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Und so ist es auch mit dem dritten Moralsätzlein:
„Der einzige Genuss – die Schönheit.“
Erziehung zur Kunst ist ein modernes Schlagwort geworden. Der künstlerisch schaffende und der künstlerisch genießende Mensch gelten als die eigentlichen Kulturträger. Von keiner Bemühung verspricht man sich so viel Veredelung des Menschen, wie von der Heranbildung der Sinne zum Kunstverständnis. Natur- und Kulturoffenbarungen sollen da gewonnen werden, wie man sie nie zuvor gekannt habe. Ein neuer Mensch werde der Erde gegeben: der ästhetische Mensch, der die Religion des Schaffenden bringe, den erlösenden Dienst und Genuss der Kunst. – Dieses Kulturideal hat reichlich Anhänger gefunden, denn es entspricht der sinnlichen Anlage des Menschen. Sinnenpflege im Interesse der Kunst, Kunstbetätigung und Kunstliebe als Vorzugskultur, Kunstverständnis als Ausweis wertvollster Höchstreife inmitten einer Zeit, die von dem Zauberwort „Entwicklung“ berauscht ist, o, das ist etwas für den immer genießenwollenden Menschen, der an die Welt der Sichtbarkeit und an sich selbst versklavt ist! So ist denn vielen „Gebildeten“ die Kunst einfach zur Religion geworden. Sie betrachten jetzt reichlich alles vom sogenannten künstlerischen Standpunkt aus, den sie natürlich möglichst „jenseits von Gut und Böse“ gewählt haben, und der ihnen erlaubt, alles genießend zu erleben und sich zugleich an nichts sittlich zu binden. So genießt man sogar in ästhetischer Überlegenheit das künstlerisch veranschaulichte oder vertonte Leiden Jesu Christi. Man sucht eben grundsätzlich längst nicht mehr ernste, unwidersprechliche, unabweisbar verpflichtende Wahrheit, sondern nur noch irgendwie genießbare Schönheit, in der sich, wie man gerne sagt, das „Göttliche“ am reinsten und annehmbarsten offenbare.
Man muss es mutig aussprechen: Das Ergebnis der ästhetischen Erziehung zum Genuss der Schönheit ist zum allergrößten Teil nichts anderes, als gesteigerte Sinnenlust, Erhöhung der selbstsüchtigen Ansprüche auf Ausstattung und Bequemlichkeit, üppigere Entfaltung der Modetorheiten, unbedenklichere, raffiniertere Genusssucht in Essen und Trinken, zugleich moralische Erschlaffung auf der ganzen Linie, Verlust an Einfachheit und Keuschheit, Zunahme der eitlen Selbstherrlichkeit, unfruchtbare Genusssucht bis ins Sensationell-Religiöse hinein, an Stelle der herben Wahrheit des einfachen Evangeliums pantheistisch-monistische Gedankenspielerei, Berauschung an spiritistischen, theosophischen und okkultistischen Ungeheuerlichkeiten, und durchaus Verlust an christlicher Wahrheit, Echtheit und Klarheit.
Und was wird der eigentliche Offenbarungswert der gegenwärtigen künstlerischen Überproduktion sein? O, er wird äußerst gering sein! Gemäß unserer ganzen Zeitentwicklung wird er bestehen in viel Technik und in wenig Gedanken. Es kann ja auch gar nicht anders sein. Auch das Kunstschaffen kann nur in Verbindung mit dem lebendigen persönlichen Gott und seinem Gesalbten Jesus Christus zu klarer und großer Reife gedeihen. Wo man aber bewusst ohne Gott zu leben und zu schaffen begehrt, da wuchert zuletzt nur noch die eitle menschliche Mache mit allen ihren widerspruchsvollen Albernheiten, wie es heutzutage in der Kunst zutage tritt. Aber selbst die reifste Kunst kann kein Volk vor seinem Niedergang retten; sie ist Blüte, aber nicht Wurzel. Deswegen kann sie nie zur Erklärung und Erlösung unseres Lebens dienen. Die Kunst vermag uns im besten Falle ein erhebendes Ahnen des Göttlichen, für das wir bestimmt sind, verschaffen, aber bleibend und erlösend herausheben aus der gemeinen bändigenden Macht unserer fluchbeladenen Lebensverhältnisse, das vermag kein Kunstschaffen und kein Kunstgenuss. Gerade die größten Künstler haben das einsehen und am Erlösungswert der Kunst verzweifeln müssen. Michelangelo, vielleicht der größte Bildhauer und Maler, musste dichten:
„Am Ziel der Fahrt ist angelangt mein Leben,
Auf schwachem Kahn durch wilden Meers Gewalten,
Im Hafen, wo der Landende gehalten
Ist, Rechnung über all sein Tun zu geben.
Die mich die Kunst zur Gottheit ließ erheben,
Zum einz'gen Herrn, die Freude am Gestalten:
jetzt weiß ich, wieviel Irrtum sie enthalten;
Denn Irrtum ist des Menschen Erdenstreben.
Was gilt, was einst ich sann in Lust und Fehle,
Wenn zwiefach Sterben mir vor Augen schreitet,
Ein Tod gewiss, der andre schreckt mit Bangen?
Nicht mal' noch meißl' ich mehr, Ruh wird der Seele
Von jener Gottesliebe nur, die breitetAm Kreuz die Arme aus, uns zu umfangen.“
Also auch hier bei allem Dienst der Schönheit, ohne den biblischen Glauben, nichts anderes als Hoffnungslosigkeit!
Nicht Pflicht als Glück, nicht Arbeit als Trost, nicht Schönheit als Genuss beantworten die bange Frage des Menschen nach dem Wozu? seines Daseins. Mithin ist alles Tun und Genießen des Menschen ohne den lebendigen biblischen Glauben hoffnungslos!
Das soll uns noch deutlicher werden, wenn wir jetzt zum Schluss noch die letzte Frage betrachten, die Frage nach dem Wohin?
Wohin Mensch, Menschheit, Menschenwerk und die vom Menschen wahrgenommene Welt?
Bei dem Versuche, diese allerwichtigste, allerhöchste Frage zu beantworten, zeigt sich die Hoffnungslosigkeit des Unglaubens am auffälligsten. Wie lautet die Antwort, die er uns anbietet? Sie lautet kurz zusammengefasst so: Vom Menschen zurück zum Nebelfleck.
Vor mir liegt eine Einladung zu einem naturwissenschaftlichen Vortrag, betitelt: „Die Tragödie der Erde“, das will sagen: „Die Unglücksgeschichte der Erde“, gemäß folgendem Programm:
I. Teil.
Wie konnte die Erde im Weltenraum entstehen?
Wie entwickelten sich die ersten Lebewesen auf der Erde?
Wie bildete sich der Mensch aus den niedrigsten Formen der Lebewesen?
Das erste Auftreten des Menschen.
Halbmensch, Vormensch, Urmensch.
II. Teil.
Die Entwicklung des Menschen und seiner Kultur.
Der Mensch der Zukunft.
Die höchste Stufe der Kultur auf Erden.
Rückgang und Verfall des Lebens auf der Erde.
Uns möge jetzt der zweite Teil dieser „Unglücksgeschichte der Erde“ interessieren. Da wird uns zunächst wissenschaftlich verkündigt, es gehe mit dem Menschen und seiner Kultur noch immer mächtig vorwärts. Ungeahntes werde sich erfüllen. Doch habe sich der Mensch nicht herausgerungen aus seiner tierischen Herkunft und Vergangenheit. Noch lebe die Bestie in ihm. Aber die Überwindung des Tierischen sei nur eine Frage der Zeit. Allerdings könne diese Zeit Jahrhunderttausende umfassen. Das sei aber im Vergleich mit der Länge der Entwicklungsperiode, die die Umwandlung des Wirbeltieres zum Kulturmenschen umfasse, so gut wie gar nichts. Also nur Geduld. Gerade gegenwärtig tue die Kulturmenschheit in Naturerkenntnis und Naturbeherrschung wieder einen ganz gewaltigen Schritt vorwärts, der zum Glauben an die Erreichung der höchsten Kulturideale berechtige. Der Mensch der Zukunft werde sich als völliger Herr der Natur erweisen. Keine Phantasie könne sich die Herrlichkeit dieser Herrschaft ausmalen. Ihr werde die Gerechtigkeit, Freiheit und Vernünftigkeit seiner ethischen und sozialen Kultur entsprechen, die ihm eine Zeit vollkommenen Wohlbefindens als Lohn für alles menschliche Ringen auf seiner Erde bringen werde. Aber inmitten des ewigen Werdens und Vergehens könne ja auch diese sicher zu erwartende höchste Kultur nicht von bleibender Dauer sein.
Der Höher- und Höchstentwicklung müsse naturgemäß der Rückgang und Verfall der menschlichen Kultur auf Erden folgen. Und nicht nur der Verfall der Kultur, sondern sogar der Verfall des Menschen mitsamt der Menschheit selbst. Eine Rückbildung der Menschenart ins Tierische zurück sei als wahrscheinlich anzunehmen. Sie werde Hand in Hand mit dem allgemeinen Verfall des Lebens auf der alternden Erde vor sich gehen. Vielleicht kaum merklich langsam, vielleicht durch veränderte Daseinsbedingungen der Erde katastrophenartig, in Gestalt wiederkehrender Eiszeiten, die die Kultur des Menschen nach dem Äquator zurückdrängen werden und womöglich den letzten Menschen in Eskimokleidung dort erfrieren lassen. Ob nun langsam oder plötzlich, jedenfalls werde das organische Leben wieder zu den niedrigsten Formen herabsinken und endlich ganz auf Erden ersterben.
Die Erde selbst habe man sich dann in mondgleicher Verödung als ausgestorbenen Planeten zu denken, dessen Kollegen am Himmel ebenfalls einer nach dem andern dem Greisentum entgegenaltern, bis sie, wie der Mensch und alles Erdenleben in den Schoß seiner Mutter Erde zurücksank, in den Schoß der greisen Mutter Sonne zurückstürzen werden, deren verlöschende Glut sich vom Tode ihrer Kinder vielleicht noch einmal nähre, um endlich auch zu verlöschen. Als tote dunkle Sonne, wie es deren viele im Weltraum gibt, werde sie dann noch existieren, bis sie durch gewaltige Weltkatastrophen einer größeren Sonne, ans glühende Herz geschleudert oder sonst zertrümmert werde. Aber nicht nur unser Sonnensystem, sondern auch die große Sonnenfamilie, zu der unsere Sonne mit ihren Kindern gehört, werden unter unermesslichen Himmelskatastrophen verenden und, wie der Mensch zu Erdenstaub wird, wieder zur glühenden Gasmasse werden, aus der die Sonnen einst durch Rotation und Abkühlung geboren wurden. Das weite Totenfeld zerschellter Sonnen im Weltraum werde dann sein ein neuer glühender Nebelfleck.
Also vom Nebelfleck zum Menschen und vom Menschen wieder zum Nebelfleck! Und in diese Weltentragödie eingeschlossen die Tragödie, die Unglücksgeschichte der Erde und – des Menschen! –: das ist's, was dir mit grausiger Sachlichkeit eine ungläubige Wissenschaft zu melden und als Antwort zu bieten hat auf die Menschheitsfrage „Woher? Wohin?“ Ist das nicht wahnwitzige, wahnsinnige Hoffnungslosigkeit? Oder soll die erhabene Großartigkeit des Weltbrandspieles, innerhalb dessen der Mensch in der Eiszeit seiner sterbenden Erde mitsamt seiner heißerarbeiteten Kultur verdirbt, für die grausige Hoffnungslosigkeit entschädigen? Oder soll der Gedanke, dass aus dem Weltenflammentode ja wieder neue Sonnen, neue Erden, neue Erdenlebewesen, ja eine neue Menschheit geboren werden die grausige Hoffnungslosigkeit mildern oder gar aufheben? Ist etwa die Endlosigkeit dieses nach Milliarden von Milliarden Erdenjahren aufgerollten Weltenspieles eine Antwort auf den Menschenschrei: „Woher? Wozu? Wohin?“ Oder soll der ewige Bestand des „Seins“, in dem über Werden und Vergehen hinaus „das Leben“ lebendig kreist und bleibt, etwa lebendige Hoffnung sein?
Wie könnte der bloße Bestand des Seins die Antwort sein! Und doch kennt der Unglaube am Grabe des einzelnen Menschen und am Grabe des Menschengeschlechtes und seiner verherrlichten Kultur keine andere Auferstehungspredigt als die des „ewigen“ Seins als „ewiges“ Werden und Vergehen. Und weil ihn selber dabei friert, fügt er mit der Gebärde des großen Verzichts eine moralische Ermahnung zur Bescheidenheit fürs kleine Menschlein an, es solle doch keine egoistischen Wünsche ans Weltall stellen, sondern sich genügen lassen am wissenschaftlich so herrlich erkannten Kreislauf des einen großen Lebens. Welche grausig-armselige Komödie! Ja, welche Tragikomödie der Hoffnungslosigkeit! O Mord am Menschenherzen und Menschengeist! O Bankrott einer Wissenschaft, die gerade von dem nichts weiß, was der Mensch so lebensnötig wissen muss! Denn nie wird sich das Innerste des Menschenwesens und Menschenherzens „wissenschaftlich“ totschlagen lassen; nie wird es aufhören zu fragen: Woher? Wozu? Wohin? Und immer wieder wird es die Antwort des Unglaubens als Hoffnungslosigkeit empfinden.
Allerdings deckt die träge, ichsichere Gedankenlosigkeit des Menschen die Schauerlichkeit seiner Hoffnungslosigkeit zu. Die meisten Menschen denken nicht weit. Sie leben dem Augenblick. „Lasset uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot!“ Das ist ihr Gedankenkreis. Solche Gedankenlosigkeit ist der beste Nährboden des materialistischen Unglaubens und der gemeinen Selbstsucht. Wenn man nur das geliebte Ich durchbringt; im Übrigen mag kommen was will – „nach uns die Sintflut!“
Andere wieder sind geblendet durch einen aus Trotz und Verzagtheit geborenen Optimismus. Sie haben einen geradezu blinden Glauben an sich selbst und an die Menschheit. Es sind die revolutionären und reformatorischen Kulturethiker und Friedensapostel. Mit einer auf wissenschaftlicher Entwicklungslehre gegründeten Ethik erhoffen sie eine Kultur der Gerechtigkeit und Freiheit schaffen zu können. Krieg und menschliche Selbstsucht scheinen ihnen nur Reste einer unwissenschaftlichen Erziehung. Dächten sie über ihren wissenschaftlichen Evolutionismus und über Möglichkeit und Wert ihrer erträumten Kultur im Sinne der großen Dreifrage: Woher? Wozu? Wohin? gründlich nach, müsste sie die Hoffnungslosigkeit angrinsen! Kennten sie das Menschenherz und das Wesen der Sünde; wie beides Gott im Bibelworte offenbart, und beugten sich dieser realen Offenbarung, wie würde ihr blinder Optimismus zusammenkrachen! Denn dieser Optimismus ist nichts anderes als die ungebrochene Hoffart des menschlichen Geistes, die in trotziger Selbsthilfe lieber zehntausendmal mit ethischen Kulturphrasen den Turm von Babel zu bauen sucht, als dass sie sich einmal dem Gott und Heiland der Heiligen Schriften unterwirft. Nur ihre Verblendung trennt sie von der Einsicht in ihre Hoffnungslosigkeit.
Zerreißt der Allmächtige nach langer Geduld endlich mit starkem Arm den Schleier solcher wissenschaftlichen Verblendung, indem er den Menschen die Frucht ihres eigenen Wesens in schrecklichen Gerichtszeiten zu schmecken gibt und etwa, wie jetzt, während dies geschrieben wird, die Gräuel des Krieges sich entfesseln lässt, o wie sinken da die ethischen Träumereien in den Staub, wie nackt zeigt sich da die Hoffnungslosigkeit des Menschen, der ohne den lebendigen, persönlichen Gott in der Welt ist, und wie schnell lernen da manche, die sonst ohne ihn fertig wurden, nach seiner allein wahrhaft mächtigen Hilfe schreien! Denn solange der Mensch selbstgewiss in stolzer Vernunftsicherheit, die er „Wissenschaft“ nennt, gegen den geoffenbarten Gott und seinen alleinigen Retter Jesus Christus streitet, wird er auch noch gegen seinen Nebenmenschen und wird Volk wider Volk streiten. Nur wenn der Wille Gottes, wie er in Christus offenbar geworden ist, auf Erden geglaubt und erkannt wird, gibt es keine Kriege auf Erden mehr. Alle anderen Friedensversuche werden an der sündigen Menschennatur scheitern als Hoffnungslosigkeit!
Dasselbe Offenbartwerden der Hoffnungslosigkeit des Unglaubens vollzieht sich auch immer noch im Einzelleben. Ich traf nach Jahren einen monistisch gesinnten Freund wieder und redete zu ihm vom lebendigen persönlichen Gott. „Ach was!“ rief er da aus, „Gott, Gott?“ wies zum Fenster hinaus und meinte: „Da, das ist Gott! Das weite Leben ringsum draußen! Einen anderen Gott gibt's nicht!“ Ein Jahr später bat mich der inzwischen schwer herzleidend gewordene Freund auf schriftlichem Wege, ich möge doch für ihn beten. „Zu wem soll ich beten?“ fragte ich zurück. „Ihr Gott ist ja das weite Leben ringsum draußen. Soll ich also zum weiten Leben für Sie beten?“ – So offenbart sich in Völker- und Einzelnot die Hoffnungslosigkeit jeder ungläubigen, unbiblischen Weltanschauung.
Der Unglaube in allen seinen Formen hat es noch nie weiter gebracht, als bis zum Heroismus, Stoizismus oder Pessimismus. Entweder optimistisches selbstsicheres Heldentum, das sich blind auf roh oder edel gesteckte Ziele versteift, bis es zusammenkracht oder gelehrte oder ungelehrte Verzicht leistende Gelassenheit, die bereit ist, alles geradeso hinzunehmen, wie es ist, oder schwermutsvoller Weltschmerz, der mit dem freiwilligen Tode liebäugelt.
Und damit bin ich bei der auffälligsten Form der Hoffnungslosigkeit des Unglaubens angelangt: sein Liebäugeln mit dem Tode.
Auch der Unglaube braucht einen Erlöser aus den Nöten unseres unzulänglichen irdischen Daseins und dieser Welt, die im Argen liegt. Den vom Vater im Himmel gesandten Erlöser Jesus Christus, als Erretter aus Schuld und Macht der Sünde, verschmäht er. Er hat sich einen anderen Erlöser erwählt als den Urheber und Herrn des Lebens. Er verehrt den König der Schrecken, in dem die Gewalt Satans lebt: Er verehrt den Tod.
Die zunehmende Zahl der Selbstmorde, diese Quittung auf die Hoffnungslosigkeit des Unglaubens, beweist, wie verzweifelt man sich diesem schrecklichen Erlöser in die Arme wirft. Der Menschenmörder als Menschenerlöser, welch eine Tragik des ungläubigen Menschenherzens! Aber das ist ja ganz natürlich! Was soll man siebzig und achtzig Jahre die Plackereien des Lebens tragen, wenn man noch nicht einmal weiß woher? wozu? wohin? Welche Kraft zum Leben soll der Gedanke geben: Ich bin eine Ätherwelle im Meere der Stoffbewegung, die auftaucht und verebbt. Ich bin Dünger für eine menschliche Kultur auf Erden, die vielleicht in so und so vielen Jahrtausenden so weit entwickelt sein wird, dass sie vielleicht die dann lebenden Geschlechter so glücklich machen wird, wie ich es jetzt so gerne sein möchte; indes muss ich ringen, darben, leiden und verderben. Aber auch jene späteren glücklicheren Geschlechter werden ja mitsamt ihrer ausgereiften Kultur und dieser Erde zugrunde gehen! Was soll also das grausame Spiel? Machen wir mit Revolver, Gift, Gas und Strick dem Unsinn ein Ende! Komm, Tod, du einzig gewisser Erlöser!
Siehe, das ist die verzweifelte Hoffnungslosigkeit des zu seiner grausen Wirklichkeit erwachten Unglaubens!
Ich traf einst einen Studenten, einen durch die gottlose Pseudowissenschaft ungläubig und unglücklich gewordenen Sohn frommer Eltern. „Sehen Sie“ sagte er zu mir, „in diese Tasche hat man mir Haeckel und Nietzsche gesteckt, und in diese Tasche habe ich mir den Revolver gesteckt; denn ich bin überzeugt, beides gehört zusammen!“ Das war folgerichtig gedacht und gehandelt.
Als platte Gedankenlosigkeit aber äußert sich die Hoffnungslosigkeit bei den gewöhnlichen Sterbefällen. Da kann man alle Tage lesen: „Friede seiner Asche!“ Der arme ungläubige Mensch hat sein Lebtag nie Frieden gehabt, nun wünscht man wenigstens seiner Asche den Frieden. Welcher gedankenlose Ausdruck der Hoffnungslosigkeit! Die Asche soll Frieden haben! Wie wird sie sich darüber freuen! Wie wohl wird ihr der Friede tun! – Oder: „Er ruhe sanft!“ Wer denn? Der Leichnam! Sein Leben lang hat der arme hoffnungslose, ungläubige Mensch nie wirklich sanft geruht, nun soll sein Leichnam sanft ruhen. Öder Bankrott alles Denkens! Das sind aber dieselben Leute, denen es zu dumm ist, der Bibel zu glauben. Auch lassen sie auf Grabmäler schreiben: „Hier ruht in Gott!“ Nicht eine Stunde seines gottfernen Lebens hat der Verstorbene in Gott geruht; denn er hat Gott weder gekannt noch gesucht noch gefunden, nun soll sein Leichnam mit einem Male in Gott ruhen. Was wird diese Ruhe wert sein? Geradezu lächerlich aber wird die Gedankenlosigkeit des Unglaubens, wenn sie dem hoffnungslos Verschiedenen wünscht: „Möge ihm die Erde leicht sein!“ Wem denn? Nun, eben dem Leichnam. Man befürchtet nämlich, die Erde könne ihn zu sehr drücken, wegen ihrer Schwere: Darum: „Möge ihm die Erde leicht sein!“ Welch eine Erquickung für den Toten! Aber um das Maß des Unsinns voll zu machen schreibt man das auf einen zwei Zentner schweren Leichenstein, den man dem Begrabenen gewissermaßen auf die Brust setzt! Wer sieht hier nicht, wie „Hoffnungslos!“ gleichbedeutend ist mit „Gedankenlos!“ Auferstehung und Gericht Gottes verlacht man; denn das ist einem zu töricht. Nun wünscht man der Asche Frieden und dem Leichnam eine leichte Erde! Das ist die einzige Hoffnung, die, weil sie nicht übers Grab hinauswährt, doch wenigstens bis ins Grab hineinwähren soll. Welch jammervolle Armut!
Eine Weltanschauung, die das Dasein nicht erklären kann, ist durch ihre innerliche Unfähigkeit dazu gezwungen, den Tod als Erlöser zu verherrlichen und muss dabei zu solchen Unsinnsblüten kommen, wie wir sie eben betrachteten, wobei ich nicht unerwähnt lassen will, dass das andere Extrem auf dieser Linie der echt heidnische moderne Spiritismus ist.
Auch das modern gewordene Begehren, nach dem Tode verbrannt zu werden, gehört zu den Kennzeichen der Hoffnungslosigkeit des Unglaubens. Die hygienisch-sanitäre Begründung des Einäscherungsverfahrens ist vielfach nur äußerer Vorwand. Der tiefere Grund ist, man möchte einen ganzen und vollen Tod mit jeder Sicherheit nicht nur gegen ein Erwachen aus dem Scheintod, sondern auch mit jeder Sicherheit gegen ein Erwachen zum biblisch geoffenbarten Gottesgericht. Wie wird dereinst die Gedankenlosigkeit des Unglaubens offenbar werden, die da glaubte, die Gluthitze bei der Leichenverbrennung schütze gegen den Auferstehungsruf Gottes zum Gericht! Indes bleibt dem Unglauben nichts anderes von seinen Lieben als die Asche im Grabe, der man Frieden wünscht, oder die Asche in der Urne, die ja nun sicher Frieden hat; denn man hat sie ja bis auf weiteres dem sonst so gerühmten Kreislauf der Kräfte aufs vorsichtigste entzogen.
O Armseligkeit der Hoffnungslosigkeit!
So bleibt es denn eine furchtbare Tatsache: Ohne Gott in der Welt, das heißt ohne Hoffnung in der Welt, das heißt antwortlos den drei großen Fragen Woher? Wozu? Wohin? gegenüber, das heißt aussichtslos, zukunftslos! Und dass das nicht jedem Ungläubigen klar ist, daran ist nichts anderes schuld, als das zu kurze Denken, die öde Gedankenlosigkeit, die sich obendrein noch für Weisheit hält. Sie wissen nicht nur nicht, was sie tun, sie wissen auch nicht, was sie denken.
Nun aber noch eine Form der Hoffnungslosigkeit.
Nämlich nicht wenige die jetzt hören, werden denken: Das alles trifft mich nicht; denn ich glaube an Gott, ich habe nie an seinem Dasein gezweifelt, mithin bin ich nicht ohne Gott in der Welt und also auch nicht hoffnungslos.
Da muss ich dir sagen: Es ist recht, dass du noch irgendwie mit einem Gott rechnest. Aber was hast du für einen Gott? Ist er der Gott deines Wähnens und Meinens? Der Gott deiner Gedanken und Einbildungen? Der Gott deiner Wünsche und Gefühle? Ist es der ferne große Unbekannte der Philosophen und Weisen, das blasse Gedankending und wissenschaftliche Destillat der Schulstreiter, bestenfalls eine notwendige Möglichkeit, die sich gefühlsmäßig ahnen, aber wissenschaftlich nicht beweisen und praktisch nie fassen lässt? Oder ist es der wahrhaftige Gott, der sich lebendig und persönlich in der Bibel offenbart hat? Ist es der Vater unseres Herrn Jesus Christus, in dem allein sich Gott zuverlässig offenbart hat? Denn „niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns kund gemacht“. Hast du diesen Gott durch den Mittler Jesus Christus, der gesagt hat: „Niemand kommt zum Vater, denn durch mich“, als deinen Gott und Vater in Buße und Bekehrung erlebt? Hast du durch den Glauben, der der Heiligen Schrift entspricht, im Blute deines Versöhners Jesus Christus Vergebung deiner Sünden und damit Versöhnung und Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott empfangen, so dass du jetzt weißt: Ich bin durch Jesus Christus mit dem Vater eins geworden, gleichwie er mit dem Vater eins ist?
Wenn du das nicht im Glauben erlebt hast und bezeugen kannst, dann bist du mitsamt deinem erdichteten Gott doch hoffnungslos in der Welt. Dein Gottglaube hat dann keinen biblischen Grund und Boden; er ist nichts als schwankendes menschliches Wähnen und Meinen. Dir fehlt die Gewissheit der Vergebung deiner Sünden. Dir fehlen Zeugnis und Kennzeichen der biblisch geoffenbarten Gotteskindschaft. Dein Unglaube trennt dich vom Erleben Gottes. Gott wohnt nicht in dir, du nicht in ihm; denn du kamst nicht auf dem Wege, der Jesus heißt, in Buße und Bekehrung zu ihm. Denke, rede und hoffe, was du willst, aber dein Hoffen hat keinen biblischen Grund, und damit ist es ein hoffnungsloses Hoffen und nichts als gefährlicher religiöser Selbstbetrug, von dem die Welt voll ist. Die Teufel glauben mehr als du; denn sie glauben Gott und seiner Offenbarung in Christus Jesu und dem ganzen Bibelworte, und doch zittern sie. Solltest du da nicht auch erzittern mit deinem vernunftgemäß erdachten Gott und Glauben, der vor Gott nicht gilt, weil er nichts als Gottlosigkeit und Unglauben ist?
Glückselig aber bist du, wenn du Gott in Christus aufgrund seines Wortes erlebt hast! Denn dann weißt du, dass uns mit dem Erlöser von Golgatha auch die Lösung des Lebensrätsels gegeben ist. Jesus Christus, in dem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis Gottes verborgen lagen, hat uns auch die inhaltschweren drei Fragen, von deren Beantwortung jede Menschenhoffnung abhängt, aufs erlösendste beantwortet.