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Zu einigen lasziven Bildern: »Ce n’est plus l’éventail, mais bien le parapluie, invention digne de l’époque du roi garde-national. Le parapluie propice aux fantaisies amoureuses! Le parapluie servant d’abri discret. La couverture, le toit de l’île de Robinson.« John Grand-Carteret: Le décolleté et le retroussé Paris 〈1910〉 II p 56 [D 1 a, 6]
»Nur hier«, hat Chirico gesagt, »läßt sich malen. Die Straßen haben solche Skalen von Grau …« [D 1 a, 7]
Die Pariser Atmosphäre erinnert Carus an das Aussehen der neapolitanischen Küste wenn der Skirokko weht. [D 1 a, 8]
Städtisches Regenwetter mit seiner ganzen durchtriebenen Lockung, in frühe Kinderjahre sich zurückzuträumen, ist nur dem Kind einer Großstadt verständlich. Regen hält überall mehr verborgen, macht Tage nicht nur grau sondern ebenmäßig. Vom Morgen bis zum Abend kann man dann dasselbe tun, schachspielen, lesen, sich streiten, während Sonne, ganz anders, die Stunden schattiert und dem Träumer nicht wohl will. Darum muß er die strahlenden Tage mit Listen umgehen, vor allem sehr früh aufstehen wie die großen Müßiggänger, die Hafenbummler und die Vaganten: er muß früher zur Stelle sein als die Sonne. Ferdinand Hardekopf, der einzige echte Dekadent, den Deutschland hervorgebracht hat, hat in der Ode vom seligen Morgen, die er vor vielen Jahren Emmy Hennings schenkte, dem Träumer für die sonnigen Tage die besten Schutzmaßregeln anvertraut. [D 1 a, 9]
»donner à cette poussière un semblant de consistance qu’en l’arrosant de sang.« Louis Veuillot: Les odeurs de Paris Paris 1914 p 12 [D 1 a, 10]
Andere europäische Städte nehmen die Kolonnaden in ihr Stadtbild auf; Berlin maßgebend im Stil seiner Stadttore. Besonders bezeichnend das Hallesche Tor und mir unvergeßlich in einer blauen Ansichtskarte, den nächtlichen Belle-Alliance-Platz darstellend. Es war ein Transparent und gegen das Licht gehalten, erleuchteten all seine Fenster sich in ganz genau dem gleichen Lichte, das oben am Himmel der Vollmond ausstrahlte. [D 2, 1]
»Les constructions du nouveau Paris relèvent de tous les styles; l’ensemble ne manque pas d’une certaine unité, parce que tous ces styles sont du genre ennuyeux, et du genre ennuyeux le plus ennuyeux, qui est l’emphatique et l’aligné. Alignement! fixe! Il semble que l’Amphion de cette ville soit caporal … / Il pousse quantité de choses fastueuses, pompeuses, colossales: elles sont ennuyeuses; il en pousse quantité de fort laides: elles sont ennuyeuses aussi. / Ces grandes rues, ces grands quais, ces grands édifices, ces grands égouts, leur physionomie mal copiée ou mal rêvée, garde je ne sais quoi qui sent la fortune soudaine et irrégulière. Ils exhalent l’ennui.« Veuillot: Les odeurs de Paris 〈Paris 1914〉 p 9 □ Haussmann □ [D 2, 2]
Pelletan schildert den Besuch bei einem Börsenkönig, einem vielfachen Millionär: »Als ich in den Hof des Hotels eintrat, war eine Schar von Stallknechten in rothen Westen beschäftigt, ein halbes Dutzend englischer Pferde abzureiben. Ich stieg eine Marmortreppe hinan, über welcher eine kolossale vergoldete Laterne hing, und fand im Vestibule einen Kammerdiener mit weißer Kravatte und aus gestopften Waden, welcher mich in eine große glasgedeckte Galerie führte, deren Wände ganz mit Camellien und Treibhauspflanzen decorirt waren. Etwas wie heimliche Langeweile lag in der Luft; beim ersten Schritt athmete man einen Dunst wie von Opium. Man ging zwischen einer doppelten Reihe von Stangen, auf welchen Papagaien aus verschiedenen Ländern saßen. Sie waren roth, blau, grün, grau, gelb und weiß; aber alle schienen an Heimweh zu kranken. An dem äußersten Ende der Galerie stand ein kleiner Tisch einem Renaissancekamin gegenüber: denn um diese Zeit frühstückte der Hausherr … Nachdem ich eine Viertelstunde gewartet, ließ er sich herab, zu erscheinen … Er gähnte, war schläfrig, schien immer auf dem Punkt, einzunicken; er ging wie einer, der im Schlaf geht. Seine Müdigkeit hatte die Wände seines Hotels angesteckt. Die Papagaien sahen aus wie seine abgelösten Gedanken, verkörpert und auf einer Stange befestigt …« □ Intérieur □ Rodenberg: Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht 〈Leipzig 1867〉 p 104/105 [D 2, 3]
Rougemont und Gentil lassen in den Variétés die »Fêtes françaises ou Paris en miniature« spielen. Es handelt sich um die Heirat Napoleons I mit Marie-Louise und dabei ist von den geplanten Festen die Rede. »Cependant« sagt eine der Personen »le temps n’est pas trop sûr.« – Antwort: »Mon ami, rassure-toi, ce jour est du choix de notre souverain.« Und darauf stimmt er ein Couplet an, das beginnt:
»On sait qu’à ses regards perçants
L’avenir toujours se dévoile,
Et quand il nous faut du beau temps
Nous l’attendons de son étoile.«
cit bei Théodore Muret: L’histoire par le théâtre 1789-1851 Paris 1865 I p 262 [D 2, 4]
»cette tristesse diserte et plate qu’on appelle l’ennui.« Louis Veuillot: Les odeurs de Paris Paris 1914 p 177 [D 2, 5]
»Jede Tracht reservirt sich einige Stücke, mit welchen sie vorzüglich nobel thut, d. h. welche viel Geld kosten, weil sie schnell ruinirt sind, namentlich weil jeder Regen sie verderbt.« Dies bei Gelegenheit des Cylinders □ Mode □ F. Th. Vischer: Vernünftige Gedanken über die jetzige Mode 〈in: Kritische Gänge Neue Folge 3. Heft Stuttgart 1861〉 p 124 [D 2, 6]
Langeweile haben wir, wenn wir nicht wissen, worauf wir warten. Daß wir es wissen oder zu wissen glauben, das ist fast immer nichts als der Ausdruck unserer Seichtheit oder Zerfahrenheit. Die Langeweile ist die Schwelle zu großen Taten. – Nun wäre zu wissen wichtig: der dialektische Gegensatz zur Langenweile? [D 2, 7]
Das höchst komische Buch von Emile Tardieu: L’ennui Paris 1903, dessen Hauptthese lautet, das Leben sei zweck- und bodenlos und strebe dem Zustande des Glückes und des Gleichgewichts vergeblich nach, nennt unter den vielen Umständen, die Ursache der Langeweile sein sollen auch das Wetter. – Man kann dies Buch eine Art Andachtsbuch des 20ten Jahrhunderts nennen. [D 2, 8]
Langeweile ist ein warmes graues Tuch, das innen mit dem glühendsten, farbigsten Seidenfutter ausgeschlagen ist. In dieses Tuch wickeln wir uns wenn wir träumen. Dann sind wir in den Arabesken seines Futters zuhause. Aber der Schläfer sieht grau und gelangweilt darunter aus. Und wenn er dann erwacht und erzählen will, was er träumte, so teilt er meist nur diese Langeweile mit. Denn wer vermöchte mit einem Griff das Futter der Zeit nach außen zu kehren? Und doch heißt Träume erzählen nichts anderes. Und nicht anders kann man von den Passagen handeln, Architekturen, in denen wir traumhaft das Leben unserer Eltern, Großeltern nochmals leben wie der Embryo in der Mutter das Leben der Tiere. Das Dasein in diesen Räumen verfließt denn auch akzentlos wie das Geschehen in Träumen. Flanieren ist die Rhythmik dieses Schlummers. 1839 kam über Paris eine Schildkrötenmode. Man kann sich gut vorstellen, wie die Elegants in den Passagen leichter noch als auf den Boulevards das Tempo dieser Geschöpfe nachahmen. ■ Flaneur ■ [D 2 a, 1]
Langeweile ist immer die Außenseite des unbewußten Geschehens. Deshalb ist sie den großen Dandys vornehm erschienen. Ornament und Langeweile. [D 2 a, 2]
Über die Doppelbedeutung von »temps« im Französischen. [D 2 a, 3]
Die Fabrikarbeit als ökonomischer Unterbau der ideologischen Langeweile der Oberklassen. »Der trübselige Schlendrian einer endlosen Arbeitsqual, worin derselbe mechanische Process immer wieder durchgemacht wird, gleicht der Arbeit des Sisyphus; die Last der Arbeit, gleich dem Felsen, fällt immer wieder auf den abgematteten Arbeiter zurück.« Friedrich Engels: Die Lage der arbeitenden Klasse in England 〈2. Aufl. Leipzig 1848〉 p 217 (zit. bei Marx: Kapital Hamburg 1922 I p 388) [D 2 a, 4]
Das Gefühl einer »imperfection incurable« (vgl. Les plaisirs et les jours cit im Hommage von Gide) »dans l’essence même du présent« ist vielleicht für Proust der Hauptgrund gewesen, die mondäne Geselligkeit bis in ihre letzten replis kennen zu lernen, ja ist vielleicht ein Grundmotiv geselliger Zusammenkünfte aller Menschen. [D 2 a, 5]
Über die Salons: »Auf allen Physiognomien zeigten sich die unverkennbarsten Spuren der Langenweile, und die Unterhaltungen waren im Allgemeinen spärlich, still und ernst. Das Tanzen wurde von den Meisten wie eine Frohn-Arbeit angesehen, der man sich unterwerfen müsse, weil es einmal guter Ton sei zu tanzen.« Ferner die Behauptung, daß man »vielleicht in den Gesellschaften keiner Stadt Europas weniger zufriedene, heitere und belebte Gesichter entdeckt, als in den pariser Salons; … ferner nirgends in Gesellschaft mehr als hier, und zwar eben so sehr aus Mode, als aus wirklicher Ueberzeugung, über unausstehliche Langeweile klagen hört.« »Eine natürliche Folge davon ist, daß in den Reunionen eine Stille und Ruhe herrscht, die man in andern Städten bei größeren Gesellschaften gewiß nur ausnahmsweise bemerken wird.« Ferdinand von Gall: Paris und seine Salons Oldenburg 1844 I p 151-153 und 158 [D 2 a, 6]
Man sollte über die Pendülen in den Appartements unter dem Eindruck der folgenden Zeilen nachdenken: »Ein gewisser leichter Sinn, ein ruhiger sorgenloser Blick auf die dahineilende Zeit, ein gleichgültiger Verbrauch der nur zu rasch schwindenden Stunden – dies sind Eigenschaften, welche das oberflächliche Salonleben begünstigen.« Ferdinand von Gail: Paris und seine Salons II Oldenburg 1845 p 171 [D 2 a, 7]
Langeweile der auf den Historienbildern dargestellten Zeremonieszenen und das dolce far niente der Schlachtenbilder mit alle〈m〉 was im Pulverdampfe wohnt. Von den Images d’Epinal bis zu Manets »Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko« ist das die immer gleiche, immer neue Fata Morgana, immer der Dampf, in dem der Mogreby 〈?〉 oder der Geist aus der Flasche vor den träumenden, geistesabwesenden Kunstverständigen auftaucht. □ Traumhaus, Museen □ [D 2 a, 8]
Schachspieler im Café de la Régence: »C’était là que l’on voyait quelques habiles joueurs faire leur partie en tournant le dos à l’échiquier: il leur suffisait qu’on leur nommât à chaque coup la pièce que l’adversaire avait touchée, pour qu’ils fussent assurés de gagner.« Histoire des Cafés de Paris Paris 1857 p 87 [D 2 a, 9]
»En somme, l’art classique urbain, après avoir donné ses chefs-d’œuvre, s’était stérilisé au temps des philosophes et des faiseurs de systèmes; le XVIIIe siècle finissant avait donné le jour à d’innombrables projets, la Commission des Artistes les avait réunis en corps de doctrine, l’Empire les appliquait sans originalité créatrice. Au style classique flexible et vivant succédait le pseudo-classique, systématique et rigide … L’Arc-de-Triomphe répète la porte Louis XIV, la Colonne est imitée de Rome, la Madeleine, la Bourse et le Palais-Bourbon sont des temples antiques.« Lucien Dubech, Pierre d’Espezel: Histoire de Paris Paris 1926 p 345 □ Interieur □ [D 3, 1]
»Le premier Empire copia les arcs de triomphe et les monuments des deux siècles classiques. Puis, on croit réinventer en ranimant des modèles plus éloignés: le second Empire imita la Renaissance, le gothique, le pompéien. Puis, on tombe à l’ère de la vulgarité sans style.« Dubech-D’Espezel: Histoire de Paris Paris 1926 p 464 □ Interieur □ [D 3, 2]
Annonce eines Buches von Benjamin Gastineau »La vie en chemin de fer«: »La Vie en chemin de fer est un ravissant poëme en prose. C’est l’épopée de la vie moderne, toujours emportée et tourbillonnante, le panorama de gaieté et des larmes passant comme la poussière des rails près des stores du wagon.« Par Benjamin Gastineau: Paris en rose Paris 1866 p 4 [D 3, 3]
Man muß sich nicht die Zeit vertreiben – muß die Zeit zu sich einladen. Sich die Zeit vertreiben (sich die Zeit austreiben, abschlagen): der Spieler. Zeit spritzt ihm aus allen Poren. – Zeit laden, wie eine Batterie Kraft lädt: der Flaneur. Endlich der Dritte: er lädt die Zeit und gibt in veränderter Gestalt – in jener der Erwartung – wieder ab: der Wartende. [D 3, 4]
»Die jungen Kalkflöze, auf denen Paris liegt, lösen sich äußerst leicht in Staub auf, und dieser Staub ist, so wie aller Kalkstaub, äußerst schmerzlich für die Augen und die Brust. Ein wenig Regen hilft nicht einmal ein wenig sondern gar nicht, weil sie das Wasser schnell in sich trinken und auf der Oberfläche gleich wieder trocken sind.« »Hiezu kommt das unansehnliche abgebleichte Grau der Häuser, die alle aus dem mürben Flözkalkstein gebaut sind, welcher bei Paris gebrochen wird; – die falben Ziegeldächer, die mit den Jahren schmutzig schwarz werden; – die hohen breiten Schornsteine, die selbst die öffentlichen Gebäude entstellen … und die in einigen Gegenden der Altstadt so dicht auf einander stehen, daß man kaum zwischen ihnen durchsehen kann.« J. F. Benzenberg: Briefe geschrieben auf einer Reise nach Paris Dortmund 1805 I p 112 u 111 [D 3, 5]
»Engels erzählte mir, daß Marx 1848 in Paris im Café de la Regence, einem der ersten Zentren der Revolution von 1789, ihm zum erstenmal den ökonomischen Determinismus seiner Theorie der materialistischen Geschichtsauffassung vortrug.« Paul Lafargue: Persönliche Erinnerungen an Friedrich Engels Die neue Zeit Stuttgart 1905 XXIII, 2 p 558 [D 3, 6]
Langeweile – als Index für die Teilnahme am Schlaf des Kollektivs. Ist sie darum vornehm, so daß der Dandy sie zur Schau trägt? [D 3, 7]
1757 gab es erst drei Cafés in Paris. [D 3 a, 1]
Maximen der Empire-Malerei: »Les artistes nouveaux n’admettaient que le ›style héroïque, le sublime‹, et le sublime ne pouvait être atteint qu’avec ›le nu et la draperie‹ … Les peintres devaient chercher leurs inspirations dans Plutarque ou dans Homère, dans Tite-Live ou dans Virgile, et choisir de préférence, selon la recommandation de David à Gros …, ›des sujets connus de tout le monde‹ … Les sujets empruntés à la vie contemporaine étaient, à cause des costumes, indignes du ›grand art‹.« A Malet et P Grillet: XIXe siècle Paris 1919 p 158 □ Mode □ [D 3 a, 2]
»L’heureux homme qu’un observateur! Pour lui l’ennui est un mot vide de sens.« Victor Fournel: Ce qu’on voit dans les rues de Paris Paris 1858 p 271 [D 3 a, 3]
Die Langeweile begann in den vierziger Jahren epidemisch empfunden zu werden. Diesem Leiden soll zuerst Lamartine Ausdruck gegeben haben. Es spielt seine Rolle in einer kleinen Geschichte, bei der es sich um den berühmten Komiker Deburau handelt. Ein großer pariser Nervenarzt wurde eines Tages von einem Patienten aufgesucht, der zum ersten Male bei ihm erschien. Der Patient klagte über die Krankheit der Zeit, Unlust zu Leben, tiefe Verstimmungen, Langeweile. »Ihnen fehlt nichts, sagte nach eingehender Untersuchung der Arzt. Sie müßten nur ausspannen, etwas für ihre Zerstreuung tun. Gehen Sie einen Abend zu Deburau und Sie werden das Leben gleich anders ansehen.« »Ach lieber Herr, antwortete der Patient, ich bin Deburau.« [D 3 a, 4]
Rückkehr von den Courses de la Marche: »La poussière a dépassé toutes les espérances. Les élégances retour de la Marche sont quasi ensevelies, à l’instar de Pompeï, et il faut les déterrer à coups de brosse, sinon à coup de pioche.« H de Pêne: Paris intime Paris 1859 p 320 [D 3 a, 5]
»L’introduction du système Mac Adam pour le pavage des boulevards donna naissance à de nombreuses caricatures. Cham montre les Parisiens aveuglés par la poussière et propose d’ériger … une statue, avec cette inscription: ›A Macadam, les oculistes et les marchands de lunettes reconnaissants!‹ D’autres représentent les promeneurs juchés sur des échasses et parcourant ainsi les marécages et les fondrières.« Paris sous la République de 1848 Exposition de la Bibliothèque et des Travaux historiques de la Ville de Paris 1909 [Poëte, Beaurepaire, Clouzot, Henriot] p 25 [D 3 a, 6]
»L’Angleterre seule pouvait produire le dandysme; la France est aussi incapable d’engendrer son équivalent que sa voisine l’est d’offrir l’équivalent de nos … lions, aussi empressés de plaire que les dandys en sont dédaigneux … D’Orsay … plaisait naturellement et passionnément à tout le monde, même aux hommes, tandis que les dandys ne plaisaient qu’en déplaisant … Du lion au gandin, il y a un abîme; mais quel autre abîme entre le gandin et le petit crevé!« Larousse〈: Grand dictionnaire universelle〉 du dix-neuvième siècle 〈VI Paris 1870 (art dandy) p 63〉 [D 4, 1]
Im drittvorletzten Kapitel seines Buches »Paris depuis ses origines jusqu’en l’an 3000« Paris 1886 spricht Léo Claretie von einem Schutzdach aus Kristallplatten, das bei Regen über die Stadt geschoben wird – im Jahre 1987. »En 1987« lautet die Überschrift dieses Kapitels. [D 4, 2]
Mit Beziehung auf Chodruc-Duclos: »C’était peut-être le débris de quelque vieux et âpre citoyen d’Herculanum qui, s’étant échappé de son lit souterrain, nous revenait criblé des mille colères volcaniques et vivait dans la mort.« Mémoires de Chodruc-Duclos Recueillis et publiés par J Arago et Edouard Gouin Paris 1843 I p 6 (Préface) Der erste Flaneur unter den Deklassierten. [D 4, 3]
Le monde où l’on s’ennuie – »Mais, si l’on s’y ennuie, quelle influence peut-il avoir?« – »Quelle influence! … quelle influence, l’ennui, chez nous? mais énorme! … mais considérable! Le Français, vois-tu, a pour l’ennui une horreur poussée jusqu’à la vénération. Pour lui, l’ennui est un dieu terrible qui a pour culte la tenue. Il ne comprend le sérieux que sous cette forme.« Edouard Pailleron: Le monde où l’on s’ennuie (1881) 1,2 (Edouard Pailleron: Théâtre complet III Paris 〈1911〉 p 279〈)〉 [D 4, 4]
Michelet »forme une description, pleine d’intelligence et de pitié, de la condition, vers 1840, des premiers manœuvres spécialisés. Voici ›l’enfer de l’ennui‹ dans les tissages: ›Toujours, toujours, toujours, c’est le mot invariable que tonne à notre oreille le roulement automatique dont tremblent les planches. Jamais l’on ne s’y habitue.‹ Souvent les remarques de Michelet (par example sur la rêverie et les rythmes des métiers) devancent intuitivement les analyses expérimentales des psychologues modernes.« Georges Friedmann: La crise du progrès Paris 〈1936〉 p 244 [das Zitat aus Michelet: Le peuple Paris 1846 p 83] [D 4, 5]
faire droguer im Sinne von faire attendre gehört dem Argot der revolutionären und kaiserlichen Heere an. (Nach Brunot: Histoire de la langue française IX La Révolution et l’Empire Paris 1937 〈p 997〉 [D 4, 6]
»Pariser Leben«〈:〉 »Wie ein Andenken hinter Glas erscheint Paris in jenem Empfehlungsbrief, den Baron Stanislas de Frascata seinem Freund Gondremarck für Metella mitgibt. Der an die väterliche Scholle gefesselte Briefschreiber klagt darin, daß er sich aus seinem ›kalten Land‹ nach den Champagnergelagen zurücksehne, dem himmelblauen Boudoir Metellas, den Soupers, den Liedern, der Trunkenheit. Hell steht Paris vor ihm: ein Ort, an dem die Standesunterschiede getilgt sind, eine Stadt voll südlicher Wärme und tosenden Lebens. Metella liest Frascatas Brief, und während sie ihn liest, umspielt die Musik das kleine leuchtende Erinnerungsbild mit einer Wehmut, als sei Paris das verlorene Paradies, und mit einer Seligkeit, die es dem verheißenen gleichsetzt. Wenn dann die Handlung fortschreitet, entsteht der unabweisbare Eindruck, dieses Bild selber begänne lebendig zu werden.« S Kracauer: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit Amsterdam 1937 p 348/349 [D 4 a, 1]
»Le Romantisme aboutit à une théorie de l’ennui, le sentiment moderne de la vie à une théorie du pouvoir ou, au moins, de l’énergie … Le Romantisme, en effet, marque la prise de conscience par l’homme d’un faisceau d’instincts à la répression desquels la société est fortement intéressée, mais, pour une large part, il manifeste l’abandon de la lutte … L’écrivain romantique … se tourne vers … une poésie de refuge et d’évasion. La tentative de Balzac et de Baudelaire est exactement inverse et tend à intégrer dans la vie les postulations que les Romantiques se résignaient à satisfaire sur le seul plan de l’art … Par là, cette entreprise est bien apparentée au mythe qui signifie toujours un accroissement du rôle de l’imagination dans la vie.« Roger Caillois: Paris, mythe moderne (Nouvelle Revue Française XXV, 284 1 mai 1937 p 695 et 697) [D 4 a, 2]
1839 »La France s’ennuit« Lamartine [D 4 a, 3]
Baudelaire im Essay über Guys: »Le dandysme est une institution vague, aussi bizarre que le duel; très ancienne, puisque César, Catilina, Alcibiade nous en fournissent des types éclatants; très générale, puisque Chateaubriand l’a trouvée dans les forêts et au bord des lacs du Nouveau-Monde.« Baudelaire: L’art romantique Paris p 91 [D 4 a, 4]
Das Guys-Kapitel des »L’art romantique« über die Dandys: »Tous sont des représentants … de ce besoin, trop rare chez ceux d’aujourd’hui, de combattre et de détruire la trivialité … Le dandysme est le dernier éclat d’héroïsme dans les décadences; et le type du dandy retrouvé par le voyageur dans l’Amérique du Nord n’infirme en aucune façon cette idée; car rien n’empêche de supposer que les tribus que nous nommons sauvages soient les débris de grandes civilisations disparues … Ai-je besoin de dire que M. G., quand il crayonne un de ses dandys sur le papier, lui donne toujours son caractère historique, légendaire même, oserais-je dire, s’il n’était pas question du temps présent et de choses considérées généralement comme folâtres?« Baudelaire: L’art romantique (éd Hachette tome III) Paris p 94/95 [D 5, 1]
Baudelaire formuliert so die Impression, die der vollendete Dandy erwecken muß: »Voilà peut-être un homme riche, mais plus certainement un Hercule sans emploi.« Baudelaire: L’art romantique Paris p 96 [D 5, 2]
Die Menge als remède suprême gegen den ennui erscheint im Essay über Guys: »Tout homme, disait un jour M. G. dans une de ces conversations qu’il illumine d’un regard intense et d’un geste évocateur, tout homme … qui s’ennuie au sein de la multitude, est un sot! un sot! et je le méprise!« Baudelarie: L’art romantique p 65 [D 5, 3]
Unter allen Gegenständen, die Baudelaire als erster dem lyrischen Ausdruck erschlossen hat, dürfte einer voranstehen: das schlechte Wetter. [D 5, 4]
Die bekannte Anekdote von dem von Langeweile heimgesuchten Schauspieler Deburau bildet, einem »Carlin« zugeschrieben, die pièce de résistance des versifizierten »Eloge de l’ennui« von Charles Boissière de la société philotechnique Paris 1860 – Carlin ist ein nach dem Vornamen eines italienischen Harlekindarstellers gebildeter Hundename. [D 5, 5]
»La monotonie se nourrit de neuf.« Jean Vaudal: Le tableau noir (cit E Jaloux: L’esprit des livres Nouvelles Littéraires 20 novembre 1937) [D 5, 6]
Contrepartie der Blanqui’schen Weltansicht: das Universum ist eine Stätte dauernder Katastrophen. [D 5, 7]
Zu 〈»〉l’Eternité par les astres«: Blanqui, der an der Schwelle des Grabes das Fort du Taureau als sein letztes Gefängnis weiß und dieses Buch schreibt, um neue Kerkertüren sich zu erschließen. [D 5 a, 1]
Zu »L’Eternité par les astres«: Blanqui unterwirft sich der bürgerlichen Gesellschaft. Aber es ist ein Kniefall von solcher Gewalt, daß ihr Thron darüber ins Wanken kommt. [D 5 a, 2]
Zu »L’Eternité par les astres«: In dieser Schrift ist der Himmel ausgespannt, an dem die Menschen des neunzehnten Jahrhunderts die Sterne stehen sehen. [D 5 a, 3]
In den Litanies de Satan dürfte (〈Baudelaire: Œuvres〉 ed Le Dantec 〈Bd. 1, Paris 1931〉 p 138) die Figur Blanquis bei Baudelaire auftauchen: »Toi qui fais au proscrit ce regard calme et haut.« In der Tat gibt es ja von Baudelaire eine aus dem Gedächtnis vollführte Zeichnung, die den Kopf von Blanqui darstellt. [D 5 a, 4]
Um die Bedeutung der nouveauté zu erfassen, muß man auf die Neuigkeit im täglichen Leben zurückgehen. Warum teilt jeder dem andern das Neueste mit? Wahrscheinlich um über die Toten zu triumphieren. So nur, wenn es nichts wirklich Neues gibt. [D 5 a, 5]
Die Schrift, die Blanqui in seinem letzten Gefängnis als seine letzte geschrieben hat, ist soviel ich sehe, bis heute gänzlich unbeachtet geblieben. Es ist eine kosmologische Spekulation. Zuzugeben ist, daß sie beim ersten Blättern sich abgeschmackt und banal anläßt. Indessen sind die unbeholfenen Überlegungen eines Autodidakten nur die Vorbereitung einer von keinem weniger als von diesem Revolutionär zu vergegenwärtigenden Spekulation. Sofern die Hölle ein theologischer Gegenstand ist, kann man sie in der Tat eine theologische nennen. Die kosmische Weltansicht, die Blanqui darin entwirft, indem er der mechanistischen Naturwissenschaft der bürgerlichen Gesellschaft seine Daten entnimmt, ist eine infernalische – ist zugleich ein Komplement der Gesellschaft, die B〈lanqui〉 an seinem Lebensabend als Sieger über sich zu erkennen gezwungen war. Das Erschütternde ist, daß diesem Entwurf jede Ironie fehlt. Es ist eine vorbehaltlose Unterwerfung, zugleich aber die furchtbarste Anklage gegen eine Gesellschaft, die dieses Bild des Kosmos als ihre Projektion an den Himmel wirft. Das Stück, das sprachlich von sehr starker Prägung ist hat sowohl zu Baudelaire als zu Nietzsche die merkwürdigsten Beziehungen. (Brief vom 6 I 1938 an Horkheimer) [D 5 a, 6]