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Ebenfalls verwirrend mag sein, dass die Namen der Autoimmunerkrankungen nichts darüber aussagen, wo sie im Körper lokalisiert sind. Viele autoimmune Zustände sind systemisch, das heißt, dass sie sich wie beispielsweise beim Lupus erythematodes über den ganzen Körper auf alle Gewebe ausbreiten können. Andere sind organspezifisch, hier richtet sich das Immunsystem gegen ein bestimmtes Gebiet oder Organ, zum Beispiel bei der Hashimoto-Thyreoiditis, die in der Schilddrüse auftritt. Auch der Morbus Basedow spielt sich in der Schilddrüse ab, die Multiple Sklerose hingegen im Gehirn und Rückenmark, die Weißfleckenkrankheit auf der Haut und die perniziöse Anämie in den Blutzellen. Die Namen sagen also meist wenig darüber aus, welches Organ erkrankt ist.
Obwohl die betroffenen Gebiete unterschiedlich sind, wissen wir jetzt, dass die zugrunde liegenden Probleme bei all diesen Erkrankungen sehr ähnlich sind. Tatsächlich hat sich der Fokus der neueren Forschung vom Blick auf die spezifischen, von der Erkrankung befallenen Organe hin zur Bestimmung der zugrunde liegenden Mechanismen ihrer Entstehung verlagert. Dieser Gedanke – dass alle diese Erkrankungen einen ähnlichen Ursprung haben – ist wichtig für unseren Ansatz, sie zu behandeln und zum Stillstand zu bringen. Mehr als 100 verschiedene Autoimmunerkrankungen haben ähnliche Merkmale. Sie alle sind schwerwiegende chronische Krankheiten, denen ein Problem im Immunsystem zugrunde liegt. Daneben haben sie auch die Entzündung gemeinsam, eine Reizung und Schwellung überall im Körper, auch im Gehirn. Die Entzündung kann zu einer breiten Palette von Symptomen führen, darunter Müdigkeit, Schwellungen, Muskel- oder Gelenkschmerzen, abdominale Beschwerden einschließlich Durchfall und Konzentrationsprobleme oder „Nebel im Gehirn“. Sie können aber auch einfach nur das vage, quälende Gefühl verursachen, dass irgendetwas nicht stimmt, selbst wenn Ihr Arzt nichts feststellen kann und der Meinung ist, dass Ihnen nichts fehlt.
Durch die Herangehensweise der funktionellen Medizin und die Konzentration auf die primäre Ursache der Fehlfunktion des Immunsystems ist es der Forschung gelungen, viele potenzielle Auslöser für diese Erkrankungen aufzudecken. (Ein Auslöser ist alles, was eine ungesunde Immunreaktion in Gang setzt.) Es hat sich gezeigt, dass viele Autoimmunerkrankungen durch ähnliche Dinge ausgelöst werden, zum Beispiel durch Gluten, Schwermetalle, Giftstoffe, Infektionen und Stress. Der Hauptunterschied zwischen den einzelnen Krankheitsbildern besteht darin, dass die Immunzellen Gewebe in verschiedenen Körperteilen ins Visier nehmen und angreifen. Im Wesentlichen gibt es zwischen den meisten Autoimmunerkrankungen aber mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Und noch etwas hat sich gezeigt: Die grundlegenden Systeme in Ordnung zu bringen – Ihre Ernährung, die Stresshormone, den Darm und die toxische Gesamtbelastung des Körpers – führt zu einer Gesundung des Immunsystems und hilft somit bei allen Autoimmunerkrankungen. Das ist der revolutionäre Ansatz, den ich in „Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln“ detailliert beschreibe, und der Grund dafür, warum das vorliegende Behandlungsprogramm alle Autoimmunerkrankungen zum Ziel hat und alle davon profitieren können.
Wie kommt es zu Autoimmunerkrankungen?
Nach Schätzungen der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde leiden bis zu 23,5 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner an einer Autoimmunerkrankung, Tendenz steigend. Infolge der jährlich steigenden Anzahl neuer Fälle haben sich viele Fachleute gefragt, wodurch Autoimmunerkrankungen verursacht werden. Herausgekommen sind viele Theorien, wie man eine Autoimmunerkrankung „bekommt“. Hier sind die Erklärungen, die durch die meisten Nachweise gestützt werden.
Potenzieller Auslöser: unsere moderne Ernährungsweise
Gluten
Die Landwirtschaft nutzt heute überwiegend gezüchtete Sorten von Mais, Soja, Weizen oder anderen Pflanzen, die besonders ertragreich sind. Nicht erst die Gentechnik, sondern auch die konventionelle Pflanzenzüchtung hat dabei die genetische Ausstattung unserer Nutzpflanzen über die Jahrzehnte mehr und mehr verändert. Ein Ergebnis solcher Veränderungen ist, dass der Gehalt an Proteinen (Eiweiße) deutlich gestiegen ist. Tierversuche haben ergeben, dass einige dieser Proteine für uns äußerst schwer verdaulich sind, wodurch es zu Symptomen kommt wie:
– Sodbrennen
– Refluxkrankheit
– Gasbildung
– Blähbauch nach dem Essen
Es gibt auch Nachweise dafür, dass diese Proteine Immunreaktionen im Darm verursachen, die die Entwicklung einer Autoimmunerkrankung fördern können. Das bedeutet, dass die Zellen Ihres Immunsystems geschädigt werden, sich dann fehlverhalten und das eigene Gewebe angreifen. Gluten ist ein Protein, das in Weizen, Gerste, Kamut und Dinkel (sowie in Roggen, Emmer, Einkorn und durch Verunreinigung unter Umständen in geringem Maße auch in Hafer; Anm. d. Übers.) vorkommt. Die genetische Veränderung hat zu einer höheren Konzentration von Gluten in den Getreiden geführt, die wir zu uns nehmen. Diese höhere Glutenkonzentration in unserer Nahrung wird mit einer Zunahme von Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten im Laufe der letzten Jahrzehnte in Verbindung gebracht. Warum ist das so? Weil Gluten ein relativ junger Bestandteil in unserer Ernährung ist.
Ursprünglich waren unsere Vorfahren Jäger und Sammler und ernährten sich von Tieren, Nüssen, Samen und Beeren und nicht von Getreide. Dann wurden sie – bezogen auf die gesamte Menschheitsgeschichte vor noch nicht allzu langer Zeit – sesshaft und begannen, Landwirtschaft zu betreiben, aßen, was zur jeweiligen Jahreszeit zur Verfügung stand. Der Vorteil dieser Ernährungsweise liegt darin, dass sich die Nahrungsmittel ständig abwechseln. Wenn Sie jedoch – wie heute üblich – ständig dasselbe essen, erhöht sich das Risiko einer allergischen Reaktion. Bei industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln, also solchen, die von der Nahrungsmittelindustrie so lange verändert werden, bis sie keine Ähnlichkeit mehr mit den natürlich gewachsenen haben, werden oft alle Ballaststoffe und viele Nährstoffe entfernt. Dieser Prozess dient der längeren Haltbarkeit und außerdem stehen auf diese Weise mehr Nahrungsmittel für mehr Menschen zur Verfügung; doch wir wissen inzwischen, dass diese Art der Ernährung nicht gesund ist. Heute essen viele Menschen zu den meisten Mahlzeiten Weißmehlprodukte und verzichten auf gesündere vollwertige Nahrungsmittel. Sinnvoller wäre es, sich von weitgehend naturbelassenen Vollwertprodukten zu ernähren.
Das Problem mit Gluten ist, dass es schwerverdaulich ist. Gelangen viele dieser relativ großen Partikel in den Blutstrom, schaltet das Immunsystem auf Alarm, es erkennt das Gluten als Fremdsubstanz und bildet Antikörper, um es abzuwehren. Diese Abwehr beschränkt sich aber nicht nur auf das Gluten, sondern betrifft fälschlicherweise auch unsere Gewebe. Das wird molekulare Mimikry genannt und ist einer der Gründe, warum man annimmt, dass Gluten Autoimmunerkrankungen verursacht. Diese molekulare Mimkry ist nicht glutenspezifisch, sie kann immer dann auftreten, wenn Ihr Immunsystem Ihr Gewebe irrtümlich für irgendeine Fremdsubstanz hält.
Der andere Grund, dass Nahrungsmittel Entzündungen und Autoimmunreaktionen auslösen können, wird Immunkomplexkrankheit genannt. Bleiben wir bei unserem Beispiel Gluten: Die Antikörper binden an das Gluten und bilden sogenannte Immunkomplexe, die im Körper umherwandern. Dies ist eine wichtige Methode des Körpers, mit Fremdsubstanzen umzugehen. Das Immunsystem braucht Immunkomplexe für seine normale Funktion und beseitigt sie normalerweise wieder aus dem Blut. Sind aber zu viele dieser Komplexe vorhanden, dann besiedeln sie verschiedene Organe und verursachen dort Entzündungen, Gewebeschäden und Autoimmunreaktionen. Es kann zu geschwollenen, schmerzhaften Gelenken kommen, und man nimmt an, dass das einer der Prozesse ist, durch den sich beispielsweise eine rheumatoide Arthritis entwickelt.
Heißt das, dass Gluten die Hauptursache für Ihre Autoimmunerkrankung ist? Bei manchen Menschen ja, bei anderen ist es ein wichtiges Teil des Puzzles. Ich mag den Vergleich mit einem Puzzle, denn Autoimmunerkrankung haben oft verschiedene Ursachen, und mein Ansatz ist es, mich immer nur mit einem Teil dieses Puzzles zu beschäftigen. Die vier Abschnitte dieses Buches entsprechen den größten und häufigsten Puzzleteilen. Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit der Ernährung, im zweiten kümmern Sie sich auch um Ihr Stressbewältigungssystem und im dritten sorgen sie für einen gesunden Darm (vergessen Sie nicht, dass dieser eine große Rolle spielt im Zusammenhang mit Gluten: Wäre Ihre Darmschranke in Ordnung, das heißt, hätten Sie keinen durchlässigen Darm, würde das Gluten allein Ihnen vielleicht gar keine Probleme bereiten). Der vierte Abschnitt des Buches schließlich soll sicherstellen, dass Sie nicht toxisch überbelastet sind. Wenn Sie sich mit allen diesen Teilen beschäftigen, ist Ihr Puzzle komplett und zeigt Ihnen ein Bild Ihres gesundheitlichen Zustands.
Ballaststoffe, Fett und Nährstoffe, die das Immunsystem unterstützen
Neben dem Gluten nehmen auch noch andere Bestandteile von Nahrungsmitteln Einfluss auf Ihr Immunsystem. So kann eine Ernährung mit einem hohen Anteil an tierischen Produkten wie Milchprodukte, Eier und Fleisch entzündungsfördernd wirken und die in Ihrem Verdauungstrakt beheimatete Flora aus dem Gleichgewicht bringen. Ballaststoffe und Gemüse hingegen sorgen für die bakterielle Balance im Darm und versorgen die Leber mit Nährstoffen, damit sie ihrer Aufgabe, Giftstoffe effektiv aus dem Körper zu entfernen, gerecht werden kann. (Wie Sie in Kapitel 11, dem Kapitel über die Leber, lesen werden, stellen Giftstoffe ebenfalls ein Risiko für Ihr Immunsystem dar.) Leider essen viele Menschen zu wenig Ballaststoffe und Gemüse, um von diesen Vorzügen zu profitieren.
Für ein gesundes Immunsystem muss Ihre Ernährung viele Nährstoffe enthalten, zum Beispiel Vitamin D, Vitamin A, Selen, Zink und gesunde Fette, um nur einige zu nennen. Leider sind sie in unseren heutigen Lebensmitteln oft nur unzureichend enthalten. Industriell verarbeitete Nahrungsmittel füllen uns zum Beispiel den Magen mit minderwertigen Fetten, die nicht nur dem Immunsystem schaden, sondern auch noch viele andere Probleme verursachen. Davon wird im nächsten Kapitel, dem Kapitel über Nahrung als Medizin, ausführlich die Rede sein.
Potenzieller Auslöser: chronischer Stress und Hormonschwankungen
Manche Menschen fühlen sich emotional nicht gestresst, aber sie lassen Mahlzeiten aus, schlafen zu wenig oder treiben exzessiv Sport. Solche Verhaltensweisen strapazieren Ihren Körper, der daraufhin das Stresshormon Cortisol aus den Nebennieren ausschüttet. Andere Menschen achten vielleicht gut auf ihren Körper, sind aber ängstlich, beunruhigt, aufgebracht oder deprimiert oder leiden unter einem schweren, dauerhaften emotionalen Trauma. Auch in diesen Fällen produzieren die Nebennieren Cortisol. Diese Organe sitzen wie kleine Kappen auf den Nieren und bilden die Stresshormone. Lassen Sie mich ganz deutlich sagen, dass nicht jeder Stress schlecht ist. In einer Notfallsituation sorgen Cortisol und Adrenalin dafür, dass Sie genügend Energie mobilisieren, um flüchten oder schnell Hilfe holen zu können. Vor einem wichtigen Gespräch erhalten Sie dadurch ebenfalls die Energie, um sich zu konzentrieren zu können.
Doch chronischer Stress bedeutet, dass Ihr Cortisolspiegel dauerhaft erhöht ist, und das kann Ihrem Immunsystem Schaden zufügen und eine Genesung verhindern. Chronischer Stress kann auch zur Ermüdung der Nebennieren führen; dann sind Ihre Nebennieren nicht mehr in der Lage, die für den „ordentlichen Betrieb“ des Körpers erforderlichen Hormone zu bilden, dazu gehören Adrenalin, DHEA (Dehydroepiandrosteron) und Testosteron. Die Folgen einer Nebennierenermüdung sind:
– unerklärliche Erschöpfung
– man ist morgens noch müde, obwohl man gut geschlafen hat
– Energieschub zwischen 16 und 18 Uhr
– Verlangen nach Süßem oder Salzigem
– niedriger Blutdruck
– niedriger Blutzuckerspiegel
– Reizbarkeit
Die Nebennierenermüdung (auch als Nebennierenerschöpfung oder adrenaler Burn-out bezeichnet) geht mit Entzündungen und Autoimmunerkrankungen einher, und gerade deshalb ist es wichtig, chronischen Stress in seinem Leben zu erkennen und besser damit umzugehen. Er kann sich nämlich auch negativ auf die Menge der „guten“ Darmbakterien auswirken, was wiederum die Ursache einer Autoimmunerkrankung sein kann. Stresshormone können auch dahinterstecken, wenn Sie ständig müde sind, oft krank werden, unter Arthritis leiden, eine unregelmäßige Menstruation haben, Ihre Wechseljahre als sehr schwierig erleben oder Probleme mit dem Abnehmen haben. Darum geht es ausführlich in Kapitel 5, dem Kapitel über Stress.
Potenzieller Auslöser: die gestörte Darmflora
Ihre Immunzellen, insbesondere die T-Killerzellen und die B-Zellen, stehen bei einem Autoimmunproblem im Zentrum des Geschehens. Denn wenn diese Zellen nicht richtig arbeiten, beginnt der Körper, sich selbst anzugreifen, und kann nicht mehr damit aufhören. Um diese Zellen in ihrer Funktion zu unterstützen, muss man wissen, wie sie sich entwickeln. Beim Erwachsenen werden sie im Knochenmark gebildet und wandern dann in den Thymus (ein kleines Organ hinter dem Brustbein), von dort in die Lymphknoten und in ein Gebiet, das als darmassoziiertes lymphatisches Gewebe bezeichnet wird (direkt unter der Darmschleimhaut, auch Darmimmunsystem genannt). Der Thymus war sehr aktiv, als Ihre Mutter noch mit Ihnen schwanger war, und als Sie zur Welt kamen, war er der „Hauptwohnsitz“ Ihrer Immunzellen. Während des Heranwachsens unterstützt der Thymus die Reifung und Entwicklung dieser Zellen immer noch, verliert jedoch nach und nach seine Aktivität.
Ihre Darmschleimhaut sollte „gute“ Bakterien enthalten (die bereits erwähnte Darmflora); sie sind wichtig, denn sie unterstützen die ordnungsgemäße Reifung Ihrer Immunzellen, da sie mit den Zellen in Ihrem Darmimmunsystem zusammenwirken. Gedeiht die Darmflora nicht gut, ist das Immunsystem störanfällig. Mehrere Faktoren können die (gesunde) Darmflora beeinflussen. Einer davon ist der bereits erwähnte Stress. Fünf weitere sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet: Antazida (das sind Mittel gegen die Übersäuerung des Magens), Schmerzmittel (mit dem Wirkstoff Ibuprofen), Antibiotika, Alkohol und tierische Nahrungsmittel. Diese Dinge verändern (zusammen mit Infektionen und etlichen Medikamenten) die Darmflora und schädigen die Barriere der Darmwand, sodass Nahrungspartikel die Darmschleimhaut und damit das Darmimmunsystem passieren und ins Blut gelangen. Dort erkennt sie das Immunsystem als Eindringlinge, entwickelt Antikörper und geht zum Angriff über. Infolgedessen kann es zu einer Reaktion auf ein Nahrungsmittel kommen, dass Sie Ihr Leben lang gegessen haben.
Die gesunde Darmflora hat eine weitere wichtige Aufgabe: Sie hilft den T-Killerzellen in der Darmschleimhaut sich zu entwickeln und „lehrt“ sie den Unterschied zwischen einer Fremdsubstanz (z. B. Bakterien oder Viren) und den körpereigenen Geweben. Daher gehört es zu den grundlegenden Dingen, für einen gesunden Darm zu sorgen, das heißt, die Darmflora so gesund wie nur irgend möglich zu erhalten, damit das Immunsystem intakt bleibt. Davon wird in Kapitel 8 noch ausführlich die Rede sein. Doch es ist bereits jetzt wichtig zu wissen, dass ein gesunder Darm entscheidend für ein ausgeglichenes und gut funktionierendes Immunsystem ist. Er kann dazu beitragen, Autoimmunerkrankungen vorzubeugen, und da das darmassoziierte Immunsystem eine so wichtige Rolle spielt, kann ein gesunder Darm auch potenziell dafür sorgen, dass Symptome zurückgehen und das Immunsystem ausheilt.
Potenzieller Auslöser: Giftstoffe
Ein Toxin oder Giftstoff ist jede Chemikalie aus der Umwelt, jedes Schwermetall oder jeder andere körperfremde Stoff, der eine schädliche Reaktion im Körper hervorruft. Dazu gehören beispielsweise auch die zum Teil gefährlichen Toxine, die viele Schimmelpilze bilden. Noch nie waren wir so vielen Umweltgiften ausgesetzt wie heute. Sie können sowohl unser Immunsystem als auch andere Körperzellen schädigen und zu Autoimmunerkrankungen führen. Tatsächlich ermittelte der Vierte Nationale Bericht der US-amerikanischen Seuchenschutzbehörde über die Einwirkung von Umweltchemikalien auf den Menschen 212 Chemikalien und stellte fest, dass alle im Blut und im Urin der meisten Amerikanerinnen und Amerikaner zu finden sind.1 Das überrascht nicht, da wir über unsere Nahrung, das Grundwasser und die Luft tagtäglich den Giftstoffen aus Industrie und Landwirtschaft ausgesetzt sind. In Bezug auf die Autoimmunerkrankungen haben wir es insbesondere mit jedem Toxin zu tun, das die chemische Struktur unserer DNS, ihrer genetischen Schwesterstruktur RNS (die unter anderem für die Übertragung genetischer Informationen und damit für die Proteinbildung zuständig ist; Anm. d. Übers.) sowie die Proteine in den Zellen verändert, denn dadurch kann eine Immunreaktion im Körper gefördert werden. Mit anderen Worten, das Toxin verändert die Gewebestruktur und bringt Ihren Körper dazu, das eigene Gewebe als Fremdsubstanz zu betrachten und anzugreifen.
Das in Bezug auf Autoimmunerkrankungen am besten untersuchte Toxin ist Quecksilber. (Bei den 212 im Bericht der Seuchenschutzbehörde vorgefundenen Toxinen rangierte es unter den Top Sechs). Quecksilber findet sich in den Amalgamfüllungen von Zähnen. Es wird aber auch als Nebenprodukt bei der Kohle- und Holzverbrennung zur Energiegewinnung sowie bei der Verbrennung von quecksilberhaltigem Material in die Atmosphäre freigesetzt. Da das schon seit vielen Jahrzehnten so geht, befindet sich das Quecksilber aus der Luft nun in unseren Böden, Flüssen und Meeren. Infolgedessen befindet es sich in vielen Fischen, die wir essen, zum Beispiel im Schwertfisch, Thunfisch und Streifenbarsch sowie in der Makrele. (Da die Quecksilberkonzentration innerhalb der Nahrungskette zunimmt, hat der größere Fisch, der den kleineren frisst, tendenziell den höchsten Quecksilbergehalt). In Studien wurde Quecksilber mit Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow, Lupus erythematodes und Multipler Sklerose in Verbindung gebracht. Es scheint, dass es zu den Toxinen gehört, die das Gewebe direkt schädigen, sodass dieses sich für das Immunsystem als Fremdsubstanz darstellt. Sie wissen bereits, dass das Immunsystem alles angreift, was es nicht erkennt. Daher ist es eins meiner wesentlichen Anliegen, dass Sie mithilfe dieses Buches Ihre potenzielle Toxinbelastung beurteilen und dann Maßnahmen ergreifen können, um möglichst viele Giftstoffe aus Ihrer Ernährung und Ihrer Umgebung zu vermeiden bzw. zu entfernen. Das ist Thema in Teil IV, „Unterstützen Sie Ihre Leber“.
Ein weiteres großes Problem bei einer zu hohen Toxinbelastung entsteht, wenn die Leber, unser Hauptentgiftungsorgan, mit ihrer Aufgabe, die Gifte zu entsorgen, nicht mehr fertig wird. Sie können sich das als Leberermüdung vorstellen. Die Leber verfügt über zahlreiche Entgiftungswege, das sind Enzymsysteme, die für die Ausleitung von Giftstoffen verantwortlich sind. Jedes davon erfordert spezifische Nährstoffe, und wenn es zu viele Toxine und nicht genügend Nährstoffe gibt, funktionieren die Enzyme nicht mehr, und die Toxine sammeln sich im Körper an. Die Leber ist auch für die Verarbeitung der vom Körper gebildeten Hormone zuständig. Ist sie aufgrund einer hohen Toxinbelastung erschöpft, tut sie sich auch mit der Verarbeitung der täglichen, im Stoffwechsel natürlich anfallenden Hormone und chemischen Substanzen schwer. Für den Abbau von Östrogen beispielsweise verfügt die Leber über spezielle Enzymsysteme. Sie sorgen normalerweise dafür, dass das Hormon verarbeitet und ordnungsgemäß aus dem Körper ausgeschieden wird. Steht die Leber jedoch unter Stress, sammelt sich das Östrogen an. Daraufhin bildet der Körper noch mehr Östrogen, das zu DNS-Schäden führen und eine Immunreaktion fördern kann. Tatsächlich nimmt man an, dass toxisches Östrogen eine wichtige Rolle bei Lupus erythematodes und rheumatoider Arthritis spielt. Wie Sie in Teil 4 erfahren werden, können spezielle Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel die Leber dabei unterstützen, Hormone, Toxine und andere chemische Substanzen effektiver abzubauen.
Potenzieller Auslöser: Infektionen
In etlichen Veröffentlichungen wird eine Verbindung zwischen Viren und Autoimmunerkrankungen hergestellt – diesen potenziellen Verknüpfungen werde ich mich später zuwenden. Die Lösung besteht in jedem Fall darin, nicht das Virus für das Problem verantwortlich zu machen. Wir alle haben Viren im Körper und es ist die Aufgabe unseres Immunsystems, sie in Schach zu halten. Damit meine ich, dass sie deaktiviert sein sollten, damit sie uns nicht krank machen können. Ist ein Virus jedoch aktiv, so bleibt das Immunsystem in erhöhter Alarmbereitschaft, und das bedeutet eine kontinuierliche Entzündung im Körper. In diesen Fällen sind die Symptome tendenziell sehr allgemein, man fühlt sich zum Beispiel aufgedunsen, steif und müde oder hat Schwierigkeiten beim Denken oder mit dem Erinnerungsvermögen. Sehr häufig kommt das beim Epstein-Barr-Virus vor, das das Pfeiffersche Drüsenfieber verursacht und mit einigen Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht wurde. Der Erreger persistiert lebenslang in Ihrem Körper, manchmal bleibt er unentdeckt, manchmal verursacht er Probleme. Viele meiner Patienten erzählen mir, dass sie sich seit der Erkrankung nie mehr so wie vorher gefühlt haben, und wenn ich dann einen Bluttest auf Epstein-Barr-Virus veranlasse, stelle ich oft fest, dass das Virus noch aktiv ist.
Es ist wichtig zu verstehen, warum es dem Immunsystem nicht gelungen ist, das Virus in Schach zu halten. Genau das werden wir mithilfe dieses Buches tun. Wir arbeiten daran, die Fundamente eines gesunden Immunsystems (Ernährung, Stressmanagement, Darmgesundheit und Reduzierung der Toxinbelastung) zu stärken und ins Gleichgewicht zu bringen. Das Ergebnis wird sein, dass Ihr Immunsystem in der Lage ist, Viren zu deaktivieren und somit zu verhindern, dass sie es ständig stimulieren.
Symptombehandlung versus Ursachenbekämpfung
Autoimmunerkrankungen sind in den Vereinigten Staaten inzwischen die am weitesten verbreiteten chronischen Krankheiten. Dennoch wird ihnen noch nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die ihnen zustehen würde. Ich glaube, dass sie deshalb als unterschiedliche Erkrankungen gelten. Der Endokrinologe bekommt die Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow zu Gesicht, der Rheumatologe diejenigen mit rheumatoider Arthritis und Lupus erythematodes, der Gastroenterologe die an Zöliakie Erkrankten und der Neurologe die MS-Patienten. Meiner Meinung nach verlangsamt sich dadurch auch der Fortschritt auf dem Gebiet der Ursachenforschung, infolgedessen gibt es keinen einheitlichen Therapieansatz und die Entwicklung von geeigneteren Methoden zur Behandlung der Ursachen kommt nicht voran.
Ein weiteres Problem ist, dass sich die meisten schulmedizinischen Behandlungen auf die medikamentöse Beherrschung der Symptome durch Blockade der Immunreaktion des Körpers konzentrieren. Das ist nicht immer erfolgreich und geht oft mit schwerwiegenden Nebenwirkungen einher. So können zum Beispiel Steroide wie Prednison zu Schlafstörungen, Gewichtszunahme, erhöhtem Blutdruck, Muskelschmerzen und Depressionen führen. Auch andere Medikamente werden zur Deaktivierung des Immunsystems eingesetzt und können sich noch schwerer auf den Verdauungstrakt auswirken und zum Beispiel Übelkeit und Erbrechen verursachen, aber auch Fieber, Muskelschmerzen, Anämie (Blutarmut) und immer wiederkehrende Infektionen verursachen. Schäden an Leber, Lunge und Nieren können ebenfalls vorkommen. Da einige dieser Arzneimittel noch bis zu zwei Jahre nach ihrem Absetzen in Ihrem Körper verbleiben können, stellen sie ein Gefahrenpotenzial dar, wenn Sie in diesem Zeitraum schwanger werden. Dies ist ein ernsthaftes Problem, da in 75 Prozent der Fälle Frauen von Autoimmunerkrankungen betroffen werden. Diese Tatsache hat viele Forscher dazu bewogen, sich mit der Rolle der Geschlechtshormone bei der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen zu beschäftigen. Darüber wird noch ausführlich zu sprechen sein, wenn wir uns mit Stress und den Stresshormonen, der Entgiftung, dem Östrogenstoffwechsel in der Leber sowie mit dem Lupus erythematodes im letzten Kapitel beschäftigen.