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Gehen wir es an, das Leben. Und wer es wagt, sich Enttäuschungen zu stellen, wer sie als Ende von Täuschungen zu sehen lernt, der wird es leichter haben, sich seine Wünsche zu erfüllen und seine Träume zu verwirklichen, oder er vermag mit jeder Ent-Täuschung Stück für Stück diese Welt der Illusion aus Raum und Zeit mehr zu durchschauen. Aus spiritueller Perspektive können wir sowieso nur gewinnen, denn das eine ist so gut wie das andere, und alles wird gut mit dieser Lebenseinstellung. Fehler und Enttäuschungen als Chancen zu begreifen, ist demnach ein himmlischer, weil dem Himmel näherbringender Punkt auf unserer Liste.
› Der Tod als Freund: Es ist viel mehr als nur ein guter Trick, den Tod als Freund und Lebenshelfer und manchmal sogar Lebensretter anzuerkennen und einzubinden. Der Familientherapeut Bert Hellinger ließ nach schwerer Krankheit und im bereits hohen Alter auf der Bühne einen Sessel für den Tod aufstellen – direkt neben sich. Der Effekt war tief und verblüffend. Es war einer der Vorträge, die ich nicht vergessen werde. Letztlich ist es also nicht erstaunlich und befremdlich, wenn Gevatter Tod in der Literatur als Freund (Hein) dargestellt wird, der hilft, vieles noch in Ordnung zu bringen, bevor es endgültig zu spät ist. Es wird nur ein wenig enger auf der Couch, wenn man spürt, dass er immer neben einem sitzt. Hier ist nicht nur an Hugo von Hofmannsthals Jedermann und seinen bayerischen »Kollegen«, Franz von Kobells Brandner Kaspar, zu denken. In dem sehenswerten Film Rendezvous mit Joe Black erscheint der Tod ganz menschlich und in der Gestalt von Brad Pitt sogar ausnehmend attraktiv. Zum Schluss macht der Tod alle ehrlich und räumt so lange auf, bis alles wieder in Ordnung ist – und niemand kann das besser als er. Lassen wir uns also von ihm helfen, unser Leben aufzuräumen.
Auch Volkslieder widmen sich häufig diesem wahrscheinlich wichtigsten Thema des Lebens, etwa in Hoch auf dem gelben Wagen, in dem der Tod als Schwager mit auf dem Kutschbock sitzt. Was auch immer an Themen hochkommt auf der Lebensreise, der Refrain macht klar: »… aber der Wagen, der rollt«. Das Leben folgt seinem Rhythmus, auch wenn einer geht und die Ebene wechselt; der Wagen des Lebens rollt weiter und darüber hinweg. Das Leben macht nicht halt.
Gevatter Tod wird schlussendlich auf alle Fälle helfen, vieles selbst noch auf dem Totenbett in Ordnung zu bringen. Darüber hinaus besteht sein besonderes Geschenk an uns darin, ihn schon jederzeit vorher einladen, kennenlernen und seine bereitwillig angebotenen Gaben in Form von Erkenntnissen in Empfang nehmen zu dürfen. Sein größtes Geschenk ist Ehrlichkeit sich selbst, anderen und dem Lebensweg gegenüber. Doch da gibt es noch etwas: Die Franzosen nennen den Orgasmus le petit mort, den »kleinen Tod«. Er lässt uns aber nicht die Endlichkeit, sondern die Unendlichkeit erfahren.
Der Tod, der uns unsere Endlichkeit vor Augen führt, verbindet uns mit der Unendlichkeit. Das macht ihn so faszinierend und wichtig. Aber wir können diesem Augenblick von Wirklichkeit in der Zeit auch fern vom physischen Tod begegnen, nicht nur im Orgasmus, sondern etwa auch bei der Meditation. Zen-Meister Deshimaro sagte, er steige in die Grube, wenn er sich zum Zazen setze, und meinte, sein Ego müsse dabei sterben.
Das Ego ist es, das uns an die beiden großen Täuscher, Raum und Zeit, kettet und uns vorgaukelt, wir hätten alle Zeit der Welt, und uns damit von der einzigen Zeit fernhält, in der wir wirklich leben können: dem Hier und Jetzt. Wann immer wir in die Gegenwart eintauchen, wachsen wir über die Endlichkeit hinaus und erfahren Unendlichkeit – das sind Augenblicke des Erwachens.
Alles, was die Illusion zerstört, wir hätten noch alle Zeit der Welt, kann uns helfen, natürlich auch Momente der Lebensfreude, in denen wir wirklich ankommen wie beim Augenblick des Loslassens im Orgasmus, wenn das Ego mitten im Leben sterben kann – für kurze Zeit. Den Tod in Zukunft auch schon in jedem Alter als Freund zu sehen, könnte uns im Leben unglaublich punkten lassen.
Das Beste kommt zum Schluss
Der Filmtitel Das Beste kommt zum Schluss scheint allem zu widersprechen, was der westliche Mensch so glaubt. Die Moderne hat in einem beispiellosen Jugendkult den Tod weitestgehend verdrängt. Das hat allerdings kaum jemanden glücklich und das Ende zu einem Desaster gemacht. In Heime und Asyle abgeschoben, fühlen sich die Alten, deren Zahl obendrein überproportional zunimmt, weder wohl noch angenommen. Und so werden wir entsprechend dem Schattenprinzip auch auf allen Ebenen immer mehr mit dem Thema Alter konfrontiert, gerade weil wir es nicht mögen. Daten und Fakten dokumentieren die Überalterung der Gesellschaft. Die Alterspyramide ist schon längst keine mehr, sondern zeigt Ausformungen wie ein umweltgeschädigter Baum, der mit seinen Fluchttrieben an der Spitze eine Art Storchennest bekommt. Während Hundertjährige längst keine Seltenheit mehr sind, scheinen es Paare zu sein, die mehr als zwei Kinder bekommen. Viele wollen nur ein Kind und die meisten keins. Die Renten der vielen Alten seien von den wenigen Jungen kaum mehr zu finanzieren, heißt es, und auch das lässt alte Menschen sich nicht gerade beruhigt zurücklehnen und zufrieden entspannen. Sie erhöhe ständig die Lebenserwartung, hören wir von der Schulmedizin, dabei ist es bestenfalls die Alterserwartung, die wir erhöhen. Kindheit und Jugend, die wir so schätzen, werden im Gegenteil immer kürzer. Inzwischen kommt über die Hälfte der US-Kids in die Geschlechtsreife, bevor sie zehn sind, und zwar wegen der Mast mit Tierprotein und besonders Milch(produkten) voll von Wachstumsfaktoren. Die Jugendzeit wird ebenfalls verkürzt durch Herabsetzung der Volljährigkeit, denn Politiker hoffen, zum Dank von eben diesen Jungen gewählt zu werden. Länger wird dagegen nur die Zeit von der Lebensmitte bis zum Tod und damit das Alter, das wir so gar nicht mögen und am liebsten verdrängen. Aber gerade das, was wir ablehnen, drängt das Schicksal uns nach dem Schattenprinzip auf.
Vor diesem Hintergrund behauptet nun dieser amerikanische Film gegen jeden Trend, das Beste käme zum Schluss, und belegt das auch noch mit bewegenden Bildern und dem besten, was Hollywood an Schauspielern zu bieten hat. Der Film ist wie eine Therapie(stunde), und tatsächlich lässt sich daraus mit wenig Aufwand eine wundervoll einfache, wirksame und dabei extrem (preis-)günstige Therapie fürs Leben entwickeln – und in meinen Augen brauchen wir alle Psychotherapie. Schon vor Jahrzehnten sagte der Gestalttherapeut Irving Polster, Psychotherapie sei zu schade, um Kranken vorbehalten zu bleiben. Selten hatte jemand so Recht.
Damit meine ich nun nicht, alle sollten zum Analytiker gehen. Wir brauchen weder eine weitere die archetypisch männliche und sowieso schon übermächtige linke Gehirnhälfte betonende Analyse noch neues Futter für unseren nimmersatten Intellekt. Das bringt, wie der US-Großversuch in den Achtzigerjahren gezeigt hat, erschreckend wenig, höchstens dass die Filme von Woody Allen nach unzähligen Analysestunden deutlich besser geworden sind. Ich meine hier wirkliche Therapie mit tiefem Eintauchen in die Seelen-Bilder-Welt, um Zugang zum eigentlichen Leben mit seinen Empfindungen und Gefühlen, seinen Bildern und Visionen zu bekommen. Aus solch neuem Erleben des Lebens ergeben sich andere Schwerpunkte und Perspektiven, und wir kämen zurück zur alten Einschätzung und Ordnung, wie sie etwa das klassische Indien kennt. Dort sind idealerweise die ersten einundzwanzig Lebensjahre dem Lernen vorbehalten, die zweiten einundzwanzig der Familiengründung und dem Berufsleben, die dritten einundzwanzig dem Konsolidieren des Erreichten, um sich anschließend lösen zu können. Denn mit dreiundsechzig Jahren beginnen die letzten einundzwanzig Jahre der spirituellen Vervollkommnung mit dem Höhepunkt in der (Er-)Lösung des Heimgangs, dem Tod. Dieses letzte Viertel ist der – jedenfalls für Inder – entscheidende Quadrant des Entwicklungskreises, auf den alles hinausläuft. Daran lässt die östliche Philosophie wenig Zweifel. Das wird auch noch gelebt, etwa in Bali, wo das Alter und mit ihm die Alten in hohen Ehren stehen. Insofern illustriert der Film Das Beste kommt zum Schluss eine alte Idee und schlägt eine längst überfällige Korrektur des modernen Lebens vor. Außerdem lädt er dazu ein, über seine Bilderwelten in unsere eigenen einzutauchen und beide zu verknüpfen, bis wir in Trance geraten und Trance-formation erleben, das heißt, dorthin zu gehen, wo wirkliche Psycho- im Sinne von Seelentherapie geschieht.
So gesehen bieten gute Filme eine wundervolle Chance, sich selbst besser kennen- und mehr schätzen, ja lieben zu lernen, und ich empfehle sie gern als Therapie, verbunden mit speziellen Aufgaben. Das bringt viel und kostet (fast) nichts. Tatsächlich gibt es viele brillante Spielfilme, die uns spielend und spielerisch auf die Sprünge helfen und weiterbringen können. Mir ist es jedenfalls oft so gegangen und hat mich zu einem ausgesprochenen Filmfan gemacht.
Fast immer handeln Spielfilme von fremden, aber an eigene Muster und Erfahrungen erinnernden Lebensgeschichten, die uns in Resonanz mit unseren (Ur-)Mustern beziehungsweise Archetypen bringen. So können sie Träume wecken und aufleben lassen, zu neuen Träumen verleiten und die Seele berühren; sie regen das Mitfühlen und Lernen an. Oder mit den Worten von Eleonore Roosevelt: »Die Zukunft gehört denen, die an Träume glauben.« Müsste ich einen Film aussuchen, der mir und meinen Patienten diesbezüglich am meisten geholfen hat, fällt mir sofort Das Beste kommt zum Schluss (The Bucket List) ein. Manche haben diesen Film mit Morgan Freeman und Jack Nicholson in den Hauptrollen schon gesehen. Wenn noch nicht, umso besser! Dann hat man dieses Vergnügen noch vor sich, und das erste Mal ist immer etwas Besonderes. Ich habe den Film sicher zehnmal erlebt und mag ihn eigentlich immer mehr. Er hat trotz seines Ernstes viel Witz und für Hollywood-Verhältnisse verblüffende Tiefe; er ist außerdem im Sinne der Krankheitsbilder-Deutung sehr stimmig, von wundervollen Darstellern getragen und in meinen Augen insgesamt ein Meisterwerk.
Es kann uns helfen und viel Zeitverlust im Leben ersparen, wenn wir uns einmal intensiv mit Das Beste kommt zum Schluss auseinandersetzen. In dieser Tragikomödie ist zu erleben, wie zwei Menschen verschiedenen Temperaments, unterschiedlichster sozialer Herkunft und Lebenswelt angesichts der erschreckenden Diagnose Lungenkrebs zu Freunden und Verbündeten in Sachen Lebensfreude werden. Als sie scheinbar nichts mehr zu verlieren haben, entdecken die Todkranken, was ihnen wirklich wichtig ist. Bevor sie den Löffel abgeben müssen, haben sie schnell jeweils ihre »Löffelliste« (bucket list) aufgestellt und machen sich daran, die Zeit zu nutzen, um Spaß zu haben und ihre Leichtigkeit wieder zu spüren. Das Beste für uns Zuschauer ist aber noch viel besser, denn der Film lässt uns spontan erkennen, dass wir gar nicht bis auf eine Krebsdiagnose und gescheiterte Chemo warten müssen. Wir können in diesem Moment anfangen, wirklich zu leben, unser eigenes originelles, ganz persönliches Leben.
Eigentlich ist The Bucket List der Film zum Buch oder Die Liste vor der Kiste das Buch zu diesem himmlischen Film. Himmlisch, weil er uns tatsächlich mit dem Himmel, unserer Bestimmung, verbinden kann und dazu noch mit unseren Wurzeln im irdischen Leben. Jedenfalls rate ich, ihn sich als anmachende, im Sinne von öffnender Übung zur Eigenentwicklung erst- oder nochmals anzuschauen. Anmachend auch, weil uns diese »Filmtherapie« wieder einschalten kann, falls wir schon abgeschaltet und uns aus Leben und Entwicklung ausgeklinkt haben. Wichtig ist, sich zuvor Papier und Stift bereitzulegen, denn gleich nach dem Anschauen des Films geht es um die eigene, ganz persönliche Liste vor der Kiste. Sie kann zu wundervoller Lebenshilfe werden – ich persönlich habe meine Liste immer dabei.
Und jetzt rate ich, den Film auf sich wirken zu lassen mit all seinen kleinen Feinheiten und Stimmigkeiten und gleich anschließend in dieser Stimmung, die erste eigene »Lebensliste« zu erstellen oder sie zu überarbeiten und zu ergänzen. Nach dem Filmerlebnis befinden wir uns sowieso in einer Art Trance und können den musikalischen Abspann nutzen, um in dieser angerührten Stimmung einen Moment der (Selbst-)Ehrlichkeit – vielleicht statt sonst üblicher Selbstherrlichkeit – zu genießen und offene Wünsche Punkt für Punkt zu Papier zu bringen, sogar die ganz großen. Wer mag, kann anschließend auch noch mit anderen über seine Liste sprechen. Unter Umständen wird er wie der Filmheld Edward Cole (Jack Nicholson) einen Partner finden für eine gemeinsame Reise zur Verwirklichung (noch) ungelebter Träume. Hier liegt nur dann eine Gefahr, wenn jemand wie der andere Filmheld Carter Chambers (Morgan Freeman) die eigene Frau als Kompagnon wählt beziehungsweise sie ihn. Das wird in solch einem Fall von Dominanz nicht gutgehen, da das alte Muster der Verhinderung von Lebens- und Selbstverwirklichung dadurch nur noch stabilisiert wird. Aber es könnte natürlich auch der eigene Partner sein, wenn beide sich idealerweise wirklich die Freiheit schenken, ureigene Erfahrungen zu machen, und sich einander zugestehen und gönnen zu leben, was noch offengeblieben ist. Und wenn beide Partner zwischendurch immer wieder am gleichen Strang ziehen, kann eine gemeinsame Lebensliste eine große Liebe noch vertiefen und bereichern.
Ein urprinzipieller Vorgeschmack
Jetzt möchte ich Sie auf eine Reise mitnehmen zur Überarbeitung und vielleicht Erweiterung Ihrer ursprünglichen (Film-)Liste vor der Kiste. Ziel ist es, Ihre Fantasie anzuregen, Sie auf Ideen zu bringen, um alle wesentlichen Aufgaben und Herausforderungen zumindest ins Auge zu fassen und um letztlich zu verwirklichen, was Sie lebendig macht und hält. Natürlich kann ich nur Anregungen und Vorschläge anbieten, denn wie schon C. G. Jung sagte: »Die Schuhe, die jemandem passen, drücken jemand anderen. Es gibt kein Lebensrezept, das für alle passt.«
Wie kann ich mir dennoch herausnehmen, Ratschläge zu geben, was in Ihrem Leben noch fehlen könnte, was Sie vielleicht noch brauchen, ohne Sie überhaupt persönlich zu kennen? Ich stütze mich dabei auf die alten Traditionen und ihr System der Ur- oder Lebensprinzipien; sie geben auch Ihnen die Sicherheit, nichts zu vergessen. Es geht darum, den Wunschzettel an der ganzen Fülle der Möglichkeiten und am ganzen Spektrum der Wirklichkeit zu messen, und dazu sollten Sie Folgendes wissen:
Die Einheit zerfällt zuerst in Yin und Yang, weiblich und männlich. Das weibliche Yin lässt sich in die beiden Elemente Wasser und Erde, das männliche Yang in Feuer und Luft unterteilen. Aus diesen vier Elementen folgen die zwölf Ur- oder Lebensprinzipien, denn jedes Element ist in drei Aspekte unterteilbar, in einen anfänglichen kardinalen, einen mittleren fix(iert)en und einen labilen. Nehmen wir als Beispiel das Element Wasser: Das ruhige Wasser der Teiche und Bäche ist kardinal, das verschlingende Wasser der Moore und Sümpfe fix und das unendlich weite der Meere und Ozeane labil. Werden alle vier Elemente nach diesem Dreischritt untergliedert, kommen wir zum Entwicklungskreis der (vier mal drei) zwölf Ur- oder Lebensprinzipien. Der Ausdruck Archetypen trifft auch, wird aber häufig und vor allem von C. G. Jung für alle möglichen seelischen Muster verwendet. Wir könnten diese zwölf Grund- oder Lebensthemen einfach durchnummerieren; nach klassischer Art werden sie mit den Namen der Stern- oder Tierkreiszeichen belegt, was jedoch noch nichts mit Astrologie zu tun hat.
Indem wir diese zwölf archetypischen Urmuster als Hintergrundwissen nutzen, stellen wir sicher, nichts Wesentliches auszulassen. Vergewissern Sie sich also zum Schluss, dass Sie auf Ihrer Liste zu allen Urprinzipien Punkte aufgenommen haben, damit kein wesentliches Lebensthema außen vor bleibt.


1. Beim Aggressions- oder Marsprinzip geht es darum, den Mut zu entwickeln, erste Schritte in Neuland zu unternehmen, sich neue Räume zu erobern – im Hinblick auf konkrete Vorhaben, vor allem aber auch auf Bewusstseinsräume. Das Marsprinzip könnte also dadurch erlöst werden, einmal den Mut aufzubringen, etwas wirklich Neues zu tun, das uns reizt und herausfordert. Es ist auch entscheidend, wenn wir unseren Platz im Leben erobern und wenn wir Entscheidungsfähigkeit, Konfrontationsbereitschaft und Zivilcourage entwickeln. Für eine gute Sache zu kämpfen, ist eine wundervolle Herausforderung und Einlösung dieses Prinzips, wobei man auch bewusst Risiken eingeht.
Eine Sportart erlernen, die Mut erfordert, oder auf einer (Foto-)Safari gewagte Aufnahmen von wilden Tieren zu schießen oder Rafting- und Canyoning-Touren zu unternehmen, passen zu diesem Prinzip, ebenso der Sprung vom Zehnmeterbrett oder nur ein Kopfsprung ins Wasser, eine Fahrt mit der Achterbahn samt Dreifachlooping, natürlich auch ein Feuerlauf und alle anderen Mutproben, die wirklich herausfordern. Ganz im Sinne von Mars ist auch das Erlernen von Kampfkunst inklusive der Vertiefung in ihre Philosophie oder Reiten im Cowboy-Stil im gestreckten Galopp über Stock und Stein. Vor allem ist mutiges, grenzüberschreitendes Denken bis in neue Bereiche und die Eroberung von geistigem Neuland gefragt. Einen alten Streit mutig beizulegen und seine Hintergründe offen(siv) zu klären, gehört in dieses Feld, zum Beispiel auch die eigene Geburt nochmals im Rahmen einer Therapie oder in einer Sitzung mit dem Verbundenen Atem zu erleben oder sich bei einer Primärtherapie oder Dynamischen Meditation die ganze Wut aus dem Leib zu brüllen.

2. Das Stier-Venusprinzip fordert, unseren Platz in der Welt und im Leben zu finden und zu sichern. Besitz und materielle Werte sind hier äußerer Ausdruck von Selbstwertgefühl, das so wichtig ist. Wir sollten das eigene Revier abstecken und es auf Dauer anlegen und genießen. Im Rahmen eines Rituals könnten wir Mutter Erde mit allen Sinnen spüren lernen. Denkbar ist auch, Naturrituale und Feste im Jahreskreis zu feiern, etwa Beltane und andere Fruchtbarkeitsriten nach dem Vorbild alter keltischer Tradition. Die intensive sinnliche Naturerfahrung wird hier zur Kraftquelle.
Verwurzelung und Erdung, Verbundenheit und Beständigkeit sind im Reich von Stier-Venus Grundbedürfnisse, dazu gehört auch aller Sinnengenuss. Einmal einen Sommer auf einer schönen Alm zu verbringen, wäre folglich ein passender Punkt für die Lebensliste. Gartenarbeit und sich für Umwelt und Natur zu engagieren oder eine Vereinsgründung zu diesem Zweck entsprechen ebenfalls diesem Urprinzip. Man könnte sich aber auch in der eigenen Heimatgemeinde engagieren (in Verwaltung oder Politik), um diese bewusst als Heimat zu erhalten und ihre Schätze zu pflegen.
Der Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls mag es dienen, sich selbst für alles bereits Erlebte und Erreichte Anerkennung zu schenken. Gleichzeitig ist die bisherige Einstellung zu Besitz auf den Prüfstand zu stellen. Aus der Perspektive von Stier-Venus ist Besitz auch Verpflichtung, und die Pflege von Landschaft und Tradition ist gleichermaßen Herzensanliegen. Das eigene Zuhause spielt eine große Rolle und könnte gefeiert und genossen werden im Kreise der Nächsten, etwa bei kulinarischen und musischen Festen.
Einmal nach Herzenslust Spezialitäten zu schlemmen bei entsprechender Volksmusik oder kulinarische Reisen zu unternehmen, könnte reizen, etwa ein Besuch beim Oktoberfest mit reichlich Bier und rustikalem Essen aus der Hand. Man könnte einmal etwas kosten, das man noch nie gegessen hat und auch nie essen wollte, oder in einem Ritual sehr bewusst (s)einen Baum pflanzen oder einen ganz Tag lang überall hin barfuß gehen, sich vielleicht auch einen ganzen Sommer lang täglich barfuß erden.

3. Das Zwillinge-Merkurprinzip lädt dazu ein, sich mit den Themen Kontakt und Kommunikation – mit Menschen, der Welt und dem Leben – intensiver zu beschäftigen. Es herrscht hier die Grundstimmung, allem neugierig und offen zu begegnen, die Welt zu erforschen und immer wieder Neues dazuzulernen. Wir könnten erleben, welche Freude es macht, sich mitzuteilen und ganz offen und wach zuzuhören. Diese Offenheit, Klugheit und Flexibilität bereichern das Lebensgefühl.
Eine Fremdsprache zu lernen oder Nachhilfepate zu werden für ein ausländisches Kind, und diesem beim Lernen und Einstieg in die neue Kultur zu helfen, könnten passende Punkte für die Liste sein. Eine kleinere Herausforderung wäre das Einlösen aller Brief- und Mail-Schulden. Wie wäre es, spontan Menschen anzurufen, mit denen man schon immer mal reden wollte, auf Facebook oder im Netz nach alten Freunden zu fahnden und wieder mit ihnen in Kontakt zu treten. Das Gefühl, vernetzt zu sein, könnte mehr Aufmerksamkeit verdienen.
Die Chance, mit Gott und der Welt in Kontakt zu treten und überall dabei zu sein, seine Interessen auszuweiten und auf Facebook oder Twitter noch weitere neue Kontakte hinzuzugewinnen – all das lässt sich genießen. Das könnte auch heißen, in einer Espressobar mitten im Trubel ganz einfach zu sein, das Ohr am Puls des Zeitgeistes, oder Menschen, die vollkommen anders sind, die aus anderen Kulturen oder einer anderen Schicht stammen, kennenzulernen und sich für sie zu interessieren: Wie kommt ein Clochard unter die Brücke, oder wie lebt es sich als Förster? Oder ganz im Gegenteil könnte die Herausforderung darin bestehen, eine Woche lang auf jede Form von Kommunikation zu verzichten, um mit sich selbst, mit seiner Seele in Kontakt zu kommen, oder sich sogar eine längere Zeit des Schweigens und Rückzugs zu gönnen.

4. Beim Mondprinzip werden wir dazu angeregt, uns der eigenen seelischen Identität bewusst zu sein. Es geht zudem darum, sich selbst als (mit-)fühlendes Wesen zu erleben, eingebunden in den Rhythmus von Natur und Welt. Hingebungsvolle mütterliche Liebe gegenüber allen Lebewesen zu empfinden, ist hier Lebensaufgabe. Konkret heißt das zum Beispiel, ehrenamtliche Arbeit wirklich als Ehrenamt wahr- und wichtig zu nehmen und dies im Rahmen einer gemeinnützigen Organisation wie der Tafel auszuleben oder in der Sorge für ein Patenkind.
Wir folgen dem Mondprinzip, wenn wir uns ein Nest bauen, einen Familientag gestalten, es dabei so richtig gemütlich angehen lassen und Familiengefühl leben, wie schon lange nicht mehr, und ganz bewusst all das annehmen, was andere spießig (an einem) finden. Gönnen wir uns doch einmal ganz bewusst etwas, das als kitschig, peinlich, uncool gilt. Nicht zu vergessen die Möglichkeit, sich die Welt sogar ganz bewusst schönzutrinken, sich gemütlich zu »bedudeln«. Oder wir pflegen und hegen den eigenen Garten, verschönern den Balkon und freuen uns an unserem grünen Daumen; vielleicht machen wir einen Wintergarten zu unserem eigenen kleinen Paradiesgarten, um uns darin einfach wohlzufühlen und die Seele baumeln zu lassen.
Wir könnten den Eltern einen Überraschungsbesuch abstatten und ihnen für das eigene Leben danken und sagen, wie sehr wir sie lieben – oder uns in die Rolle von Mutter oder Vater versetzen und dem Kind, das heißt uns selbst, einen Brief zur Geburt schreiben und mitteilen, wie wir uns angesichts all der auf uns zukommenden Verantwortung fühlen. Sehr inspirierend ist auch, sich viel Zeit zu nehmen und sich das Leben einer Groß(en)Mutter oder eines Groß(en)Vaters in aller Ausführlichkeit erzählen zu lassen und darüber nachzusinnen oder sogar zu schreiben wie Marcel Proust Auf der Suche nach der verlorenen Zeit – ohne es vielleicht auf so viele Bände bringen zu müssen. Es kann auch dazu inspirieren, Ahnenforschung in eigener Sache zu betreiben und das Ergebnis in Gestalt eines Stammbaumes auf einer eigens arrangierten Familienfeier zu enthüllen, damit alle etwas davon haben.

5. Beim Sonnenprinzip ist alles andere als Schüchternheit gefragt. Wir dürfen uns in den Mittelpunkt stellen, einmal richtig glänzen, beispielsweise ungeniert Karaoke singen, in großer Aufmachung in die Spielbank gehen, locker 100(0) Euro einsetzen und dabei erleben, wo die eigenen Grenzen sind und das Herz zu klopfen beginnt.