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(14) »Dass ich jederzeit die Sache des Volkes verfochten habe, ihr Senatoren, kann keinem von euch unbekannt sein. Und seid ihr davon überzeugt, so ist es mir Pflicht, mit offenem Freimut euch zu sagen, was ich für den Staat als ersprießlich erachte, und eure Pflicht ist, mich ruhig zu hören und dann einen Entschluss zu fassen. 2 Schenkt ihr mir nicht Stille, so würdet ihr das Nützliche, welches ihr vielleicht hören dürftet, nicht erfassen; beherzigt ihr meine Worte, so möget ihr immerhin von mir vernehmen, was euch fördern kann. 3 Für meinen Teil nun behaupte ich, dass man keinem Mitbürger die Feldherrngewalt so oft hintereinander übertragen darf. Es ist nach unseren Gesetzen untersagt und hat sich durch die Erfahrung als höchst gefährlich erwiesen. Was machte den Marius zu dem, was er war, als dass er in kürzester Zeit so viele Kriege zu führen bekam und in wenigen Jahren sechsmal Konsul geworden war? 4 Was den Sulla zum Sulla, als dass er so viele Jahre hintereinander den Oberbefehl der Heere behielt, hierauf zum Diktator und dann zum Konsul gewählt wurde? Es liegt einmal nicht in der Natur des Menschen, dass der jüngere oder ältere Mann, an langes Herrschen gewöhnt, sich der Landessitte wieder zu fügen den Willen hätte.
(15) Nicht sage ich dies, den Pompeius zu beschuldigen, sondern weil es euch niemals zuträglich gewesen und nach unseren Gesetzen nicht gestattet ist. Die Feldherrnschaft bringt denen, die wir würdig finden, entweder Ehre, so müssen alle Tüchtigen darauf Anspruch haben (dies ist Demokratie), oder sie bringt Beschwerde, so müssen auch darein sich alle gleich schicken (dies fordert die Gleichheit). 2 So erleichtert euch die Übung vieler durch die Tat die Wahl der Tüchtigen zu jeglichem Auftrag, während im anderen Fall nur wenige die zu solchen militärischen Ämtern die erforderlichen Kenntnisse erwerben. 3 So geschah es, dass ihr in dem Krieg wider Sertorius um Feldherrn so verlegen wart, weil ihr vor dieser Zeit immer nur derselben Männer euch bedientet. Ist also auch Pompeius in jeder anderen Hinsicht würdig, gegen die Seeräuber gewählt zu werden, so dürft, weil eine solche Wahl nicht nur ungesetzlich ist, sondern auch durch die Erfahrung sie als verderblich erwiesen hat, weder ihr noch er sie gestatten.
(16) Dies fürs Erste und Hauptsächlichste. Weiter aber bemerke ich, dass, wenn gemäß den Gesetzen die Konsuln, die Prätoren, die Prokonsuln und die Proprätoren die Provinzen und Kriegsämter erhalten, es weder recht noch ratsam für euch ist, diese zu übergehen und eine neue Art von Amt einzuführen. 2 Wozu wählt ihr denn die jährlichen Beamten, wenn ihr sie nicht in solchen Fällen gebrauchen wollt? Etwa damit sie in purpurverbrämten Togen umherwandeln? Damit sie nur dem Namen nach Beamte, der Rechte ihrer Ämter aber beraubt seien? 3 Müsst ihr nicht diese und alle anderen Diener des Staates verletzen, wenn ihr die hergebrachten Ämter aufhebt, den gesetzlich gewählten Männern nicht vertraut und eine neue und bisher noch nie bestandene Amtsgewalt einem Mann übertragt, der in keinem öffentlichen Amte steht?
(17) Sollte je außer den jährlichen Magistraten ein weiterer zu wählen nötig sein, so haben wir dafür von alters her eine Institution: den Diktator. Aber auch diesen haben eure Väter nicht für alle Aufgaben und nicht länger als auf sechs Monate gewählt. 2 Bedarf es eines solchen, so könnt ihr, ohne die Gesetze zu verletzen, ohne euch des Leichtsinns in Beratung über das Gemeinwohl schuldig zu machen, Pompeius oder irgendeinen anderen zum Diktator wählen,78 nur soll er seine Gewalt nicht über die festgesetzte Zeit ausdehnen, nicht über die Grenzen von Italien hinaus! Denn es kann euch nicht unbekannt sein, dass auch darauf eure Väter streng hielten und dass man nur ein einziges Beispiel hat, wo ein Diktator für Sizilien gewählt wurde, ohne daselbst Krieg führen zu dürfen.79 3 Allein Italien bedarf keines Mannes mit solcher Befehlsgewalt, und euch wäre, ich sage nicht das Amt, sondern der bloße Name Diktator schon unerträglich. Dies beweist eure Entrüstung gegen Sulla. Wie ließe sich also rechtfertigen, jetzt eine solche Gewalt, auf drei Jahre, für alle Staatsgeschäfte in- und außerhalb Italiens aufzustellen? 4 Wie viele Gefahren daraus für die Staaten entspringen, wie viele schon durch gesetzeswidrige Herrschsucht unser Staatsleben verwirrt und tausenderlei Übel über uns gebracht haben, ist keinem von euch unbekannt.
(18) Was braucht es eines weiteren Beweises? Wer sieht nicht ein, dass es nirgendwo gut getan noch heilsam ist, einem Einzigen das Ganze anzuvertrauen, ihn zum Herrn all unserer Güter zu machen? Und wäre er der Beste, so müssten ihn zu große Auszeichnungen und übermäßige Gewalt übermütig machen und verderben! 2 Auch gebe ich euch zu bedenken, dass ein einziger Mann unmöglich das ganze Meer beherrschen, die Leitung des ganzen Krieges mit Erfolg übernehmen kann. Denn wollt ihr die Sache am rechten Ort angreifen, so müsst ihr sie allenthalben gleichzeitig bekriegen, damit sie sich nicht zusammenschließen, nicht ihre Schlupfwinkel bei den gerade nicht Angegriffenen suchen und euch entschlüpfen. 3 Hierfür aber reicht ein Mann auf keine Weise aus. Denn wie kann er an demselben Tag in Italien, Kilikien, Ägypten, Syrien, Griechenland und Hispanien, auf dem Ionischen Meer und auf den Inseln Krieg führen? Soll etwas Erkleckliches dabei herauskommen, so müsst ihr eine starke Mannschaft und viele Befehlshaber aufstellen.
(19) Wendet man aber ein, dass, wenn ihr auch einem Einzigen den ganzen Krieg übertrüget, dieser doch auf jeden Fall seine Admirale und Befehlshaber unter sich hätte; so antworte ich mit mehr Recht und mehr Bedachtsamkeit auf unseren Nutzen: Warum können nicht dieselben Männer, welche als Befehlshaber unter ihm stehen sollen, von euch selbst gewählt und mit unbeschränkter Gewalt bekleidet werden? 2 Denn so ließen sie sich den Krieg mehr angelegen sein, weil jedem sein eigener Teil zugewiesen wäre, und er einen Fehlgriff, den er machte, keinem anderen zuschieben könnte; sie würden einander vielmehr nacheifern, weil jeder, auf sich selbst gestellt, auch den Ruhm seiner Taten für sich zu ernten hoffen dürfte. Wer dagegen würde unter den Befehlen eines anderen ohne Widerrede den gleichen Eifer betätigen, wenn er nicht für sich, sondern für einen anderen siegen soll?
3 Dass aber einen solchen Krieg ein Mann nicht allein zu führen vermag, gesteht selbst Gabinius ein, wenn er dem gewählten Oberadmiral eine Menge Gehilfen beigeben will. Noch bleibt uns zu betrachten übrig, ob sie als Ober- oder als Unterbefehlshaber und Legaten, ob vom ganzen Volk mit unbeschränkter Gewalt oder von ihm allein als seine Handlanger ausgeschickt werden sollen. 4 Dass mein Vorschlag sowohl an sich als auch in Bezug auf die Seeräuber dem Gesetz mehr entspricht, wird mir keiner von euch bestreiten. Bedenkt aber noch überdies, welchen Schritt ihr geht, wenn ihr wegen des Seeräuberkrieges alle Regierungsgewalt auflösen und keine Herrschaft, weder in Italien noch in den Provinzen, fortbestehen lassen wollt.«80
(20) […] und in Italien als Prokonsul auf drei Jahre. Auch gab man ihm 15 Unterbefehlshaber und so viele Schiffe, Gelder und Truppen, wie er wollte. Dies und was sonst noch zum Krieg erforderlich war, bestätigte, obwohl ungern, der Senat, 2 besonders da Piso im narbonensischen Gallien, seiner Provinz, den Unterbefehlshabern des Pompeius nicht gestattete, Werbungen anzustellen, und das Volk darüber aufgebracht war und ihn seiner Stelle entsetzt hätte, wenn nicht Pompeius selbst für ihn Fürsprache eingelegt hätte. 3 Nachdem er nun alles gemäß den Umständen nach Gutdünken vorbereitet hatte, befuhr er zu gleicher Zeit das ganze Meer, soweit es die Seeräuber beunruhigten, teils selbst, teils durch seine Unterbefehlshaber, und stellte noch in demselben Jahr fast überall die Ordnung her. 4 Denn er hatte so viel Schiffe und Truppen zu seiner Verfügung, dass ihm zu Wasser und zu Land niemand widerstehen konnte; er bewies aber dabei gegen diejenigen, welche sich ihm ergaben, so viel Menschlichkeit, dass er auch hierdurch sehr viele unterwarf. 5 Denn da die Leute, durch seine Macht überwältigt, diese Beispiele seiner Milde sahen, wurden sie sehr geneigt, sich ihm in die Arme zu werfen. Er sorgte nicht nur überhaupt für sie, sondern wies ihnen auch, damit sie nicht wieder aus Bedürftigkeit auf schlimme Wege gerieten, unbewohnte Gegenden an oder verpflanzte sie in Städte, die nicht genug Einwohner hatten. 6 Auf diese Weise wurde unter anderem von vielen das früher Soli genannte und von Tigranes zerstörte Pompeiopolis an der Küste von Kilikien wieder bevölkert.
(21) Dies geschah unter den Konsuln Acilius und Piso. Auch wurde gegen die des Ämterkaufs Überführten von den Konsuln selbst das Gesetz81 gemacht, dass sie weder ein Amt bekleiden noch im Senat sitzen dürften und überdies einer Geldstrafe verfallen sollten. 2 Nachdem nämlich die Volkstribunen in ihre früheren Rechte82 zurückversetzt worden waren und viele der von den Zensoren aus dem Senat Entfernten ihre Stellen wieder zu erhalten suchten, entstanden bei allen Ämterbesetzungen viele Parteien und Zusammenschlüsse. 3 Dies taten aber die Konsuln nicht aus gerechtem Eifer gegen den Unfug (denn sie selbst waren auf ähnlichem Wege gewählt und Piso selbst deswegen belangt worden, hatte aber durch den einen und den anderen die Rücknahme der Anklage bewirkt), sondern weil sie vom Senat dazu genötigt worden waren. 4 Der Volkstribun Gaius Cornelius wollte nämlich, mit Zustimmung des Volkes, gegen die Schuldigen zu strenge Strafen in Vorschlag bringen. Der Senat jedoch, in der Voraussicht, dass die Androhung überhöhter Strafen zwar für den Augenblick abschreckt, 5 die Schuldigen aber, wenn sie, gesetzlich überführt, unrettbar verloren sind, nicht leicht Ankläger und Richter finden, eine mäßige Strafe dagegen viele zur Anklage bewegt und die Verurteilung nicht erschwert, befahl den Vorschlag des Tribuns in ermäßigter Gestalt dem Volk vorzulegen.
(22) Weil aber schon die Wahlen angesagt waren und vor denselben kein Gesetz mehr gegeben werden durfte, die Bewerber um Staatsämter aber in der Zwischenzeit großes Unheil stifteten und sogar blutige Händel vorfielen, beschloss man, das Gesetz noch vorher durchzusetzen und den Konsuln Personenschutz zu geben. 2 Darüber aufgebracht, brachte Cornelius in Antrag, dass der Senat nicht das Recht haben sollte, einem, der nicht gesetzlich darum anhielte, ein Amt zu geben oder sonst ein dem Volk zustehendes Recht auszuüben, wofür uralte Gesetze sprachen, an die man sich aber nicht hielt. 3 Als es darüber zu heftigem Streit kam, weil sich außer vielen anderen Senatoren auch Piso widersetzte, zerbrach ihm die Menge die fasces und drohte, ihn in Stücke zu zerreißen. 4 Da Cornelius sah, dass die Sache zu weit führe, entließ er, bevor es noch zum Schluss kam, die Versammlung, fügte aber nachher seinem Gesetzesvorschlag hinzu, dass der Senat durchaus den Antrag stellen, das Volk ihn aber zum Beschluss erheben müsste.
(23) So setzte er dieses und noch folgendes andere Gesetz durch. Bisher hatten die Prätoren die Rechtsgrundsätze, nach denen sie richten wollten, öffentlich bekannt gemacht. 2 Da sie aber nicht alle über die Verträge bestehenden Rechtsnormen beachteten und dies nicht nur das eine oder das andere Mal unterließen und sich nicht einmal an die von ihnen selbst festgestellten Grundsätze hielten, sie oft sogar veränderten und dabei je nach Gunst oder Feindschaft, wie es zu gehen pflegt, verfuhren, so schlug er vor, dass sie die Grundsätze, nach denen sie Recht sprechen wollten, vorher bestimmen und nicht davon abweichen sollten. 3 Überhaupt waren die Römer damals so ernstlich darauf bedacht, Bestechungen zu verhüten, dass sie nicht nur die Überführten bestraften, sondern auch den Anklägern Belohnungen aussetzten. Als daher Marcus Cotta seinen Quästor Publius Oppius wegen Bestechung und Verdachts heimlicher Nachstellung entlassen, sich selbst aber in Bithynien Erpressungen erlaubt hatte, 4 ehrten sie dessen Ankläger Gaius Carbo, obgleich er zuvor bloß Volkstribun gewesen war, mit den konsularischen Auszeichnungen. Als dieser aber später in seiner Provinz Bithynien ebenso schlimm wie Cotta verfuhr, wurde er von dessen Sohn deswegen belangt und schuldig befunden. 5 Oft geschieht es, dass man andere tadelt und den Tadel nicht selbst beherzigt und gar zu gerne selbst tut, was man bei anderen strafbar findet; sodass man nicht darauf rechnen darf, dass einer das hasst, was er anderen als Verbrechen anrechnet.
(24) Lucius Lucullus nahm nach Beendigung seines Richteramtes in der Stadt Rom die ihm durch das Los zugefallene Provinz Bithynien aus Abneigung gegen die Statthalter nicht an, weil die meisten in den Provinzen eben nicht zum Besten wirtschafteten. Seine sanfte Gemütsart hatte er zur Genüge beurkundet. 2 Denn als Acilius seinen Richterstuhl zerschlagen ließ, weil er ihn beim Vorübergehen gesehen hatte und nicht aufgestanden war, wurde er so wenig aufgebracht, dass er und, um ihm zu gefallen, seine Amtsgenossen sofort stehend ihr Urteil sprachen.
(25) Auch Roscius und Gaius Manilius brachten als Volkstribunen neue Gesetze in Antrag. Jener wollte die Sitze der Ritter in den Schauspielen von den übrigen abgesondert wissen und kam dadurch sehr zu Ehren. 2 Manilius hätte für seinen Antrag beinahe mit dem Leben gebüßt. Er hatte nämlich am letzten Tag des Jahres noch gegen Abend, von einigen aus der Menge unterstützt, den Freigelassenen gleiches Stimmrecht mit ihren früheren Herren zugesagt. 3 Als dies der Senat tags darauf, am ersten Tag des Monats, erfuhr und Lucius Tullius und Aemilius Lepidus das Konsulat angetreten hatten, verwarf der Senat den Vorschlag desselben. Durch den Unwillen des Volkes in Furcht versetzt, nannte er als Urheber seines Vorschlags anfangs Crassus und andere. 4 Als ihm aber niemand glaubte, fing er an, Pompeius zu schmeicheln; obgleich ungern, besonders da er merkte, dass Gabinius bei demselben hoch angeschrieben war. Denn nun schlug er vor, dass diesem (dem Pompeius) der Krieg gegen Tigranes und Mithridates und Bithynien und Kilikien als Provinz zuerkannt wurden.
(26) Unwille und Widerspruch der Großen regten sich zwar auch jetzt, besonders weil Marcius und Acilius, bevor ihr Jahr zu Ende ging, von ihrer Verwaltung abtreten mussten. 2 Das Volk aber genehmigte, obgleich es, als wäre der Krieg schon beendigt, Männer abgeschickt hatte, um die nach Lucullus’ Briefen eroberten Länder auf römisches Maß einzurichten, den hauptsächlich von Caesar und Marcus Cicero unterstützten Antrag. 3 Diese sprachen aber dafür, nicht weil sie denselben dem Staat für zuträglich hielten oder dem Pompeius einen Gefallen erweisen wollten, 4 sondern weil er auch ohne sie durchgegangen wäre. Caesar hatte noch die Nebenabsicht, das Volk für sich zu gewinnen, weil er dasselbe dem Senat bei Weitem überlegen sah und gleiche Vergünstigungen für sich vorbereitete. Auch wollte er dadurch mehr Missgunst und Feindschaft gegen den Pompeius anfachen, damit die Römer um so eher seiner überdrüssig würden. Cicero aber gab sich das Ansehen, als hätte er die Waagschale des Staates in seinen Händen und wollte bei dem Volk und den Großen dafür gelten, dass, wohin er das Gewicht lege, die Schale sinken müsse. 5 Er war beider Freund und trat bald auf diese, bald auf jene Seite, um sich bei beiden Teilen die Achtung zu erhalten. Hatte er sich früher für die Vornehmen erklärt und war daher lieber Ädil als Volkstribun geworden, so trat er jetzt zu dem Abschaum des Pöbels über.
(27) Als später die Großen den Manilius in den Anklagestand versetzten und dieser Zeit zu gewinnen suchte, stellte er sich ihm nicht nur überhaupt entgegen, sondern gab auch als Prätor und erster Richter nur nach vielen Bitten zu, die Sache auf den folgenden Tag zu verschieben, indem er das nahe Ende des Jahres vorschützte. 2 Als jedoch das Volk deswegen murrte, erschien Cicero auf die Nötigung der Volkstribunen in der Volksversammlung, redete wider den Senat und versprach, Manilius mit zu verteidigen. Dies zog ihm üble Nachreden zu, er wurde Überläufer gescholten. Doch hemmte den Gerichtsgang ein plötzlicher Aufstand. 3 Publius Paetus nämlich und Cornelius Sulla, des allgewaltigen Sulla Brudersohn, zu Konsuln gewählt, wurden der Bestechung angeklagt und hatten verabredet, ihre Ankläger Lucius Cotta und Lucius Torquatus, zumal da sie an ihrer Stelle für das künftige Jahr zu Konsuln bestimmt waren, umzubringen, 4 und hierzu nebst anderen den Gnaeus Piso und den Lucius Catilina, einen höchst verwegenen Mann, der selbst sich um das Konsulat beworben hatte und ihnen deshalb um so mehr grollte, aufgestellt. Ihr Anschlag aber misslang, weil die Sache verraten wurde und Cotta und Torquatus vom Senat Personenschutz erhalten hatten. […].83 5 Sie wären sogar öffentlich hingerichtet worden, wenn nicht ein Volkstribun eingeschritten wäre. Als sich aber Piso auch so nicht zufriedengab, fürchtete der Senat einen Aufstand und schickte ihn als Befehlshaber nach Spanien, wo er jedoch von den Einwohnern wegen irgendeiner Unannehmlichkeit erschlagen wurde.
(28) Pompeius schickte sich anfangs an, sich nach Kreta und zu Metellus einzuschiffen; als er aber von dem neuen Volksbeschluss erfuhr, stellte er sich, wie früher, ungehalten und klagte über seine Gegner, als schöben sie ihm immer nur gefahrvolle Unternehmungen zu, um ihn irgendwo zu Falle zu bringen, 2 in Wirklichkeit aber kam ihm nichts erwünschter. Er kehrte sich nicht mehr an Kreta und andere Inselpunkte, die noch nicht zur Ordnung gebracht waren, sondern rüstete sich zum Krieg gegen die Barbaren und schickte, um den Mithridates auszukundschaften, Metrophanes mit freundschaftlichen Anträgen an ihn ab. 3 Dieser aber nahm die Botschaft sehr kalt auf, weil der Partherkönig Arsakes indessen gestorben war und er dessen Nachfolger Phraates für sich zu gewinnen hoffte. Als aber Pompeius unter denselben Bedingungen gar bald mit Phraates ein Freundschaftsbündnis geschlossen und diesen dazu gebracht hatte, in das dem Tigranes unterworfene Armenien einzufallen, geriet er in Furcht und schickte sogleich eine Gesandtschaft ab, über Frieden zu unterhandeln. 4 Pompeius verlangte, er sollte die Waffen niederlegen und die Überläufer herausgeben. Dieser hatte aber keine lange Bedenkzeit. Denn da diese Forderungen im Lager bekannt wurden und die Überläufer, deren Anzahl groß war, ihre Auslieferung fürchteten und seine eigenen Leute besorgt waren, ohne jene kämpfen zu müssen, kam es zum Aufstand, 5 und sie hätten sich an Mithridates selbst vergriffen, wenn dieser nicht mit der Versicherung, er habe nicht um Frieden, sondern um die Macht der Römer auszukundschaften, die Gesandtschaft abgeschickt, sie mit Mühe besänftigt hätte.
(29) Sobald Pompeius sah, dass es zum Kampf kommen würde, traf er die nötigen Vorkehrungen und rief die Valerianer unter seine Fahnen zurück. In Galatien kam ihm Lucullus mit der Erklärung entgegen, der Krieg sei beendet, es brauche keines Feldzugs mehr, auch seien die Bevollmächtigten angekommen, welche der Senat zur Ordnung der Verhältnisse in den eroberten Ländern geschickt hatte. 2 Als er diesen aber nicht zur Rückkehr bewog, brach er in Schmähungen aus und schalt ihn einen Eindringling, der nach Krieg und Herrschaft geize. Pompeius aber hörte nicht auf ihn, verbot allen, Befehle von ihm anzunehmen und eilte Mithridates entgegen, um sich so bald als möglich mit ihm zu schlagen.
(30) Dieser aber zog sich, weil er sich zu schwach sah, zurück, verheerte alles Land, durch das er kam, führte den Pompeius in der Irre herum und bewirkte, dass er an Lebensmitteln Mangel litt. Als nun Pompeius aus dieser Ursache in Armenien einfiel und dasselbe ganz unbesetzt zu treffen hoffte, kam Mithridates, dessen Eroberung befürchtend, auch dahin, besetzte dem Feind gegenüber eine feste Anhöhe 2 und hielt sich mit dem Heer selbst ruhig, indem er die Römer durch Mangel an Lebensmitteln aufzureiben hoffte (er selbst bezog sie im eigenen Land überall her im Überfluss), schickte aber immer einige Reiterei in die offene Ebene herab, um die dort Umherstreifenden anzugreifen, sodass viele deshalb zu ihm übergingen. 3 Pompeius wagte nicht, ihn hier anzugreifen, verlegte sein Lager an einen anderen Ort, wo er ringsumher Wald und daher weniger von der Reiterei und den Bogenschützen der Feinde zu befürchten hatte, 4 legte an einer passenden Stelle einen Hinterhalt, streifte mit wenigen Reitern um das Lager der Feinde, brachte sie in Alarm und lockte sie an die gewünschte Stelle, wo er viele niederhieb. Hierdurch ermutigt schickte er seine Leute nach allen Seiten zum Futterholen aus.
(31) Als er, wessen er bedurfte, ungestört bezog und die Landschaft Anaïtis in Armenien, die einer Göttin gleichen Namens geheiligt war, mit einem Heeresteil besetzte und daher viele zu ihm übertraten, 2 auch des Marcius Soldaten bei ihm eingetroffen waren, geriet Mithridates in Furcht und traute sich nicht länger zu bleiben, sondern brach plötzlich nachts in aller Stille auf und marschierte die Nacht hindurch auf das dem Tigranes zugehörige Armenien zu. 3 Pompeius folgte, in der Absicht, ihm eine Schlacht zu liefern, wagte jedoch weder bei Tag, da der Feind sein Lager nicht verließ, noch bei Nacht, wegen Unkenntnis der Gegend ihn anzugreifen, bevor sie die Grenze erreichten. Hier merkte er jetzt, dass sie ihm zu entkommen suchten und sah sich deshalb zu einem nächtlichen Treffen genötigt. 4 Mit diesem Entschluss brach er um die Mittagszeit, da die Feinde rasteten und sich dessen nicht versahen, zu einer Stelle auf, durch die sie zu kommen hatten. An einem Hohlweg zwischen Hügeln angelangt, führte er das Heer zu den Höhen und erwartete daselbst den Feind. 5 Als jene, bisher unangefochten und in der Hoffnung, dass ihnen die Römer nicht weiter folgen würden, sorglos und unbedacht in den Hohlweg vorrückten, überfiel er sie in der Finsternis, denn sie hatten nirgends Licht und auch am Himmel leuchtete kein Gestirn.
(32) Der Verlauf der Schlacht war folgender: Zuerst bliesen die Trompeter auf ein verabredetes Zeichen mit einem Mal zur Schlacht, dann erhoben die Soldaten mit dem Tross das Feldgeschrei. Die einen schlugen mit den Lanzen an die Schilde, andere mit Steinen an ehernes Geschirr. 2 Die hohlen Berge fassten den Klang und gaben ihn mit grauenvollem Widerhall zurück, sodass die Barbaren, plötzlich in so finsterer Nacht und so öder Umgebung davon aufgeschreckt, in furchtbare Bestürzung gerieten und sich in die rächende Hand eines Gottes gefallen glaubten, 3 indessen sie die Römer von allen Seiten mit einem Hagel von Steinen, Pfeilen und Wurfspießen empfingen und, in der dicht gedrängten Masse nie das Ziel verfehlend, die Feinde in äußerste Verzweiflung brachten. 4 Zum Marsch, nicht zur Schlacht gerüstet, Männer und Frauen, auf Pferden, Kamelen aller Art, auf Wagen, in bedeckten Karren und Kutschen, in ein buntes Gewirr zusammengedrängt, die einen verwundet, die anderen der Wunden gewärtig – was Wunder, wenn sie vor Schrecken betäubt aufeinanderrennend sich selbst zugrunde richteten? 5 Solches erlitten sie, aus der Ferne bekämpft. Als aber die Römer ihre Kraft aus der Weite erschöpft hatten, stürzten sie herab und die Äußersten wurden ringsum niedergehauen und ein Hieb brachte den meist Wehrlosen den Tod. Allein auch in der Mitte, wohin der Schrecken ringsumher alles zusammentrieb, herrschten Not und Verderben. 6 Man drückte und trat sich zu Tode, wusste sich weder zu retten noch des Feindes zu erwehren. Sie konnten, meist Reiter und Bogenschützen, im Finstern weder vor sich ausschauen noch, in den engen Raum gedrängt, ihrer Waffen sich bedienen. Als aber der Mond aufging, freuten sie sich und hofften, in seinem Licht sich der Feinde leichter erwehren zu können. 7 Auch hätte ihnen dies geholfen, wenn nicht die Römer, welche denselben im Rücken hatten, bald da, bald dort angreifend, Augen und Hände irregeführt hätten. 8 Denn da sie, in Masse herbeidrängend, einen sehr tiefen Schatten warfen, schlugen die Barbaren, die Feinde ganz nahe glaubend, in die Luft und wurden, wenn sie im Schatten fortrückten, ehe sie sich’s versahen, verwundet: So kamen ihrer viele um und nicht weniger wurden gefangen. Doch entkam eine große Anzahl und unter ihnen Mithridates.