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Aber auch zwischenmenschlich wie musikalisch lief es nicht mehr so harmonisch wie früher. Bei den Aufnahmen zum Weißen Album 1968 arbeiteten die einzelnen Bandmitglieder zeitgleich in verschiedenen Studios getrennt voneinander, sodass Stammproduzent George Martin einen Teil der Produktion an Chris Thomas übergab. Trotz räumlicher Trennung wurden die Spannungen innerhalb der Band so groß, dass Ringo Starr am 22. August 1968 das Handtuch warf und die Band verließ. Er betrachtete sein Schlagzeugspiel kritisch und sah sich von den anderen drei ausgeschlossen. Wie er feststellen sollte, war er nicht der einzige, der sich so fühlte. Sowohl John Lennon als auch Paul McCartney sagten ihm gegenüber, dass sie sich wiederum von den anderen drei ausgegrenzt vorkamen. George Martin sah es vielmehr so, dass Starr die Spannungen zwischen Lennon und McCartney fälschlicherweise auf sich bezog.
Starr verließ die Gruppe dennoch und flüchtete nach Sardinien, wo er »Octopus’s Garden« schrieb. McCartney übernahm in seiner Abwesenheit das Schlagzeug und spielte bei den Aufnahmen von »Dear Prudence« und »Back in U.S.S.R«. Doch ohne Starr war es nicht dasselbe und die restlichen Beatles schickten ihm ein Telegramm, in dem sie versicherten, wie sehr sie ihn liebten, dass er der beste Rock ’n’ Roll-Drummer der Welt sei und er doch bitte zurückkommen möge. Am 4. September kehrte Starr also wieder im Studio ein und fand dort sein mit Blumen geschmücktes Schlagzeug als Willkommensgruß vor. Dennoch zeigt diese Episode, wie fragil das Bandgefüge mittlerweile war.
Auch die Frage nach Konzerten spaltete die Band. Lennon und George Harrison waren ganz zufrieden damit, nicht mehr auf Tour gehen zu müssen. Der Stress, die steigenden Sicherheitsanforderungen, die für die großen Venues unzureichende Technik – all das vermissten die beiden nicht. Lediglich McCartney trauerte den alten Zeiten hinterher. Gerne erinnerte er sich zurück an die Anfänge der Band, als sie noch in kleinen Clubs spielen konnten und wie Pech und Schwefel zusammenhielten; an einfache, live reproduzierbare Musik, fernab von den zeitintensiven Studioaufenthalten, die die Beatles seit »Rubber Soul« zunehmend schlauchten. Live zu spielen war für ihn Training, insbesondere weil Lennon nur ungern probte. Gleichzeitig verpassten die Beatles damit ein neu aufkommendes Phänomen. 1967 fand das Monterey-Festival statt, das eine neue Ära der musikalischen Großveranstaltungen einleitete und Künstler*innen wie The Who, Janis Joplin und Jimi Hendrix zu Megastars machte. Letzterer wurde auf Empfehlung McCartneys gebucht, denn tatsächlich wurden die Beatles für eine Show in Monterey angefragt, lehnten allerdings ab.
McCartney war die treibende Kraft, die dafür sorgte, dass die Band sich Anfang Januar in den Twickenham-Filmstudios traf. Seine nostalgischen Gefühle gaben die Parameter für das anstehende Projekt vor. Er wollte die jugendliche Energie der Tage in Hamburg und im Cavern Club wiederbeleben. Zu diesem Zeitpunkt war den Beatles allerdings nicht so ganz klar, wohin die Reise gehen soll. Von Beginn an war ein Kamerateam um Michael Lindsay-Hogg mit dabei, um die Arbeiten zu dokumentieren, weswegen wir nahezu den gesamten Verlauf rekonstruieren können. Ursprüngliches Ziel war ein einzelner Live-Auftritt, wobei der endgültige Rahmen noch unklar blieb. Allerdings wurde mit dem 20. Januar 1969 bereits ein Termin angepeilt. Doch wo sollte das Konzert stattfinden? Sollte es fürs Fernsehen oder für einen Film aufgezeichnet werden? Welche Songs sollten gespielt werden?
Die Idee, Stücke des Weißen Albums live aufzuführen, wurde auf Anregung McCartneys bereits vor den Sessions verworfen. Auch neue Songs sollten dem Publikum präsentiert werden. Das heißt, die Produktion eines Albums war zu Beginn des Projekts gar nicht Teil der Unternehmungen. Mitgeschnitten wurden die Songs nur, um eine gute Tonqualität im Dokumentarfilm zu präsentieren, nicht um eine Platte zu veröffentlichen. Das unklare Szenario in den Twickenham-Studios sorgte auch gleich für Unmut in der Band. Dabei war die Stimmung am ersten Tag grundsätzlich gut. Lennon, der mit Yoko Ono kam, die ihm während des Projekts nicht von der Seite weichen sollte, präsentierte sofort neue Songs wie »Don’t Let Me Down« und »Dig a Pony«. Auch Harrison war motiviert und spielte den Kollegen »All Things Must Pass« sowie »Let It Down« vor, dennoch machte ihm das Setting zu schaffen. Er bemängelte die Akustik und war regelrecht erschrocken, dass bereits jetzt gefilmt wurde und sogar die Gespräche untereinander aufgezeichnet werden sollten. Lieber wollte er die Stücke erst mal einstudieren, bevor das Filmteam Aufnahmen machte. Auch wurde an seinen Songbeiträgen nicht so ernsthaft gearbeitet wie an den Stücken von Lennon und McCartney. Letzterer war von Tag Eins an der federführende Motivator. Er kam am besten vorbereitet und wusste genau, was er wollte. Dadurch rutschte er allerdings auch häufig in die Rolle des Bestimmers, was nicht unbedingt auf Gegenliebe stieß. Die Freiheiten, mit denen er das Projekt als gemeinsame Arbeit gestalten wollte, sorgten eher für Ziellosigkeit und Verwirrung. Dieser erste Tag war exemplarisch für die »Get Back«- Sessions. Und obwohl McCartney immer wieder die Zügel in die Hand nahm, war nicht klar, wohin die Reise eigentlich gehen sollte. Lennon und Ono waren unzertrennlich, und der Input des kritischen Harrisons wurde zu wenig wertgeschätzt. All das sollte nicht ohne Folgen bleiben.
YOKO ONO
Es gehört zu den alternativen Fakten – schon bevor alternative Fakten überhaupt ein Ding waren – dass Yoko Ono die Beatles auseinanderbrachte. Wie oben gezeigt, hatte das Ende der Beatles vielschichtige Gründe, von denen Ono, wenn überhaupt, einer der kleinsten war. Es stimmt, dass Lennon und Ono unzertrennlich waren und er seine Partnerin als einziger Beatle stets bei den Aufnahmen dabeihatte. Auch stimmt es, dass einzelne Beatles sich immer wieder mal an diesem Umstand störten. So war Harrison bei den Aufnahmen zu »Abbey Road« durchaus von Onos Anwesenheit genervt. Der große Zwist zwischen den übrigen Beatles und ihr war allerdings stark übertrieben und nur ein Beispiel für das misogyne Storytelling der Popgeschichte. Tatsächlich gab Ono beim »Get Back«-Projekt den initialen Anstoß, auf eine ungewöhnliche Show statt auf ein großes Konzert als Abschluss des Filmprojektes zu setzen, und sorgte – wenn auch indirekt – mit dem ihr gewidmeten Song »The Ballad of John and Yoko« für ein Wiederaufflammen der fruchtbaren Zusammenarbeit von Lennon und McCartney. Aufgenommen wurde der Song von den beiden allein, da Harrison verreist und Starr mit den Filmaufnahmen zu »The Magic Christian« beschäftigt war. Auch wenn die Aufnahmen zu »Abbey Road« bereits im Februar begannen, wird diese Session im April 1969 gemeinhin als das Ereignis angesehen, das die Situation zwischen den beiden Freunden entspannte und die Arbeit an einem weiteren Album überhaupt ermöglichte. Auch wusste McCartney den inspirierenden und avantgardistischen Einfluss Onos auf Lennon durchaus zu schätzen. Er betonte in späteren Interviews, dass Ono keineswegs schuld an der Trennung der Beatles wäre. Wenn überhaupt eine einzelne Person dafür verantwortlich gemacht werden könne, dann in seinen Augen Allen Klein.
Bereits in den folgenden Tagen zeigten sich die Probleme. Ziellos schwelgten die Beatles in Erinnerungen und versuchten sich an Rock-’n’- Roll-Klassikern, scheiterten aber meist daran, dass sie die Songs aus ihrer Frühzeit als Cover-Band gar nicht mehr beherrschten. Harrison, der jüngste der Band, der erst spät als Songwriter reifte, hatte zunehmend Schwierigkeiten, sich mit seinem Material durchzusetzen. Zudem geriet er mit McCartney wegen der unterschiedlichen Arbeitsweisen aneinander. McCartney zog es vor, die Stücke erst mal in einfachen Arrangements einzustudieren und diese dann auszuarbeiten, während Harrison sich immer wieder in einzelnen Parts verbiss und das Tempo aus der Arbeit nahm. Dass dies alles noch vor einem Filmteam stattfand, nervte Harrison zusätzlich. Lennon war nach der anfänglichen, trügerischen Euphorie schnell alles egal. An den Diskussionen über den Liveauftritt beteiligte er sich meist gar nicht oder schrammelte passiv-aggressiv auf der Gitarre rum, während vor allem McCartney, Harrison und Lindsay-Hogg immer wieder neue Ideen durchgingen. In England oder im Ausland? Auf einem Schiff oder im Cavern-Club, um an die Anfänge zu erinnern? All das war unklar.
Auch seine eingebrachten Stücke ließ Lennon lieber von McCartney ausarbeiten, statt selbst zu arrangieren. Dennoch erlaubt er sich die Spitze, dass dieser ja eh »der Boss« sei, was wiederum McCartney ärgerte, der sich in diese Rolle gedrängt fühlte. Zunehmend zog sich Harrison raus und dachte sogar laut über Solo-Auftritte nach, worin er von Starr und McCartney auch noch bestärkt wurde. Am meisten trafen ihn aber wohl die Spitzen von Lennon, der nicht viel für die Kompositionen des jüngsten Beatles übrig zu haben schien. Endgültig eskalierte die Situation am 10. Januar 1969. Was wirklich passierte, ist im Gegensatz zu den »Get Back«-Sessions unzureichend dokumentiert. In der Mittagspause, in der das Filmteam nicht drehte, gerieten Lennon und Harrison aneinander. Es wurde sogar davon berichtet, dass die Fäuste flogen. Harrison selbst dementiert diese Darstellung, die wiederum von George Martin gegenüber dem Lennon-Biografen Philip Norman gestützt wurde. Auch wenn er zu Protokoll gab, dass sich das Ganze schnell auflöste. Fakt ist, dass alle Beatles nach der Mittagspause in die Twickenham-Studios zurückkehrten und Harrison nach einem kurzen Abreagieren an der Gitarre seinen sofortigen Ausstieg bekannt gab und ging. Die übrigen Beatles wie auch Lindsay-Hogg, der spätere Apple-Geschäftsführer Neil Aspinall und George Martin waren mit der Situation überfordert. Während die einen sich Gedanken über die Weiterführung des aktuellen Projektes machten, überlegten die anderen, wie es überhaupt mit den Beatles weitergehen sollte. Vermutlich mehr aus Trotz schlug Lennon vor, Eric Clapton in die Band zu holen und ohne Harrison weiterzumachen. Sein scheinbar unschuldiger Vorschlag war eine erneute boshafte Spitze in Richtung des ausgestiegenen Beatles, denn Clapton war damals Harrisons bester Freund. Über die Gründe für dessen Ausstieg kann rückblickend nur spekuliert werden. Es dürften mehrere Aspekte zusammenkommen. So spielte es definitiv eine Rolle, dass Harrison sich als Songwriter von Lennon und McCartney nicht ernst genommen fühlte. Dann kamen noch die unterschiedlichen Arbeitsweisen hinzu. Ein Thema, das schon zuvor zwischen McCartney und Harrison für Unmut sorgte, und auch mit Lennon lag Harrison diesbezüglich nicht auf einer Wellenlinie. Zudem war er kein Freund des geplanten Live-Auftrittes und wollte den Aufwand so gering wie möglich halten. Über all dem stand dann auch noch die Dauerbeobachtung durch das Filmteam, was ihm bereits seit dem ersten Tag zu viel war.
LET IT BE – DER FILM (1970)
Erst nach der Trennung der Beatles kam »Let It Be« in die Kinos und dokumentierte die Arbeit an dem Album sowie das abschließende legendäre Rooftop-Konzert. Der Schnitt impliziert interessanterweise, dass Harrison die Beatles nach dem Streit mit McCartney am dritten Tag der Aufnahmen in Twickenham verließ. Die Spannungen innerhalb der Band waren nicht zu verbergen. Dies ist dann auch der Grund, warum diverse geplante Veröffentlichungen immer wieder abgesagt wurden. Bereits 1984 wurde die Veröffentlichung auf VHS in Deutschland und den Niederlanden nach nur wenigen Tagen zurückgezogen. 1992 wurde im Rahmen des Anthology-Projekts der Film unter der Leitung von Ron Furmanek restauriert, erschien letztlich jedoch nicht. Auch zu »Let It Be … Naked« war zeitweise ein Re-Release geplant. Im Juli 2008 verkündeten Starr und McCartney via Apple, dass sie keinen Film herausgeben wollen, »in dem sich alle gegenseitig auf die Nerven gehen.« Dass der Film 1970 überhaupt erschien, mag auch an einer vertraglichen Verpflichtung gelegen haben. Die Beatles hatten United Artists nämlich einen weiteren Film zugesichert. Allen Klein sah in dem Film nicht nur die Möglichkeit, den Vertrag zu erfüllen, sondern mit diesem und dem begleitenden Soundtrack-Album die Kassen von Apple wieder zu füllen. Seit Januar 2019 arbeitet »Herr der Ringe«- Regisseur Peter Jackson an einem neuen Film aus dem Rohmaterial, für den Giles Martin, Sohn von George Martin, die Musik neu abmischen wird. Die Premiere des Films ist für August 2021 geplant.
Interessant ist, dass später der Eindruck entstand, dass McCartney der alleinige Schuldige für den Ausstieg des Gitarristen war. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Am schwersten wiegt wohl, dass Lindsay-Hogg die Szene mit dem Streit zwischen Harrison und McCartney im Film »Let It Be« direkt vor die Szene geschnitten hatte, in der er seinen Ausstieg verkündete. Auch war McCartney im Rückblick auf die Sessions durchaus selbstkritisch und übernahm immer wieder die Verantwortung für alles, was schief ging, so wie er bereits damals die Verantwortung für das ganze Projekt übernahm. Dabei waren die Gründe weit komplexer und ergaben sich aus dem zwischenmenschlichen wie musikalischen Zusammenspiel der drei Beatles, die sich bereits seit ihrer Teenagerzeit kannten. Fünf Tage später saßen dann alle Beatles zusammen am Tisch und versuchten die Differenzen zu klären. Leicht war das nicht, denn Harrison bekräftigte zuerst seinen Ausstieg und ließ sich innerhalb des fünf Stunden dauernden Gespräches nur schwer umstimmen. Erst durch mehrere Zugeständnisse schafften es McCartney, Lennon und Starr, den abtrünnigen Beatle zum Wiedereinstieg zu bewegen. Statt für einen Liveauftritt sollten die Sessions nun für eine neue Single und ein neues Album herhalten. Dafür wollten die Beatles die unheilvollen Twickenham Studios verlassen und im neuen Apple-Studio in der Savile Row in London die Aufnahmen beginnen. Dort tobte sich Alexis »Magic Alex« Mardas aus, Abteilungsleiter von Apple Electronics. Sein Versprechen, ein 72-Spur-Studio in den Räumen zu errichten, konnte er allerdings nicht einhalten, weswegen George Martin zwei Vierspurmaschinen von der EMI ausleihen musste.
Ansonsten war Martin kaum an den Aufnahmen beteiligt. Der Anspruch, möglichst live und roh zu klingen, widersprach seiner Arbeitsweise und so überließ er den vakanten Posten Glyn Johns. Die Spannungen innerhalb der Band waren weiterhin zu spüren und legten sich erst, als mit BILLY PRESTON ein Freund aus den Hamburger Tagen als Keyboarder zu den Aufnahmen stieß. Preston sorgte nicht nur musikalisch für frischen Wind, sondern war auch der Grund, dass sich die übrigen Beatles zusammenrissen. Sein Input wurde auch dadurch gewürdigt, dass er als einziger Musiker überhaupt auf einer Beatles-Platte genannt wurde. So war auf dem Cover der Single »Get Back / Don’t Let Me Down« »The Beatles with Billy Preston« zu lesen. (Wobei nur wenige Pressungen überhaupt ein Cover bekamen, in England erschien die 7” vorerst ohne.)
Lindsay-Hogg, der nun die Albumaufnahmen dokumentierte, hatte jetzt das Problem, einen passenden Abschluss für seinen Film zu finden. Das große Finale mit einer ungewöhnlichen Liveshow war nicht mehr geplant. Letztendlich konnten McCartney und er einen Kompromiss mit der übrigen Band finden. So sollten zum Abschluss der Aufnahmen einige wenige Songs auf dem Dach des Apple-Gebäudes gespielt werden. Ein Hubschrauber, wie von Lindsay-Hogg gewünscht, war allerdings nicht mehr für die Filmaufnahmen zu gewinnen. Dankenswerterweise kam aber die Polizei zur unangekündigten Show und Lindsay-Hogg konnte es im fertigen Film so aussehen lassen, dass das Konzert deswegen abgebrochen werden musste. Dabei konnten die Beatles tatsächlich noch wie geplant einen weiteren Song nach dem Eintreffen der Beamten spielen.
APPLE VS. APPLE
1968 gründeten die Beatles mit Apple Corps ein Multimediaunternehmen, das in vielen Bereichen tätig war. Neben den Labelaktivitäten produzierte Apple auch Filme, war ein Verlag, Musikstudio und sogar eine Elektronikfirma. Apple Electronics wurde von John Lennons Freund Yanni Alexis Mardas alias »Magic Alex« geleitet. Magic Alex hatte große Pläne, doch umgesetzt wurde das wenigste. Selbst ein Radio in Apfelform schaffte es nicht auf den Markt, da die Herstellungskosten den Endpreis in die Höhe getrieben hätten. Dennoch hielten Apple Corps die Markenrechte für Elektronikprodukte unter diesem Namen. Als dann Steve Jobs und Steve Wozniak mit Apple-Computern auf den Markt kamen, waren die Anwälte schnell zur Stelle. Zwischen 1978 und 1981 stritten sich die beiden Firmen, bis man sich außergerichtlich einigte. Apple Computers zahlten 80.000 Dollar an Apple Corps und versprachen, sich vom Musik- Business fernzuhalten. Als Apple dann 1986 Soundchips und Midi in ihren Rechnern anboten, sahen Apple Corps ihre Bedingungen nicht erfüllt und klagten 1989 erneut.
1991 wurde Apple dann wegen eines Sampling-Systems dazu verdonnert, 26,5 Millionen Dollar an Apple Corps zu zahlen. Auch aufgrund des iPods und iTunes gab es Rechtsstreits zwischen den beiden Firmen. Das Verhältnis zwischen den Beatles (vertreten durch Apple Corps) und Steve Jobs (vertreten durch Apple Inc.) hätte also nicht schlechter sein können. Dabei war es angeblich sogar sein Beatles-Fantum, dass Jobs bei der Namensgebung inspirierte. Hörer*innen bekamen den Streit nur indirekt mit, denn die Beatles verweigerten sich lange den Streamingplattformen. Erst 2010, neun Jahre nach Start von iTunes, wurde der Gesamtkatalog für die Apple-Plattform freigegeben.
Offiziell waren die Aufnahmen zu »Get Back« am 31. Januar 1969 abgeschlossen und Glyn Johns erstellte einige Rough Mixes für die Band. Danach ruhten die Aufnahmen erst mal. Dabei waren die Beatles nicht untätig. Nahezu nahtlos machten sie sich an die Arbeit zu einem neuen Album. »Abbey Road« entstand wieder mit George Martin als Produzenten und griff dabei auf einiges Material zurück, das bereits bei den »Get Back«-Sessions gespielt wurde. Zusammen mit McCartney mischte Johns Anfang April 1969 dann die Single-Versionen von »Get Back« und »Don’t Let Me Down«, beide wurden bereits eine Woche später stark beworben veröffentlicht. Erstmals schalteten die Beatles Anzeigen außerhalb von Musikzeitschriften. »The Beatles as nature intended« stand dort zu lesen. Das Konzept, rohe, ungeschliffene Aufnahmen zu präsentieren, stand zu diesem Zeitpunkt noch und sowohl McCartney als auch Lennon gaben Johns den Auftrag, ein fertiges Album zusammenzustellen und zu mischen. Johns griff dabei vor allem auf die Takes zurück, die er bereits Ende Januar auf Acetat presste. Damit ignorierte er die letzten Aufnahmetage, an denen oft bessere Takes entstanden. Er griff also kaum auf die Aufnahmen zurück, die beim Rooftop-Konzert bzw. einen Tag später im Studio entstanden waren. Mehrere Wochen mischte er das Material in den Olympic-Studios, während die Beatles selbst bereits am neuen Album arbeiteten. Anfang Mai präsentierte er seine erste Fassung, die er »Get Back with Don’t Let Me Down and 9 Other Songs« nannte, in Anlehnung an die erste LP der Beatles »Please Please Me (with Love Me Do and 12 other Songs)«. Als Opener wählte er das bisher unveröffentlichte McCartney/Lennon-Frühwerk »One After 909«, um die musikalische Rückkehr zu den Wurzeln deutlich zu machen. Während er bei »Get Back« auf seinen Single-Mix (ohne Coda) zurückgriff, präferierte er bei »Don’t Let Me Down« einen anderen Take für das Album. Außerdem mischte er Gesprächsfetzen und Songfragmente zwischen die vollwertigen Stücke. So waren neben den elf »offiziellen« Songs auch die Fragmente »Rocker«, »Save the Last Dance for Me«, das Traditional »Maggie Mae« und eine Reprise von »Get Back« enthalten. Für den ausgewählten Take von »Let It Be« wurde nachträglich ein neues Gitarrensolo von Harrison eingespielt. Die Band war allerdings wenig begeistert und gab Johns den Auftrag, die Aufnahmen noch mal nachzubessern. Also remixte er die Stücke, griff nun komplett auf die Single-Version von »Get Back« zurück und kürzte »Dig It«. Diesmal schien die Band zufrieden zu sein, denn mit dem Fotografen Angus McBean, der sie bereits für das Cover ihres Debüts »Please Please Me« ablichtete, wurden im EMI-Gebäude Aufnahmen für ein Cover geschossen. Das Bild sollte später Bekanntheit als Cover für das Blaue Album der Beatles erlangen, einer Compilation, die die Jahre 1967 bis 1970 abdeckte. Im Juni verkündete Lennon dann, dass das neue Album bereits im Juli erscheinen sollte.
Da Lindsay-Hoggs erste Filmfassung nicht auf Gegenliebe der Fab Four stieß, wurde das Album allerdings abermals verschoben. Viel zu viel Streit und ein zu großer Fokus auf Lennon und Ono, lautete das Urteil. Am 25. August 1969 schlossen die Beatles dann die Aufnahmen zu »Abbey Road« ab und favorisierten dessen Veröffentlichung. Sechs Tage, bevor die Platte erscheinen sollte, verkündete Lennon bei einer Geschäftsbesprechungen seinen Ausstieg aus der Band, ließ sich jedoch von McCartney und Manager Allen Klein überreden, dies geheim zu halten, nicht zuletzt wegen der Verkaufszahlen. Außerdem war Klein zu dem Zeitpunkt in Vertragsverhandlungen mit der EMI und eine solche Nachricht hätte seine Position stark geschwächt. »Get Back« wurde daraufhin in den Dezember verschoben, ebenfalls um die Verkaufszahlen von »Abbey Road« nicht zu gefährden. Dennoch zirkulierten im September 1969 erste Bootlegs von »Get Back«. Dabei handelte es sich um Kopien der Acetate, die Johns Ende Januar und Anfang Mai erstellte. Nicht nur zwei durchaus verschiedene Versionen, sondern vor allem die Versionen, die die Beatles selbst ablehnten. Teilweise wurde die ganze Platte in Radiostationen gespielt, die die Raubkopien für Promoexemplare hielten. Dies sorgte wiederum für noch minderwertigere Mitschnitte, die dann nochmals als Bootlegs auf den Markt kamen.
Im Dezember stellte Lindsay-Hogg seinen Film fertig und es ergab sich ein neues Problem. Zwei Songs, die im Film vorkamen, waren nicht auf der Zusammenstellung von Glyn Johns. Vielmehr gab es noch gar keine vernünftigen Tonaufnahmen, da die Stücke nur in Twickenham gespielt wurden. Bei »Across the Universe« wusste Johns sich zu helfen. Schließlich erschien im Oktober 1969 bereits eine Aufnahme vom Februar 1968 auf dem WWF-Benefizsampler »No One’s Gonna Change Our World«. Johns mischte neu ab und entledigte sich einiger Studiospielereien wie Vogelgezwitscher und einem Chor, um den Sound den rougheren »Get Back«-Aufnahmen anzugleichen. Problematischer war die Harrison-Komposition »I Me Mine«. Hierfür kamen die restlichen Beatles, Lennon war ja bereits ausgestiegen, am 3. Januar 1970 im Studio zusammen und nahmen das Stück unter Regie von George Martin auf. Am darauffolgenden Tag fanden dann die letzten Beatles-Aufnahmen statt. Für »Let It Be« spielten McCartney, Starr und Harrison neue Overdubs ein und am 5. Januar war »Get Back« endlich fertig. Da »Teddy Boy« nicht im Film vorkam, flog der Song aus der Zusammenstellung raus, und die neuen Stücke wurden von Johns mit Gesprächsfetzen versehen, um einen Livecharakter vorzutäuschen.
Schicksalsschwer wogen die Aufnahmen zur Lennon-Solosingle »Instant Karma« Ende Januar 1970. Lennon, Harrison, der ebenfalls an den Aufnahmen beteiligt war, und Geschäftsführer Allen Klein waren so angetan von PHIL SPECTORs Produktion, dass sie ihm die Führung beim »Get Back«-Projekt überließen. Dieser griff im Gegensatz zu Johns vor allem auf die Aufnahmen des Dachkonzerts und der letzten Studiotage zurück und versah die Stücke »Across the Universe«, »I Me Mine«, »Let It Be« und »The Long and Winding Road« mit seinen üppigen Wall-of-Sound-Arrangements. Der ursprüngliche Charakter ging dadurch vollkommen verloren. Auch wenn Spector bei »One After 909«, »Get Back« und »For You Blue« auf dieselben Takes wie Johns zurückgriff und ebenfalls Gesprächsschnipsel zumischte. Mit Starr nahm Spector für einige Stücke sogar eigens neue Schlagzeugparts auf. Lennon und Harrison waren im Gegensatz zu Johns und McCartney zufrieden. Für diesen war das mittlerweile als »Let It Be« betitelte Album nahezu eine Kriegserklärung. McCartneys neues Soloalbum sollte nun am 10. April veröffentlicht werden, nur zwei Wochen vor der geplanten Veröffentlichung von »Let It Be«. Apple teilte ihm daraufhin mit, dass sein Album erst im Juli erscheinen würde, da am 28. April die Filmpremiere von »Let It Be« anstehe und es sich dabei um ein multimediales Projekt handle. McCartney insistierte und bestand weiterhin auf eine Veröffentlichung im April. Nachdem Harrison in seiner Funktion als Apple-Leiter ihm den 17. April als VÖ-Termin zusicherte, rief er Lennon an, um seinen Ausstieg zu verkünden. Am 9. April veröffentlichte McCartney eine Pressemitteilung, in der er verkündete, dass er nicht wüsste, ob seine Pause bei den Beatles dauerhaft wäre. Als Gründe nannte er persönliche, musikalische und geschäftliche Differenzen. Einen Tag später war dann in der Presse zu lesen, dass er die Beatles verlassen habe. Sehr zum Ärger von Lennon, der seinen Ausstieg geheim halten musste. Insbesondere zwischen ihm und McCartney war das Band damit gerissen. Aber auch Starr und Harrison nahmen McCartney seinen Zug übel, da er seinen Ausstieg nutzte, um sein Soloalbum zu promoten.