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Ende 2017 wurde in Hamburg sein Wagen, ein 300.000 Euro-Auto der Marke Lamborghini Aventador einkassiert, weil das Fahrzeug die zulässigen Dezibel-Werte überschritt.
Im November 2019 verhörte man Tim Wiese als Zeuge, weil er anlässlich einer Schießerei in der Nähe des Berliner Kudamms auf einem zufällig aufgenommenen Video eines Taxifahrers zu sehen war. In diese Auseinandersetzung zweier Großfamilien, bei der es um die Ablösesumme für eine Prostituierte gegangen sein soll, war Wiese jedoch nicht verwickelt. Seine Befragung durch die Polizei blieb unergiebig. Dem Image des einst so großartigen Torhüters war der Vorgang dennoch nicht dienlich.
Josef Piontek. Der Sepp.
*5.3.1940 Breslau
In einer Umfrage der Autoren dieses Buches bei früheren Mittelfeldspielern und Stürmern, wer denn in den Anfangsjahren der Bundesliga der gefürchtetste Abwehrspieler gewesen sei, nimmt Sepp Piontek noch vor seinem Mannschaftskameraden Horst-Dieter Höttges überraschenderweise Platz 1 ein. Diese beiden Spieler bildeten zusammen mit Max Lorenz und Helmut Jagielski eine Defensivabteilung beim SV Werder Bremen, die von allen Stürmerstars der Bundesliga gefürchtet wurde.
Der Vater von Sepp Piontek, Leo Piontek, hatte als Regisseur der schlesischen Mannschaft Germania Königshütte geglänzt und vor dem Krieg an der Gaumeisterschaft Oberschlesien teilgenommen.
Sohn Josef Emanuel Hubertus Piontek musste seine Heimat im Alter von fünf Jahren, als der Krieg zu Ende war, verlassen und zog mit seinen Eltern nach Leer in Ostfriesland. Dort spielte er in der Schülermannschaft von Germania Leer als Mittelstürmer. Als er zwanzig Jahre alt war, wechselte Piontek zu Werder Bremen in die Oberliga Nord. Auch hier begann er auf der zentralen Stürmerposition, begleitet und gefüttert mit den Flanken von Willi Schütz und Gerd Zebrowski.
Noch vor Beginn der Bundesliga übernahm er die Position des rechten Verteidigers, zuweilen spielte er auch als Mittelläufer, um den gegnerischen Mittelstürmer auszuschalten. Piontek ließ seinen Gegenspielern keinen Raum. Er stand ihnen auf dem Fuß und war ein Zerstörer, der immer einen Schritt schneller am Ball war als der Spieler, den er auszuschalten hatte. Schnelligkeit, perfektes Tackling und Laufbereitschaft kennzeichneten seine Auftritte. „Bei Sepp Piontek war man gut beraten, ihm aus dem Weg zu gehen, wenn man den Ball führte“, äußerte Kölns Stürmerstar Hannes Löhr im Gespräch, „mit dem war nicht gut Kirschen essen. Aber ein Treter war er nicht.“
In den sechziger Jahren hat Sepp Piontek einen kleinen Jungen, der im Eis eingebrochen war, durch einen Sprung ins eiskalte Wasser vor dem Ertrinken gerettet.
Den Höhepunkt seiner Popularität erreichte der sechsmalige Nationalspieler allerdings nicht auf, sondern neben dem Platz. Den Trainerlehrgang an der Sporthochschule in Köln hatte der einstige Student Sepp Piontek als Lehrgangsbester mit der Note 1 bestanden. Nachdem er zu Beginn der siebziger Jahre für ein gutes halbes Jahr das Traineramt bei Werder Bremen wahrgenommen hatte und auch bei Fortuna Düsseldorf unter Vertrag gewesen war, betreute er die Nationalmannschaft von Haiti. Die an Zitaten reiche Fußball-Literatur dokumentiert einen Spruch von Sepp Piontek, in dem er zum Besten gibt, dass er die Aufstellung und Taktik des Haiti-Teams zuvor mit dem dortigen Landes-Diktator habe besprechen müssen, und dass die Scheine seines Honorars im Keller der Villa des Herrschers gedruckt wurden und bei der Aushändigung noch feucht gewesen seien. Aber er habe damit überall und alles bezahlen können.
In der Saison 1978/1979 trainierte er den FC St. Pauli. Da war das Geld wahrscheinlich knapper als in Haiti. Im Sommer 1979 wechselte er nach Dänemark und übernahm das Training der dänischen Nationalmannschaft, die bis dahin im europäischen Fußball keine besondere Rolle gespielt hatte. Die dänische Sprache erlernte er innerhalb weniger Wochen, sodass er die Mannschaftsbesprechung vor dem ersten von ihm als Trainer verantworteten Länderspiel in der Landessprache abhalten konnte. Mit ihm begann die bis dahin erfolgreichste Epoche im dänischen Fußball. Im September 1983 besiegten die Dänen die hochfavorisierte englische Nationalmannschaft mit 1:0 im Wembley-Stadion. Während der EM 1984 erreichte das Team das Halbfinale, schied dann jedoch im Elfmeterschießen gegen Spanien aus. Auch bei der WM 1986 in Mexiko zeigte die Dänen-Elf den von ihrem Trainer präferierten herzerfrischenden Offensivfußball. Elf Jahre lang, von 1979 bis 1990, war Piontek Trainer der dänischen Nationalmannschaft.
Von 1990 bis 1993 arbeitete Sepp Piontek als Trainer der türkischen Nationalmannschaft, betreute parallel dazu kurzfristig den Erstligisten Bursaspor und nach der Rückkehr nach Dänemark den Erstligisten Aalborg BK. Es folgten zwei weitere Engagements: bei Silkeborg IF (Midtjylland) und als Trainer der Nationalmannschaft von Grönland.
Auch aus Grönland wusste Sepp Piontek Anekdoten zu berichten, die mehr seinem Humor als der Realität geschuldet waren: In Grönland, so Piontek, sei er mit Sachwerten bezahlt worden, durfte Eisbären und Rentiere jagen und wurde ständig mit frischem Fisch und Krabben versorgt. Seine Spieler seien unglaublich ehrgeizig gewesen, mit der Technik habe es etwas gehapert. Und wenn auf dem nahe dem Meer gelegenen Trainingsplatz ein Wal in den Wellen gesichtet worden sei, dann wären alle Spieler im Nu zu den Booten gerannt, um den Wal zu erlegen.
Wie auch immer: Seppl Piontek hat einiges erlebt auf seinen Reisen durch die Welt des Fußballs. Und vieles bewegt!
Sepp Piontek lebt mit seiner dänischen Frau Gitte auf der Insel Fünen in der Nähe von Odense. Das Ehepaar hat eine Tochter. Im März 2020 feierte Sepp Piontek seinen 80. Geburtstag.
Horst-Dieter Höttges. Der Eisenfuß.
*10.9.1943 Mönchengladbach
Horst-Dieter Höttges, genannt Eisenfuß, absolvierte 420 Bundesligaspiele. Er wurde mit Werder Bremen Deutscher Meister und mit der deutschen Nationalmannschaft Europameister 1972 und Weltmeister im Jahr 1974 (stand allerdings nicht in der DFB-Endspielelf) und nahm insgesamt an drei Weltmeisterschaften (1966, 1970, 1974) teil.
Höttges, der einmal gesagt hat, „solange ich spiele, steigt Werder nicht ab“, beendete seine Karriere im Jahr 1978. Ein Jahr später landete Werder Bremen in der 2. Liga.
Der Mann, der 1943 in München-Gladbach (damaliger Ortsname von Mönchengladbach) geboren wurde, lief von 1960 bis 1964 für die Gladbacher Borussen auf. Mit einer Größe von 1,76 m war er auf sämtlichen Defensivpositionen einsetzbar: als Außenverteidiger ebenso wie als Vorstopper oder Libero.
Nur Experten werden sich daran erinnern, dass er in seiner Bundesligazeit 55 Tore schoss, davon 39 Elfmeter und 5 Freistoßtore (DFB-Pokalspiele eingerechnet). Immerhin brachte es der zuverlässige Abwehrmann auf 66 Länderspiele, und beim 12:0-Sieg der DFB-Auswahl gegen Zypern im Mai 1969 erzielte er sein einziges Länderspieltor. Fachleute unter seinen Zeitgenossen und ehemalige Mitspieler äußern sich ausnahmslos anerkennend über den einstigen Abwehrstrategen.
Uwe Seeler sagt: „Er war für mich stets ein guter Kamerad. Auf dem Feld hat er bis zum letzten Tropfen immer alles gegeben. Das gemeinsame Wembley-Finale von 1966 wird uns auf ewig verbinden.“ (6)
Wer gegen Höttges antreten musste, hatte meistens nichts zu lachen. In der Wahl der Mittel, einen Gegenspieler zu stoppen, war er nicht kleinlich. Wolfgang Overath, nach seinen härtesten Kontrahenten befragt, nennt an erster Stelle Horst-Dieter Höttges: „Der hat keinen Gegner geschont, von ihm hielt ich lieber Abstand. Auch wenn er am Ball nicht der Stärkste war, konnte er einen Stürmer zur Verzweiflung bringen. Gegen ihn hat keiner gern gespielt.“ (7)
Höttges war nicht nur zweikampfstark, sondern auch schnell und laufstark. Fußball war für ihn kein Zuckerschlecken, sondern harte Arbeit, bei der es nichts zu lachen gab. Fotos, auf denen er fröhlich und gelöst wirkt, gibt es so gut wie nicht. Wer ihm beim Fußballspiel begegnete, konnte nicht umhin, in Horst-Dieter Höttges einen bierernsten Vertreter seines Fachs zu sehen.
Wolfgang Weber vom 1. FC Köln, der beste Vorstopper der Welt in den sechziger Jahren, der nach seiner aktiven Karriere als Trainer bei Werder Bremen arbeitete, attestierte seinem Kollegen „ein erstklassiger Fußballer“ gewesen zu sein, und „einer, den niemand als Gegenspieler haben wollte.“ (8)
Max Lorenz, selbst eine Werder-Legende, sagt: „Wenn er selbst mal gefoult wurde, ist Horst schnell aufgestanden und hat die Sache auf dem Platz geregelt.“ (9)
Den Weltfußballer Pelé brachte er bei einem Länderspiel in Rio de Janeiro so in Rage, dass der ihn mit einem Revanche-Foul zum Verlassen des Platzes veranlasste. Über sich selbst hat Höttges einmal gesagt, er sei kein überragender Fußballer gewesen.
In einem Artikel des Fußballmagazins „11 Freunde“ ist Horst-Dieter Höttges auf Platz Nummer 5 unter den „härtesten Hunden aller Zeiten“ mit der Headline „Ein Tritt für alle Fälle“ aufgeführt. Anerkennend wird berichtet, dass der „Eisenfuß“ „trotz seines martialischen Spitznamens nur magere 16 gelbe Kartons“ in 420 Spielen gezeigt bekam. (10). Das muss dem Mann erst mal einer nachmachen.
Als Stammspieler nahm Höttges im Alter von 23 Jahren an der Weltmeisterschaft in England teil. Unvergesslich eingeprägt hat sich bei ihm, dem Mann, der auf dem Platz nichts anbrennen ließ, der Tag des Weltmeisterschafts-Endspiels der DFB-Nationalmannschaft gegen England im Jahr 1966, das die Deutschen unglücklich durch das „Wembley-Tor“ mit 4:2 verloren.
Der Mann, den er zu bewachen hatte, Geoffrey Hurst, erzielte drei Tore. „Ein wahrer Alptraum“ (11), so blickt Horst-Dieter Höttges auf jenen denkwürdigen Tag zurück, der für ihn einer der schwärzesten in seiner Karriere war. Kritiker des Trainers Helmut Schön schreiben die Niederlage gegen die Engländer der Nominierung des Werderaners zu, der angeblich leicht verletzt ins Spiel gegangen sein soll.
Nach all den Jahren an der Weser wurde Horst-Dieter Höttges, der geborene Rheinländer, ein Norddeutscher mit Leib und Seele. Auch nach der aktiven Zeit hat er als Trainer und Betreuer für Werder gearbeitet und lebte in Achim bei Bremen.
Dort hatte er neben seinem fußballerischen Wirken bereits im Jahr 1972 Aufmerksamkeit erregt, als es um eine Kandidatur bei einer Kommunalwahl ging. Die Achimer CDU wollte den Freund der Christdemokraten, der zumindest damals nicht Mitglied der Partei war, auf die Liste setzen, doch der zauderte. Der „Spiegel“ wusste zu berichten: „Bislang hatte sich Höttges in seiner Heimatgemeinde, wo er mit Ehefrau Inga und den Söhnen Andre und René einen Acht-Zimmer-Bungalow samt Bar im Keller und Farbfernseher im Schlafgemach bewohnt, lediglich als Mitglied eines ‚Vereins zur Erhaltung der Windmühle‘ hervorgetan, die neben dem Höttges-Haus weiterklappern soll.“ (12).
Wie das Endspiel im Londoner Wembley-Stadion ausgegangen wäre, wenn die deutsche Elf statt der zahlreichen CDU/CSU-Sympathisanten (Vogts, Beckenbauer, Höttges, Overath, Willi Schulz) noch mehr sozialdemokratische Parteigänger (zu ihnen gehörten aus der Wembley-Elf 1966 Hans Tilkowski, Paul Breitner und Lothar Emmerich) in ihren Reihen gehabt hätte, ist indessen offen. Doch viel mehr als die Genannten gab es wahrscheinlich im Kader von Helmut Schön gar nicht.
Zeitungsmeldungen zufolge soll Höttges in seinen späteren Lebensjahren alkoholabhängig gewesen sein. Im Jahr 2016 wurde ihm der Führerschein entzogen. Im Herbst 2019 meldete die BILD-Zeitung, Horst-Dieter Höttges, inzwischen 76 Jahre alt, habe einen Alkoholentzug in einer Suchtklinik erfolgreich durchstanden.
Inzwischen lebt Höttges, der an Demenz leidet, in einem Pflegeheim bei Bremen.
Uli Borowka. Die Axt.
*19.5.1962 Menden/Sauerland
Uli Borowka, wegen seiner harten Gangart „Die Axt“ genannt, wurde in Menden im Sauerland geboren.
Nach verschiedenen Stationen im Jugendfußball bei Vereinen im Ruhrgebiet, begann Borowkas Karriere im Alter von 18 Jahren bei den Amateuren von Borussia Mönchengladbach. Er brachte es auf 388 Bundesligaspiele bei Borussia Mönchengladbach und Werder Bremen. Je zweimal wurde er mit den Bremern Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger. 1992 gewann er mit Werder Bremen der Europapokal der Pokalsieger. Sechs Spiele absolvierte Borowka für die DFB-Nationalmannschaft.
In der Bundesliga galt der 1,77 m große Borowka als einer der härtesten Abwehrspieler und Manndecker aller Zeiten. Er langte zu, wenn er es für geboten hielt, und seine Gegner waren gut beraten, ihm aus dem Weg zu gehen.
Schon bei Werder Bremen wurde Borowkas Alkoholabhängigkeit offenkundig. Nachdem er Anfang 1996 mit 1,3 Promille im Blut seinen Porsche gegen einen Baum setzte, kündigten ihm die Verantwortlichen an der Weser den Vertrag.
Borowka erzählt von sich, dass er nie, wie andere seiner Zunft, nach zwei Bier habe Schluss machen können mit dem Trinken. Am bitteren Ende seiner Alkoholkrankheit war es dann eine ganze Kiste, die er trank. Wenn Uli Borowka getrunken hatte, neigte er zu Gewaltausbrüchen und verlor völlig die Kontrolle über sich. Seine Ehe ging in die Brüche, und als alles Geld aufgebraucht war, musste er sein Haus verkaufen.
Borowka beendete seine Karriere unter schwierigsten Bedingungen im Jahr 1998 bei Widzew Lodz in der ersten polnischen Liga. Infolge seiner anhaltenden Krankheit kam er in Polen nur achtmal zum Einsatz. Sein Vertrag wurde nicht verlängert.
Im Jahr 2000 unterzog sich der ehemalige Nationalspieler einer viermonatigen stationären Entziehungskur und ist seither abstinent. Er schrieb eine Biografie unter dem Titel „Volle Pulle. Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker“, die ein Bestseller wurde. Bis heute engagiert sich Borowka in einem Verein für Suchtprävention, den er gegründet hat. Es gibt keinen ehemaligen Profi der Bundesliga, der sich so ausdauernd und vehement mit den Problemen und der Bekämpfung des Alkoholismus auseinandersetzt wie Uli Borowka.
Zugleich engagiert er sich in den sozialen Netzwerken, nicht nur gegen die Alkoholkrankheit. Auch die Sorge um die Zukunft des SV Werder Bremen lässt ihn nicht ruhen. Mit Kritik an den Verantwortlichen für die gegenwärtig schwierige Situation des traditionsreichen Vereins von der Weser hält er sich nicht zurück.
Heute ist Uli Borowka wieder verheiratet. Er hat drei Kinder, eines davon aus seiner zweiten Ehe. Er lebt in Niedersachsen, arbeitet im Sportmarketing und organisiert Fußball-Camps für Kinder und Jugendliche. (13)
Stig Töfting. Der Tätowierte.
*14.8.1969 Aarhus/Dänemark
Im Alter von 13 Jahren ereilte den späteren Fußballprofi ein schweres Schicksal, das für lange Zeit in der Medienwelt geheim bleiben sollte. Stig Töftings Eltern kamen bei einer Familientragödie ums Leben. Erst viele Jahre später wurde berichtet, dass der kleine Stig, in Dänemark „Töffe“ genannt, am Tag nach dem Tod der Eltern bei einem Jugendturnier Fußball spielte und nach einem Lob seines Trainers wortlos davongerannt sei. (14)
Die Profikarriere des Dänen begann im Jahr 1989 bei Aarhus GE Von dort wechselte er nach 5 Jahren zum Hamburger SV. Während seines ersten Gastspiels an der Elbe kam Töfting nur sporadisch zum Einsatz und spielte zeitweilig auf Leihbasis für Odense BK, den dänischen Erstligisten auf der Insel Fünen. 1997 kehrte Töfting über eine Zwischenstation beim MSV Duisburg, wo er Stammspieler war, zum HSV zurück. Vom Volkspark wechselte er zu den Bolton Wanderers in England.
Töfting nahm für die dänische Nationalmannschaft an den Weltmeisterschaften in Frankreich (1998) und Japan (2002) teil. Nach dem Ende der aktiven Laufbahn arbeitete er als Co-Trainer von Randers FC und bei Aarhus GF.
Ein Ballzauberer war Stig Töfting zu keiner Zeit, dafür umso erbarmungsloser, wenn es um die Verhinderung von Angriffen seiner Gegner ging. Da kannte der kahlköpfige Defensiv-Mittelfeldspieler kein Pardon. Das tätowierte Kraftpaket mit dem Körper eines Bodybuilders pflegte einen Stil, der jedem gegnerischen Spieler Angst und Schrecken einflößte, bevor das Spiel überhaupt angepfiffen wurde. Einem Mann wie ihm ging man besser aus dem Weg.
Das galt auch jenseits des Platzes, aber nicht jeder, der ihm im Laufe seines ereignisreichen und manchmal tragischen Lebens begegnete, wusste davon. Weggefährten in jenen Jahren bezeichneten den 41-maligen dänischen Nationalspieler im alltäglichen Umgang als netten Kerl, auf den man sich verlassen könne.
Bereits im Jahr 1999 wurde gegen Stig Töfting eine mehrtätige Haftstrafe verhängt, weil er in alkoholisiertem Zustand einen Mann in einem Schnellimbiss in Aarhus tätlich angegriffen hatte. Zeugen sagten aus, der Mann habe ihn provoziert und als „Verräter“ und „Deutschenschwein“ bezeichnet. Zu seinem engeren Bekanntenkreis soll damals auch der Chef einer „Hells-Angels“-Gruppe gehört haben.
Drei Jahre später kam es noch schlimmer. Bei einer Abschiedsfeier der dänischen Nationalmannschaft im Juni 2002 versetzte Töfting dem Barkeeper des „Cafe Ketchup“, einem beliebten Restaurant in Kopenhagen einen Kopfstoß, und dem, seinem Kollegen zur Hilfe eilenden Koch, einen Faustschlag. Dafür wurde er zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Der Staatsanwalt hatte vier Jahre gefordert. Auslöser des Streits war, dass Töfting die Musik im Restaurant zu laut fand, weil er und seine Mitspieler singen wollten. Der Restaurant-Manager hingegen hatte Töfting und die Spieler gebeten, das Singen einzustellen.
Diesen erneuten Ausraster erklärte Töfting mit dem Hinweis, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein. Wegen des Vorfalls und der folgenden Haftstrafe, die er im Frühjahr 2003 im Gefängnis Mögelkaer in Dänemark antrat, trennten sich die Bolton Wanderers von ihrem Spieler Töfting.
Nach seiner Entlassung kickte er in China und kehrte anschließend in sein Heimatland zurück, um erneut für seinen Stammverein Aarhus GF anzutreten. Dort feuerte man ihn wegen einer erneuten Prügelei, in die er verwickelt war.
Sein nächster Verein wurde der schwedische Erstligaklub BK Häcken, bevor „Töffe“ vom dänischen Zweitligisten Randers FC verpflichtet wurde. Mit diesem Team stieg er in die erste Liga auf. Dreimal wurde Stig Töfting dänischer Pokalsieger: 1992 und 1996 mit Aarhus GF, 2006 mit Randers FC. Ein Mitspieler in Reihen von Bolton Wanderers wunderte sich indessen nicht über den „Körpereinsatz“ seines Kollegen. Der sei eben sehr temperamentvoll und flippe schon mal aus, wenn man ihn provoziere.
Stig Töfting ist verheiratet und hat drei Kinder.
Bernd Hollerbach. Ho-ho-Hollerbach.
*8.12.1969 Würzburg
In der Bundesliga hat Bernd Hollerbach für den FC St. Pauli, den 1. FC Kaiserslautern und den HSV gespielt.
Geboren wurde er in Rimpar, einem Ort bei Würzburg. In Rimpar betrieben seine Eltern eine der besten Metzgereien im fränkischen Raum, die bis heute in Familienbesitz ist.
Nachdem Bernd Hollerbach das Abitur bestanden hatte, überlegte er nicht lange und entschied sich zunächst für eine Ausbildung als Metzger im soliden Handwerksbetrieb der Eltern. Er schloss seine Lehre mit der Note 1 ab. Handwerkskammer und Metzgerinnung zeichneten Bernd Hollerbach als „Deutschlands besten Metzgergesellen“ aus.
Bernd Hollerbach ist bis heute im deutschen Fußball als knüppelharter Verteidiger und Mann ohne jegliche Allüren bekannt und beliebt. Fans verliehen ihm den Spitznamen „Holleraxt“. Das Image eines Raubeins haftet dem freundlichen Menschen aus der fränkischen Provinz bis heute an.
Weggefährten berichten, dass Bernd Hollerbach privat ein liebenswerter, zuvorkommender und hilfsbereiter Mensch ist, der gut zuhören kann und unter Freunden als Familienmensch gilt.
Von den Würzburger Kickers ans Hamburger Millerntor gelotst, skandierten die FC St. Pauli Fans dort zu Beginn der neunziger Jahre bei jeder gelungenen Abwehraktion des Franken „Ho-ho-Hollerbach“-Rufe. Er gehörte wegen seiner robusten Art zu den beliebtesten Spielern des FC St. Pauli. Da konnte sich kein Mensch vorstellen, dass die zuverlässige Kampfmaschine wenige Jahre später einmal beim von den St. Pauli-Zuschauern verschmähten Rivalen Hamburger SV auflaufen würde. Schlimmer noch: Beim HSV sollte der einstige Publikumsliebling der Braun-Weißen noch mehr Spiele (197) als am Heiligengeistfeld (143) absolvieren, wobei der Löwenanteil der Spiele für den FC St. Pauli in den Niederungen der zweiten Liga stattfand.
Typisch für den meist als Linksverteidiger aufgebotenen Defensivkünstler war sein zupackendes Zweikampfverhalten, das er nach erfolgreichem Ballgewinn mit stürmischen Attacken auf der Außenbahn ins gegnerische Spielfeld hinein fortsetzte und durch gefährliche Flankenbälle krönte.
In der Bundesliga brachte es „Holler“ auf 98 gelbe und drei rote Karten, was die weiteren Qualitäten des wackeren Mannes aus dem Frankenland eindeutig unter Beweis stellt.
Als Trainer arbeitete Bernd Hollerbach bei verschiedenen Vereinen im Amateur- und Profibereich, zunächst beim VfB Lübeck an der Lohmühle und anschließend als Co-Trainer von Felix Magath beim VfL Wolfsburg, der unter Magath und Hollerbach 2009 Deutscher Meister wurde.
Von 2014 bis 2017 war er Cheftrainer der Würzburger Kickers, mit denen er zunächst in die dritte und dann in die zweite Liga aufstieg. Als Bundesligatrainer des HSV, zu dem er nach dem Engagement in Würzburg wechselte, war ihm weniger Erfolg beschieden, was aber gewiss nicht auf seine mangelnde Befähigung als Trainer zurückzuführen war. Es folgte zur Saison 2019/2020 eine Berufung als Trainer beim belgischen Erstligaklub Royal Excel Mouscron. Aufgrund einer Lungenerkrankung ließ Hollerbach seine Trainertätigkeit zu Beginn des Jahres 2020 zeitweilig ruhen, nahm seine Arbeit in Belgien aber im Frühjahr 2020 wieder auf. Infolge der Corona-Epidemie geriet der belgische Erstligist, der ohnehin den niedrigsten Etat aller belgischen Erstligisten aufwies, in finanzielle Schwierigkeiten, sodass der bis 2021 laufende Vertrag aufgelöst wurde.
Die Presse meldete im Juni 2020, Bernd Hollerbach sei wieder nach Würzburg zurückgekehrt und werde sich, seine berufliche Laufbahn betreffend, neu orientieren. Auch beim FC St. Pauli soll er laut Presseberichten Anfang Juli 2020 als Nachfolger des entlassenen Trainers Jos Luhukay im Gespräch gewesen sein.
Sergej Barbarez. Der Barba.
*17.9.1971 Mostar (Bosnien-Herzegowina)
Barbarez wurde in der schönen Stadt Mostar, im ehemaligen Jugoslawien, heute Bosnien-Herzegowina, geboren. Sieben Jahre lang spielte er in den Jugend- und Herrenmannschaften seines Stammvereins FK Velez Mostar und wurde – nebenbei – auch als Spieler der Basketball-Mannschaft des Klubs eingesetzt.
Überhaupt war der großgewachsene Sportler ein Allroundtalent, vor allem ein hochbegabter 400 m-Läufer. Er konzentrierte sich dann aber rasch auf den Fußball, unter anderem nach eigenem Bekunden deshalb, weil es in seiner Kindheit und Jugend in Bosnien kaum gute Sportschuhe für leichtathletische Disziplinen gab.
Aufgrund des Krieges in seinem Heimatland kehrte Sergej Barbarez, nach einem Ferienaufenthalt bei Verwandten in Niedersachsen nicht nach Bosnien-Herzegowina zurück. Zunächst spielte er bei Hannover 96 in der zweiten Bundesliga im offensiven Mittelfeld oder im Sturm.
Er folgte seinem Trainer und Förderer Frank Pagelsdorf über die Zwischenstation Union Berlin zu Hansa Rostock, etablierte sich hier als Stammspieler und machte durch harten körperlichen Einsatz zahlreiche andere Vereine auf sich aufmerksam.
Die erfolgreichste Zeit als Fußballer verzeichnete der robuste Allrounder beim HSV, für den er in 174 Spielen 65 Tore erzielte. „Barba“, wie ihn Mitspieler und Fans gerne nannten, vertrat im Laufe seiner Karriere auch die Farben von Borussia Dortmund und Bayer 04 Leverkusen. In Leverkusen klang die Karriere des 47-maligen Nationalspielers von Bosnien-Herzegowina aus.
Das Angebot, Trainer der Nationalelf seines Heimatlandes zu werden, schlug er aus. In Bosnien-Herzegowina erhielt Sergej Barabarez folgende Auszeichnungen: Fußballer des Jahres 2001 und 2003, Mann des Jahres 2005, Sportler des Jahres 2005.