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(33) Nun eilte er anfangs dem Tigranes zu; als aber seine Botschaft keine freundschaftliche Aufnahme fand, weil er ihn im Verdacht hatte, er, der Großvater, habe seinen Sohn Tigranes zu der Empörung wider ihn verleitet, und ihn deshalb nicht nur nicht aufnahm, sondern auch seine Gesandten festsetzen und in Ketten werfen ließ, 2 wandte er sich, dieser Hoffnung beraubt, nach Kolchis und gelangte von dort, teils mit gutem Willen der Eingeborenen, teils mit dem Schwert sich Bahn brechend, an den See Maiotis84 und den Bosporus, unterwarf sich das Land und setzte seinen Sohn Machares, der aufseiten der Römer war und daselbst herrschte, so in Furcht, dass er ihm nicht unter die Augen zu kommen wagte. Er ließ ihn durch seine Umgebung, der er Straflosigkeit und Schätze versprach, umbringen. 3 Während dieser Vorgänge ließ ihn Pompeius verfolgen, und als derselbe über den Fluss Phasis entflohen war, baute er an der Stelle, wo er gesiegt hatte, eine Stadt, die er mit seinen verwundeten und altersschwachen Soldaten bevölkerte. Auch schlossen sich viele Eingeborene aus der Nachbarschaft an sie an; sie heißen noch jetzt Nikopolitaner und sind der Provinz Kappadokien zugeteilt. Dies tat Pompeius.
(34) Tigranes, der Sohn des Tigranes, war inzwischen mit einigen Großen, denen der Greis nicht nach ihrem Sinne regierte, zu Phraates entflohen und bewegte diesen, der über die infolge seines Bündnisses mit Pompeius zu ergreifenden Maßregeln sich noch bedachte, in Armenien einzufallen. 2 Sie unterwarfen sich alles, was ihnen in den Weg kam, rückten vor die Stadt Artarata und belagerten sie, weil der alte Tigranes aus Furcht vor ihnen ins Gebirge entflohen war. Da aber die Belagerung längere Zeit zu erfordern schien und Phraates, einen Teil des Heeres dem Sohn Tigranes überlassend, in sein Reich zurückkehrte, zog der Vater wider ihn heran und besiegte ihn. 3 Dieser wollte nun anfangs zu seinem Großvater Mithridates flüchten, da er aber hörte, dass jener, selbst geschlagen, mehr der Hilfe bedurfte, als dass er anderen beistehen könnte, begab er sich zu den Römern und diente dem Pompeius als Führer auf seinem Zug nach Armenien gegen seinen Vater Tigranes.
(35) Auf diese Nachricht hin geriet Tigranes in Furcht, sandte ihm sogleich einen Herold entgegen und lieferte ihm die Gesandten des Mithridates aus. Als er aber auf die Anschuldigungen seines Sohnes keine billigen Bedingungen erhielt, sondern Pompeius dessen ungeachtet über den Araxes ging und sich Artarata näherte, 2 übergab er ihm die Stadt, kam freiwillig in dessen Lager, in einem Aufzug, der zwischen der früheren Hoheit und der jetzigen Erniedrigung möglichst die Mitte hielt, um demselben nicht minder Achtung als Mitleid einzuflößen. 3 Die weiß gestreifte Tunika und den ganz purpurnen Kandys (Mantel) hatte er abgelegt, trug aber noch die Tiara mit dem Diadem auf dem Haupt. Pompeius hatte ihm zwar, da er nach Landessitte ins Lager hereinreiten wollte, durch einen abgeschickten Liktor bedeutet, vom Pferd zu steigen. 4 Als er ihn aber zu Fuß herankommen, das Diadem abwerfen und auf den Knien zu seinen Füßen liegen sah, sprang er auf, hob ihn von der Erde, wand ihm das Diadem um, ließ ihn auf einen Sessel neben sich setzen und tröstete ihn unter anderem mit der Versicherung, dass er nicht so sehr die Herrschaft über Armenien verloren als vielmehr die Freundschaft der Römer gewonnen habe. Mit diesen Worten sprach er ihm Mut ein und lud ihn zur Tafel.
(36) Sein Sohn, der dem Pompeius zur Seite saß, stand vor dem Vater weder auf noch bewillkommnete er ihn, auch erschien er, obgleich gebeten, nicht bei der Tafel, was ihm Pompeius sehr übel nahm. 2 Am folgenden Tag hörte er sie beide und gab dem Vater sein ganzes ererbtes Reich zurück, nahm ihm aber sein erworbenes sehr bedeutendes Territorium (unter anderem Teile von Kappadokien und Syrien, Phönikien, das Grenzland Armeniens Sophanene)85 ab und legte ihm noch eine Geldschatzung auf. Dem Sohn aber teilte er Sophanene zu, wo sich die Schätze des Königs befanden. 3 Über diese kam der junge Tigranes in Streit, und da er sich nicht durchsetzte, weil Pompeius sonst nicht zu dem Schatzungsgeld gekommen wäre, war er ungehalten und wollte entweichen. Pompeius, welcher es noch zuvor erfuhr, nahm ihn in Haft, ohne ihn jedoch zu fesseln. Dann schickte er dem Wächter der Schätze die Weisung, alles Geld an den König abzuliefern. 4 Als sie aber nicht gehorchten und sich damit entschuldigten, dass der junge Tigranes, dem dieses Land jetzt angehöre, es ihnen befehlen müsse, schickte er diesen selbst zu den Schlössern, wo die Schätze aufbewahrt wurden. Als er sie verschlossen fand, rückte er vor dieselben heran und befahl, obgleich wider Willen, sie zu öffnen. Als sie sich immer noch weigerten, weil er nicht freiwillig, sondern gezwungen den Befehl erteile, verlor Pompeius die Geduld und ließ den Tigranes in Fesseln legen. 5 So kam der alte Tigranes in den Besitz der Schätze, er selbst aber überwinterte in drei Heeresteilen in dem Land Anaïtis und an den Ufern des Flusses Kyrnos86 und erhielt von Tigranes sowohl viel andere Unterstützung als auch noch weit mehr Geld, als er ausbedungen hatte, 6 was auch hauptsächlich dazu beitrug, dass er ihn später unter die Freunde und Bundesgenossen des römischen Volkes aufnahm; den Sohn aber führte er unter Bewachung nach Rom.
(37) Dessen ungeachtet waren seine Winterquartiere nicht ruhig. Oroises nämlich, König der Albaner jenseits des Kyrnos, zog, zum Teil wohl, um seinem Freund, dem jüngeren Tigranes, einen Dienst zu leisten, teils und hauptsächlich aus Besorgnis, die Römer möchten auch in Albanien einfallen, und in der Hoffnung, durch eine Überrumpelung der in mehreren Lagern verteilten Feinde einen Hauptschlag auszuführen, zur Zeit der Saturnalien87 gegen sie zu Felde. 2 Er selbst rückte gegen Metellus Celer vor, bei dem sich Tigranes befand; einen zweiten Heeresteil schickte er gegen Pompeius selbst, einen dritten gegen Lucius Flaccus, den Befehlshaber des dritten Winterlagers, damit alle drei Angegriffenen sich nicht zu Hilfe kommen könnten. 3 Er richtete aber auf keiner Seite etwas aus. Ihn selbst wies Celer mutig ab; Flaccus aber, welcher seinen Wall, seines großen Umfangs wegen, nicht haltbar fand, ließ einen zweiten, engeren graben, machte die Feinde glauben, er tue es aus Furcht und verlockte sie in den äußeren Wall. 4 Hier machte er unerwartet einen Ausfall auf sie, und tötete viele derselben teils im Handgemenge, teils auf der Flucht. Indessen hatte Pompeius den Angriff der Feinde auf die anderen Punkte vorher erkundet, ging den wider ihn Ausrückenden unerwartet entgegen, schlug sie und eilte, wie er war, auf Oroises zu. 5 Diesen holte er zwar nicht ein, weil er, von Celer zurückgeschlagen und von den misslungenen Angriffen der anderen benachrichtigt, zurückgeflüchtet war, erreichte aber viele Albaner beim Übersetzen über den Kyrnos und machte sie nieder. Hierauf schenkte er ihnen auf ihre Bitte den Frieden. Zwar hatte er auch große Lust, sogleich in ihr Land einzufallen, wegen des Winters aber schob er den Krieg nicht ungern auf. So viel von seinen bisherigen Unternehmungen.
70 Gabinius, der ihm auch den Oberbefehl gegen die Seeräuber verschafft hatte.
71 So z.B. dem Mithridates.
72 Pompeius war da 23 Jahre alt, erst mit 25 Jahren galt er als iuvenis.
73 In Sizilien gegen Perpenna und Carbo, in Afrika gegen Domitius.
74 Gegen Sertorius.
75 Pompeius war der Erste, der als Ritter triumphierte, ohne Konsul oder Prätor gewesen zu sein.
76 Zum Zeitpunkt der Rede war Pompeius 40 Jahre alt.
77 Da die Anzahl der Tribus 35 war, war die achtzehnte hier bereit ausschlaggebend.
78 Der Diktator wurde in besonderen Notfällen von den amtierenden Konsuln ernannt, nicht vom Volk gewählt.
79 Aulus Atilius Calatinus 250 v.Chr.
80 Hier fehlt der letzte Teil der Rede des Catulus sowie die Reaktion der Zuhörer. Fest steht, dass Pompeius am Ende das Imperium gegen die Seeräuber übertragen wurde.
81 Die lex Calpurnia de ambitu.
82 Die ihnen Sulla genommen hatte.
83 Hier scheint ein Textabschnitt zu fehlen.
84 Das Asowsche Meer.
85 Von anderen Autoren auch Sophene genannt.
86 Von anderen auch Cyrus genannt.
87 Mitte Dezember.
XXXVII. BUCH
INHALT
(1–7) Pompeius bekriegt die Iberer in Asien. (8) Caesar als Ädil. (9) Wunderzeichen, Zensur. Alle nichtitalischen Fremden werden aus der Stadt gewiesen. (10) Bestrafung des Mörders von Ofella und anderer. Catilina. (10–14) Tod des Mithridates. (15–19) Iudaea. (20–25) Pompeius kehrt nach Ordnung der Angelegenheiten Asiens nach Rom zurück. (24–42) Cicero und Catilina. Was sie taten. (43) Angriffe auf Cicero und den Senat. (44–46) Caesar als Prätor. (47–49) Allobrogischer Krieg. (50–51) Pompeius in Rom. (52–58) Caesar, Proprätor von Lusitanien, eilt nach rühmlicher Verwaltung seiner Provinz nach Rom und bewirbt sich um das Konsulat. Er verbindet sich mit Pompeius und Crassus. Das Buch umfasst sechs Jahre mit folgenden Konsuln:
65Lucius Aurelius Cotta und Lucius Manlius Torquatus64Lucius Caesar und Gaius Martius Figulus63Marcus Tullius Cicero und Gaius Antonius62Decius Iunius Silanus und Lucius Licinius Murena61Marcus Pupius Piso und Marcus Valerius Messala Niger60Lucius Afranius und Quintus Caecilius Metellus Celer(1) Im folgenden Jahr, im Konsulat des Lucius Cotta und des Lucius Torquatus bekriegte Pompeius die Albaner und die Iberer, diese zuerst, gegen seine Absicht, von ihnen selbst genötigt. 2 Artokes nämlich, der König jener Völkerschaft, welche diesseits und jenseits des Flusses Kyrnos wohnt und hier an die Albaner, dort an die Armenier grenzt, schickte, aus Besorgnis, er möchte auch ihn angreifen, Gesandte unter dem Schein der Freundschaft an ihn, in Wirklichkeit aber, um ihn sicher zu machen und daher unvorbereitet zu überfallen. 3 Pompeius aber, davon benachrichtigt, fiel, bevor er sich gehörig rüsten und den unzugänglichen Pass besetzen konnte, in sein Land ein und erschien eher vor seiner Stadt, Akropolis genannt, als Artokes von seinem Anzug Kunde bekam. 4 Sie lag dicht in den Engpässen zwischen zwei vorspringenden Armen des Kaukasus, wo sie zur Bewachung des Eingangs befestigt worden war. Artokes fand in der Bestürzung nicht mehr Zeit zur Gegenwehr, flüchtete über den Fluss und brannte die Brücke hinter sich ab. 5 Die Besatzung der Stadt, welche in deren Verteidigung und bei einem Ausfall viel gelitten hatte, ergab sich. Pompeius, im Besitz des Passes, stellte auf ihm eine Besatzung auf und unterwarf von da aus das ganze Land diesseits des Flusses.
(2) Als er sich anschickte, über den Fluss Kyrnos zu setzen, schickte Artokes Gesandte an ihn und bat um Frieden, indem er sich zur Wiederherstellung der Brücke und zu freiwilliger Lieferung von Lebensmitteln erbot. 2 Er leistete auch beides, als wäre es ihm wirklich um einen Frieden zu tun. Als er Pompeius aber über dem Fluss sah, geriet er in Furcht, zog sich eiligst an den Petoros, einen anderen Fluss seines Landes, zurück und floh vor ihm, dem er den Übergang verwehren konnte, nachdem er ihm diesen selbst erleichtert hatte. 3 Sobald Pompeius dies erfuhr, setzte er ihm nach, erreichte und besiegte ihn. Er war ihm nämlich, bevor seine Bogenschützen ihre Kunst entwickeln konnten, im Schnellschritt zu Leibe gerückt und schlug ihn nun im Augenblick aus dem Feld. 4 Artokes eilte über den Fluss Petoros, brannte auch hier die Brücke ab und suchte das Weite. Von seinen Leuten kamen die einen im Handgemenge, die anderen beim Durchwaten des Flusses um. 5 Viele zerstreuten sich in die Wälder und schossen mehrere Tage von den sehr hohen Bäumen herab; da man diese aber fällte, fanden auch sie ihren Tod. Jetzt sandte Artokes nochmals einen Herold an Pompeius mit Geschenken ab, 6 welche dieser zwar annahm, um ihn durch Hoffnung auf Frieden von der weiteren Flucht abzuhalten, erklärte aber, dass er ihm nicht eher Frieden bewillige, bis er ihm seine Söhne als Geiseln geschickt haben würde. Jener bedachte sich eine Zeit lang, 7 bis die Römer über den im Sommer an einer Stelle eine Furt gewährenden Petoros setzten und nichts mehr im Wege fanden. Nun schickte er seine Söhne, und der Friede kam zustande.
(3) Pompeius, der hörte, dass er von hier nicht weit an den Phasis habe und hoffte, auf ihm nach Kolchis hinabgefahren, gegen Mithridates an den Bosporus vorrücken zu können, trat seinen Marsch an 2 und erhielt bei den Kolchern und ihren Grenznachbarn teils durch Bitten, teils durch Drohungen freien Durchzug. Weil man ihm hier aber sagte, dass ein Landzug durch die Gebiete vieler unbekannter und kriegerischer Völker führe, eine Fahrt zur See aber, der Wildheit der Anwohner wegen und weil die Küsten keine Häfen hätten, noch beschwerlicher werde, 3 ließ er Mithridates durch die Flotte beobachten, damit er nirgendwohin fortsegeln konnte, und ihm die Zufuhr der Lebensmittel abschneiden. Er selbst aber wandte sich gegen die Albaner, nicht auf dem kürzesten Wege, damit er die durch Bewilligung eines Friedens sich in Sicherheit Wähnenden umso unverhoffter überfiele, 4 sondern ging von Armenien aus, wohin er zurückkehrte, über den Kyrnos an einer Stelle, wo dieser durch die Sommerhitze gangbar geworden war, ohne Brücke. Die Reiterei musste stromabwärts, nächst dieser das Lastvieh und unter diesem das Fußvolk, durchwaten, damit die Pferde die Gewalt des Wassers brächen und das Vieh, wenn auch vom Strom ergriffen, auf das zur Seite gehende Fußvolk stoße und nicht weiter fortgerissen werden könnte. 5 Von da zog er zum Fluss Kambyses und blieb zwar von Feinden unangefochten, desto mehr aber litt er mit dem ganzen Heer, obgleich er meist nur zur Nachtzeit marschierte, an Hitze und Durst. Denn seine Wegweiser, aus den Reihen der Gefangenen, hatten ihn nicht den besten Weg geführt. 6 Auch der Fluss leistete ihnen nicht den Dienst, den er sollte; denn sein eiskaltes Wasser, im Übermaß getrunken, war diesen höchst verderblich. Da sie auch hier keinen Widerstand fanden, zogen sie weiter zum Fluss Abas und führten nur Wasser mit sich, ihre anderen Bedürfnisse erhielten sie gutwillig von den Eingeborenen, weshalb diesen auch nichts zuleide geschah.
(4) Schon waren sie über den Fluss, als Kunde vom Anzug des Oroises kam. Pompeius wollte ihn, bevor er die Stärke des Römerreiches erführe, zur Schlacht bewegen, weil er sonst vielleicht wieder abgezogen wäre. 2 Die Reiter stellte er mit den nötigen Verhaltensmaßregeln voran und ließ die anderen, auf das Knie gebeugt und hinter die Schilde versteckt, ruhig halten, sodass Oroises ihre Gegenwart nicht bemerkte, bis die Schlacht angefangen hatte. 3 In dem Wahn, mit den Reitern allein leichte Arbeit zu haben, griff dieser sie, die ihm geflissentlich nicht lange standhielten, an und verfolgte sie mit aller Macht. Da erhoben sich plötzlich die Legionen, trennten sich, um ihren Leuten Raum zur sicheren Flucht zu geben, empfingen die mit blinder Hitze verfolgenden Feinde, 4 umringten viele und machten sie nieder, die Reiter aber, zur Rechten und Linken umschwenkend, fielen denen, die nicht umzingelt waren, in den Rücken. So erlegten sie auf beiden Seiten eine große Anzahl, und die anderen, welche sich in die Wälder gerettet hatten, verbrannten sie mit dem Ruf: »Io Saturnalia! Saturnalia!«, weil sie sie an diesem Feste angegriffen hatten.
(5) Nach diesen Erfolgen durchzog Pompeius das Land und gab den Albanern Frieden, schloss auch mit Stämmen, die am Kaukasus bis ans Kaspische Meer (wohin sich das am Pontus anhebende Gebirge erstreckt) wohnen und an ihn Gesandtschaften schickten, Verträge. 2 Auch Phraates wollte das Bündnis mit ihm erneuern lassen. Denn da er ihn mit solchem Nachdruck auftreten und seine Unterbefehlshaber die anderen angrenzenden Teile Armeniens und des Pontus erobern, Gabinius aber über den Euphrat bis an den Tigris vordringen sah, sank ihm der Mut, und er wünschte jetzt den früheren Freundschaftsvertrag zu festigen, erreichte jedoch seine Absicht nicht. 3 Pompeius benötigte nach den bisherigen und den zu hoffenden Erfolgen ein gutes Vernehmen mit ihm nicht mehr und sprach mit seinen Gesandten nicht nur überhaupt in einem hohen Ton, sondern forderte auch die Landschaft Korduene, über die er mit Tigranes im Streit lag, heraus. 4 Als jene erklärten, hierüber keine Aufträge zu haben, schrieb er einiges an Phraates, wartete aber keine Antwort ab, sondern schickte Afranius sogleich dahin ab, nahm dieselbe ohne Schwertstreich in Besitz und gab sie dem Tigranes. 5 Afranius zog sodann, den Verträgen mit dem Parther zuwider, durch Mesopotamien nach Syrien, kam aber vom rechten Weg ab und litt viel durch den Winter und den Mangel an Lebensmitteln. Sie wären umgekommen, wenn nicht die Karräer, Abkömmlinge der Makedonier, die in jenen Gegenden wohnen, ihn aufgenommen und weiter geleitet hätten.
(6) So verfuhr er gegen Phraates bei seiner jetzigen Übermacht und gab den deutlichsten Beweis, dass der Herrschsüchtige kein Recht als das der Waffen anerkennt und dass der Sieger nach Gutdünken Gesetze gibt; auch höhnte er ihn in seinem Titel, dessen er gegen alle anderen und selbst die Römer sich rühmte und den auch diese ihm jederzeit anerkannt hatten. 2 Er nannte sich König der Könige, Pompeius aber nannte ihn unter Weglassung der letzten Worte in seinem Schreiben schlechtweg »König«, obgleich er dem gefangenen Tigranes, und zwar gegen die sonstige Sitte der Römer, als er ihn zu Rom im Triumph aufführte, diesen Titel nicht vorenthielt. 3 So sehr ihn auch Phraates fürchtete und zum Freund zu haben wünschte, so kränkte dies ihn doch, als hätte er ihn damit seines Throns beraubt, dergestalt, dass er ihm durch Gesandte alle angetanen Unbilden vorhalten und den Übergang über den Euphrat untersagen ließ. 4 Als Pompeius keine günstige Antwort gab, zog er sogleich mit dem jungen Tigranes,88 dem er seine Tochter gegeben hatte, im Frühling des Jahres, in welchem Lucius Caesar und Gaius Figulus Konsuln waren, gegen Tigranes zu Felde, verlor die erste Schlacht und gewann die folgende. 5 Als Tigranes Pompeius in Syrien zu Hilfe rief, schickte Phraates nochmals Gesandte an ihn, machte ihm Vorwürfe und ließ sich auch nicht undeutlich über die Römer aus, sodass sich Pompeius zugleich schämte und fürchtete.
(7) So kam er denn weder Tigranes zu Hilfe, noch tat er überhaupt feindselige Schritte gegen Phraates, unter dem Vorwand, es sei ihm dieser Krieg nicht aufgetragen, auch stehe Mithridates noch unter Waffen. Er begnüge sich, sagte er, mit dem bisher Vollbrachten und wolle nicht, zu vieles erstrebend, wie Lucullus, das bereits Gewonnene verscherzen. 2 Seine Philosophie war diese: Die Begierde nach mehr sei jederzeit eine gefährliche Sache, nach fremdem Gut streben sei ungerecht. – Nur schade, dass er dieses Glaubens erst war, da jenes ihm nicht mehr freistand. Aus Furcht vor des Parthers Macht und der Unzuverlässigkeit des Glücks wollte er nicht ins Feld, obgleich ihn viele aufforderten, 3 und setzte sich über die Vorwürfe des Feindes als zu unbedeutend hinweg, indem er sie nicht widerlegte und sagte, er hätte bloß eine Grenzstreitigkeit mit Tigranes, die er durch drei Bevollmächtigte beilegen wollte. Er schickte sie; jene nahmen sie zum Schein als Schiedsrichter auf und verglichen sich über ihre gegenseitigen Ansprüche, indem Tigranes einerseits grollte, dass er die erbetene Hilfe nicht erhielt, 4 Phraates dagegen den Armenier nicht fallen lassen wollte, weil er ihn im Notfall als Bundesgenossen gegen die Römer brauchen konnte. Denn wohl wussten beide, dass, wer von ihnen den anderen unterdrücke und dadurch an Macht gewönne, es auch mit den Römern verderbe und selbst desto leichter bezwungen werden könne. 5 Dies waren die Gründe ihrer Verständigung. Pompeius überwinterte auch dieses Mal in Aspis, eroberte die anderen noch Widerstand leistenden Orte und bekam auch die Feste Symphorion durch Verrat der Stratonike in seine Gewalt. Diese, Gattin des Mithridates und erbittert über ihre Verstoßung, hatte die Besatzung zum Schein nach Proviant ausgeschickt und den Römern die Tore geöffnet, obgleich ihr Sohn […].89
(8) […] allein nicht nur deshalb erhielt Caesar als Ädil Beifall, sondern auch weil er die Römischen und Megalesischen Spiele90 aufs Prunkvollste gab, überdies bei dem Leichenbegängnis seines Vaters das glänzendste Fechterspiel anstellte. Die Kosten bestritt er zum Teil mit seinem Amtsgenossen Marcus Bibulus, zum Teil aber aus eigenen Mitteln. 2 Diesem aber stand er so sehr im Licht, dass er allen Ruhm davon allein erntete und alles allein bestritten zu haben schien. Bibulus sagte daher im Scherz, er habe das gleiche Schicksal wie Pollux; dieser habe mit seinem Bruder Castor einen gemeinschaftlichen Tempel, der aber nach jenem allein benannt werde.
(9) Darüber freuten sich die Römer, wurden aber durch Vorzeichen in große Bestürzung gesetzt. Auf dem Capitol nämlich schmolzen viele Standbilder, unter anderen dasjenige Iupiters auf einer Säule, vom Blitz getroffen, auch fiel ein Bild der Wölfin mit Romulus und Remus herab. 2 Die Buchstaben an den Säulen, in welche die Gesetze eingegraben, waren ineinandergeflossen und unleserlich geworden. Die übrigen Zeichen nun wurden nach dem Rat der Priester gesühnt. Für Iupiter beschlossen sie, eine größere Bildsäule, nach Osten und dem Forum schauend, zu errichten, damit die Verschwörungen, welche sie in Unruhe versetzten, ans Tageslicht kämen. 3 Dies geschah in diesem Jahre. Die Zensoren91 waren über den Völkern jenseits des Eridanos92 unter sich in Zwist geraten – der eine wollte ihnen das Bürgerrecht geben, der andere nicht –, taten auch sonst nichts und legten sogar ihr Amt nieder. 4 Aus demselben Grund taten ihre Nachfolger im nächsten Jahr ebenso wenig, weil sie bei der Prüfung des Senats durch die Volkstribune, welche aus der Liste der Senatoren gestrichen zu werden befürchteten, behindert wurden. 5 Auch wurden durch einen Gesetzesvorschlag des Volkstribuns Gaius Papius außer den Bewohnern des jetzigen Italiens alle in Rom sich aufhaltenden Fremden aus der Stadt gewiesen, da sie sich zu sehr herbeidrängten und es nicht funktionieren wollte, mit ihnen zusammenzuleben.
(10) Im folgenden Jahr, unter den Konsuln Figulus und Lucius Caesar, ergaben sich wenige, aber wegen des seltsamen Gangs menschlicher Dinge merkwürdige Ereignisse. 2 Sowohl derjenige, welcher den Lucretius auf Sullas Befehl umgebracht hatte, als auch ein anderer, welcher viele der von diesem Geächteten getötet hatte, wurden meist auf Iulius Caesars Betreiben dieser Mordtaten wegen angeklagt und bestraft. 3 So geschieht es oft, dass der Wechsel der Dinge die jüngst noch Allgewaltigen auf einmal aller Macht beraubt. Wenn dies aber vielen unerwartet kam, so war es nicht minder der Freispruch für Catilina, welcher keine geringere Anzahl solcher Geächteten umgebracht hatte und desselben Verbrechens angeklagt worden war. Dies machte ihn immer noch frecher und beschleunigte seinen Untergang. 4 Denn unter den Konsuln Marcus Cicero und Gaius Antonius, als Mithridates den Römern nicht mehr schaden konnte, vielmehr sich selbst entleibt hatte, unternahm er eine Staatsumwälzung, sammelte sich einen Anhang und bedrohte Rom mit einem gefährlichen Krieg. Beides trug sich auf folgende Weise zu.
(11) Mithridates, von seinen Missgeschicken ungebeugt, beschloss, mehr dem Willen als der Kraft vertrauend, während Pompeius in Syrien beschäftigt wäre, durch Skythien an den Ister93 vorzudringen und von da in Italien einzufallen. 2 Von Natur ein unternehmender Geist, durch die Erfahrung vieler Unfälle und Glücksfälle unterstützt, glaubte er alles wagen, alles hoffen zu dürfen. Misslänge es, so wollte er lieber mit ungebeugtem Sinn Leben und Reich zumal verlieren, als des Letzteren beraubt, in Niedrigkeit und ruhmlos fortzuleben. 3 Noch einmal sammelte er seine ganze Kraft. Je hinfälliger sein Körper wurde, desto kräftiger strebte sein Geist empor, sodass er die Schwäche des einen durch die Schwungkraft des anderen unterstützte. 4 Als aber seine Leute die Macht der Römer von Tag zu Tag steigen, die des Mithridates sinken sahen (außer anderem Ungemach hatte das furchtbarste Erdbeben, das man je erlebt hat, viele Städte des Reiches verschüttet), nahmen sie von ihm Abstand. Das Heer wurde unzufrieden; einige hatten sogar mehrere seiner Kinder entführt und an Pompeius ausgeliefert.