Der erfolgreiche Einstieg in die Bodenarbeit mit Pferden: Pferde am Boden verstehen und trainieren (mit Bildern und Grafiken)

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© 2021 Carina Dieskamp
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1. Auflage 2021

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort: „Wo auch immer Menschen Fußabdrücke hinterließen - man findet Hufabdrücke neben ihnen“
Die Bodenarbeit: Grundlagen und Voraussetzungen
Was ist Bodenarbeit und warum ist sie so wichtig?
Voraussetzungen beim Pferd
Anforderungen an den Ausbilder
Kauf des richtigen Pferdes ist Grundvoraussetzung
Die Körpersprache des Pferdes verstehen Gesichtsausdruck Ohren Körperhaltung Schweif
Ort der Bodenarbeit - Halle, Platz, Roundpen, freie Natur
Der mentale Einstieg in die Bodenarbeit
Was benötige ich an Zubehör für die Bodenarbeit?
Loben und Belohnen - ein wichtiges Hilfsmittel
Die Biomechanik – wie funktioniert der Pferdekörper? Die Vorderbeine Die Hinterbeine Hals/Nacken, Rücken und Bauchbereich Das Nackenrückenband Kaumuskulatur Die Hanken
Verschiedene Trainingsformen der Bodenarbeit
Erste Ausbildungsschritte eines Jungpferdes Anlongieren:
Arbeiten an der Longe Der Longiergurt Ausbinden beim Longieren Die richtige Longenhaltung Die Longierpeitsche Die Stimme Gymnastizierende Übungen an der Longe Die longierte Dual-Aktivierung
Bodenarbeit als Vorbereitung für den Fahrsport Steh-Training Stimmkomandos und Führtraining Mit der Doppellonge longieren
Die akademische Bodenarbeit Der Kappzaum Die Gerte Das Rückwärtsgehen Stellung und Biegung Übungen im Führtraining Übungen am Zügel
Natural Horsemanship Das richtige Aufhalftern mit dem Knotenhalfter Handhabung des Sticks Vorbereitung auf den Ernstfall Erstes Roundpentraining mit einem Jungpferd Der Start in die Bodenarbeit mit Natural Hosemanship Die fünf Zonen des Pferdes zur Kommunikation beim Natural Horsemanship Der Distanzbereich Vorgehensweise Rückwärtsrichten Vorgehensweise Vorder-/Hinterhand weichen Vorgehensweise Übertreten Vorgehensweise Schulterherein Harmonie
Gelassenheitstraining mit dem Pferd Grundregeln des Gelassenheitstrainings Übungen zum Gelassenheitstraining
Lernspiele für Pferde Warum soll ein Pferd spielen? Spielideen für Pferd und Mensch
Die Zirzensik - Kunststücke erlernen Übungslektionen der Zirzensik
Clicker - Ausbildung mit positiver Verstärkung Vorteile des Clicker-Trainings Die drei Clicker Grundregeln Übungen zum Clicker-Training
Dual-Aktivierung am Boden Dual-Aktivierung - die richtige Anwendung Die Arbeit mit der Fahne Arbeitsprozess in der Dual-Aktivierung Zeitlicher Ablauf bei Longe-Walking und der longierten Dual-Aktivierung Führpositionen in der geführten Dual-Aktivierung Übungsaufgaben in der führenden Dual-Aktivierung Longe Walking
Die Langzügelarbeit - Gymnastik am langen Zügel Warum überhaupt Langzügelarbeit? Voraussetzungen für die Langzügelarbeit Die richtige Haltung des Langzügels Die Hilfen bei der Langzügelarbeit Der Anfang Übungsaufgaben an der Hand Weiterführende Übungen
Freiheitsdressur / Freiarbeit Voraussetzungen für die Freiheitsdressur: Trainingsaufbau Losgelassenheit Grundübungen
Die Pferdemassage
Nachwort
Literaturverzeichnis

Vorwort
„Wo auch immer Menschen Fußabdrücke hinterließen - man findet Hufabdrücke neben ihnen“
Mit einem Pferd zu arbeiten, bedeutet in erster Linie die Besonderheit seines Wesens zu erkennen und anzunehmen. Es ist bewundernswert, wie sich heutige Pferdebesitzer im Gegensatz zu Früher um eine bewusste Ausbildung bemühen. Leider stelle ich in meiner alltäglichen Arbeit mit Pferd und Besitzer fest, dass sie oft nicht in der Lage sind, das Ausbildungsideal richtig umzusetzen - es fehlt schlichtweg an Wissen. Aus diesem Grund ist dieser Ratgeber entstanden. Es ist mir ein Anliegen, durch dieses Buch zu vermitteln, welche Möglichkeiten man als Mensch hat, um mit einem Pferd vom Boden aus mit Freude zusammenzuarbeiten. Es gibt eine sehr große Anzahl an Ausbildungsoptionen, von denen ich, aus meiner Sicht und meinem Erfahrungsschatz, hier die wichtigsten vorstellen möchte. Von der Ausbildung des Jungpferdes, über Longenarbeit bis hin zur Zirzensik, finden Sie in diesem Ratgeber einiges an Anregungen und Basiswissen.

Die Bodenarbeit
Grundlagen und Voraussetzungen
Was ist Bodenarbeit und warum ist sie so wichtig?
Bodenarbeit ist ein allumfassender Begriff, der weitschichtig alle Maßnahmen und Tätigkeiten mit dem Pferd, vom Boden ausgehend, beschreibt - zum Beispiel Longieren, Langzügelarbeit, Natural Horsemanship oder das Spielen mit einem Pferd.
Bodenarbeit gilt als Ausbildungsbasis und dient vorwiegend der Vorbereitung für die Arbeit unter dem Sattel. Sie ist der wichtigste Baustein für die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd und ist somit die Grundvoraussetzung für eine gute Beziehung.
Die Bodenarbeit, wird von vielen Reitern als notwendiges Übel gesehen, die beim Anreiten eines Jungpferdes Anwendung findet. Zuweilen gilt sie auch als bequeme Alternative, um ein Pferd „schnell mal“ etwas zu bewegen. Bei richtiger Anwendung und intensiver Beschäftigung ist sie jedoch eine hervorragende Trainingsmöglichkeit innerhalb der gesamten Arbeit mit Pferden.
Die klassische Bodenarbeit unterteilt sich in drei Abschnitte der Ausbildung:
1. Gewöhnungsphase
2. Entwicklung der Schubkraft
3. Entwicklung der Tragkraft
Alle drei Phasen gehen fließend ineinander über und stellen den Grundstock für die Ausbildung eines Reitpferdes dar. Zusammengefasst sind diese Abschnitte in der Skala der Ausbildung. Hier ist die Ausbildung des Pferdes in einer grundlegenden Übersicht dargestellt; festgelegt durch die deutsche Reiterliche Vereinigung.
Die Ausbildung erfolgt in sechs Schritten:
1. Takt
2. Losgelassenheit
3. Anlehnung
4. Schwung
5. Geraderichten
6. Versammlung
Das Ziel der klassischen Bodenarbeit sollen letzten Endes die Durchlässigkeit und der entspannte Umgang im Training sein.
Die Grundausbildung eines Pferdes beginnt meist im Alter von drei Jahren. Wichtig ist es, ein solides Ausbildungsumfeld zu schaffen, um so die Basis für das notwendige Vertrauen zwischen Mensch und Pferd zu erlangen. Diese setzt die Sicherheit und somit auch den Spaß am Umgang mit dem Tier voraus. Nur auf ein gutes Fundament kann man weitere Lektionen aufbauen. Es ist wichtig, bereits im Fohlenalter mit grundsätzlichen Dingen wie Führen an Halfter und Führstrick zu beginnen. Dies ist bereits eine erste Art der Bodenarbeit. Erweitert werden diese ersten Schritte durch das Erlernen von Kommandos wie Halt, Komm und Zurück. Eine wichtige Komponente ist es, den Abstand zwischen Mensch und Pferd so zu variieren, dass die richtige Dosis zwischen Druck und nachgeben entsteht. Auf die gleiche Art findet dies auch in der Herde statt. Ein Pferd kann nur verstehen, was es aus dem natürlichen Herdenverhalten kennt. Alle Trainingsweisen, die auf dem natürlichen Verhalten basieren, sollten einfühlsam geschehen und von ruhiger Hand durchgeführt werden.
Die Bodenarbeit ist aber nicht nur für die Ausbildung junger Pferde bestimmt. Sie bedeutet auch Bewegung ohne Reitergewicht, Muskelaufbau, Kopfarbeit und Gymnastizieren, um so die Beweglichkeit und die Balance des Pferdes zu verbessern.
Bei ängstlichen, traumatisierten und verhaltensgestörten Pferden ist die Arbeit am Boden das Bindeglied zur Kontaktaufnahme. „Natural Horsemanship“ ist zum Beispiel eine gängige Methode, um mit einem „schwierigen Pferd“ in Kommunikation zu treten. Die wichtigste Botschaft eines „Pferdeflüsterers“ sollte lauten:
„Erlerne die Fähigkeit, das Verhalten und die Körpersprache deines Pferdes zu verstehen und richtig anzuwenden.“
Voraussetzungen für erfolgreiche Bodenarbeit sind:
a) eine gute Beobachtungsgabe,
b) die sachliche Analyse,
c) Ruhe und Gelassenheit beim Ausbilder und
d) Einfühlungsvermögen in die Situation.
Es ist wichtig, dass ein Pferd ab einem bestimmten Alter die grundlegenden Umgangsformen mit dem Menschen beherrscht. Wie bei den Menschen sind manche Pferde eher dazu bereit als andere. Dies ist individuell zu berücksichtigen. Der Zeitpunkt, um das Fundament für ein spannungsfreies Miteinander zu bilden, darf nicht verpasst werden. Ein Pferd sollte sich mühelos von der Koppel holen lassen, in den Hänger steigen (ohne dass Gefahrenpotential von ihm ausgeht) und akzeptieren, wenn seine Box von einem Menschen betreten wird. Ist das nicht der Fall, kann der Umgang gefährlich werden oder frustrierend sein. Es gibt also viele gute Motive mit einem Pferd vom Boden aus zu arbeiten. Im Grunde dient jede Art von Bodenarbeit dem Zweck, dass das Pferd positiv und ohne Widerstand mit dem Menschen agiert.

Fazit
Die richtige Kommunikation zwischen Menschen und Pferd ist der Grundbaustein für ein gemeinsames Miteinander. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Bodenarbeit. Was aber alle Umgangsformen gemeinsam haben, ist die Verbesserung der Zusammenarbeit und des Vertrauens. Deshalb sollte man stets bemüht sein, im Einklang mit dem Pferd zu arbeiten.
Voraussetzungen beim Pferd
Um Spaß und Sicherheit mit einem Pferd gewährleisten zu können, ist es ratsam folgende Dinge vorab zu klären:
1. In welcher gesundheitlichen Verfassung befindet sich das Pferd, mit dem gearbeitet werden soll? Kann es, bezogen auf die Erwartungen, die in der Bodenarbeit gestellt werden, diese erfüllen?
2. Ist das Pferd in einem ausbildungsreifen Alter? Kann es bereits umsetzen, was von ihm erwartet wird?
3. Befindet sich das Pferd noch in einem ausbildungsgerechten Alter?
4. Wird die Bodenarbeit mit einem kooperativen Pferd, das bereits Erfahrung hat und gerne arbeitet, umgesetzt, oder hat man es mit einem Problempferd zu tun?
5. Kann die Bodenarbeit mit dem Tier eventuell die Sicherheit gefährden?
Bevor man mit der Bodenarbeit beginnt, ist zu klären, ob sich das Pferd in einem arbeitsgerechten Zustand befindet. Krankheiten wie Hufrehe, Arthrose, starke Verspannungen oder Wirbelblockaden können die Arbeit erheblich beeinflussen. Unter Schmerzen ist ein Pferd kaum gewillt zu kooperieren und Aufgaben zu lösen.
Wann ein Pferd bereit für die Ausbildung ist und ab wann damit begonnen werden kann, ihm Aufgaben zu stellen, ist individuell unterschiedlich. Dabei kommt es im Wesentlichen auch auf Kriterien wie den Charakter, das Temperament und die Vorgeschichte an. Geistig sind Jungpferde meist ab 1,5 Jahren in der Lage, grundlegende Übungen der Bodenarbeit umzusetzen. Sicherlich ist wichtig, noch nicht zu viel zu erwarten. Einiges können Pferde auch schon in diesem Alter erlernen. Pferde unter 1,5 Jahren befinden sich mitten in der Kinderstube. Der Umgang mit Gleichaltrigen prägt das Tier nachhaltig und ist Voraussetzung für ein gesundes, soziales Herdenverhalten. Diese natürliche „Vorschulzeit“ erleichtert die weitere Ausbildung in der Bodenarbeit immens.
Die Arbeit an der Hand ist die ideale Form, um ein Pferd zu gymnastizieren und zu bewegen. Ist das Pferd allerdings schon sehr alt und hat es bereits viele (womöglich schwere) Jahre unter dem Sattel hinter sich, ist zu überlegen, ob man es nicht besser in den wohlverdienten Ruhestand auf eine „Rentnerweide“ gibt. Leichte Formen der Bodenarbeit sind jedoch in jedem Fall zum Wohle des Tieres sinnvoll einsetzbar. Auch in die Jahre gekommene Pferde finden Freude daran, täglich bewegt und beschäftigt zu werden.
Vor Beginn der Bodenarbeit sollte ein Pferd genau betrachtet und beobachtet werden, um sich so einen Eindruck über das zu erwartende Verhalten zu verschaffen. Wichtig ist zu wissen, welchen Charakter das Pferd hat, mit dem man arbeiten möchte. Ist es eher bockig, sträubt es sich zuweilen (vor allem in bestimmten Situationen) oder ist es zum Beispiel sehr temperamentvoll? So individuell wie die Menschen sind auch die Pferde. Als Ausbilder stellt man sich vorab auf das Pferd und die Situation ein. Die Trainingseinheit sollte möglichst genau vorbereitet werden.
Wenn der Umgang unter Umständen gefährlich werden könnte, weil das Tier stark verängstigt, angespannt oder einfach überhaupt nicht an den Menschen gewöhnt ist, empfiehlt es sich, einen Fachmann zurate zu ziehen. In keinem Fall sollte man unüberlegt handeln! Dies kann zu irreparablen Vertrauensschäden führen, im schlimmsten Fall sogar zu schweren Verletzungen bei Mensch und Tier.

Fazit
Bevor man an die Bodenarbeit herantritt, ist es wichtig sich einen Überblick zu verschaffen, welche Grundvoraussetzungen Mensch und Pferd mit sich bringen. Dies kann einem bereits einen Einblick geben, welche Möglichkeiten man hat und ob es gegebenenfalls notwendig ist, mit einem Fachmann zusammenzuarbeiten.
Anforderungen an den Ausbilder
Wer erst seit kurzem den Umgang mit Pferden für sich entdeckt hat, sollte zuallererst, bevor er sich an Trainingsformen wie die Freiheitsdressur oder die Ausbildung eines Jungpferdes wagt, gewillt sein, das eigene Fachwissen zu vertiefen.
Folgende Grundlagen sollte jeder neue Pferdefreund beherrschen und die sichere Handhabung der Vorgänge verinnerlicht haben:
1) das Aufhalftern,
2) das Führen,
3) wissen, wie man sich einem Pferd nähert und die
4) artgerechte Versorgung
...sind von grundlegender Bedeutung.
Durch die pferdeeigene Körpersprache erfahren wir, was das Pferd möchte, aber auch was es vorhat. Durch diese Information kann eingeschätzt und beurteilt werden, wann ein Pferd nervös ist und sich womöglich auf die Flucht vorbereitet oder zum Beispiel die Ohren anlegt, um seinem Gegenüber zu vermitteln, dass ihm etwas nicht gefällt.
Im Laufe der Zeit sammelt man Erfahrung im direkten Umgang. Es empfiehlt sich trotz aller Praxis, sich im Vorhinein durch Fachliteratur kundig zu machen.
Neben der Erfahrung mit Pferden sollte auch der Mensch charakterliche Voraussetzungen erfüllen. Wichtig sind eine möglichst ruhige, einfühlsame Hand, der Wille mit und nicht gegen das Pferd zu arbeiten und vor allem der gewaltfreie Umgang.
Außerdem ist ein Pferd dankbar, wenn der Mensch, der mit ihm arbeitet, Souveränität und Ruhe ausstrahlt. Dies bestärkt das Sicherheitsgefühl und macht die gemeinsame Beschäftigung für beide Seiten angenehm.

Fazit
Selbstreflexion in der Arbeit mit dem Pferd ist unumgänglich. Eine wichtige Hilfestellung hierfür ist es zum Beispiel, die Trainingseinheiten zu filmen und im Anschluss zu beurteilen. Dies hat eine ausschlaggebende Wirkung auf die Zusammenarbeit. Eine feine Hand und eine einfühlsame Art dem Pferd gegenüber sind die besten Voraussetzungen.
Kauf des richtigen Pferdes ist Grundvoraussetzung
Warum der Pferdekauf in diesem Ratgeber aufgegriffen wird, hat einen überaus wichtigen Hintergrund. Am Anfang des gemeinsamen Weges von Mensch und Pferd steht Vertrauen aufbauen, um den richtigen Umgang miteinander zu finden. Hierfür ist die Bodenarbeit zwingend notwendig. Die Entscheidung, welches Pferd das richtige ist und wie ich mit dem Tier die Ausbildung gestalten kann, ist ein wichtiger Punkt für das weitere Miteinander.
Nicht das erste Gefallen und die spontane Sympathie sollen ausschlaggebend für einen Pferdekauf sein. Doch gerade im Freizeitsport werden zuweilen Emotionen über die Sachlichkeit gestellt. Dies führt womöglich dazu, dass ein unpassendes Pferd oder Pony gekauft wird, mit dem man nicht zurechtkommt, bzw. dem man nicht „Herr“ wird. Viele Pferdebesitzer legen Wert darauf, sich ein „unverbrauchtes“, junges Tier anzuschaffen und trauen sich zu, dieses selbst auszubilden. Das kann von Vorteil sein, aber auch einige Probleme nach sich ziehen. Auch ein junges Pferd kann bereits schlechte Erfahrungen gemacht haben, zu temperamentvoll sein oder einfach an vieles noch nicht gewöhnt sein. Ist man ein fundierter Pferdeausbilder, ist der Umgang mit nicht ausgebildeten Pferden kein Problem. Leuten mit wenig Erfahrung und fehlendem Grundwissen ist anzuraten, sich an einen sehr guten Ausbilder in einem qualifizierten Ausbildungsstall zu wenden. Hier sollte mit Sorgfalt und dem nötigen Wissen der zweckmäßige Umgang erarbeitet werden. Ist man nicht gewillt oder in der Lage, mit Geduld und Sorgfalt die Ausbildung eines unerfahrenen Pferdes auf sich zu nehmen, ist die bestimmt bessere Wahl, ein Pferd mit solider und fundierter Grundausbildung zu erwerben, um Spaß im Training und im täglichen Umgang zu haben. Die Sympathie sollte natürlich nicht gänzlich untergehen und ist als nächster wichtiger Punkt ausschlaggebend für den Pferdekauf.
Bevor man ein Pferd kauft, ist es sinnvoll, sich selbst ein paar wichtige Fragen zu stellen und diese für sich selbst kritisch zu beantworten:
1. Habe ich mich genug mit dem Thema Pferd beschäftigt oder ist es eine spontane Idee?
2. Kenne ich mich nur mit dem Reiten aus oder habe ich mich auch mit den Bedürfnissen und Ansprüchen eines Pferdes auseinandergesetzt, wie zum Beispiel Haltung, Gesundheitsvorsorge, Hufschmied und Pflege?
3. Habe ich die Möglichkeit das Tier artgerecht, möglichst in Herdenhaltung und mit viel Freigang unterzubringen?
4. Ist es mir finanziell möglich, ein Pferd ohne Probleme zu halten? Ein Pferd beansprucht nicht nur viel Zeit, sondern verursacht auch größere, oft unerwartete Kosten. Der finanzielle Aufwand wird oft unterschätzt. Vor allem wenn es um die Gesundheit des Pferdes geht, entstehen unvorhergesehene Kosten. Wichtig ist zu wissen, dass bei aller Liebe und Begeisterung für den Pferdesport nicht nur der Kaufpreis aufgebracht werden muss, sondern dass weitere Haltungskosten anfallen.
Ist der Kostenaufwand geklärt, sind weitere Überlegungen anzustellen:
• was soll das Tier können
• auf welchem Ausbildungsstand befindet es sich
• auf welchem Ausbildungsstand bin ich
• was will ich gemeinsam mit dem Pferd erreichen
• welchen zeitlichen Aufwand will, bzw. kann ich erbringen?
Ist die Entscheidung für einen Pferdekauf gefallen, dann ist es wichtig, vor Ort auf Folgendes zu achten:
1. Wie verhält sich das Pferd? Ist es ausgeglichen und ruhig oder eventuell zu temperamentvoll? Lässt es sich problemlos von der Koppel holen? Ist es möglich, das Tier ohne Bedrängnis aus der Box zu führen?
Es ist nicht unhöflich, den derzeitigen Pferdebesitzer zu bitten, das Tier erst im Beisein von der Koppel oder aus der Box zu holen. Schwierige Pferde, die eventuell Probleme mit der Rangordnung haben oder aus der Koppel fliehen, werden gerne bereits am Putzplatz vorgestellt, um diesen Punkt zu umgehen.
2. Wie gesund ist das Tier?
• ist es gut bemuskelt?
• kann es das Gleichgewicht halten?
• gibt es Ungleichheiten?
• ist der Blick klar?
• sind die Nüstern sauber?
• ist das Gebiss gesund und entspricht es dem Alter des Pferdes?
3. Ist der angegebene Verkäufer auch der tatsächliche Besitzer des Pferdes?
4. Eine möglichst umfangreiche Ankaufsuntersuchung sollte vor jedem Pferdekauf durchgeführt werden; es sei denn, man kennt den Züchter oder den Besitzer so gut, dass großes Vertrauen vorhanden ist und somit keine Bedenken bestehen. Bei der großen AKU werden die Beine und Hufe geröntgt, das Röhrbein vermessen und beurteilt und außerdem wird Blut abgenommen und auf mögliche Krankheiten untersucht.
Des Weiteren ist es wichtig, den Kauf immer mit einem schriftlichen Kaufvertrag abzuschließen!

Fazit
Nur Sympathie für ein Pferd zu haben ist keine ausreichende Begründung für den Kauf eines Pferdes. Es gibt durchaus Vorrangiges, wie zum Beispiel die finanziellen Mittel, der Ausbildungsstand von Mensch und Tier und die Möglichkeit, das Pferd artgerecht unterzubringen.
Die Körpersprache des Pferdes verstehen

Für die erfolgreiche Bodenarbeit ist es wichtig, die Körpersprache des Pferdes richtig zu deuten. Wer in der Lage ist, sich ein genaues Bild zu machen und erkennen kann, in welcher Stimmung sich das Tier gerade befindet, kann sich die gewonnenen Erkenntnisse für die gemeinsame Arbeit zunutze machen. Folgende Punkte sind maßgeblich:
Gesichtsausdruck
Normaler ZustandEs stimmt etwas nicht• entspannter Gesichtsausdruck• normal geformte, entspannte Nüstern• ruhiger Atem• entspannte Maulpartie• angespannter Gesichtsausdruck• hervortretendes Schläfenbein• erweiterte Nüstern• Kaumuskel gut sichtbar• eckige MaulpartieOhren
Die Ohren verraten besonders viel über den aktuellen Gemütszustand. In der Grundhaltung sind die Pferdeohren aufgerichtet nach oben. Das bedeutet, das Tier ist konzentriert und aufmerksam. Zeigen die Ohren in unterschiedliche Richtungen, deutet das darauf hin, dass es versucht, verschiedene Geräusche wahrzunehmen. Bei Müdigkeit oder Tiefenentspannung kommt es vor, dass die Ohren seitwärts fallen. Die Ohrmuschel zeigt dann zum Boden.
Angelegte Ohren deuten womöglich darauf hin, dass dem Pferd die aktuelle Situation missfällt. Hierbei empfiehlt sich eine vorsichtige Kontaktaufnahme. Diese Ohrenhaltung kann aber auch signalisieren, dass das Tier Schmerzen hat. Im Zweifel sollte dem in jedem Fall nachgegangen werden.
Körperhaltung
Ein Pferd, das aufrecht steht, die Nüstern bläht, schnaubt und den Schweif von sich streckt, ist in einem aufgeregten Zustand. Dies kann den Grund darin haben, dass es sich fürchtet und flüchten möchte, oder dass es sich in einer Situation befindet, die es nicht einschätzen kann.
Hingegen bedeutet eine gesenkte Kopfhaltung, ein angewinkeltes Hinterbein und eine hängende Unterlippe vollkommene Entspannung und Vertrauen.