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(6) Die Römer vertrauten seinem Rat umso eher, da er von Caesar viele Wohltaten genossen hatte und sich dafür erkenntlich zu zeigen schien. Sie packten daher eiligst zusammen, zogen am Abend ab und fielen in die Hinterhalte, in denen sie bedeutende Verluste erlitten. 2 Cotta fiel mit vielen auf der Stelle, Sabinus aber rief Ambiorix zu sich, als wollte er ihn retten (denn er war dabei nicht zugegen, und schien es immer noch redlich mit ihm zu meinen), ließ ihn aber ergreifen und stieß ihn nach Abnahme der Waffen und Kleider mit dem Wurfspieß nieder, indem er unter anderem die Hohnworte sprach: »Wie erdreistet ihr euch, Leute solchen Schlages, über Männer, wie uns, herrschen zu wollen?« 3 So erging es diesen. Die anderen schlugen sich zum Lager durch, aus dem sie ausgezogen waren. Als sie aber auch hier von den Feinden angegriffen wurden und sich weder verteidigen noch entfliehen konnten, töteten sie einander selbst.
(7) Nach diesen Vorgängen empörten sich außer anderen Nachbarvölkern auch die Nervier, obgleich Quintus Cicero, Marcus Tullius Ciceros Bruder und Caesars Legat bei ihnen im Winterlager stand. Ambiorix verband sich mit ihnen und griff Cicero an. 2 Nach unentschiedenem Kampf, wobei er einige Gefangene gemacht hatte, suchte er auch ihn zu überlisten. Da ihm dies misslang, umringte er ihn und hatte ihn, bei der Menge von Händen und der Erfahrung, die er im Kriegsdienst unter den Römern erworben hatte, und durch die Anweisung, die er von den Gefangenen erhielt, in Kurzem mit Pfahlwerk und Graben eingeschlossen. 3 Oft kam es zwar, wie es in solchen Fällen natürlich ist, zu Kämpfen, und weit mehr Barbaren fielen, weil sie auch mehr waren, aber sie fühlten, eben ihrer Menge wegen, den Verlust nicht in dem Grade, wie die Römer, sodass diese, deren Anzahl ohnedies nicht groß war und jetzt immer mehr abnahm, mit leichter Mühe eingeschlossen wurden.
(8) Sie waren nahe daran, in die Gewalt der Feinde zu fallen, denn aus Mangel am nötigen Zubehör konnten sie die Wunden nicht pflegen, noch hatten sie der Überraschung der Belagerung wegen viel Mundvorrat. Zudem kam ihnen niemand zu Hilfe, obgleich viele umher in den Winterquartieren lagen, da die Barbaren überall die Wege bewachten, alle ihre Boten abfingen und vor ihren Augen töteten. 2 Ein Nervier jedoch, der ihnen wegen empfangener Wohltaten ergeben und damals mit Cicero eingeschlossen war, bot ihm einen Sklaven zum Boten an. Seiner heimischen Tracht und Sprache wegen konnte sich dieser als einer der Ihrigen, ohne entdeckt zu werden, unter die Feinde mischen, und seinen Weg dann weiter verfolgen.
(9) Auf die Nachricht davon kehrte Caesar, welcher noch nicht in Italien, sondern auf dem Wege dahin begriffen war, um und nahm die Soldaten aus den Winterquartieren, welche auf seinem Weg lagen, zu sich und eilte heran. Weil er befürchtete, Cicero möchte, an Hilfe verzweifelnd, unterliegen oder sich in einen Vergleich ergeben, schickte er einen Reiter voraus. 2 Dem Sklaven des Nerviers vertraute er, obgleich er seine Ergebenheit durch die Tat bewährt hatte, doch die Sache nicht an, weil derselbe aus Mitleid mit seinen Landsleuten großes Unheil über die Römer bringen konnte. Er ordnete deshalb lieber einen Reiter von den Bundesgenossen, ihrer Sprache kundig und in dieselbe Tracht gekleidet, ab. 3 Damit aber auch er weder freiwillig noch gezwungen etwas aussagen könnte, gab er ihm keinen mündlichen Auftrag, sondern schrieb dem Cicero das Nötige in griechischer Sprache auf, damit der Brief, wenn er auch abgefangen würde, den Barbaren dennoch unverständlich bliebe und nichts von seinem Plan verriete. Sonst pflegte er auch, wenn er etwas geheim schreiben wollte, jeden vierten Buchstaben statt dessen, den er setzen sollte, zu nehmen, um so den Leuten seine Schrift unlesbar zu machen. 4 Der Reiter gelangte zum Lager der Römer, weil er aber nicht nahe genug kommen konnte, wickelte er das Geschriebene in einen Pfeil und heftete denselben, als zielte er gegen die Feinde, vorsätzlich an einen Turm. So erfuhr Cicero den Anzug Caesars, fasste neuen Mut und hielt umso zuversichtlicher aus.
(10) Die Barbaren erfuhren lange nicht, dass Caesar zum Entsatz anrückte, denn er marschierte bei Nacht und lagerte den Tag über an den abgelegensten Orten, um sie womöglich unvermutet zu überfallen. Spät erst fassten sie aus der Fröhlichkeit der Belagerten Verdacht und schickten Kundschafter aus. Durch sie benachrichtigt, dass Caesar bereits in der Nähe sei, eilten sie ihm entgegen, um ihn unverhofft zu überfallen. 2 Caesar erfuhr es, blieb die Nacht ruhig und besetzte gegen Morgen einen festen Punkt, wo er in einem möglichst kleinen Raum ein Lager aufschlug, um sie glauben zu machen, dass er nur wenig Leute bei sich habe und, vom Marsch ermüdet, ihren Angriff fürchte, um sie dadurch auf die Anhöhe hinaufzulocken. 3 Dies geschah auch. Sie hofften, leichte Arbeit mit ihm zu haben, stürmten die Höhe hinan und bekamen einen solchen Schlag, dass ihnen alle Lust zu weiterem Krieg verging.
(11) So wurden Ambiorix und die Übrigen alle bezwungen, ohne deshalb günstiger gegen die Römer gestimmt zu sein. Denn als Caesar die Auslieferung der Rädelsführer von den einzelnen Völkerschaften verlangte und sie bestrafte, begannen die Treverer, aus Furcht gleichfalls bestraft zu werden, 2 auf Indutiomarus’ Anraten den Krieg von Neuem. Sie zogen noch andere, die Gleiches befürchteten, mit in den Krieg und rückten gegen Titus Labienus, der im Land der Remer stand, ins Feld, wurden aber, da die Römer wider Erwarten einen Ausfall machten, aufs Haupt geschlagen. Dies fiel in Gallien vor, und Caesar überwinterte daselbst, um alles besser in Ordnung bringen zu können.
(12) Crassus wünschte nun auch seinerseits, etwas zu unternehmen, das ihm Ruhm und Gewinn brachte, weil er aber dazu in Syrien keine Gelegenheit sah (denn hier hielten sie sich ruhig, und auch ihre früheren Feinde rührten sich seiner Übermacht wegen nicht), zog er gegen die Parther zu Felde, ohne eine Beschwerde gegen sie vorzubringen oder einen Auftrag zum Krieg zu haben. Er hörte nämlich, dass sie sehr reich waren, und hoffte mit Orodes, der noch nicht lange auf dem Thron saß, leicht fertig zu werden. 2 Er setzte daher über den Euphrat und drang unter Raub und Verheerungen tief nach Mesopotamien ein; denn sein Übergang kam den Feinden so unerwartet, dass nirgends gehörige Gegenmaßnahmen getroffen waren. So wurde auch der Satrap jener Landschaft Silakes bei der Festung Ichnai, wo er sich ihm mit wenigen Reitern entgegenstellte, besiegt und verwundet und zog sich zurück, um dem König in eigener Person die Kunde von Crassus’ Einfall zu bringen.
(13) Bald hatte Crassus die Festen und Städte, besonders die griechischen, und unter anderen auch Nikephorion137 genommen. Denn viele Siedler der Makedonier und der anderen Griechen, welche mit jenen den Feldzug gemacht hatten, gingen, über den Druck der Parther erbittert, mit Freuden über zu den Römern, auf die sie als auf Freunde der Griechen große Hoffnungen setzten. 2 Nur die Bewohner von Zenodotion luden ihn, indem einige derselben taten, als wollten auch sie übertreten, zu sich ein, fielen, als die Römer in der Stadt waren, über sie her und machten sie nieder, wodurch sie sich denn die Zerstörung ihrer Stadt zuzogen. Sonst tat oder litt Crassus hier keinen Schaden. 3 Auch hätte er, wenn er das erste Feuer der Seinen und den Schrecken der Barbaren überall gehörig benutzt, im Land überwintert und alle Punkte sorgfältig gesichert hätte, auf jeden Fall auch die übrigen festen Plätze diesseits des Tigris erobert. 4 So aber nahm er, nachdem er so viel eingenommen hatte, wie er im ersten Anlauf bekam, weder auf die anderen noch auf die schon Eroberten weiteren Bedacht, sondern ließ, seines langen Aufenthalts in Mesopotamien überdrüssig und nach dem ruhigen Wohlleben in Syrien sich sehnend, den Parthern Zeit, sich zu rüsten und die im Land zurückgelassenen Besatzungen zu stören. Dies war der Anfang des Kriegs der Römer gegen die Parther.
(14) Sie wohnen jenseits des Tigris, meist in Burgen und kleinen Festungen, jedoch auch schon in Städten, unter denen Ktesiphon die Residenz ihres Königs ist. Sie stammten von den alten Barbarenvölkern her 2 und führten ihren Namen schon unter der Herrschaft der Perser. Damals bewohnten sie jedoch nur einen kleinen Landstrich und hatten ihr Gebiet noch nicht über ihre Grenze erweitert. Als aber nach dem Sturz des Perserreichs die Macht der Makedonier aufblühte, als Alexanders Nachfolger, unter sich entzweit, einander ihre Länder entrissen und eigene Reiche gründeten, 3 traten sie unter einem gewissen Arsakes, von welchem ihre folgenden Könige Arsakiden genannt wurden, auf und waren so glücklich, das ganze Land umher zu erobern und Mesopotamien als eine Statthalterschaft zu besetzen. Ihr Ruhm und ihre Macht stiegen endlich zu solcher Höhe, dass sie es im Krieg selbst mit den Römern aufnahmen und ihnen, wie man glaubt, bis auf den heutigen Tag gleichkommen. 4 Sie sind allerdings gute Krieger, haben aber noch größeren Ruhm dadurch erlangt, dass sie, obgleich sie den Römern noch nirgends Land abgenommen, vielmehr einiges von dem Ihrigen an sie verloren haben, doch noch nie unterjocht worden sind, sondern sich noch jetzt, so oft sie mit uns zu tun haben, mit Auszeichnung schlagen.
(15) Über ihren Ursprung, ihr Land und ihre eigentümlichen Sitten und Gewohnheiten haben viele geschrieben, und ich bin nicht geneigt, dasselbe zu tun. Ihre Bewaffnung und ihre Art Krieg zu führen aber erfordern, als in meine Geschichte gehörig, nähere Beleuchtung. 2 Sie bedienen sich keiner Schilde und ziehen als Bogenschützen und Lanzenträger, zu Pferd, meist gepanzert, ins Feld. Ihr Fußvolk ist nicht zahlreich und von weniger Belang, es besteht gleichfalls aus lauter Bogenschützen. Von Kindesbeinen an üben sie sich und werden für beides durch Klima und Bodenbeschaffenheit gleichermaßen begünstigt. 3 Ihr Land, meist eben, eignet sich aufs Beste nicht allein zur Zucht, sondern auch zum Gebrauch der Pferde. Ganze Herden führen sie in den Kriegen mit sich, um nach Belieben zu wechseln, aus der Ferne ebenso schnell anzusprengen, wie plötzlich in große Weite sich zurückzuziehen. 4 Das Klima bei ihnen ist sehr trocken und ohne die geringste Feuchtigkeit, sodass es ihren Bogen die größte Spannkraft gibt, den höchsten Winter ausgenommen, weshalb sie auch in dieser Jahreszeit nie zu Felde ziehen. Zu jeder anderen Zeit hat man in ihrem, wie jedem dem ihrigen ähnlichen Land schweren Stand mit ihnen. 5 Die brennendste Sonnenhitze hat sie daran gewöhnt; gegen den Mangel an Wasser und dessen schwierige Herbeischaffung haben sie viele Mittel erfunden, sodass es ihnen schon dadurch leicht wird, die in ihr Land einfallenden Feinde abzuwehren. Auch außerhalb desselben und über dem Euphrat hatten sie schon mit Erfolg gekämpft und Einfälle gewagt, 6 aber einen anhaltenden Krieg mit gleichem Nachdruck ununterbrochen fortzuführen, vermögen sie nicht, wenn sie sich in eine von ihrem Land und Klima so ganz verschiedene Lage versetzt sehen, wohin sie weder Mundvorrat noch Sold in gehörigem Maße beizubringen verstehen. So viel von den Parthern selbst.
(16) Als Crassus, wie schon erwähnt, in Mesopotamien eingefallen war, schickte Orodes an ihn nach Syrien Gesandte, ihn wegen seines Einfalls zur Rede zu stellen und um seine Beweggründe zu dem Krieg zu erfragen, auch schickte er zu den eroberten oder abgefallenen Orten Surenas mit einem Heer. 2 Er selbst gedachte in das ehemals Tigranes gehörende Armenien zu ziehen, damit sein dermaliger König, Artabazes, Sohn des Tigranes, um das eigene Reich besorgt, den Römern keine Hilfstruppen schicke. 3 Crassus erwiderte, er würde ihm in Seleukia, einer Stadt Mesopotamiens, die noch jetzt größtenteils von Griechen bewohnt wird, die Beweggründe zum Krieg namhaft machen. Da sprach denn einer der Parther, mit den Fingern der rechten Hand in die linke schlagend: »Eher werden hier Haare wachsen, als dass du nach Seleukia kommen wirst.«
(17) In dem Winter, in welchem Gnaeus Calvinus und Valerius Messala Konsuln waren, ereigneten sich in Rom selbst viele Wunderzeichen. Man sah nämlich Eulen und Wölfe, und die Hunde liefen heulend durch die Stadt, auch schwitzten Bildsäulen oder sie wurden vom Blitz getroffen. 2 Mit Besetzung der Ämter kamen sie wegen Zänkereien, hauptsächlich aber wegen der Auspizien und Himmelszeichen erst im siebenten Monat zustande. Indessen ersah man nicht deutlich, worauf sie hinwiesen. Denn in der Stadt selbst war es unruhig, auch hatten die Gallier sich wieder gerührt, und mit den Parthern war man, man wusste selbst nicht wie, erneut zerstritten. 3 Desto deutlicher und unverkennbarer waren sie bei Crassus, als er an der Stadt Zeugma (denn so heißt der Ort seit Alexanders Feldzug, weil er daselbst übersetzte) über den Euphrat ging.
(18) Der sogenannte Adler (ein kleiner Tempel, in welchem ein vergoldeter Adler sitzt; er befindet sich bei allen ordentlich aufgehobenen Legionen und kommt nie aus dem Winterlager, wenn nicht das ganze Heer ausrückt; 2 ein Mann trägt ihn auf einer langen Stange, die in einen spitzigen Schaft ausläuft, sodass sie in den Boden gesteckt werden kann) – von diesen Adlern nun wollte einer damals nicht mit ihm über den Euphrat gehen, sondern hielt, wie angewachsen, im Boden, bis viele sich herumstellten und ihn mit Gewalt herauszogen. 3 Er folgte ihm also wider seinen Willen. Auch eine der großen segelähnlichen Fahnen, worauf der Name des Heeres und des Oberfeldherrn in roten Buchstaben steht, fiel, von heftigem Wind umgerissen, von der Brücke in den Fluss. 4 Crassus ließ nun auch die anderen von gleicher Länge, um sie kürzer und zum Tragen bequemer zu machen, abnehmen und vermehrte so die Wunderzeichen. Beim Übergang über den Fluss selbst umfing die Soldaten ein solcher Nebel, dass sie übereinanderfielen und nichts vom feindlichen Land sahen, bis sie den Fuß darauf setzten; 5 auch waren die Opfer für den Übergang und das Betreten des jenseitigen Ufers äußerst ungünstig. Es erhob sich ein heftiger Wind unter Blitzen, die Brücke ging auseinander, ehe noch alle hinüber waren. Da diese Vorfälle selbst den Einfältigsten und Unverständigsten belehren mussten, dass sie schlimm wegkommen und nicht zurückkehren würden, herrschten große Furcht und Niedergeschlagenheit im Heer.
(19) Crassus erklärte, um ihnen Mut zu machen: »Erschreckt nicht, Soldaten, dass die Brücke zugrunde gerichtet ist, und glaubt nicht, dass dies Unglück bedeute, 2 denn ich schwöre euch, dass ich den Rückzug über Armenien zu nehmen beschlossen habe.« Damit ermutigte er sie wieder, als er aber mit erhobener Stimme weitersprach: »Seid getrost, denn keiner von uns wird auf diesem Wege zurückkehren!«, 3 glaubten die Soldaten hierin eine weitere Vorbedeutung zu vernehmen, verfielen in noch größere Mutlosigkeit und hörten nicht mehr auf seine übrigen Ermunterungen, und dass er die Barbaren verächtlich machte, die Macht der Römer pries, ihnen Schätze und Belohnungen versprach. 4 Sie folgten ihm jedoch, ohne sich durch Worte oder Taten zu widersetzen, war es aus Gehorsam gegen die Gesetze oder weil sie so bestürzt waren, dass sie sich weder raten noch helfen konnten. Auch in allem anderen waren sie, wie von einer Gottheit dem Verderben geweiht, an Geist und Körper gelähmt.
(20) Am empfindlichsten schadete ihnen Abgaros von Osrhoëne zu, der, unter Pompeius den Römern verbündet, jetzt die Partei der Barbaren ergriff. Gleiches tat zwar auch der Araber Alchandonios, der immer auf die Seite des Stärkeren trat. 2 Allein dieser fiel öffentlich ab, sodass man vor ihm auf der Hut sein konnte. Abgaros dagegen hielt es mit den Parthern und gab sich doch als Freund des Crassus aus, schoss ihm reiche Geldsummen vor und entlockte ihm seine Pläne, um sie jenen zu verraten. Fasste jener einen vernünftigen Entschluss, so brachte er ihn davon ab und trieb ihn zu nachteiligen an. 3 Zugleich tat er Folgendes: Crassus wollte gegen Seleukia ziehen, wohin er längs des Euphrats und jenseits desselben mit Heer und Gepäck sicher zu kommen dachte, und von dieser Stadt aus, deren Bewohner er als Hellenen leicht zu gewinnen hoffte, ohne Mühe nach Ktesiphon überzusetzen. 4 Diesen Plan redete er ihm als zu zeitraubend aus und riet ihm, Surena, der mit wenigen Leuten in der Nähe stünde, ein Treffen zu liefern.
(21) Nachdem er hierauf dem einen Verderben, dem anderen den Sieg bereitet hatte (denn er nahm unter dem Vorwand der Kundschaft beständige Rücksprache mit Surena), führte er die Römer, die sich zu nichts Argem versahen, wie zum gewissen Sieg aus und fiel dann in der Schlacht selbst mit jenem über sie her. 2 Dies geschah auf folgende Weise: Die Parther rückten, nachdem sie den größeren Teil ihres Heeres in der unebenen und mit Bäumen bewachsenen Gegend versteckt hatten, gegen die Römer an. Als Crassus, nicht der Vater, sondern der Sohn, welcher zu jenem aus Gallien gekommen war, ihrer ansichtig wurde, hoffte er, mit ihnen allein leichte Arbeit zu haben, sprengte mit der Reiterei auf sie an, verfolgte sie, die geflissentlich flohen, als Sieger und kam zu weit vom Fußvolk ab. Er wurde umringt und eingeschlossen.
(22) Trotz dieses Verlustes wandte sich das römische Fußvolk nicht zur Flucht, sondern drang, um Crassus zu rächen, lebhaft auf die Parther ein, richtete aber gegen die Menge, wegen ihrer Kampfesweise und des Verrats Abgaros’, nichts Bedeutendes aus. 2 Dann drängten sie sich mit den Schiffen aneinander, um sich durch Schließung der Glieder gegen die feindlichen Pfeile zu decken, so griffen sie die Lanzenträger ungestüm an, warfen sie zu Boden oder sprengten sie wenigstens auseinander. Sie zerstreuten sie, um diesen zu begegnen und waren den Pfeilen ausgesetzt. 3 So kamen denn viele bei dem Angriff der Lanzenträger in Unordnung und wurden getötet. Viele wurden von den Reitern abgeschnitten und niedergemacht, andere von den Lanzen zu Boden geworfen oder aufgespießt und fortgeschleppt. 4 Die Pfeile, in dichtem Hagel von allen Seiten zugleich auf sie abgeschossen, streckten viele tödlich verwundet nieder oder machten sie kampfuntüchtig und hielten alle in Atem, da sie ihnen an die Augen, Hände und übrigen Körperteilen flogen und selbst durch Schild und Rüstung drangen, ihnen jeglichen Schutz raubten und sie beständiger Verwundung aussetzten. 5 Während einer einem Pfeile auswich oder einen, der in ihm steckte, auszog, wurde er aufs Neue verwundet. Sie wussten nicht, ob sie sich bewegen oder ruhig stehen sollten; das eine sicherte sie so wenig wie das andere, beides war verderblich, das eine konnten sie nicht, und im anderen Falle wurden sie leichter verwundet.
(23) Solches erlitten sie von den sichtbaren Feinden allein, denn Abgaros griff sie nicht sogleich an. Als aber auch er sie anfiel, hieben die Osrhoëner von hinten auf die Abgewehrten ein und erleichterten den anderen das Niedermetzeln. Denn um sich jenen Mann gegen Mann zu stellen, gaben sie sich im Rücken den Parthern preis. 2 Sie mussten sich jetzt wieder gegen diese, dann gegen jene und wieder gegen diese wenden. Durch solche beständige Wendungen nach dieser und nach jener Seite genötigt, sich immer wieder dahin zu kehren, woher sie verwundet wurden, gerieten sie noch mehr in Verwirrung, rannten einander in die Schwerter und kamen durch sich selbst um. 3 Endlich gerieten sie so ins Gedränge, dass sie gegen die unaufhörlichen Angriffe der Feinde von allen Seiten ihre Blößen hinter den Schilden ihrer Nebenmänner decken mussten und sich nicht mehr rühren konnten. Allein der Menge der Toten wegen vermochten sie auch so nicht festen Stand zu halten und stürzten über diese hin. 4 Hitze und Durst (es war Hochsommer und Mittag) quälten die Übrigen so furchtbar, dass viele unverwundet schon hier niederstürzten.
(24) Sie wären auch alle bis auf den letzten Mann umgekommen, wenn nicht die Lanzen der Barbaren sich verbogen hätten oder zerbrochen wären und die Bogensehnen durch das beständige Schießen zerrissen, die Pfeile verschossen, die Schwerter abgestumpft und vor allem die Kämpfenden selbst vom Morden ermüdet worden wären. 2 So brach die Nacht herein, sie hatten noch einen weiten Weg zu reiten und zogen ab. Denn nie lagern sie in der Nähe selbst der schwächsten Feinde, weil sie sich nicht verschanzen und, im Finsteren angegriffen, mit ihren Pferden und Pfeilen nichts ausrichten können. 3 Sie nahmen jedoch damals keinen einzigen Römer gefangen. Denn da sie dieselben noch in den Waffen dastehen und keinen diese wegwerfen oder fliehen sahen, glaubten sie dieselben noch einigen Widerstandes fähig und scheuten sich, sie weiter anzugreifen.
(25) So zog Crassus nebst den anderen, die es noch vermochten, nach Karrhai, das die daselbst zurückgebliebenen Römer besetzt hielten. Viele Verwundete, die weder gehen noch Wagen oder Führer bekommen konnten (denn die Übrigen waren froh, sich selbst davon zu schleppen), blieben auf dem Schlachtfeld zurück. 2 Einige derselben starben an ihren Wunden, andere töteten sich selbst, die Übrigen wurden mit wenig Mühe gefangen genommen. Von den Gefangenen kamen viele unterwegs, da ihre Kräfte versagten, viele auch später um, weil sie nicht die im Augenblick erforderliche Pflege fanden. 3 Crassus war dergestalt entmutigt, dass er sich nicht einmal in der Stadt sicher glaubte, sondern auf plötzliche Flucht sann. Weil es ihm aber nicht möglich war, bei Tag unentdeckt davonzukommen, versuchte er bei Nacht zu entfliehen. Allein der Vollmond verriet ihn, und er konnte den Feinden nicht entwischen. 4 Sie erwarteten also mondlose Nächte und brachen auf, doch in der Finsternis, in einem fremden und noch dazu feindlichen Land, unter Furcht und Angst, verloren sie einander aus den Augen. Ein Teil wurde bei Tagesaubruch gefangen und niedergemacht, ein anderer aber rettete sich mit dem Quästor Cassius Longinus nach Syrien. Andere flohen mit Crassus selbst in die Gebirge und wollten über dieselben nach Armenien entkommen.
(26) Als Surenas dies erfuhr und fürchtete, sie möchten, wenn sie jetzt entkämen, erneut Krieg anfangen, wagte er zwar nicht, sie auf den der Reiterei unzugänglichen Höhen anzugreifen (denn außer dass sie Schwerbewaffnete waren und den Vorteil der höheren Stellung hatten, hätten sie auch mit einer gewissen Tollkühnheit der Verzweiflung gefochten), ließ ihnen aber unter der Bedingung, dass sie das ganze Land jenseits des Euphrat räumen wollten, Frieden anbieten. 2 Crassus traute ihm unbedenklich, denn in höchster Furcht und Bestürzung über sein eigenes und des Staates Unglück, der Besinnung beraubt und gewahr, dass die Soldaten zu dem weiten und beschwerlichen Marsch keine Lust hatten und sich vor Orodes fürchteten, konnte er nicht mehr beachten, was nottat. 3 Als er sich zu dem Frieden bereit erklärte, wollte Surena denselben nicht durch andere schließen, sondern ließ ihm, um ihn mit wenigen abzuschneiden und in seine Gewalt zu bekommen, sagen, er müsse mit ihm selbst verhandeln. Sie kamen überein, auf dem zwischen beiden Heeren liegenden Platz mit der gleichen Anzahl Leute zusammenzutreten. Crassus zog mehr in die Ebene hinab und Surena schickte ihm, damit er schneller ankäme, ein Pferd zum Geschenk.
(27) Als Crassus zögerte und überlegte, was er tun sollte, ergriffen ihn die Barbaren und setzten ihn mit Gewalt aufs Pferd. Die Römer wollten es verhindern und wurden handgemein. Anfangs blieb der Kampf unentschieden, als aber mehrere Barbaren herbeieilten, bekamen diese die Oberhand. 2 Denn weil diese auf der Ebene standen und darauf vorbereitet waren, kamen sie den Römern auf der Höhe zuvor. Sie fielen und mit ihnen Crassus, entweder durch einen seiner Leute, damit er nicht lebendig gefangen würde, oder durch die Feinde, nachdem er bereits schwer verwundet war. 3 Ein solches Ende nahm Crassus, und die Parther gossen ihm, wie wenigstens einige erzählen, zum Hohn Gold in den Mund, denn so sehr war er, der reichste Mann, auf das Geld erpicht, dass er alle als arm bedauerte, die nicht aus eigenen Mitteln ein Heer unterhalten könnten. 4 Seine Soldaten entkamen zum größten Teil in Freundesland, ein Teil aber fiel den Feinden in die Hände.