Beschäftigte im Öffentlichen Dienst II

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Beispiel
Eine vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin tritt mit Ablauf des 28.2.2021 in den Ruhestand ein. Für Januar und Februar 2021 erhält sie noch einen anteiligen Urlaubsanspruch von 2/12 von 30 Tagen, folglich 5 Tage. Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr bestehen nicht mehr. Rechtzeitig vor Renteneintritt ist sie konkret darüber zu informieren, dass ihr noch Urlaub i.H.v. 5 Tagen zusteht, der mit Ablauf des 28.2.2021 verfällt. Der Hinweis sollte mindestens ein halbes Jahr vorher erfolgen.
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Das LAG Hamm[22] hatte der Frage nachzugehen, ob den Arbeitgeber auch eine Informationspflicht über den Verfall von Urlaubsansprüchen treffe, wenn der Arbeitnehmer zum Ablauf des Kalenderjahres langzeiterkrankt sei. Dies verneinte das Gericht. Die Obliegenheit der Informationspflicht ergäbe sich nur, wenn der Arbeitnehmer auch tatsächlich in der Lage sei, hierauf zu reagieren. Dies ist indes im Falle einer durchgehenden Krankheit nicht der Fall. Es besteht so lange keine Belehrungspflicht, wie die Arbeitsunfähigkeit andauert. Denn so lange ist bereits die Urlaubserteilung objektiv unmöglich. Erst nach der Genesung des Arbeitnehmers wird eine Belehrungspflicht erforderlich.
Hierauf Bezug nehmend hat das LAG Rheinland-Pfalz[23] entschieden, dass es an einer entsprechenden Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers fehle. Zwar treffe den Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung der Urlaubsansprüche. Die fehlende förmliche Aufforderung, den Urlaub zu nehmen, stehe dem Verfall indessen nicht entgegen bei lang andauernder Krankheit des Arbeitnehmers. Denn Zweck der Mitwirkungsobliegenheit sei es zu verhindern, dass der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch nicht wahrnehme, weil der Arbeitgeber ihn hierzu nicht in die Lage versetzt habe. Der beabsichtigte Gesundheitsschutz werde durch die Information des Arbeitgebers nicht gefördert. Denn krankheitsbedingt werde der Arbeitnehmer den Urlaub nicht rechtzeitig vor dem Verfall beantragen können. Vielmehr sei das Interesse des Arbeitgebers schützenswert, ein unbegrenztes Ansammeln von Urlaubsansprüchen durch den Arbeitgeber zu verhindern. Eine pauschale Information ohne konkret bezeichneten Urlaubsanspruch würde zudem den Anforderungen des EuGH nicht entsprechen. Der Arbeitgeber könne einen Verfallzeitpunkt erst nach Genesung des Beschäftigten feststellen.
Das BAG hat dem EuGH zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß § 194 Abs. 1; § 195 BGB der Verjährung unterliegt.[24]
b)Übertragung des Erholungsurlaubs bei Mutterschutz und Elternzeit
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Nach § 24 MuSchG gilt, dass für die Berechnung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub die Ausfallzeiten wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote als Beschäftigungszeiten gelten. Hat eine Frau ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten, so kann sie nach dem Ende des Beschäftigungsverbots den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.
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Eine Übertragungsregelung findet sich daran anschließend in § 17 Abs. 2 BEEG. Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm oder ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.
§ 17 Abs. 2 BEEG bezeichnet hierbei nicht einen Übertragungszeitpunkt, sondern bestimmt das für die Fristberechnung maßgebliche Urlaubsjahr i.S.d. § 7 Abs. 3 BUrlG.
Erkrankt der Arbeitnehmer im Anschluss an die Elternzeit, stellt sich die Frage, wann der übertragene Resturlaub sodann verfällt.
Das LAG Düsseldorf[25] hat hierzu ausgeführt, dass aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 17 Abs. 2 BEEG unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 2 GG die übertragenen Urlaubsansprüche erst 15 Monate nach dem Ende des Folgejahres, in dem der Arbeitnehmer aus der Elternzeit zurückkehrt, verfallen. Denn der übertragene Urlaub ist dem Urlaubsanspruch im Zeitpunkt der Rückkehr aus der Elternzeit hinzuzurechnen. Es erfolgt eine Zuordnung zu dem neuen Urlaubszeitraum mit denselben Verfallsfristen.
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Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf § 17 Abs. 4 BEEG: Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin vor Beginn der Elternzeit mehr Urlaub erhalten, als ihm oder ihr nach Absatz 1 zusteht, kann der Arbeitgeber den Urlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin nach dem Ende der Elternzeit zusteht, um die zu viel gewährten Urlaubstage kürzen.
Diese Regelung durchbricht den Grundsatz, dass in einem Kalenderjahr zu viel gewährter Urlaub nicht mit zukünftigen Urlaubsansprüchen verrechnet werden darf, wie dies demgegenüber in der EUrlV der Beamten vorgesehen ist.
15.Urlaubsentgelt
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Gem. § 26 Abs. 1 S. 1 TVöD bestimmt sich das zu zahlende Urlaubsentgelt nach § 21 TVöD.
Danach sind das Tabellenentgelt sowie die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile weiterzuzahlen (ständige Bezüge). Auf kalendertäglicher Basis ist jeder einzelne Urlaubstag zu berechnen.
Nicht in Monatsbeträgen festgelegte Entgeltbestandteile (unständige Bezüge) sind entsprechend dem Durchschnitt der letzten drei vollen Kalendermonate vor Beginn des Urlaubs zu berechnen.
Fällig wird der Anspruch zusammen mit oder, soweit der Urlaub den gesamten Monat andauert, komplett anstelle des Entgeltanspruchs nach § 24 TVöD am letzten Tag des Monats gem. § 26 Abs. 2 d) TVöD i.V.m. § 24 TVöD.
Nicht mehr mit Inkrafttreten des TVöD ausgekehrt wird ein über das Urlaubsentgelt hinausgehendes Urlaubsgeld. Die zusätzliche Zuwendung beschränkt sich nach § 20 TVöD auf eine Jahressonderzahlung.
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Der EuGH[26] hat entschieden, dass die Berechnung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nach denselben Grundsätzen vorzunehmen ist, wie die Urlaubsberechnung und zwar sowohl hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubsentgelt wie auch hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung. Es ist zum jeweiligen Stichtag zu ermitteln, welches Wertguthaben der Beschäftigte erworben hat und dies ist sodann wertgleich auszuzahlen.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer arbeitet bis zum 31.7.21 in der 5-Tage-Woche. Zum 1.8.21 vermindert er seine Arbeitszeit auf 50 % in der 4-Tage-Woche.
A hat bis Juli einen Anspruch auf Erholungsurlaub von 7/12 von 30 Tagen, folglich 17,5 Tage, gerundet 18 Tage.
Ab August hat er einen Anspruch von 5/12 von 24 Tagen, folglich 10 Tage.
18 Tage hat A das Urlaubsentgelt eines Vollbeschäftigten zu erhalten.
Hinsichtlich der weiteren 10 Tage steht A ein Anspruch auf 50 % des Urlaubsentgelts eines Vollzeitbeschäftigten zu.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer arbeitet 30 Wochenarbeitsstunden an fünf Arbeitstagen. Zum 1.9.21 reduziert er unter Beibehaltung der 5-Tage-Woche seine Wochenarbeitsstunden auf 20 Stunden.
Da der Arbeitnehmer in der 5-Tage-Woche arbeitet, steht ihm der volle Jahresurlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zu.
Das Urlaubsentgelt bemisst sich hingegen entsprechend des individuellen Arbeitsumfangs in der 30- bzw. 20-Stunden-Woche.
Für Januar bis August hat A einen Anspruch auf 8/12 von 30 Arbeitstagen, folglich 20 Urlaubstage. Das Entgelt umfasst 30/39 pro Urlaubstag.
Hinsichtlich der weiteren Urlaubstage für September bis Dezember von 10 Tagen besteht ein verminderter Entgeltanspruch von 20/39 pro Urlaubstag.
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern[27] hat zur Auslegung der §§ 21, 26 TV-L entschieden, dass der Entgeltanspruch für Urlaubstage auf dem Einkommen aufbaut, dass die Beschäftigten in der Zeit erzielen, in der der Urlaubsanspruch entsteht. Folge wäre ansonsten eine unzulässige Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten.
Dieser Auffassung ist auch das BAG[28] gefolgt, wonach die Verringerung des Beschäftigungsumfangs nicht dazu führen darf, dass der von einem Arbeitnehmer vor der Verringerung erworbene und nach der Verringerung angetretene Jahresurlaub mit einem reduzierten Urlaubsentgelt vergütet wird. Insoweit sind § 26 Abs. 1 S. 1 und § 21 TV-L wegen der unmittelbaren Benachteiligung von Teilzeitkräften nach § 4 TzBfG gem. § 134 BGB nichtig, soweit sie das Urlaubsentgelt eines Arbeitnehmers, der nach der Verringerung seiner wöchentlichen Regelarbeitszeit seinen Urlaub antritt, auch in den Fällen nach dem Entgeltausfallprinzip bemessen, in denen der Urlaub aus der Zeit vor der Arbeitszeitreduzierung stammt. Dem Urteil lag der Sachverhalt einer Arbeitnehmerin zugrunde, die vom 1.3.2012 bis 31.7.2015 in Teilzeit mit einer Quote von 35/40 und ab dem 1.8.2015 an weiterhin fünf Arbeitstagen in der Woche nunmehr 20 Stunden arbeitete.
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Das LAG Niedersachsen und dieser Auffassung folgend hat das BAG[29] in einem weiteren Fall unter Bezugnahme auf die Greenfield-Entscheidung des EuGH zunächst ausgeführt, dass eine abschnittsbezogene Betrachtung bei einem Wechsel der Arbeitszeit im laufenden Kalenderjahr erfolgt. Jedoch vertritt es die Auffassung, dass hieraus nicht immer abzuleiten sei, dass die tarifrechtlichen Regelungen sowie § 11 BUrlG europarechtskonform einschränkend auszulegen seien, dass das Urlaubsentgelt abschnittsweise und orientiert an den Wochenarbeitsstunden im Verhältnis zur tarifvertraglich geregelten Vollzeitbeschäftigung zu berechnen sei.
Der betroffene Arbeitnehmer war zunächst in Teilzeit fünf Arbeitstage und ab Juli in Vollzeit an fünf Arbeitstagen beschäftigt. Nach Auffassung des Gerichts steht dem Beschäftigten hinsichtlich des in Teilzeit erworbenen Urlaubs, welchen er im Zeitraum der Vollbeschäftigung in Anspruch nimmt, das volle Urlaubsentgelt auf Basis der Vollbeschäftigung zu. Denn die tarifrechtlichen Normen und das BUrlG sehen insoweit günstigere Regelungen für den Beschäftigten vor. Der EuGH habe klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, über den Mindeststandard hinausgehende günstigere Regelungen für den Arbeitnehmer einzuführen. Für die Berechnung des Urlaubsentgelts sei der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Urlaub gewährt, da dementsprechend das Entgelt weiterzuzahlen sei. Eine anderslautende Einschränkung sehe auch das BUrlG in § 11 nicht vor. Das BAG hat darauf hingewiesen, dass der dort zugrunde liegende Tarifvertrag der Bundesagentur für Arbeit eine Weiterzahlung des Entgelts vorsehe, so dass die günstigere Regelung zum Zuge komme.
Achtung
Übertragen auf den insoweit gleichlautenden TVöD bedeutet dies, dass die Tarifvertragsparteien in § 26 Abs. 1 S. 1 TVöD vereinbart haben, dass das Entgelt nach § 21 fortzuzahlen ist. Dort ist festgelegt, das Tabellenentgelt sowie die sonstigen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteile weiterzuzahlen. Damit kommt das Entgeltausfallprinzip zum Tragen. Die Tarifnorm knüpft an den Begriff der Gehaltsfortzahlung an. Eine Fort- bzw. Weiterzahlung im Tarifsinne bezieht sich auf das Entgelt, auf das der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des aktuellen Beschäftigungsumfangs Anspruch hat. Berechnete man das Urlaubsentgelt auf der Grundlage einer im Vergleich zum aktuellen Beschäftigungsumfang geringeren Beschäftigungsquote, würde das Entgelt nicht weitergezahlt, sondern für den Urlaubszeitraum verringert. Diesem Ergebnis steht auch nicht das Unionsrecht entgegen, da dieses nur den gesetzlichen Mindesturlaub festlegt. Die Möglichkeit der Sozialpartner, günstigere Vorschriften zu erlassen, bleibt hiervon unberührt.
Beispiel
Ein Tarifbeschäftigter arbeitet in der 5-Tage-Woche von Januar bis Mai insgesamt 20 Stunden. Ab Juni arbeitet er Vollzeit in der 5-Tage-Woche. Nimmt er im Oktober seinen Jahresurlaub von 30 Tagen, erhält er nach § 21 TVöD aufgrund des Bezuges in § 26 Abs. 1 S. 1 TVöD das Urlaubsentgelt eines Vollzeitbeschäftigten ausgezahlt, weil der Wortlaut des § 21 TVöD die Fortzahlung des Entgelts vorsieht.
Anders ist es hingegen im umgekehrten Fall, in welchem der gesetzliche Mindestschutz zu wahren ist.
Beispiel
Ein Tarifbeschäftigter arbeitet von Januar bis April Vollzeit in der 5-Tage-Woche. Ab Mai arbeitet er weiterhin in der 5-Tage-Woche, allerdings insgesamt 20 Stunden. Nimmt er im Oktober seinen Jahresurlaub, so hat er seinen anteiligen Urlaubsanspruch von Januar bis April (4/12 von 30 Tagen, folglich 10 Tage) entsprechend einer Vollzeitbeschäftigung – pro-rata-temporis – entlohnt zu bekommen, und den anschließenden Anteil von Mai bis Dezember entsprechend der 20-Stunden-Woche.
16.Urlaubsabgeltung
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§ 7 Abs. 4 BUrlG beantwortet die Frage, wie der entstandene Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu behandeln ist. Danach ist der Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt wird, abzugelten.
Achtung
Wichtig ist, dass lediglich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaubsanspruch in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt wird. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist eine Ausbezahlung des Urlaubs ausgeschlossen. § 7 Abs. 4 BUrlG enthält insoweit ein gesetzliches Verbot gem. § 134 BGB. Hat der Arbeitgeber gleichwohl statt der Urlaubserteilung eine höhere Vergütung zur Urlaubsabgeltung gezahlt, erlischt der Urlaubsanspruch nicht; er ist nicht erfüllt. Der Arbeitnehmer kann den Urlaubsanspruch weiterhin geltend machen, soweit er nicht verfallen ist.
Eine von § 7 Abs. 4 BUrlG abweichende Regelung haben die Tarifvertragsparteien im TVöD nicht getroffen, so dass ausschließlich auf diese Norm abzustellen ist.
Der Abgeltungsanspruch entsteht daher als Ersatz, soweit infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Befreiung von der Arbeitspflicht nicht mehr möglich ist. Der Grund der Beendigung spielt dabei keine Rolle.
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In Betracht kommen daher folgende Beendigungsgründe:
Auflösungsvertrag;
Eintritt voller oder verminderter Erwerbsfähigkeit auf Dauer i.S.d. § 33 Abs. 2 TVöD;Die Rechtsprechung[30] geht zutreffend auch von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung i.S.v. § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI aus, selbst wenn mit dem Arbeitnehmer im Anschluss hieran ein befristeter Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung abgeschlossen wird. Ansprüche entstehen dann nicht aufgrund doppelter Arbeitsverhältnisse, sondern nur noch aufgrund des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses.
Auflösungsurteil nach § 9 KSchG;
Auflösungsvergleich;
Auslaufen einer Befristung;
Erreichen der Regelaltersgrenze;
Erreichen der Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Altersgrenze für besonders langjährig Versicherte;
Tod des Beschäftigten[31];
Kündigung des Arbeitsverhältnisses, unabhängig ob ordentlich oder fristlos und unabhängig davon, wer die Kündigung ausgesprochen hat.
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Ist das Arbeitsverhältnis beendet, entsteht grds. auch dann ein Abgeltungsanspruch, wenn in der Folgezeit ein neues Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber begründet wird.
Eine Ausnahme hat das BAG[32] bislang nur in dem folgenden Fall einer kurzfristigen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses anerkannt, mit der Folge, dass ein Abgeltungsanspruch ausscheidet: Ein Arbeitnehmer war langjährig bei einem Arbeitgeber beschäftigt. Zum 30.6., einem Samstag, kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis. Bereits am 21.6. schlossen die Parteien mit Wirkung ab dem 2.7., dem darauffolgenden Montag, einen neuen Arbeitsvertrag. Aufgrund fristloser Kündigung des Arbeitgebers wurde das Arbeitsverhältnis sodann zum 12.10. beendet. Der jährliche Erholungsurlaubsanspruch betrug laut Arbeitsvertrag 26 Arbeitstage. Hiervon waren bereits drei Tage genommen worden.
Das BAG betrachtet bei einer so kurzen Unterbrechung von nur einem Tag, der auf einen Sonntag fällt, beide Arbeitsverhältnisse urlaubsrechtlich als Einheit. Dies jedenfalls dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses vereinbaren. Es entsteht deshalb ein Anspruch auf Vollurlaub, wenn das zweite Arbeitsverhältnis in der zweiten Kalenderjahreshälfte endet und der Arbeitnehmer mit seiner Gesamtbeschäftigungsdauer die sechsmonatige Wartezeit nach § 4 BUrlG erfüllt hat. § 5 BUrlG und damit die gesetzlichen Vorschriften über den Teilurlaub greifen dann nicht. Daher entstand auch nicht mit Ablauf des ersten Arbeitsverhältnisses, dem 30.6., ein Abgeltungsanspruch. Denn der Abgeltungsanspruch ist als Ausnahme allein für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugelassen, um den Arbeitnehmer in diesem Fall vor einem völligen Anspruchsverlust zu schützen. Die Abgeltung ist denn auch weniger als die Gewährung von Freizeit geeignet den Urlaubszweck sicherzustellen. Erst nach Beendigung des zweiten Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 12.10. ist der Abgeltungsanspruch entstanden. Dieser ist nicht zu zwölfteln. Von den 26 Tagen waren bereits drei Tage Urlaub genommen, so dass ein Abgeltungsanspruch über 23 Tage zuzusprechen war.
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Keine Gründe zur Abgeltung sind:
Betriebsübergang nach § 613a BGB, insbesondere im Falle einer Personalgestellung i.S.d. § 4 Abs. 3 TVöD, bei welcher die Aufgaben des Beschäftigten dauerhaft zu einem Dritten verlagert werden;
Übergang eines Berufsausbildungsverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis;
Eintritt des Ruhens eines Arbeitsverhältnisses;
Anschlussvertrag (grds. ohne zeitliche Unterbrechung);
Ersatzurlaubsanspruch (Schadensersatzanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB tritt stattdessen an die Stelle des Urlaubsanspruchs);
Tod des Arbeitgebers (i.d.R.);
Statuswechsel des Beschäftigten beim selben Arbeitgeber/Dienstherrn;
Übergang des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis bei Eintritt in die Freistellungsphase.
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Bei der Altersteilzeit im Blockmodell bewirkt der Übergang von der Arbeits- in die Freistellungsphase keine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 7 Abs. 4 BUrlG. Ebenso wenig ruht das Arbeitsverhältnis, weil der Arbeitgeber u.a. zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet bleibt und demzufolge keine Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten erfolgt.
Zum Zeitpunkt des Übergangs in die Freistellungsphase sind offene Urlaubsansprüche nur dann abzugelten, wenn sie zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht verfallen sind. Im Übrigen verfallen die Resturlaubsansprüche nach Ablauf des Übertragungszeitraums.
Achtung
Vor dem Eintritt in die Freistellungsphase hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig darauf hinzuweisen, seine Urlaubsansprüche in Anspruch zu nehmen.
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Der Anspruchsumfang des Abgeltungsumfangs ergibt sich wie das Urlaubsentgelt auch aus § 26 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 21 TVöD. Die Vorschrift des § 11 BUrlG, die den Umfang des Urlaubsentgelts ebenfalls regelt, tritt hinter die spezielleren Vorschriften des TVöD zurück, soweit der tarifierte Anspruch den Mindesturlaub nicht unterschreitet.
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Aufgrund der zuvor unter A 14. a) dargestellten Entscheidung des EuGH in der Sache Schultz-Hoff[33] und diesem folgend der des BAG[34] war auch die Frage der Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums neu zu beantworten.
Verfiel der Urlaubsanspruch nicht, soweit dieser wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht in Anspruch genommen werden konnte, so musste dies auch für den Urlaubsabgeltungsanspruch gelten.
Dies sollte in jedem Falle für den auf dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch basierenden Abgeltungsanspruch gelten. Der tarifliche Urlaubsanspruch sollte als eigenständige Regelung abweichend geregelt werden können.
Achtung
Aufgrund der Entscheidung des EuGH[35] in der Sache Schulte und diesem folgend der des BAG[36] verfällt der gesetzliche Mindesturlaub nach 15 Monaten und der tarifliche Mehrurlaub nach 12 Monaten. Darauf aufbauend kann auch nur ein Abgeltungsanspruch entstehen, soweit der gesetzliche bzw. tarifliche Urlaubsanspruch noch nicht verfallen ist.
Unerheblich ist insoweit, ob der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsfähig ist oder seine Arbeitsfähigkeit bis zum Ende des tariflichen Übertragungszeitraums wiedererlangt. Da die Tarifvertragsparteien insoweit nicht zwischen gesetzlichem und tariflichem Urlaubsabgeltungsanspruch differenziert haben, also ein Gleichlauf der Ansprüche besteht, muss für den tariflichen Abgeltungsanspruch ebenso wenig eine Erfüllbarkeit, spricht Arbeitsfähigkeit bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegen, wie beim gesetzlichen Abgeltungsanspruch.
Festzuhalten ist aufgrund der Vorgaben des BAG[37], dass der Anspruch auf tariflichen Mehrurlaub am Ende des verlängerten Übertragungszeitpunkts, dem 31.12. des Folgejahres, untergeht. Dem Erlöschen steht sodann weder § 13 Abs. 1 BUrlG noch die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung entgegen, da der gesetzliche Mindesturlaub gerade nicht betroffen ist.
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Fallen die Verfallsfrist und der Tag des Ausscheidens des Arbeitnehmers auf einen Tag zusammen, so wenn der Arbeitnehmer am 31.3. ausscheidet, besteht kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Denn Voraussetzung des Abgeltungsanspruchs ist, dass der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Wenn mit Ablauf des 31.3. jedoch bereits der Urlaubsanspruch erlischt, kann kein Abgeltungsanspruch mehr bestehen. Zurückzuführen ist dies auf § 188 BGB, der das Ende einer Frist festlegt. Hiernach gehört der Zeitpunkt des Ablaufs einer Frist rechtlich zu dem Tag und der Frist, in die der Tag fällt (31.3., 24.00 Uhr). Das rechtliche Ergebnis fällt innerhalb, nicht außerhalb des Geschehens.
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Das BAG[38] hat die vollständige Vererbbarkeit noch nicht verfallener Urlaubsansprüche bestätigt. Nicht nur die Urlaubsansprüche selbst sind im Todesfall vererbbar, auch der mit dem Ausscheiden des Arbeitsnehmers entstehende Abgeltungsanspruch ist vererbbar, § 1922 BGB.
Achtung
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich insoweit um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt, §§ 19, 39b Abs. 3 EStG und R 19.9, 39b.6 LStR sowie H 19.9, H 39b.6 LStH. Der Abgeltungsanspruch zählt hingegen nicht zu dem sozialversicherungspflichtigen Einkommen.





