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(29) Clodius, der inzwischen wieder zu Pompeius übergesprungen war und in der Hoffnung, er werde ihn, wenn er ihm bei seinen jetzigen Absichten helfe, ganz für sich gewinnen, noch einmal seine Partei ergriffen hatte, trat, ohne sich an den Beschluss zu kehren, in der gewöhnlichen Kleidung vor dem Volk auf und sprach gegen Marcellinus und die Übrigen. 2 Als der Senat darüber in großen Unwillen geriet, brach er mitten in seiner Rede ab, verließ die Versammlung und stürzte in Richtung Curie, wo er beinahe den Tod gefunden hätte. Der Senat drängte sich ihm entgegen und verwehrte ihm den Zugang. 3 Er wurde von den Rittern umringt und wäre in Stücke gerissen worden, wenn auf sein Geschrei und seinen Notruf hin nicht viele mit Feuerbränden herbeigelaufen wären und gedroht hätten, sie samt der Curie zu verbrennen, falls sie ihm etwas zuleide täten. So entkam er dem drohenden Untergang.
(30) Pompeius, hierdurch nicht irregemacht, eilte einmal in den Senat, um sich dem Beschluss, den er zu fassen im Begriff war, zu widersetzen, und hintertrieb ihn auch wirklich. Als ihn Marcellinus öffentlich fragte, ob es ihm mit der Bewerbung um das Konsulat ernst sei, in der Hoffnung, er werde Abstand nehmen zu gestehen, dass er ein Staatsamt anstrebe, antwortete er, wegen der anständigen Männer brauche er das Konsulat nicht, der unruhigen Köpfe wegen aber wünsche er es dringend. 2 Als er nun offen damit hervortrat und Crassus die an ihn gleichfalls gerichtete Frage weder bejahte noch verneinte, sondern nach seiner Gewohnheit den Mittelweg einschlug und erklärte, er werde alles tun, was das Gemeinwohl fördere, so fürchteten Marcellinus und viele andere das Einverständnis und den Widerstand der beiden und kamen nicht mehr in den Senat. 3 Da sich nun die nach den Gesetzen erforderliche Zahl von Senatoren zur Abfassung eines Beschlusses über die Wahlen nicht versammelte, konnte überhaupt darüber nicht verhandelt werden, und das Jahr ging dahin. 4 Sie legten aber die Trauerkleidung nicht ab, besuchten die Festspiele nicht, wohnten dem Mahl beim Iupitertempel auf dem Capitol nicht bei,131 erschienen nicht bei den Latinischen Ferien,132 die wegen eines vorgekommenen Versehens zum zweiten Mal gefeiert wurden, auf dem Albaner Berg, sondern brachten wie Sklaven, die kein Recht hätten, Obrigkeiten zu wählen noch sonst ein Staatsgeschäft zu verrichten, den Rest des Jahres hin.
(31) Hierauf wurden Pompeius und Crassus mittels des Interregnums Konsuln, da keiner der früheren Bewerber gegen sie aufzutreten wagte. Lucius Domitius, der bis auf den letzten Tag darauf beharrt hatte, ging zwar am Abend von seinem Haus in die Versammlung ab; als aber der die Fackel vorantragende Sklave niedergemacht wurde, geriet er in Furcht und ging nicht weiter. 2 Weil sie also nirgends Widerstand erfuhren und außerdem Publius Crassus, des Marcius Sohn und damals Caesars Legat, zu diesem Zweck Soldaten nach Rom führte, fand ihre Wahl keinen Widerstand.
(32) Im Besitz der ersten Würde verschafften sie ihren Anhängern die übrigen Staatsämter und hinderten die Wahl Catos zum Prätor. Denn sie setzten voraus, dass er ihre Schritte nicht gutheißen würde, und wollten ihm deshalb nicht auch noch gesetzliche Macht zum Widerstand verleihen. 2 Die Besetzung der Prätur ging, weil Cato keine Gewalt anwenden wollte, friedlich vor sich. Über der Wahl der kurulischen Ädilen dagegen kam es zu blutigen Aufständen, wobei Pompeius selbst mit viel Blut bespritzt wurde. 3 Nichtsdestoweniger setzten sie die Wahl jener und der anderen vom Volk zu wählenden als ihnen ergebener Männer, da sie die Wahlversammlung hielten, durch, und gewannen sowohl die übrigen Ädilen wie auch den größeren Teil der Volkstribunen; zwei aber, Gaius Ateius Capito und Publius Aquilius Gallus, erklärten sich öffentlich gegen sie.
(33) Nach Besetzung der Staatsämter begannen sie sogleich, ihre Pläne zu verfolgen. Sie selbst sprachen weder im Senat noch vor dem Volk für sich, sondern stellten sich, als ob sie nichts weiter begehrten. 2 Der Volkstribun Gaius Trebonius stellte darauf den Antrag, dem einen Syrien und die Nachbarländer, dem anderen Hispanien, wo kürzlich einige Unruhen ausgebrochen waren, auf fünf Jahre zur Provinz anzuweisen und beide so viel Truppen, wie sie wollten, bei den Bürgern und Bundesgenossen ausheben und nach Belieben Krieg führen oder Frieden schließen zu lassen. 3 Als sich viele, und besonders Caesars Freunde, darüber aufhielten, weil jene, nachdem sie erlangt hatten, was sie wollten, Caesar beschränken und nicht mehr lange im Oberbefehl belassen würden, auch einige Miene machten, sich den Anträgen zu widersetzen, suchten die Konsuln, aus Besorgnis, ihre Pläne nicht durchsetzen zu können, dieselben dadurch zu gewinnen, dass sie auch jenem den Oberbefehl auf drei Jahre (wie es auch wahr ist) verlängerten. 4 Sie brachten aber ihren Vorschlag nicht eher vor das Volk, als bis sie ihrer Sache gewiss waren. Die Anhänger Caesars, auf die vorgedachte Weise gewonnen, rührten sich nicht, und die Übrigen, meist von sklavischer Furcht gefesselt und froh, wenn sie selbst nicht zu Schaden kamen, leisteten keinen Widerstand.
(34) Cato und Favonius aber, von den beiden Volkstribunen und einigen anderen unterstützt, widersetzten sich allem, was sie unternahmen; da sie aber als wenige gegen viele stritten, ereiferten sie sich vergeblich. 2 Favonius, dem der Tribun nur eine Stunde für seinen Einspruch gestattete, verschwendete sie mit unnützem Schreien über die Kürze der Zeit. Cato erhielt zwei Stunden Zeit, um zum Volk zu sprechen, 3 lenkte aber seiner Gewohnheit gemäß auf Klagen über den gegenwärtigen Zustand des Staates ab und war mit seiner Zeit am Ende, bevor er auf seinen Hauptgegenstand zu sprechen kam, nicht weil er darüber nichts zu sagen wusste, sondern um Trebonius vorwerfen zu können, dass er ihm, bevor er ausgesprochen habe, Stillschweigen gebiete. Er wusste wohl, dass er sie, wenn er auch einen ganzen Tag weiterspräche, doch nicht zu einem Beschluss, wie er ihn wünschte, bereden würde. 4 Daher hörte er, als man ihm Stillschweigen gebot, nicht sogleich auf, und als man ihn aus der Versammlung stieß und schleppte, kam er wieder und wurde, selbst als befohlen wurde, ihn ins Gefängnis zu führen, nicht ruhiger.
(35) So ging dieser Tag hin, ohne dass die Volkstribune zu Wort kamen. In allen Volksversammlungen nämlich, in welchen eine Sache beraten wurde, durften die Privatleute vor den Staatsbeamten sprechen, 2 wahrscheinlich, damit niemand, durch die Meinung des Mächtigeren bestimmt, von der eigenen etwas unterdrücke, sondern mit allem Freimut sage, was er für das Beste halte. 3 Gallus, besorgt, man möchte ihn am folgenden Tag nicht auf den Markt lassen oder es möchte ihm noch Schlimmeres begegnen, begab sich abends in die Curie und übernachtete daselbst, sowohl weil ihm der Ort selbst Sicherheit gewährte, als auch um von hier gleich am Morgen unter das Volk zu treten. 4 Trebonius aber ließ alle Tore der Curie schließen, sodass er die Nacht und den größten Teil des Tages darin zubringen musste. Ateius, Cato, Favonius und ihre anderen Anhänger ließen andere, welche in der Nacht den Versammlungsplatz besetzt hatten, nicht auf den Markt. 5 Als Favonius und Lucius Ninnius Quadratus Mittel fanden hineinzukommen, stiegen Cato und Ateius, der Volkstribun, auf die Schultern der Umstehenden, und riefen von da, dass sie in den Erscheinungen am Himmel den Zorn der Götter läsen; man müsse die Versammlung auflösen. Beide wurden von den Dienern der Volkstribune fortgetrieben, die anderen, welche mit ihnen waren, verwundet, einige sogar getötet.
(36) Als schon der Vorschlag durchgegangen war und die Menge sich verlief, nahm Ateius den mit Blut bedeckten Gallus, welcher beim Herausstoßen aus der Curie verwundet worden war, führte ihn in die Mitte der noch Versammelten und brachte durch dessen Anblick und eine geeignete Rede große Bewegung hervor. 2 Als die Konsuln, welche alles, was vorging, in der Nähe beobachteten, dessen gewahr wurden, eilten sie mit großem Gefolge herbei und suchten sie zu schrecken. Sie versammelten das Volk noch einmal und setzten auch das Caesar Betreffende durch, ohne dass jene, welche auch hier sich widersetzten, mit ihrem Widerstand etwas ausrichteten.
(37) Als sie nun diesen ihren Vorschlägen Rechtskraft verschafft hatten, schlugen sie darauf schärfere Strafen gegen die der Bestechung Schuldigen vor, als ob ihr eigenes Vergehen geringer wäre, weil sie nicht durch Geld, sondern mit Gewalt ihr Amt an sich gerissen hatten. 2 Auch suchten sie den aufs Höchste gestiegenen Luxus zu beschränken, obgleich sie sich selbst jeder Art Üppigkeit und Weichlichkeit hingegeben hatten. Aber eben dies bewirkte, dass sie mit ihrer Gesetzesvorlage nicht durchdringen konnten. 3 Der Redner Hortensius nämlich, der vor anderen viel Aufwand machte, stellte ihnen die Größe des Staates vor, lobte ihre eigene Pracht in den Häusern und ihre hochsinnige Freigebigkeit gegen Freunde und bewog sie, da er ihre eigene Art zu leben zum Beleg seiner Gründe anführte, ihren Antrag zurückzunehmen. 4 Aus Scham über diesen Widerspruch und weil sie nicht den Schein haben wollten, als ob sie das, was sie selbst taten, anderen zu verweigern suchten, nahmen sie freiwillig von ihrem Vorschlag Abstand.
(38) In denselben Tagen weihte Pompeius das Theater ein, welches wir noch jetzt als eine Zierde Roms betrachten, führte Musikstücke auf und Kämpfe nackter Ringer und im Circus ein Pferderennen und eine Hetze mit einer Menge der verschiedensten wilden Tiere. 2 500 Löwen gingen in fünf Tagen drauf, und 18 Elefanten kämpften mit Schwerbewaffneten, wovon einige sogleich auf dem Platz blieben, andere nicht lange darauf starben. 3 Das Volk empfand gegen die Erwartung des Pompeius mit einigen derselben Mitleid, als sie verwundet vom Kampf abließen und mit gen Himmel erhobenen Rüsseln umherlaufend so kläglich heulten, dass sie das Gerücht veranlassten, dass sie dies nicht ohne Grund und von ungefähr täten, sondern mit ihrem Geschrei sich auf die Eide beriefen, denen vertrauend sie aus Afrika herübergekommen seien, und die Götter zur Rache aufforderten. 4 Man erzählt nämlich, dass die Tiere nicht eher die Schiffe betreten hätten, als bis ihnen die Führer die eidliche Versicherung gaben, dass ihnen nichts zuleide geschehen würde. Ob dies sich so oder anders verhält, weiß ich nicht. 5 Andere erzählten, dass sie außer dem Verständnis der Landessprache auch der Erscheinungen am Himmel kundig seien, und an den Neumonden, ehe der Mond den Menschen sichtbar werde, an ein klares Wasser gehen und sich daselbst reinigen. 6 Dies ließ ich mir erzählen, so wie auch Folgendes, dass nämlich dieses Theater nicht Pompeius, sondern vielmehr Demetrius, einer seiner Freigelassenen, von dem Geld erbaut habe, das er in den Feldzügen seines Herrn erworben hätte. Daher habe er auch für billig erachtet, das Gebäude nach jenem zu benennen, um ihn nicht in schlimmen Leumund zu bringen, dass ein Freigelassener von ihm solche Summen zusammengebracht habe, um einen so großen Aufwand zu machen.
(39) Jedenfalls machte Pompeius damit dem Volk nicht geringe Freude; durch die Truppenaushebungen dagegen, die er für die ihnen zuerkannten Provinzen mit Crassus anstellte, tat er demselben empfindlich weh. Die Menge wurde umgestimmt und lobte jetzt Cato und seine Anhänger. 2 Als daher von einigen Volkstribunen zum Schein gegen ihre Unterbefehlshaber, in Wirklichkeit aber gegen sie wegen des durch sie Geschehenen eine Untersuchung angestellt wurde, wagten sie zwar keine Gewaltanwendung, legten aber, wie bei einem öffentlichen Unglück, mit den Senatoren ihres Anhangs Trauerkleider an. 3 Bald jedoch besannen sie sich eines anderen und legten sie, ohne einen Vorwand anzugeben, wieder ab. Obwohl nun die Volkstribune die Truppenaushebung zu hindern und den Beschluss wegen ihrer Feldzüge umzustoßen suchten, schien Pompeius doch nicht gekränkt. 4 Denn er hatte sogleich seine Unterbefehlshaber abgeschickt und blieb, als dürfte er sich nicht entfernen, zumal die Getreideangelegenheit seine Gegenwart notwendig mache, nicht ungerne zurück, um einerseits die Hispanischen Angelegenheiten durch seine Legaten zu besorgen, andererseits in Rom und dem anderen Italien alles selbst unter seiner Hand zu behalten. 5 Crassus dagegen, welcher keinen dieser Vorteile für sich hatte, entschloss sich, sein Heil in den Waffen zu suchen. Die Volkstribunen, welche einsahen, dass ihre wehrlose Freimütigkeit nicht imstande sei, seinem Vorhaben irgendwo Einhalt zu tun, schritten zwar nicht gegen ihn ein, ergossen sich aber in furchtbare Verwünschungen gegen ihn, ohne zu bedenken, dass sie in ihm dem Gemeinwesen fluchten. 6 Während er auf dem Capitol, der Sitte gemäß, die Götter um Glück für seine Waffen anflehte, verkündeten sie warnende Himmelserscheinungen und Schreckenszeichen und stießen, als er wirklich mit dem Heer aufbrach, viele und furchtbare Flüche wider ihn aus. Ateius wollte ihn sogar ins Gefängnis führen lassen, 7 als aber die anderen Volkstribune sich widersetzten, kam es zwischen ihnen zu einem Streit, und während dieser Verzögerung verließ Crassus die Stadt. War es nun Zufall oder Folge dieser Verwünschungen: Es dauerte nicht lange, so kam er um.
(40) Noch unter den Konsuln Marcellinus und Philippus unternahm Caesar einen Zug gegen die Veneter. Sie wohnen am Ozean und hatten einige zum Futterholen ausgeschickte römische Soldaten gefangen und hierauf die ihr deswegen geschickten Gesandten festgenommen, um gegen sie ihre Geiseln einzutauschen. 2 Caesar gab diese nicht zurück; vielmehr sandte er in verschiedenen Richtungen Heeresteile ab, um einerseits das Gebiet derer, die an dem Aufstand teilgenommen hatten, zu verheeren, damit sie einander nicht zu Hilfe kamen, andererseits das der Treugebliebenen zu bewachen, damit nicht auch sie Unruhen anfingen. 3 Er selbst brach gegen die Veneter auf. Nachdem er im Binnenland Fahrzeuge, die dem Vernehmen nach bei Ebbe und Flut brauchbar waren, hatte bauen lassen, ließ er dieselben den Liger133 hinabfahren; doch brachte er beinahe den ganzen Sommer hin, ohne etwas auszurichten. 4 Denn die Städte, auf von Natur aus festen Plätzen erbaut, waren unzugänglich, und der Ozean, welcher sie fast alle bespült, machte dem Fußvolk und der Flotte durch die Untiefen bei der Ebbe und die Brandung bei der Flut jeden Angriff unmöglich. 5 Caesar war in größter Verlegenheit, bis Decimus Brutus mit den leichten Schiffen aus dem Mittelmeer kam. 5 Er selbst zwar glaubte mit diesen nichts ausrichten zu können, die Barbaren aber unterschätzten die kleinen und schwachen Kähne und wurden besiegt.
(41) Diese nämlich waren, zur größeren Leichtigkeit und Geschwindigkeit des Laufs für das Bedürfnis unserer Schifffahrt gebaut. Die der Barbaren aber, welche bei der beständigen Ebbe und Flut oft auf dem Trockenen auffahren und die zu beiden Seiten anschlagende Strömung aushalten mussten, waren viel größer und dicker als jene. 2 Die Barbaren, welche noch nie mit solchen Schiffen zu tun gehabt hatten, hatten beim Anblick derselben von ihrer Tüchtigkeit eine so geringe Meinung, dass sie sogleich auf die im Hafen liegenden losfuhren, in der Hoffnung, sie mit wenig Mühe mit den Enterstangen in den Grund zu versenken. Sie fuhren mit einem starken und heftigen Wind daher; und da sie Segel aus Tierfellen hatten, fassten diese die volle Stärke desselben.
(42) Solange der Wind heftig blies, wagte Brutus wegen der Menge und Größe der Schiffe und des Ungestüms, womit der Wind sie dahertrieb, und weil er einen Hinterhalt fürchtete, nicht, ihnen entgegen zu fahren; sondern machte sich gefasst, ihren Angriff an Land abzuwehren und die Schiffe ganz zu verlassen 2 Als der Wind sich plötzlich legte, die Wogen nicht mehr hoch gingen, auch die Schiffe durch Rudern nicht mehr so schnell in Bewegung gesetzt werden konnten, sondern ihrer Schwerfälligkeit wegen kaum von der Stelle kamen, fasste er sich ein Herz, griff sie an und tat ihnen, 3 indem er um sie herum und mitten durch sie fuhr, sie bald anfiel, bald zurückwich, wo und wie lange er wollte, nicht geringen Schaden, ohne selbst dabei Verlust zu leiden. Bald griff er mit mehreren eines, bald mit gleicher Zahl mehrere mit wenigen ohne Gefahr an. 4 Denn wo er sich überlegen sah, da griff er an und bohrte die einen in den Grund, andere erstieg er gleichzeitig von vielen Seiten, focht mit der Schiffsmannschaft und tötete viele. Wenn er aber irgendwo den Kürzeren zog, entwich er mit wenig Mühe, sodass der Vorteil immer auf seiner Seite war.
(43) Die Barbaren nämlich, die sich weder mit Geschossen noch mit Steinen, als bedürfte es derselben nicht, versehen hatten, wehrten sich, wenn man ihnen zu Leibe ging, einigermaßen, mussten aber, wenn man sich in einiger Entfernung hielt, völlig untätig bleiben. 2 Daher wurden sie verwundet oder getötet, ohne sich verteidigen zu können. Ihre Schiffe stießen entweder auf den Grund und zerschellten oder wurden angezündet und verbrannt. Andere, von der Mannschaft entblößte, wurden angebunden und weggeschleppt. 3 Als dies die übrige Besatzung sah, töteten sie sich entweder selbst, um nicht lebendig gefangen zu werden, oder sprangen ins Meer, um in diesem oder beim Versuch, die feindlichen Schiffe zu entern, oder auf andere Weise durch die Römer umzukommen. 4 Ohne diesen an Mut und Kühnheit nachzustehen, litten sie, durch die Schwerfälligkeit ihrer Fahrzeuge preisgegeben, diesen furchtbaren Verlust. Damit jedoch nicht von Neuem ein stärkerer Wind die Schiffe in Bewegung setzen könnte, zerschnitten die Römer mit Sichelstanzen aus der Ferne ihre Taue und zerrissen die Segel. 5 Da sie auf ihren Schiffen gewissermaßen zu einer Landschlacht gegen jene gezwungen waren, kamen viele daselbst auf diese Weise um, alle Übrigen wurden gefangen genommen. Die Angesehensten unter ihnen ließ Caesar hinrichten, die anderen als Sklaven verkaufen.
(44) Hierauf zog er gegen die Moriner und die Menapier,134 ihre Grenznachbarn, zu Felde, indem er hoffte, sie durch seine bisherigen Taten in Schrecken gesetzt zu haben und nun leicht bewältigen zu können. Er brachte jedoch niemanden zur Unterwerfung. 2 Da sie nicht in Städten, sondern in Hütten wohnten und ihre beste Habe in ihre waldigsten Gebirge geflüchtet hatten, taten sie den angreifenden Römern weit mehr Schaden, als sie selbst erlitten. 3 Denn Caesar wollte durch Fällung der Wälder auf die Berge selbst vordringen, sah sich aber genötigt, wegen der Größe derselben und der Nähe des Winters davon abzusehen.
(45) Während er noch im Gebiet der Veneter war, hatte er seinen Legaten Quintus Titurius Sabinus gegen die Veneller, an deren Spitze Viridorix stand, abgeschickt. Anfangs setzte ihn ihre Menge so sehr in Furcht, dass er froh war, wenn er auch nur sein Lager gegen sie behauptete, 2 als er aber sah, dass sie dadurch nur noch beherzter wurden, in der Tat aber nicht sehr zu fürchten waren (wie denn die meisten Barbaren all ihre Furchtbarkeit in leere Drohungen setzen), fasste er wieder Mut und wagte zwar auch jetzt noch nicht, da sie ihm an Zahl bei Weitem überlegen waren, sich mit ihnen in offenem Kampf zu messen, 3 verleitete sie aber zu einem unbesonnenen Angriff auf sein auf einer Anhöhe stehendes Lager. Er schickte nämlich gegen Abend einen der Bundesgenossen, der ihre Sprache verstand, als Überläufer an sie ab und ließ durch ihn verbreiten, dass Caesar geschlagen sei. 4 Er fand Glauben, und die Barbaren, von Speise und Trank überladen, stürzten ohne Weiteres, um die Römer nicht entkommen zu lassen, sondern mit Mann und Maus (wie sie prahlten) zu vertilgen, 5 mit Holz und Reisigbündeln, die sie teils trugen, teils nachschleppten, um sie zu verbrennen, zum Hügel, und rannten ihn, da niemand widerstand, mit Ungestüm hinauf. Sabinus rührte sich nämlich nicht eher, als bis er sie größtenteils in seinem Bereich sah. Jetzt aber fiel er unerwartet von allen Seiten über sie her, setzte die Vordersten in Schrecken und jagte sie allesamt den Berg hinab. 6 Da sie auf der Flucht über einander und über das Holz stürzten, richtete er eine solche Niederlage unter ihnen an, dass weder sie noch die anderen sich weiter zu widersetzen wagten. 7 Denn die Gallier, in allem ohne Maß und Bedacht, kennen in Mut und in Furcht keine Grenze, sondern fallen aus jenem in unverhoffte Feigheit und aus dieser in übereilte Verwegenheit.
(46) In derselben Zeit unterwarf auch Publius Crassus, des Marcus Crassus Sohn, beinahe ganz Aquitanien. Sie sind nämlich gleichfalls Gallier, grenzen an das keltische Gallien und dehnen sich längs des Ozeans bis in die Pyrenäen aus. 2 Auf dem Zug gegen sie besiegte er die Sotiaten in einer Schlacht und eroberte ihre Stadt, wobei er durch ihre Treulosigkeit einige Leute verlor. 3 Während er an diesen deswegen empfindliche Rache nahm, sah er, wie sich andere unter der Führung sotiatischer Soldaten aus Hispanien sammelten und mit diesen den Krieg mit mehr Kunst als Ungestüm führen wollten, weil er wegen Mangels an Lebensmitteln bald mit dem Heer abziehen musste. Er stellte sich nun, als ob er sie fürchtete, und ließ sich verachten. Als er sie aber auch so nicht zum Angriff bewog, überfiel er sie, die ganz sorglos geworden waren, plötzlich und unverhofft. 4 Zwar richtete er auf der Seite, wo er angriff, nichts aus, da die Feinde einen Ausfall machten und sich wacker verteidigten; während sich aber hier alle Streitmacht zusammendrängte, schickte er einen Teil seiner Leute zur anderen Seite des Lagers, ließ sie, die von Mannschaft entblößt war, besetzen und den Kämpfenden in den Rücken fallen. So wurden alle bis auf wenige aufgerieben, welche sich ohne weitere Gegenwehr infolge eines Vergleiches ergaben. Dies geschah im Sommer.
(47) Während die Römer in Freundesland überwinterten, gingen die Tenkterer und die Usipeter, keltische Völkerschaften, zum Teil von den Sueben verdrängt, zum Teil von den Galliern herbeigerufen, über den Rhein und fielen in das Land der Treverer ein. 2 Hier trafen sie Caesar und ließen ihm durch Gesandte einen Vertrag anbieten und ihn bitten, er möchte ihnen Land anweisen oder gestatten, sich selbst welches zu erobern. Als ihnen beides verweigert wurde, versprachen sie anfangs, freiwillig heimzukehren, und baten um Waffenstillstand. 3 Hernach aber, da die Jüngern unter ihnen einige wenige Reiter Caesars auf sich zukommen sahen, verachteten sie dieselben und bereuten ihren Beschluss. Sie verschoben daher ihren Abzug und fügten jenen, die keine Feindseligkeit erwarteten, einigen Schaden zu. Hierdurch ermutigt, entschlossen sie sich zum Krieg.
(48) Die Älteren missbilligten es, kamen gegen den Willen jener zu Caesar und baten ihn, die Schuld auf wenige schiebend, um Verzeihung für das Geschehene. Caesar hielt sie zurück, als wollte er ihnen baldige Antwort geben, 2 zog aber indessen gegen die anderen unter den Zelten und fiel über sie, die der Mittagsruhe pflegten und, während jene bei ihm waren, nichts Feindliches erwarteten, her. Er drang auf sie ein und machte viele vom Fußvolk, die nicht einmal Zeit hatten, die Waffen zu ergreifen, und bei den Wagen unter dem Getümmel der durcheinanderlaufenden Frauen und Kinder in Verwirrung gerieten, nieder. 3 Die Reiter, welche abwesend waren, schlugen auf die Kunde des Vorgefallenen sogleich den Weg nach der Heimat ein und wandten sich zu den Sigambrern, von denen Caesar durch Gesandte deren Auslieferung verlangte, nicht als ob er die Auslieferung wirklich erwartet hätte (da die Völker am rechten Rheinufer die Römer noch nicht so sehr fürchteten, um solchen Forderungen Gehör zu geben), sondern um unter diesem Vorwand auch über den Rhein zu gehen. 4 Auszuführen, was noch kein römischer Feldherr vor ihm getan hatte, war sein unverrücktes Bestreben; zugleich hoffte er, die Kelten durch einen Einfall in ihr eigenes Land von Gallien entfernt zu halten. Als nun einerseits die Reiter nicht ausgeliefert wurden, andererseits ihn die Ubier, Grenznachbarn und Feinde der Sigambrer, zu Hilfe riefen, setzte er auf einer Brücke über den Fluss. 5 Als er aber fand, dass die Sigambrer sich in ihre festen Plätze geworfen hatten und die Sueben sich sammelten, um ihnen zu Hilfe zu ziehen, kehrte er innerhalb von zwanzig Tagen wieder zurück.