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(39) Mit diesen Mustern vor Augen beschimpft nicht die Taten der Väter, lasst das Reich nicht im Stich, dessen Glanz jetzt so groß ist! Nicht sind wir in der Situation derer, die keine gleichgroße Macht besitzen. 2 Jene mögen der Ruhe pflegen und ihre Sicherheit im Schutz der Mächtigeren finden; wir müssen durch Beschwerden, Krieg und Gefahren unsere jetzige glückliche Lage behaupten, nach welcher viele lüstern emporblicken. Alles Hohe wird mit eifersüchtigem, neidischem Blick betrachtet; ein ewiger Krieg der Schwächeren gegen die Übermacht besteht. 3 Entweder dürften wir uns von Anfang an nicht über die anderen Menschen erheben oder wir müssen nun, da wir so hoch gestiegen sind, solche Herrschaft errungen haben, entweder anderen mit Nachdruck gebieten oder zugrunde gehen, denn die, welche zu solchem Ansehen und solcher Macht gelangt sind, treten ohne Gefahr nicht mehr zurück! Folgen wir der Göttin des Glücks und stoßen sie, die aus freier Huld unsere Väter geschirmt und ihnen treu geblieben ist, nicht von uns zurück! 4 Dann aber dürfen wir nicht die Waffen wegwerfen, nicht unsere Posten verlassen, nicht müßig zu Hause sitzen, nicht untätig bei den Bundesgenossen herumschlendern, sondern müssen mit bewaffneter Hand den Frieden für uns sichern, durch Mühen und Gefahren zum Krieg uns üben, 5 um zeitigen Frieden zu gewinnen, den hilfsbedürftigen Bundesgenossen bereitwillig beistehen (denn so werden wir derselben immer mehr haben), und denen, die immer neue Kriege anfachen, keinen Fußbreit weichen; weil sich nur so jeder hüten wird, uns zu beleidigen.
(40) Wenn ein Gott uns verbürgte, dass wir auch ohne solche Vorkehr keine Feinde hätten und in Ruhe unserer Güter uns erfreuen dürften, so wäre es immer noch schimpflich, uns zur Trägheit zu raten; indessen hätten die Trägen unter uns einen scheinbaren Vorwand für sich. 2 Wenn aber diejenigen, welche Besitz haben, notwendig von vielen beneidet werden, so müssen sie den Angriffen derselben zuvorkommen. Denn wer über seinem Besitz müßig bleibt, bringt auch diesen in Gefahr, wer aber mit seinem Überfluss auch andere bekriegt, schützt auch sein Eigentum. 3 Denn keiner trachtet, um das Seinige besorgt, nach fremdem Gut, die Furcht für sein Eigentum hält immer am sichersten ab, sich in fremde Händel zu mischen. Wie kann aber einer fragen, warum wir immer neue Eroberungen machen? – 4 Erinnert ihr euch nicht, teils gehört, teils erlebt zu haben, dass kein Volk in Italien eher aufhörte, unserem Vaterland nachzustellen, als bis unsere Vorfahren es im eigenen Land heimgesucht haben? Die Epiroten nicht eher, als bis die Römer nach Griechenland übersetzten? 5 Nicht Philipp, der in Italien einfallen wollte, bis sie ihm zuvorkamen und sein eigenes Land verheerten? Nicht Perseus, nicht Antiochos, nicht Mithridates, bis jene das Gleiche wider sie getan haben? Doch wozu brauchen wir weitere Zeugnisse? 6 Solange wir die Karthager in Afrika in Ruhe ließen, fuhren sie nach Italien herüber, durchzogen das Land, zerstörten die Städte und hätten beinahe Rom selbst genommen. Als sie aber auf dem eigenen Boden bekriegt wurden, ließen sie sich in unserem Land nicht mehr sehen. 7 Dasselbe gilt auch von den Galliern und Kelten, denn diese kamen, solange jene sich diesseits der Alpen hielten, oft herüber und verwüsteten viele Teile Italiens; als wir aber diese Grenzen zu überschreiten wagten, den Krieg in ihr Land trugen und ihnen sogar einen Teil ihres Gebietes abnahmen, haben wir von ihnen nie mehr als ein einziges Mal einen Krieg in Italien erlebt. 8 Wenn dem nun so ist und einer noch haben will, dass wir nicht Krieg führen sollen, so heißt dies nichts weiter, als dass wir nicht reich sein, nicht über andere herrschen, nicht frei, nicht Römer mehr sein sollen. 9 Wie ihr nun einen solchen nicht unter euch dulden, sondern auf der Stelle niederstoßen würdet, so tut auch denen, meine Kriegsgefährten, die solche Reden führen. Nicht aus den Worten, an den Werken sollt ihr sie erkennen. Darin, dass man so gesinnt sein müsse, wird euch, hoffe ich, niemand widersprechen.
(41) Wenn einer aber glaubt, wir dürften bei diesem Krieg, weil der Senat ihn nicht vorberaten hat, das Volk nicht beschlossen habe, uns weniger beeilen, der bedenke, dass alle Kriege, die wir jemals geführt haben, teils nach vorhergehender Rüstung und Kriegserklärung begannen, teils je nach der Gunst des Augenblicks unternommen wurden. 2 Deshalb müssen Kriege, welche, während wir zu Hause und in Ruhe sind, auf vorhergegangene von Gesandtschaften geführte Beschwerden begonnen werden, notwendig vorher in Überlegung genommen und vom Volk beschlossen werden, die Konsuln oder Prätoren sich an die Spitze stellen und die Heere ins Feld führen. 3 Solche aber, die entstehen, wenn wir ausgezogen und im Felde sind, können nicht vorher überlegt werden, sondern werden von der Notwendigkeit selbst beschlossen und bestätigt; man muss zuvorkommen, bevor sie zu schwierig werden. Oder wofür hat uns das Volk hierher gesandt? 4 Weshalb sandte es mich sogleich nach dem Konsulat auf fünf Jahre hintereinander (was früher noch niemals vorgekommen ist) und mit vier Legionen aus, wenn es nicht geglaubt hätte, dass wir auf jeden Fall Krieg führen müssten? 5 Doch wohl nicht, damit wir in Untätigkeit unsere Leiber pflegen oder, in den verbündeten Städten und dem unterworfenen Land herumlungernd, diesen beschwerlicher als die Feinde fielen – dies wird wohl kein Einziger behaupten wollen –, sondern um das eigene Land zu schützen und das der Feinde zu verheeren, um unserer Kräfte und des Aufwands würdige Taten zu verrichten. 6 So ist daher nicht nur dieser Krieg, sondern jeder andere uns anvertraut und überlassen. Und sie taten wohl daran, uns die Entscheidung anheimzustellen und nicht selbst darüber Beschlüsse zu fassen. In Rom hätten sich die Verhältnisse der Bundesgenossen der großen Entfernung wegen nicht beurteilen und wider die kundigen und gerüsteten Feinde nicht so gut die geeigneten Maßregeln treffen lassen. 7 Wir aber, als Beurteiler und Leiter des Kriegs, können den Gegnern auf frischer Tat zu Leibe gehen und werden den Krieg weder unüberlegt, noch ungerecht, noch unvorbereitet eröffnen.
(42) Wenn aber einer von euch einwirft: »Was hat denn Ariovist so Schlimmes verbrochen, dass er, unser Freund und Bundesgenosse, mit einem Mal zu unserem Feind wird?«, der bedenke, dass man diejenigen, die uns zu schaden versuchen, nicht nur ihrer Taten, sondern auch ihrer Gesinnung wegen bekämpfen muss, dass man sie, bevor man wirklich durch sie zu Schaden kommt, nicht mächtig werden lassen und nicht mit der Rache warten darf, bis sie ihre Absichten wirklich ausgeführt haben. 2 Dass er jedoch unser Feind, unser erbittertster Feind ist – bedarf es wohl eines besseren Beweises als dessen, was er getan hat? Als ich ihn ganz freundschaftlich zu uns einlud, um mit ihm den jetzigen Stand der Dinge zu beraten, kam er nicht und versprach auch nicht zu kommen. 3 War es etwa unrecht, unbillig, unhöflich, dass ich ihn, den Freund und Bundesgenossen, zu uns beschied? Wie ungebührlich, wie übermütig hat er mein Ansinnen zurückgewiesen? Tat er es nicht offenbar, weil er etwas Schlimmes von uns erwartete oder weil er uns beschimpfen wollte? 4 Hat er einen Verdacht, so ist er offenbar feindlich gegen uns gesinnt. Denn keiner beargwöhnt uns, ohne von uns beleidigt worden zu sein; und der Argwohn entsteht nicht aus geradem, aufrichtigem Sinn; sondern nur wer anderen zu schaden gedenkt, den lässt sein böses Gewissen auch von diesen Arges erwarten. 5 Ist aber auch nichts der Art dahinter, hat er uns nur verhöhnen und mit übermütigen Reden beschimpfen wollen – was haben wir, falls es zur Tat kommt, von ihm zu erwarten? Wenn er uns schon in einer Sache, da er keinen Vorteil zu hoffen hat, so geringschätzig behandelt, legt er nicht klar an den Tag, dass er nichts Gutes sinnt, noch tut? Aber damit noch nicht zufrieden, befahl er mir noch, zu ihm zu kommen, wenn ich etwas von ihm wollte.
(43) Glaubt nicht, dass dieser Zusatz nichts besage; er ist ein starker Beweis für seine Gesinnung. Dass er nicht zu uns kommen wollte, könnte man noch mit Schüchternheit, Unpässlichkeit, Furcht entschuldigen; 2 dass er aber mich zu ihm kommen heißt, lässt keine Entschuldigung zu und beweist, dass er es aus keiner anderen Absicht getan hat, als weil er uns nicht nur nicht gehorchen, sondern sogar befehlen will. 3 Wie viel Hohn, wie viel Schmach liegt in alldem? Der Prokonsul der Römer entbietet einen zu sich – und der kommt nicht. Er entbietet den Prokonsul der Römer zu sich – er, ein Barbar. Dass er mir, Caesar, nicht gehorchte, dass er mich, Caesar, zu sich kommen hieß, dürft ihr nicht für gering oder unbedeutend halten. 4 Denn nicht ich hatte ihn beschieden, sondern der Römer, der Prokonsul, die Fasces, der Vertreter des Reichs, die Legionen! Nicht ich bin zu ihm beschieden, sondern alles das Genannte. Ich für mich habe mit ihm nichts zu beraten. Wir alle insgesamt haben gesprochen, gehandelt, uns allen gilt die Antwort, die Beleidigung!
(44) Je mehr also einer hervorhebt, dass er als Freund und Bundesgenosse eingeschrieben ist, desto hassenswerter zeigt er ihn uns. Und warum? Wessen sich keiner unserer abgesagtesten Feinde erkühnte, das hat er, der Freund und Bundesgenosse getan, als wäre er es nur zu dem Zweck geworden, um uns ungestraft beleidigen zu können. 2 Aber weder damals schlossen wir das Bündnis, um uns beschimpfen und misshandeln zu lassen, noch sind wir es, die das Bündnis brechen. Wir haben an ihn, als Freund und Bundesgenossen, Gesandte geschickt – und seht nun, wie er uns behandelt hat. 3 Wie er nun damals, da er uns Angenehmes erwies und von uns erfahren wollte, mit Recht jenen Namen geführt hat, so wird er auch jetzt, da er das Gegenteil von allem tut, mit ebenso viel Recht für unseren Feind gehalten. Und wundert euch somit nicht, dass ich selbst, der ich früher im Senat und vor dem Volk für ihn sprach, jetzt diese Sprache führe. 4 Denn ich bin noch derselben Meinung wie damals und ändere sie nicht. Und worin besteht sie? – Die Guten und Getreuen zu ehren und zu belohnen, die Schlechten und Treulosen aber mit Schmach und Strafe zu belegen. Er ist es, der sich ändert, der einen so üblen und ungebührlichen Gebrauch von unserer Güte macht. Dass wir ihn daher mit vollem Recht bekriegen, wird, hoffe ich, niemand mehr in Abrede stellen.
(45) Dass er aber nicht unbesiegbar oder unbezwingbar ist, zeigt die Erfahrung an seinen Stammgenossen, die wir früher oft und auch vor Kurzem noch besiegt haben; auch könnt ihr es daraus lesen, was wir von ihm selbst erfahren haben. 2 Denn er hat keine stehende Macht beisammen, und jetzt, da er nichts Feindliches erwartet, ist er völlig unvorbereitet. Auch von den Nachbarn wird ihm keiner, wie viel er auch verspreche, beistehen wollen. 3 Denn wer würde wohl auf seine Seite treten und wider uns streiten, ohne von uns beleidigt zu sein? Werden sich nicht vielmehr alle lieber an uns als an ihn anschließen und die nahe Tyrannei stürzen, um einen Teil seines Landes aus unseren Händen zu empfangen? 4 Und sollten sich auch einige zusammentun, so sind sie uns damit noch nicht überlegen. Denn abgesehen von unserer Menge, unserer Jugendkraft, unserer Kriegserfahrung, unseren Taten, sind wir am ganzen Körper gleich gewappnet, jene dagegen fast ganz nackt. Wir fechten mit besonnenem Mut und in fester Ordnung, jene dagegen stürmen ordnungslos in ihrem Ungestüm dahin. 5 Nicht dürft ihr vor ihrer Hitze, der Größe ihrer Körper oder ihrem Schlachtgeheul erschrecken. Geschrei hat noch niemanden getötet; mit ihren Leibern richten sie nicht mehr aus als wir, weil sie nicht mehr Hände haben, sind aber, als die Großen und Unbedeckten, weit mehr Gefahren ausgesetzt. Ihr Ungestüm aber, maßlos und blind einstürmend, entkräftet leicht und hält nur kurze Zeit an.
(46) Was ich sage, habt ihr selbst erfahren, eure siegreichen Kämpfe mit den gleichen Feinden rufe ich euch in Erinnerung, damit ihr euch nicht durch meine Worte getäuscht glaubt, sondern die sicherste Siegeshoffnung auf die eigenen Taten gründet. 2 Zudem werden an Galliern viele, die ihnen stets zur Seite standen, auf unserer Seite streiten; sodass, wenn je diese Völker etwas Furchtbares hätten, wir dies so gut für uns, wie jene es für sich haben. Dies bedenkt nun selbst und überzeugt die anderen. 3 Sollten jedoch einige von euch nicht gleicher Gesinnung sein, so werde ich gleichwohl den Krieg führen und nicht von dem Posten, auf den mich das Vaterland gestellt hat, weichen. Und dazu genügt mir die Zehnte Legion, die, ich bin gewiss, wenn es gälte, nackt durchs Feuer ginge. 4 Ihr anderen aber entfernt euch augenblicklich und seid mir länger nicht zur Last, indem ihr müßig auf des Staates Kosten zehrt, die Früchte fremder Mühen erntet und die von anderen erfochtene Beute für euch haben wollt!«
(47) Diese Rede Caesars fand nicht nur keinen Widerspruch, wie sehr auch einige entgegengesetzter Meinung waren, sondern allgemeinen Beifall, und hauptsächlich bei denen, die er als Urheber jener Gerüchte beargwöhnte; die Soldaten aber brachte er mit wenig Mühe zum Gehorsam, indem sich die einen des erwarteten Vorzugs wegen ermutigten, die anderen aus Ehrgeiz diesen nicht nachstehen wollten. 2 Die Zehnte Legion wählte er aus, weil sie ihm jederzeit besonders ergeben war. Die zum Felddienst bestimmten Legionen wurden nämlich nach der Ordnung der Aushebungen benannt und führen noch jetzt diese Namen. 3 Als Caesar sie einsatzwillig sah, ruhte er, damit ihr Mut nicht wieder erschlaffe, nicht länger, sondern brach sogleich gegen Ariovist auf und setzte ihn durch sein plötzliches Erscheinen so in Schrecken, dass er ihn zu Friedensverhandlungen zwang. 4 Doch verglichen sie sich nicht, denn er wollte in allem befehlen, Ariovist in nichts sich fügen. Der Krieg kam zum Ausbruch, und beide, ihre dortigen Bundesgenossen und ihre Feinde, waren in gespannter Erwartung eines nahen Kampfes, der den Besiegten dem Sieger zum Sklaven machen sollte. 5 Voraus hatten die Feinde den Römern ihre Menge und ihre Riesenkörper, die Römer jenen ihre Erfahrung und ihre Waffen. Der Ungestüm und die regellose, unbesonnene Hitze der Kelten wog Caesars Besonnenheit auf, sodass beide Teile, gleich stark, auch gleiche Hoffnungen hegten und von gleicher Kampfeslust beseelt waren.
(48) Als sie so einander gegenüberstanden, verboten die wahrsagenden Frauen den Feinden, vor dem Neumond eine Schlacht zu wagen. 2 Deshalb ließ Ariovist, welcher in solchen Fällen immer ihrer Weisung folgte, obgleich von den Römern herausgefordert, nicht sogleich das ganze Heer ins Handgemenge, sondern schickte die Reiter mit einigem Fußvolk aus und fügte ihnen so großen Schaden zu. Hierdurch übermütig, griff er einen über ihrem Lager gelegenen Punkt an und besetzte ihn. 3 Als die Römer dagegen einen anderen, gegenüberliegenden besetzten, rückte er, obgleich Caesar bis in den Mittag das Heer vor dem Lager in Schlachtordnung hielt, nicht zur Schlacht heran; als er sich aber gegen Abend zurückzog, fiel er plötzlich über ihn her und hätte beinahe ihr Lager genommen. 4 Über solchem Erfolg vergaß er die Wahrsagerinnen und führte, da die Römer am folgenden Tag, wie sie es jeden Tag getan hatten, in Schlachtordnung ausrückten, ihnen sein Heer entgegen.
(49) Sobald jene sie aus den Zelten hervorziehen sahen, blieben sie auch nicht müßig, rückten vor und gaben denselben keine Zeit sich zu ordnen, sondern ließen sie, im Lauf und unter Geschrei heranstürmend, nicht zum Speerwurf kommen, auf den sie am meisten vertrauten. 2 So nahe gerieten sie aufeinander, dass sie sich weder der Spieße noch der Langschwerter bedienen konnten. Sie drängten aufeinander zu und fochten mehr mit den Leibern als mit den Waffen, indem sie den Angreifer zurückzustoßen und den Gegner niederzuwerfen strebten. 3 Viele kämpften, auch des Gebrauchs der kürzeren Schwerter beraubt, mit Händen und Zähnen, indem sie die Gegner an sich rissen, bissen und zerfleischten, wobei ihnen die Größe ihrer Leiber sehr zustattenkam. 4 Doch war der Schaden, den sie dadurch anrichteten, nicht eben groß. Denn im Handgemenge waren die Römer ihnen durch Bewaffnung und Kunst gewachsen und gewannen nach langem Kampf spät am Abend die Oberhand. Ihre kurzen Schwerter, kleiner als die gallischen und mit stählernen Spitzen versehen, taten ihnen dabei die besten Dienste. 5 Auch waren sie den Barbaren durch größere Ausdauer in der Anstrengung überlegen, da der Angriff derselben mehr hitzig als nachhaltig war. So wurden jene besiegt. Denn sie wandten sich nicht zur Flucht, mehr weil sie aus Unschlüssigkeit und Entkräftung nicht mehr konnten, als weil sie nicht wollten. 6 Sie drängten sich nun je zu 300 oder auch in größerer und kleinerer Anzahl zusammen, hielten von allen Seiten ihre Schilde vor, und in dieser aufrechten Stellung waren sie ihrer geschlossenen Glieder wegen unangreifbar, aber auch wegen ihrer Dichte nicht imstande, sich zu rühren; sie blieben stehen, ohne etwas zu tun oder zu leiden.
(50) Weil sie weder vorrückten noch flohen, sondern wie in Türmen an derselben Stelle blieben, so warfen auch die Römer, welche gleich anfangs ihre Lanzen als unbrauchbar weggelegt hatten 2 und weder mit den Schwertern kämpfen noch die Köpfe, wo sie, unbedeckt fechtend, allein verwundbar waren, erreichen konnten, die Schilde weg, drangen teils im Anlauf, teils aus der Nähe auf sie ein und hieben gegen sie los. 3 So fielen manche sogleich auf den ersten Hieb, andere aber starben, ehe sie zu Boden sanken; denn wegen ihrer gedrängten Stellung wurden viele, obgleich schon tot, aufrecht gehalten. 4 Der größte Teil des Fußvolkes wurde teils auf diese Weise auf dem Schlachtfeld, teils bei den Wagen, wohin sie zurückgedrängt worden waren, mit Frau und Kindern zusammengehauen. Ariovist aber verließ mit den Reitern alsbald das Schlachtfeld und wurde auf seiner Flucht zum Rhein zwar verfolgt, aber nicht mehr eingeholt. 5 Er entkam auf einem Fahrzeug, seine Leute aber wurden teils bei der Überfahrt über den Rhein von den Römern niedergemacht, teils vom Fluss ergriffen und fortgerissen. So war auch dieser Krieg beendigt.
111 Nach Appian drohte ihnen die Todesstrafe.
112 Capua war seit dem zweiten Punischen Krieg wegen seines Abfalls zu Hannibal eine der zehn römischen Präfekturen in Italien, welche einen jährlichen vom Römischen Volk gewählten Statthalter (praefectus) hatten, während die Kolonien unter selbst gewählten Obrigkeiten standen.
113 Servilius Caepio.
114 Schon bekannt aus der Verschwörung des Catilina.
115 400 Meilen, 600 km.
116 Vielleicht ist Titus Annius Milo gemeint, der Ciceros Rückkehr betrieb und eine Schlägerbande gegen Clodius betrieb, den er tötete, weshalb er von Cicero vergeblich verteidigt wurde und ins Exil nach Massilia ging. Dass dies erst nach der hier dargestellten Szene geschah, mag Cassius Dio entgangen sein. Andere Textherausgeber lesen in der griechischen Handschrift statt Annius Aeneas oder Hannibal. Dafür spricht die Berühmtheit der anderen Aufgezählten.
117 Tafel liest: »glücklicher als Manlius, der sich während der Verbannung des Camillus durch Rettung des Capitols den größten Ruhm erworben hat, später aber vom Tarpeischen Felsen herabgestürzt worden ist.«
118 Gaius Aelius Paetus Stalenus.
119 Orgetorix war der Urheber der Auszugsidee, allerdings wurde er noch vor dem Aufbruch getötet.
120 Welche bei Genf über die Rhone führte.
121 Die Saône.
122 Bibracte.
123 Ariovist herrschte über sieben germanische Stämme, mit denen er aus dem Osten an den Rhein gezogen war.
124 Jetzt Besançon.
XXXIX. BUCH
INHALT
(1–5) Caesar bekriegt die Belger. (6–11) Cicero kehrt aus der Verbannung zurück. (12–16) Ptolemaios, aus Ägypten vertrieben, kommt nach Rom. (17–23) Cato ordnet die Verhältnisse Zyperns. (24–37) Pompeius und Crassus als Konsuln. (38–39) Einweihung des Pompeiustheaters. (40–43) Decimus Brutus, Caesars Legat, schlägt die Veneter in einem Seetreffen. (44–46) Publius Crassus, Caesars Legat, bekriegt die Aquitaner. (47–49) Caesar geht im Krieg mit einigen Keltenstämmen über den Rhein. – Der Rhein. (50–54) Caesar setzt nach Britannien über. Beschreibung dieser Insel. (55–63) Gabinius führt den Ptolemaios nach Ägypten zurück und wird dafür angeklagt. Das Buch umfasst vier Jahre mit den Konsuln:
57Publius Cornelius Lentulus Spinther und Quintus Caecilius Metellus Nepos56Gnaeus Cornelius Lentulus Marcellinus und Lucius Marcius Philippus55Gnaeus Pompeius Magnus II und Marcus Licinius Crassus II54Lucius Domitius Aenobarbus und Appius Claudius Pulcher(1) Nach Ablauf des Winters, in welchem Cornelius Spinther und Metellus Nepos das Konsulat angetreten hatten, erhob sich ein dritter Krieg. Die Belger nämlich, welche in vielen und vermischten Geschlechtern längs des Rheins wohnten 2 und sich bis an den Ozean Britannien gegenüber erstreckten, waren früher mit den Römern verbündet oder hatten keine Kenntnis von ihnen genommen. Als sie aber Caesars glückliche Erfolge sahen, fürchteten sie, er könnte sich auch gegen sie wenden, verbanden sich untereinander und verschworen sich, die Remer ausgenommen, zu einem gemeinschaftlichen Krieg wider die Römer, dessen Leitung sie Adras125 übertrugen.
3 Sobald dies Caesar von den Remern erfuhr, ließ er sie beobachten, bezog sodann ein Lager am Fluss Aurunnus,126 sammelte seine Soldaten und übte sie in den Waffen. Indessen traute er sich nicht, mit den Feinden, obgleich sie das Gebiet der Remer verheerten, handgemein zu werden, 4 bis sie, in dem Wahn, er fürchte sie, die Brücke besetzen und ihm die Zufuhr, welche er über dieselbe von den Bundesgenossen bezog, abschneiden wollten. Caesar erfuhr dies noch zeitig durch Überläufer und schickte bei Nacht das leichte Fußvolk mit den Reitern gegen sie.
(2) Diese fielen unerwartet über die Feinde her und töteten viele derselben, sodass alle in der folgenden Nacht in ihre Heimat aufbrachen, zumal sie Nachricht von einem Einfall der Haeduer erhielten. Caesar wagte jedoch in Unkenntnis der Gegend nicht sogleich, sie zu verfolgen, 2 holte sie aber, während er das Fußvolk nachkommen ließ, mit den Reitern ein. In der Meinung, sie hätten es nur mit den Reitern zu tun, stellten sie sich ihm zum Kampf, und er hielt sie bis zur Ankunft des Fußvolkes hin. Jetzt umgab er sie mit dem ganzen Heer und hieb die meisten nieder; der Rest ergab sich auf Bedingungen; und so unterwarf er diese Völkerschaften teils ohne Kampf, teils durch Krieg.
(3) Die Nervier, welche ihr Flachland wider ihn nicht halten zu können glaubten, überließen ihm dasselbe freiwillig und zogen sich in die dichtesten Waldgebirge zurück, 2 von wo sie, als Caesar auch dort auftauchte und sie in die Flucht trieb, unerwartet herabstürzten. Wo Caesar selbst sich befand, wurden sie geschlagen, auf den meisten Punkten aber überwältigten sie das Heer und beim ersten Angriff eroberten sie das römische Lager. 2 Als er dies gewahrte, kehrte er von der Verfolgung der Flüchtigen um und traf jene im Lager, in der Plünderung begriffen; er umringte sie und hieb die meisten zusammen. Die Bezwingung der übrigen Nervier bereitete ihm nicht mehr viele Schwierigkeiten.
(4) Indessen waren ihre Nachbarn, die Aduatucer, nach Geschlecht und Mut Kimbern,127 im Anzug, um ihnen zu helfen. Als diese aber aufgerieben waren, kehrten sie zurück und zogen sich, alle anderen Plätze verlassend, in eine Feste zusammen. 2 Caesar griff sie hier an, wurde aber mehrere Tage lang zurückgeschlagen, bis er endlich zum Bau von Maschinen schritt. Solange sie die Römer das Holz zimmern und die Maschinen zusammenfügen sahen, verlachten sie ihr Unternehmen, weil sie dessen Zweck nicht kannten. 3 Als sie aber fertig waren und von allen Seiten Schwerbewaffnete auf den Maschinen gegen sie vorgeschoben wurden, gerieten sie in Schrecken, weil sie noch nie etwas Ähnliches gesehen hatten, schickten Herolde an Caesar und Lebensmittel an seine Soldaten, auch warfen sie einige Waffen von der Mauer herab. 4 Als sie jedoch wieder die Maschinen von den Bewaffneten entblößt und die Römer ganz dem Siegeswahn hingegeben sahen, besannen sie sich eines anderen, gewannen wieder Mut und machten nachts einen Ausfall, um die Feinde zu überrumpeln. Da sie aber auf die Vorposten stießen (denn Caesar traf jederzeit alle nötige Vorsicht), scheiterte ihr Plan. Dafür wurde denn auch keiner mehr begnadigt. Alle wurden als Sklaven verkauft.