, mit Erpressern unter einer Decke zu stecken!“
Da hat Laura eine Idee: „Hast du irgendjemandem außer uns und dem Inspektor von deinen Zetteln erzählt?“
Saskia schüttelt den Kopf. „Niemandem. Nicht einmal Paddy. Mist! Ich muss um zehn in der Schule sein. Können wir uns heute Nachmittag treffen?“
Die fünf tauschen ihre Handynummern aus und verabreden sich für den Nachmittag.
Kurz darauf sitzen die Detektive auf einer Bank in einem kleinen Park gegenüber von Scotland Yard.
„Der Nebel wird immer dicker“, stellt Moritz fest.
„Der Nebel in meinem Kopf auch“, jammert Laura. „Ich habe überhaupt keine Idee, wie es weitergeht. Es gibt niemanden mehr zu beschatten und unsere Detektivausrüstung nützt uns auch nichts.“
„Wir könnten eine Denkpause einlegen und uns dabei die Saurier im Natural History Museum ansehen“, schlägt Alexander vor, der schon wieder in seinem Stadtführer blättert. Die anderen sind einverstanden.

Laura ruft ihre Mutter an und erstattet ihr wie versprochen Bericht. „Wir fahren jetzt zum Museum für Naturgeschichte und gucken uns die Saurier an.“
„Das ist ein prima Idee“, meint ihre Mutter. „Ich melde mich bei euch, wenn ich meine Arbeit für heute erledigt habe. Viel Spaß!“
Im Museum bleiben die Kinder länger als geplant. Dort gibt es so viel Interessantes zu entdecken, dass sie erst mittags wieder an ihren ungelösten Fall denken.
Die Sonne hat den Nebel vertrieben, als die Detektive aus dem Eingang des Museums kommen.

„Boah. Hab ich einen Hunger!“ Moritz reibt seinen Bauch. „Wie wär’s mit ‚fish and chips‘?“, fragt Laura. „Wir fahren bis Marble Arch, kaufen uns was zu futtern und setzen uns damit in den Hyde Park.“
Moritz grinst. „Die Idee könnte von mir sein.“
„Hätte mir ja einer sagen können, dass in den roten Flaschen Essig ist“, mault Moritz. Statt Ketchup hat er sich Essig auf seine Pommes Frites gespritzt.
Alexander lacht. „Woher sollten wir das denn wissen? Mir wäre das genauso passiert.“ Auch die Mädchen lachen, als Moritz sich schüttelt. „Wir können ja tauschen“, knurrt er.
„Nein danke!“, rufen Laura und Marie wie aus einem Mund und laufen vor, um einen sonnigen Platz am Speaker’s Corner im Hyde Park zu suchen.
„Saskia hat recht“, sagt Marie, die immer noch über den Fall nachgrübelt. „Jeder kann den Erpresserbrief in ihrem Stil geschrieben haben, nachdem alles in der Zeitung stand. Trittbrettfahrer nennt man so was.“
„Bestimmt haben die Täter Fingerabdrücke auf dem Papier hinterlassen. Wenn die im Computer von Scotland Yard sind, werden die Erpresser geschnappt“, überlegt Laura laut. „Wir können wohl im Moment nichts tun.“
„Dann lasst uns doch mal in Ruhe auf dem Camden Lock Market stöbern“, wünscht Alexander sich. „Es gab da so tolle Sachen.“
Die anderen sind einverstanden.
„Vielleicht fällt uns noch irgendwas ein, wie wir Saskias Problem lösen können“, hofft Marie.
Diesmal fahren die Kinder mit der U-Bahn. Auf dem Camden Lock Market bummeln sie ein bisschen herum. Sie bleiben bei einem Zauberer stehen, der auf der Straße seine Kunststücke vorführt. Nach und nach kommen immer mehr Zuschauer und bilden einen Kreis um den Künstler. Während sie gebannt die Zaubertricks verfolgt, spürt Laura in ihrer Tasche das Handy vibrieren. Sie läuft zu einer freistehenden Mauer, weil sie in dem Gewimmel nichts verstehen kann. Aber es ist nur eine SMS mit Werbung. Sie setzt sich auf die Mauer, um ihrer Mutter eine SMS zu schicken. Ein Stück weiter sitzt ein strohblonder junger Mann mit buschigen schwarzen Augenbrauen. Er nimmt gerade sein Handy aus der Tasche und tippt etwas ein.
Der hat entweder seine Haare oder seine Augenbrauen gefärbt, denkt Laura. Irgendwie kommt er ihr bekannt vor. „This is Oliver“, hört sie den Blonden in sein Handy sprechen. Von dem, was dann folgt, kann sie sich nur die Wörter „Plan“, „Geld“ und „Sportwagen“ übersetzen. Sein Lachen erinnert Laura an jemanden, der das große Los gezogen hat.
Vielleicht ist er ein Schauspieler oder ein Popstar. Er hat einen Hit gelandet und sieht sich schon im Geld schwimmen, fantasiert sie und wagt noch einen kurzen Blick. Oliver … Oliver, überlegt sie und ärgert sich, dass ihr dazu nichts einfällt.

Plötzlich wirkt das Gesicht des Mannes grimmig und er spricht leiser.
Irgendwas stimmt mit ihm nicht. Laura denkt an einen Krimi, den sie gelesen hat. Ob er mit einem Komplizen einen Bankraub plant? Wenn sie nur mehr Englisch verstehen könnte!
Da durchfährt es sie wie ein Blitz. Ganz deutlich hört sie die Wörter „Brief“, „Tiere“ und „Zoo“. Könnte er der Erpresser sein? Nein, so einen Zufall gibt es nicht! Aber warum eigentlich nicht? Oder erzählt er nur von einem Film?
Laura sieht, wie der Blonde sein Handy neben sich auf die Mauer legt. Das bringt sie auf eine Idee. Jetzt heißt es schnell handeln.
Laura tippt eine SMS an Marie in ihr Handy. Knapp und klar gibt sie ihr Anweisungen.
Das wird Moritz wieder mal nicht passen, denkt sie. Hoffentlich macht er trotzdem mit!
Laura sieht, wie Marie auf die Jungen einredet. Dann nicken alle. Jeder weiß genau, was er zu tun hat.


Unauffällig beobachtet Laura den Blonden auf der Mauer. Er grinst zufrieden vor sich hin, während er sich eine Zigarette dreht.
Hoffentlich bleibt er noch sitzen, wünscht sie sich.
Dann sieht sie, wie Marie, Moritz und Alexander in ihre Richtung kommen. Moritz trinkt Cola aus einer Flasche.
„Gib mir auch was ab, du Saufbold!“, Marie versucht, ihm die Flasche wegzureißen.
Moritz knufft Marie. „He, was fällt dir ein! Du spinnst wohl!“
Während die beiden sich beschimpfen, kommen sie dem Blonden auf der Mauer immer näher.
„Los, gib mir jetzt die Flasche! Gleich ist nichts mehr drin!“, schreit Marie ihren Freund an und schubst ihn so kräftig, dass er stolpert und dem Verdächtigen genau gegen die Knie fällt. Dabei verschüttet er seine Cola über dessen Hose. Wütend und wild fluchend springt der Blonde auf.
Marie und Moritz gucken ihn erschrocken an. Moritz sagt immer wieder „sorry“ und Marie reicht dem Mann ihre Papiertaschentücher.
Alexander hat sich der Mauer inzwischen von der anderen Seite genähert. Dort liegt immer noch das Handy des Mannes, das dieser in der Aufregung nicht beachtet.
Alexander weiß, welche Taste er drücken muss. Schnell prägt er sich die Nummer ein, die auf dem Display erscheint. Dann verschwindet er um die Ecke und notiert sich die Zahlen.
Bald gelingt es Moritz und den Mädchen, ihrem Freund zu folgen.

An der Ecke treffen sie Alexander. Er reicht Laura einen Zettel. „Das ist die Nummer, die er zuletzt gewählt hat.“
„Danke, Lexi. Das hat ja super geklappt. Saskia muss nachher anrufen, unser Englisch reicht dafür nicht aus.“
„Und was sollte der ganze Quatsch nun?“, will Moritz wissen.
Laura erklärt den anderen, warum das Theater nötig war. Dabei lässt sie den Blonden nicht aus den Augen.
„Boah! Du meinst, dieser Oliver ist der Erpresser?“, fragt Moritz ungläubig.
Laura zuckt mit den Schultern. „Ich weiß, das wäre ein echter Zufall. Aber es ist unser einziger Anhaltspunkt. Vielleicht entpuppt er sich ja doch als berühmter Star, der einen tollen Hit gelandet hat. Auf jeden Fall kommt er mir bekannt vor. Da! Er geht weg. Wir müssen ihn beschatten.“
Das ist leichter gesagt als getan. Als Oliver sich durch das Gewimmel von Menschen zwängt, kommen die Detektive kaum mit.
„Zum Glück sind hier hellblonde Köpfe eher selten“, sagt Marie.
Wenige Minuten später fragt Laura: „He! Wo ist er denn jetzt?“
Keiner der vier weiß, wie das passieren konnte. Aber der Mann ist spurlos verschwunden.
Laura ärgert sich. „Wir sind ja tolle Detektive!“
Ratlos bummeln die Kinder über den Markt. Den Blonden finden sie nicht wieder.
Plötzlich bleibt Moritz stehen und sieht sich nach allen Seiten um. „Ach du Schreck! Jetzt haben wir auch noch Lexi verloren. Und ich hab sein Handy im Rucksack. Los! Wir müssen zurück und ihn suchen.“
„Wo kann unser Bücherwurm schon sein?“, fragt Laura. Marie lacht.
„Wetten, er steht träumend vor einem Bücherregal?“ Aber ganz wohl ist ihr nicht.
Nachdem sie mehrere Buchläden vergeblich abgeklappert haben, wissen sie nicht weiter.
Marie zeigt nach oben. „Wenn wir auf die Galerie gehen, können wir den Markt gut überblicken.
Die Kinder lehnen sich über das Geländer und suchen mit ihren Augen das Gewimmel ab.
„Hallo! Da seid ihr ja!“, hören sie plötzlich Alexanders Stimme hinter sich.
„Lexi! Wo kommst du denn her?“ Erleichtert knufft Moritz seinen Freund in die Seite.
Alexander sieht besorgt aus. „Wir müssen hier weg. Ihr seid die ganze Zeit verfolgt worden. Habt ihr nichts gemerkt?“
Überrascht sehen die anderen ihn an.
„Verfolgt?“, fragt Laura ungläubig.
„Von dem Blonden! Er muss vorhin Verdacht geschöpft haben. Wir sind ihm wohl zu dicht auf den Fersen geblieben. Los! Kommt!“
Seine Freunde folgen ihm durch mehrere Gänge und über Treppen bis zu einem kleinen Laden mit alten Büchern und Antiquitäten. Rund um den Eingang hängen Glocken in allen Größen. „Please do not ring! Bitte nicht läuten!“, übersetzt Laura und kichert. „Schade!“
Alexander schiebt seine Freunde in den Laden. „Wartet hier, bis ich wiederkomme.“
„Wieso, wo gehst du denn hin?“, will Moritz wissen.
„Wenn du mir etwas Geld leihst, kaufe ich mir noch schnell ein Buch. Ich habe es vorhin gesehen, aber es kostet mehr als ich dabeihabe. Und ihr wart ja plötzlich verschwunden.“
Moritz wühlt in seinen Hosentaschen und gibt Alexander ein paar Münzen. „Reicht das?“
„Ja, danke. Ich bin gleich wieder da.“
Der Laden, in dem Moritz, Laura und Marie sich verstecken, liegt am Ende eines Ganges. Sie sind die einzigen Kunden. Die Ladenbesitzerin nickt ihnen freundlich zu und lässt sie ungestört herumstöbern.
„Ich brauche noch ein Andenken für meine Eltern“, sagt Marie. „Wie findet ihr diese …?“ Plötzlich verschlägt es ihr die Sprache.
Laura und Moritz sehen sie verwundert an. Sie stehen mit dem Rücken zum Eingang und haben nichts bemerkt.
„Was ist los?“, fragt Laura.

„Nicht umdrehen“, flüstert Marie. „Im Eingang hat sich der Blonde aufgebaut und beobachtet uns. Was machen wir jetzt? Gibt es einen anderen Ausgang?“
Moritz schüttelt den Kopf. „Hinten ist nur die Wand.“
Laura spürt, wie ihr die Angst bis in den Nacken kriecht. „Aber wie kommen wir hier raus?“
Marie hat ihren Verfolger genau im Blick. Drohend sieht er sie an. Doch was ist das? Da bewegt sich etwas!
Im selben Augenblick taucht Alexander hinter dem Mann auf. Er hebt den Arm und holt aus. Wildes, ohrenbetäubendes Glockenläuten ertönt neben dem Blonden. Der zuckt erschrocken zusammen, stolpert rückwärts, schubst Alexander zur Seite und ergreift eilig die Flucht.
Wie angewurzelt bleiben Laura, Moritz und Marie stehen und starren auf ihren Freund.
Moritz fasst sich als Erster. „Boah! Super, Lexi! Den sind wir los!“
Die Ladenbesitzerin läuft wütend zum Eingang und zeigt auf das Schild. Aufgeregt mit den Armen fuchtelnd schimpft sie auf Alexander ein.
„Das war ein Notfall …, äh emergency …, sorry!“ Weiter kommt er nicht. „Mist! Mir fehlen die Vokabeln!“
Nachdem er noch mehrmals „Excuse me“ gesagt hat, lässt die Ladenbesitzerin endlich von ihm ab.
„Los! Weg hier!“, ruft Laura und bahnt sich einen Weg durch die Neugierigen, die von zwei Seiten herbeiströmen. Die Detektive rennen, bis sie vor dem Eingang der U-Bahn stehen.
Marie guckt auf ihre Uhr. „Wir müssen uns beeilen. Saskia wartet auf uns.“



Saskia sitzt auf einer Treppe am Piccadilly Circus. Die Kinder berichten ihr, was sie erlebt haben.
Laura erklärt ihr ihren Plan. „Wir rufen die Nummer an, die der Blonde auf seinem Handy hatte. Zum Glück kennen wir seinen Namen: Oliver. Wenn Olivers Freund oder Freundin sich meldet, kannst du einfach von Oliver grüßen.“
„Und dann?“, fragt Saskia. „Was finden wir damit heraus?“ Moritz hofft, dass der Angerufene sich mit Namen meldet. „Vielleicht sagt er ja irgendwas, das uns weiterhilft.“ Er holt Alexanders Handy aus dem Rucksack.
Alexander tippt die Nummer ein, die er sich notiert hatte, und reicht Saskia das Telefon.
Die Detektive warten gespannt. Sie hoffen, etwas von dem zu verstehen, was Saskia sagt.
Aber Saskia sagt nichts. Sie wird nur ganz blass und drückt erschrocken die Austaste.
„Was ist los?“, will Laura wissen.

Saskia starrt verwundert auf das Handy. „Das war Paddy!“ „Paddy? Dein Exfreund?“, fragt Moritz. „Boah! Das gibt’s doch nicht!“
Saskia nickt nachdenklich.
Laura springt auf und fasst sich an den Kopf: „Jetzt weiß ich, wo ich den Blonden vorher schon einmal kurz gesehen habe! Er ist gestern in Paddys Laden gegangen und hat ‚Hi, Paddy!‘ gerufen. Die strohblonden Haare sind mir aufgefallen.“
Saskia nickt. „Paddy hat einen Freund, den er Olli nennt. Er war gestern da, als ich wegging.“
Alexander kombiniert: „Heißt das, dass dieser Oliver der Erpresser ist?“
Marie zuckt mit den Schultern. „Vielleicht. Aber wir haben keinen einzigen Beweis dafür.“
„Hätte ich doch nur mehr von Olivers Telefongespräch verstanden!“, wünscht sich Laura. „Wir fahren sofort zu Scotland Yard.“
Inspektor Appleby ist gerade in einer Vernehmung. Die Kinder und Saskia müssen etwas warten.
Als er sie dann mit ernstem Gesicht in sein Büro bittet, ahnen sie nichts Gutes.
Der Inspektor spricht zuerst nur mit Saskia, die daraufhin ziemlich betroffen wirkt.
Saskia erklärt ihnen: „Der Inspektor glaubt immer noch, dass ich mit der Sache zu tun habe. Der Brief mit der Geldforderung ist nicht in meiner Schrift geschrieben. Es wurde auch ein anderer Stift benutzt. Aber im Labor hat man festgestellt, dass das Papier von demselben Block kommt wie meine Zettel. Ich verstehe das überhaupt nicht. Den Block habe ich immer bei meinen Schulsachen.“
„Und die Fingerabdrücke?“, fragt Alexander.
Den Tränen nahe antwortet Saskia: „Sie haben auf dem Erpresserbrief nur meine Fingerabdrücke gefunden.“
Die Detektive sind mehr als erschrocken. Haben sie sich in Saskia getäuscht?
Das Mädchen spürt ihre Unsicherheit. „Ich habe wirklich nichts damit zu tun!“, beteuert sie. Das Gleiche sagt sie dem Inspektor noch einmal auf Englisch.
Doch Inspektor Appleby scheint Saskia nicht zu glauben.
„Wo hast du die Zettel geschrieben?“, will Marie wissen.
Saskia überlegt. „Meistens dort, wo ich gerade saß, im Bus oder auf einer Parkbank. Einige habe ich auch in der kleinen Küche hinter Paddy’s Laden geschrieben.“ Plötzlich starrt sie Marie an. „Der Block! … Die Schulsachen!“, ruft sie.
Aufgeregt erklärt Saskia dem Inspektor, was ihr eingefallen ist. Dabei spricht sie so schnell, dass die Kinder kaum ein Wort verstehen. Aber sie können es sich zusammenreimen.
Sofort gibt Detective Inspector Appleby seinem Sergeant Anweisungen. Dann bittet er Saskia und die vier Detektive mitzukommen. Sie steigen in einen Polizeiwagen. Saskia sitzt auf dem Beifahrersitz und murmelt vor sich hin.


„Da, guckt mal! Zwei Polizisten in einem Polizeiauto warten schon vor Paddy’s Laden“, ruft Marie.
Als der Inspektor mit Saskia aussteigt, bittet er die Kinder sicherheitshalber im Auto zu bleiben.
Sie sehen, wie Saskia auf Paddy losrennt. Weil sie so aufgeregt ist, schreit sie ihn auf Deutsch an: „Gemeiner Erpresser! Du warst es! Der Zettel auf meinem Block … in der Küche! Du hast den Erpresserbrief geschrieben!“ Paddy sieht ein bisschen verwirrt aus.

Als Saskia ihn daraufhin auf Englisch beschimpft, schüttelt er den Kopf und schaut die Polizisten Hilfe suchend an.
„Er spielt das Unschuldslamm“, sagt Laura wütend. „Dabei ist alles klar. Wenn Saskia nur früher daran gedacht hätte, dass sie ihre Schulsachen und den Block einmal bei Paddy in der Küche vergessen hat. Auf einem Blatt hatte Saskia schon einen fertigen Drohbrief, den Paddy gelesen hat.“
„Und da hat er auf demselben Block gleich seinen Erpresserbrief geschrieben“, ergänzt Marie.
„Bestimmt hat er das Papier mit Handschuhen angefasst, deshalb waren nur Saskias Fingerabdrücke drauf.“
„Was für ein gemeiner Typ!“ Moritz bläst empört seine Backen auf. „Er wollte das Geld kassieren, wahrscheinlich zusammen mit Oliver. Saskia wäre in jedem Fall das Opfer gewesen.“
„Aber dumm ist er trotzdem“, meint Alexander. „Er hätte wissen müssen, dass die Spur auch zu ihm führt. Die Polizei nimmt jeden unter die Lupe, der mit einem Verdächtigen befreundet ist oder war. Und bei der Geldübergabe wäre er sowieso erwischt worden.“
Die anderen nicken und schauen gespannt aus den Autofenstern. Noch gibt es nichts zu sehen, denn der Inspektor und zwei Polizisten sind mit Saskia und Paddy in den Laden gegangen.
„Wahrscheinlich zeigt Saskia ihnen den Tatort“, vermutet Laura und schiebt aufgeregt ihre Brille hoch.
„Boah! Paddy wird abgeführt!“, ruft Moritz. „Und da kommt Saskia mit dem Inspektor!“
Wütend schaut Saskia dem abfahrenden Polizeiauto nach, in dem ihr ehemaliger Freund sitzt.

Wenig später steigt Saskia zu Laura, Marie, Alexander und Moritz in den Polizeiwagen. Sie seufzt erleichtert. „Endlich ist alles vorbei. Jetzt holen sie noch Oliver ab, der ist bestimmt genauso verblüfft wie Paddy. Dieser hinterlistige Typ musste zugeben, dass ich mit der Erpressung nichts zu tun habe. Er allein hat sich das ausgedacht, als er vor ein paar Tagen meine Schulsachen und den Block mit einem meiner Zettel gefunden hat. Ich habe darauf einen besseren Umweltschutz gefordert. Kurz zuvor hatte er in der Zeitung über die Drohungen gelesen und den Zusammenhang erkannt. Das brachte ihn auf die Idee mit der Erpressung. Dann hat er seinen Freund Olli in den Plan eingeweiht. Er brauchte noch einen Komplizen für die Vorbereitung zur Geldübergabe. Gemeinsam wollten sie auf meine Kosten absahnen.“
Inspektor Appleby sieht man an, dass er froh ist, den Fall aufgeklärt zu haben. „May I give you a lift to Trafalgar Square?“, fragt er freundlich.
Saskia schaut die Detektive an. Sie nicken zustimmend.
„Das passt gut.“ Laura schaut auf ihre Uhr. „Wir sind in einer halben Stunde mit unseren Eltern verabredet. Sie haben für uns eine Fahrt im London Eye gebucht.“
Als die vier sich am Trafalgar Square von Saskia verabschieden, will Alexander noch das letzte Rätsel lösen. „Warum fährst du immer mit dem Bus Nummer fünfzehn?“, fragt er Saskia.
Saskia grinst. „In der Fünfzehn ist meistens so ein netter Busfahrer. Außerdem muss ich nicht umsteigen, wenn ich von meiner Wohnung zur Schule will oder umgekehrt.“ Sie gibt den Kindern die Hand. „Danke, dass ihr mir geholfen habt. Ohne euch wäre ich wohl immer noch verdächtig. Leider muss ich jetzt los, ich will endlich in Ruhe für die Prüfung lernen“, sagt sie.
„Wir drücken dir die Daumen!“, ruft Laura ihr nach.
„Viel Glück bei euren nächsten Kriminalfällen!“, erwidert Saskia und läuft auf die Bushaltestelle zu, wo die 15 schon zur Abfahrt bereit steht.
„Unsere nächsten Kriminalfälle?“ Moritz schaut die anderen fragend an.
„Warum nicht?“ Laura lacht. „Jetzt sind wir waschechte Detektive. Wir haben geholfen, einen richtigen Fall aufzuklären. Wie nennen wir uns denn – ‚Detektive von London‘?“ „Wir sind ja nur noch zwei Wochen hier“, sagt Alexander. „Wie findet ihr ‚Großstadt-Detektive‘?“