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(49) Diese Stimmung benutzten Rufus und Titus Munatius Plancus, um das Volk noch mehr aufzuwiegeln. Gegen Tagesanbruch brachten sie, damals Volkstribunen, den Leichnam auf den Markt, legten ihn auf die Rednerbühne und zeigten ihn allen, indem sie durch Worte und Gebärden den Eindruck noch zu erhöhen suchten. 2 Die Menge geriet durch das, was sie sah und hörte, so sehr in Aufregung, dass sie sich an keine Religion mehr kehrte und mit Verlegung aller Leichengebräuche beinahe die ganze Stadt in Asche gelegt hätte. Denn sie hoben die Leiche des Clodius auf, trugen sie in die Curie und legten sie zurecht; hierauf türmten sie von den Bänken einen Holzstoß auf und verbrannten sie samt der Curie. 3 Dies taten sie nicht in leidenschaftlichem Ungestüm, wie solches oft plötzlich die Menge ergreift, sondern aus vollem Vorbedacht. Denn sie hielten noch um die neunte Stunde mitten auf dem Markt bei noch rauchender Curie das Begräbnismahl und wollten auch noch das Haus Milos niederbrennen; 4 doch wurde es nicht verbrannt, da es von zu vielen Leuten verteidigt wurde. Bisher hatte sich Milo, wegen der Folgen seines Mordes besorgt, verborgen gehalten und wurde nicht nur von Leuten aus dem Volk, sondern auch von Rittern und Senatoren beschützt. Nach diesen Vorgängen aber hoffte er, dass sich der Unwille des Senats auf die Freveltat seiner Gegenpartei wenden würde. 5 Die Senatoren hatten sich wenigstens noch am Abend deshalb auf dem Hügel Palatin versammelt und beschlossen, einen Interrex zu ernennen und diesen, die Volkstribunen und außerdem Pompeius mit dem Schutz der Stadt zu beauftragen. Da trat er denn wieder öffentlich auf und bewarb sich, wie zuvor oder noch eifriger, um das Konsulat.
(50) Dies führte zu vielen neuen Kämpfen und blutigen Auftritten, sodass der Senat seinen vorgenannten Beschluss in Kraft setzte und Pompeius in die Stadt rief, ihn zu neuen Aushebungen ermächtigte und Trauerkleider anlegte. 2 Als er nicht lange darauf eintraf, versammelten sie sich außerhalb der Stadtmauer bei seinem Theater unter Schutz, beschlossen, die Gebeine Clodius’ zu sammeln und Faustus, Sullas Sohn, den Wiederaufbau der Curie zu übertragen. 3 Sie war nämlich die Hostilische und von Sulla umgebaut worden; deswegen fassten sie auch diesen Beschluss und fügten hinzu, dass sie nach ihrer Wiedererrichtung jenen Namen erneut führen sollte. Als die Stadt in gespannter Erwartung war, wer an die Spitze treten würde, und die einen schrien, man müsse Pompeius zum Diktator, die anderen, man müsse Caesar, 4 den das Volk seiner Taten wegen so sehr verehrte, dass es deshalb ein sechzigtägiges Dankfest verordnete, zum Konsul wählen, da kamen, aus Furcht vor beiden, die anderen Senatoren mit Bibulus, welcher im Senat zuerst seine Meinung zu sagen hatte, dem Ungestüm der Menge zuvor und gaben Pompeius das Konsulat, um ihn nicht zum Diktator zu ernennen, und zwar ihm allein, um ihm nicht Caesar zum Amtsgenossen geben zu dürfen. 5 So neu und beispiellos dies auch war, so schienen sie es doch nach richtiger Berechnung getan zu haben. Denn da er weniger als Caesar die Gunst der Menge suchte, glaubte sie ihn damit vollends von dieser loszureißen und für sich zu gewinnen. Und so kam es auch; denn durch das Neue und Unerwartete dieser Ehre aufgeblasen, kümmerte er sich nicht mehr um die Gunst der Menge, sondern tat alles, wie es dem Senat gefiel.
(51) Er wollte jedoch nicht allein Konsul sein und wandte, mit der Ehre zufrieden, es dem Beschluss nach sein zu können, den Neid von sich ab, den er sich dadurch zugezogen hätte. 2 Weil er aber fürchtete, Caesar könnte durch die Begünstigung des Volkes in die unbesetzte Stelle als Mitkonsul gewählt werden, leitete er es durch die Volkstribunen ein, dass jenem, damit er sich nicht für ganz übergangen hielte und mit Recht darob aufgebracht wäre, erlaubt wurde, auch abwesend zu der gesetzlichen Zeit sich um das Konsulat bewerben zu können. Er selbst aber nahm Quintus Scipio, seinen Schwiegervater, obgleich er der Bestechung angeklagt war, zum Kollegen. 3 Dieser war nämlich dem Geschlechte nach ein Sohn Nasicas, durch testamentarische Erbschaft aber in die Familie des Metellus Pius aufgenommen und führte deshalb den Namen derselben, vermählte seine Tochter mit Pompeius und erhielt dafür das Konsulat und den Freispruch von der wider ihn erhobenen Anklage.
(52) Überhaupt wurden viele dieser Beschuldigung wegen vor Gericht gefordert, besonders weil durch die Gesetze des Pompeius die Gerichte zu größerer Strenge angehalten waren. Denn all die Männer, aus denen man die Richter durch das Los zu nehmen beschlossen hatte, wählte er selbst und bestimmte die Anzahl der Rechtsanwälte für jeden Teil, damit die Richter nicht durch die Menge derselben beunruhigt und eingeschüchtert würden. 2 Für den Ankläger setzte er zwei und für den Beklagten drei Stunden Redezeit fest. Weil aber früher vielfacher Unfug damit getrieben wurde, dass die Beklagten einige Lobredner aufstellen durften und sehr viele durch die Lobreden glaubwürdiger Männer der Strafe entkamen, nahm er die Änderung vor, dass sich niemand mehr in solchen Fällen dazu gebrauchen lassen dürfte. 3 Dies und anderes wurde für alle Gerichte festgesetzt. Gegen die der Amtserkaufung Schuldigen stellte er solche auf, die früher desselben Vergehens für schuldig befunden worden waren, und setzte ihnen eine nicht unbedeutende Belohnung aus; 4 denn wenn einer zwei Männer, die in gleichem oder geringerem Maße als er selbst, oder einen, der in höherem Grade schuldig war als er selbst, überführt hatte, so wurde ihm die eigene Strafe gänzlich erlassen.
(53) Unter vielen anderen, die dessen überführt wurden, war auch Plautius Hypsaeus, der sich mit Milo und Scipio um das Konsulat beworben hatte. Von den dreien aber, die sich dessen schuldig gemacht hatten, wurde jener allein verurteilt. 2 Auch Scipio war von zweien angeklagt worden, um Pompeius willen aber nicht vor Gericht gestellt. Milo wurde dafür nicht vorgeladen, da dies gegen die Anklage wegen des Mordes zu unbedeutend war. Wegen des Letzteren wurde er gerichtet und verurteilt, ohne durch Gewalt etwas ausrichten zu können. Denn Pompeius hatte nicht nur die übrige Stadt mit Posten besetzt, sondern erschien selbst mit Bewaffneten beim Prozess. 3 Als einige dagegen protestierten, befahl er den Soldaten, sie mit der quer gehaltenen, flachen Klinge vom Markt zu vertreiben. Als sie aber nicht wichen und über diese Schläge, als geschähe es zum Spaß, ihren Spott trieben, wurden einige verwundet und sogar getötet.
(54) Die Richter konnten sich nun ungestört versammeln, und viele wurden wegen anderer Vergehen, wegen der Ermordung des Clodius aber Milo nebst anderen verurteilt, obgleich er Cicero zum Verteidiger hatte. 2 Denn dieser Redner kam über den Anblick des Pompeius und der Soldaten, welche gegen die Gewohnheit das Gericht umgaben, so außer Fassung und in Furcht, dass er von dem, was er eigentlich sagen wollte, nichts vorbrachte, die wenigen Worte aber, die er sprach, gleichsam auf der Zunge ersterben ließ und froh war, sich wieder davonmachen zu dürfen. 3 Die Rede, die man noch jetzt von ihm hat, als wäre sie damals für Milo gehalten worden, schrieb er später in Muße und bei ruhigerer Verfassung. Auch erzählt man darüber das Folgendes: Als der verbannte Milo diese Rede von ihm geschickt erhielt, schrieb er ihm dagegen, es sei ein Glück für ihn, dass Cicero dieselbe nicht so vor den Richtern gehalten habe, denn hätte er ihn so verteidigt, würde er jetzt in Massilia, wo er in Verbannung lebte, keine so guten Seebarben speisen. 4 Dies schrieb er aber nicht, weil er mit seiner Lage zufrieden war (denn er ließ nichts unversucht, um wieder nach Rom kommen zu dürfen, sondern aus Spott über Cicero, dass dieser, wo es galt, nichts Erhebliches zu seiner Verteidigung vorgebracht hatte, hinterher aber eine nichts fruchtende Rede ausarbeitete und ihm zusandte, als ob sie ihm noch etwas helfen könnte.
(55) Milo wurde also verurteilt, das Gleiche widerfuhr Rufus und Plancus, sobald sie ihr Amt niederlegten, und mit ihnen noch vielen anderen wegen des Niederbrennens der Curie, obgleich sich für Plancus Pompeius selbst verwendete, ja sogar eine Schrift, die eine Lobrede und Fürbitte für ihn enthielt, an die Richter sandte; 2 denn Marcus Cato, der mit unter den Richtern war, erklärte, er werde diesen Lobredner durchaus nicht zur Umstoßung seiner eigenen Gesetze zulassen. Zwar stimmte er nicht selbst ab, weil es Plancus, der ein verdammendes Urteil von ihm erwartete, sich verbat; nach den Gesetzen des Pompeius durfte nämlich jede der beiden Parteien aus der Zahl der Richter fünf ausschließen. 3 Allein die anderen Richter verurteilten ihn; denn sie fanden es unrecht, nach Verurteilung des Rufus Plancus, der dasselbe verschuldet hatte, ihn freizusprechen und widersetzten sich, da sie Pompeius sich für ihn verwenden sahen, demselben nur umso mehr, damit sie nicht ihm gegenüber mehr als dessen Sklaven denn als Richter erschienen. 4 Auch jetzt benahm sich Cicero bei der Anklage gegen Plancus nicht besser als bei Milos Verteidigung. Denn der Anblick des Gerichts war derselbe und Pompeius ihm beide Male in Rat und Tat entgegen, weshalb er ihn wieder nicht wenig gegen sich aufbrachte.
(56) Neben diesen Anordnungen erneuerte Pompeius auch das außer Anwendung gekommene Gesetz über die Wahlen, nach welchem die Bewerber um ein Amt notwendigerweise selbst in der Versammlung erscheinen mussten und niemand in Abwesenheit gewählt werden konnte. Auch setzte er den kurz vorher gefassten Beschluss in Kraft, dass niemand nach seinem Abgang von einem Staatsamt vor Ablauf des fünften Jahres um eine Provinz losen sollte. 2 Trotz dieser Verordnungen entblödete er sich nicht, bald darauf für sich selbst Hispanien auf weitere fünf Jahre zu nehmen und Caesar, dessen Anhänger sich darob unzufrieden zeigten, zu erlauben, sich, dem Beschluss gemäß, auch abwesend um das Konsulat zu bewerben, 3 indem er dem Gesetz hinzufügte, dass es nur diejenigen sollten tun dürfen, denen es namentlich und ausdrücklich gestattet wurde. Dies war aber ebenso viel, als ob es gar nicht verboten worden wäre, denn jedenfalls konnte, wer sich mächtig genug fühlte, diese Ausnahme für sich geltend machen. Solche Maßregeln traf Pompeius in der Staatsverwaltung.
(57) Scipio gab kein neues Gesetz, sondern hob auch das des Clodius in Betreff der Zensoren auf. Es schien zwar, als wollte er ihnen dadurch eine Gunst erweisen, indem er denselben ihre frühere Gewalt zurückgab, es zeigte sich aber das Gegenteil. 2 Denn da der Ritterstand und der Senat meist aus schlechten Menschen bestanden, konnte man jenen [den Zensoren], so lange sie keinen, der nicht angeklagt oder verurteilt war, aus der Liste streichen durften, auch keinen Vorwurf machen. 3 Nachdem man ihnen aber ihre vorige Gewalt, vermöge deren sie für sich die Lebensweise eines jeden untersuchen und ihn ausstreichen durften, zurückgegeben hatte, wagten sie weder, es sich mit so vielen zu verderben, noch sich dem Tadel auszusetzen, dass sie die Schlechten auf der Liste ließen. So kam es, dass sich keiner mehr um diese Ehre bewarb. Dies geschah hinsichtlich der Zensoren.
(58) Cato suchte sonst nicht um ein Staatsamt nach; als er aber Caesar und Pompeius zu mächtig für das Gemeinwesen werden sah und befürchtete, sie könnten sich entweder gemeinsam die Regierung teilen oder, entzweit, gefährliche Polarisierung erregen und der Sieger sich zum Alleinherrscher aufwerfen, so versuchte er, sie, 2 bevor sie sich als Feinde bekämpften, zu stürzen, und bewarb sich um das Konsulat gegen sie, weil er als Privatmann nichts auszurichten vermochte. Weil aber die Anhänger derselben diese Absicht bei ihm vermuteten, wurde er nicht gewählt, sondern Marcus Marcellus und Sulpicius Rufus, 3 der eine wegen seiner Gesetzeskenntnis, der andere wegen seiner Beredsamkeit, und zwar umso mehr, weil sie nicht durch Geld oder Gewalt, sondern durch höfliches Benehmen und freundliches Zureden die Leute für sich gewonnen hatten. Cato dagegen gab keinem ein gutes Wort. 4 Er bewarb sich später nie mehr um das Konsulat, indem er es für die Pflicht des rechtschaffenen Mannes erklärte, sich der Regierung des Staates nicht zu entziehen, wenn man ihn dafür in Anspruch nehme, nie aber, sich unziemlicherweise dazu hinzudrängen.
(59) Marcellus, ein Anhänger des Pompeius, bot sogleich alles auf, um Caesar zu stürzen, und brachte unter vielen anderen auch den Antrag ein, demselben noch vor der festgesetzten Zeit einen Nachfolger zu senden. Ihm widersetzten sich Sulpicius und einige Volkstribune, diese aus Gunst für Caesar, jener noch aus dem weiteren Grund, dass es den meisten nicht gefiel, einem Statthalter, welcher nichts verbrochen hatte, zwischen der Zeit den Oberbefehl zu nehmen. 2 Auf die Nachricht davon stellte sich Pompeius, welcher die Stadt verlassen hatte, um nach Hispanien zu seinem Heer zu gehen, aber noch nicht außerhalb Italiens war, sondern seinen Unterbefehlshabern alle nötigen Verhaltensanordnungen gegeben hatte und selbst lauernd in der Nähe der Stadt blieb, so, 3 als ob auch er nicht billige, dass man Caesar den Oberbefehl nehme, suchte aber einzuleiten, dass er nach Verlauf der ihm bewilligten Zeit, die nicht mehr lange dauerte, sondern schon im folgenden Jahr zu Ende ging, die Waffen niederlegen und als Privatmann in die Stadt zurückkehren sollte. 4 Deshalb verhalf er dem Gaius Marcellinus, einem Neffen oder Bruder (des Marcus) – beides findet man in den Quellen – und Caesars Feind, obgleich mit diesem verschwägert, zum Konsulat und dem Gaius Curio, der jenen auch schon seit langer Zeit hasste, zum Volkstribunat.
(60) Caesar, welcher sich ohnehin nur schwer entschlossen hätte, nach einem so ansehnlichen und langen Oberbefehl in den Privatstand zurückzutreten, und zugleich fürchtete, vor seinen Feinden wehrlos gemacht zu werden, bereitete sich darauf vor, auch wider ihren Willen denselben zu behaupten, warb neue Soldaten an, sammelte Geld, sorgte für Waffen und suchte sich der Ergebenheit seiner Leute zu versichern. 2 Damit es aber schiene, als wollte er nicht alles mit Gewalt, sondern auch auf dem Wege der Güte durchführen, wünschte er in Rom selbst sich Freunde zu machen und beschloss, sich mit Curio auszusöhnen. Denn dieser war aus dem Geschlecht der Curionen, besaß Scharfsinn und große Beredsamkeit, war bei dem Volk sehr beliebt und scheute keinen Geldaufwand, wenn es galt, entweder den eigenen Vorteil wahrzunehmen oder etwas für andere durchzusetzen. 3 Diesen gewann Caesar dadurch, dass er ihm große Hoffnungen machte und ihn von allen seinen Schulden, die seines großen Aufwands wegen bedeutend waren, befreite. Denn um seinen Absichten Erfolg zu geben, scheute er keine Kosten, da sie ihm eine reiche Hilfsquelle werden mussten, und verhieß anderen noch viel mehr, wovon er übrigens nicht den geringsten Teil zu halten gesonnen war. 4 Aber nicht nur frei Geborenen, sondern auch Sklaven, die bei ihren Herren etwas vermochten, schmeichelte er so, dass selbst auf diesem Wege viele Ritter und Senatoren für ihn gewonnen wurden.
(61) Curio war jetzt zwar Caesars Freund, trat aber nicht sogleich als solcher auf; denn er suchte einen schicklichen Vorwand, um sich das Ansehen zu geben, als sei er nicht freiwillig, sondern gezwungen übergetreten; auch glaubte er, je länger er sich zu Caesars Feinden als ihr Freund halte, desto mehrere und wichtigere Geheimnisse von denselben zu erfahren. 2 Daher hielt er seine Gesinnung lange Zeit geheim, und um jeden Verdacht einer Sinnesänderung zu vermeiden, als ob er nicht mehr in Gesinnung und Rede einer der ersten und hauptsächlichsten Widersacher Caesars wäre, sprach er seit dem Antritt seines Tribunats wider ihn vor dem Volk und machte viele ungereimte Vorschläge. 3 Vieles schlug er auch gegen den Senat und die mächtigsten Männer vor, die es selbst mit Pompeius hielten, nicht weil er wünschte und hoffte, etwas davon durchzusetzen, sondern um nach ihrer Verwerfung auch gegen Caesar, gegen den schon viele Anträge gestellt worden waren, nichts durchgehen zu lassen und dies zum Vorwand seines Übertritts zu nehmen.
(62) Nachdem er bald unter diesem, bald unter jenem Vorwand die Zeit hatte verstreichen lassen, ohne dass etwas bestätigt wurde, stellte er sich unwillig und verlangte die Einschaltung eines Monats zur Durchsetzung seiner Gesetze. Dies geschah zwar, so oft es nötig war,140 aber jetzt war es nicht der Fall, wie er selbst als Pontifex wohl wusste. 2 Dennoch bestand er darauf und suchte seine Pontifikatsgenossen scheinbar zu überschreien. Als er sie nicht dazu bewegen konnte, ihm beizustimmen (was er ja auch nicht wünschte), ließ er auch nichts anderes zur Abstimmung bringen. Jetzt fing er an, Caesars Sache öffentlich zu verteidigen, 3 und weil er nichts gegen ihn hatte ausrichten können, nun für ihn Forderungen zu machen, die unmöglich gewährt werden konnten. Besonders drang er darauf, dass entweder alle, die unter den Waffen standen, diese niederlegen sollten oder dass man auch Caesar nicht entblößen und den Heeren seiner Gegner preisgeben dürfte. 4 Dies schlug er aber nicht vor, weil er etwa gewollt hätte, dass es Caesar tue, sondern weil er wusste, dass sich Pompeius nicht dazu verstehen würde. So erhielt auch jener einen vernünftigen Vorwand, seine Soldaten nicht zu entlassen.
(63) Wie nun Pompeius sah, dass er auf anderem Wege nichts ausrichtete, griff er unverhohlen zu härteren Mitteln und trat offen mit Wort und Tat wider Caesar auf, ohne jedoch etwas zu bewirken; 2 denn außer vielen anderen standen auch Lucius [Aemilius] Paulus, Marcellus’ Amtsgenosse, und sein Schwiegervater, der Zensor Lucius Piso, auf seiner Seite. Denn Zensoren waren um diese Zeit Appius Claudius und Piso, der Letztere wider seinen Willen. 3 Dieser nahm der Verwandtschaft wegen Caesars Partei; Claudius dagegen, welcher zu Pompeius hielt, war zwar gegen Caesar, aber nützte ihm selbst gegen seinen Willen. Er strich nämlich sehr viele Ritter und Senatoren aus der Liste, indem er die Zustimmung seines Amtsgenossen erzwang, und machte sie dadurch alle zu Anhängern Caesars. 4 Piso, der überhaupt nicht gern Ungelegenheiten hatte und seines Schwiegersohnes wegen vielen freundlich tat, nahm nichts der Art vor, widersetzte sich aber auch dem Appius nicht, als dieser alle Freigelassenen, aber auch Männer aus sehr vornehmen Geschlechtern, darunter den Geschichtsschreiber Gaius Sallustius Crispus, aus dem Senat stieß. 5 Nur Curio, der gleichfalls gestrichen werden sollte, bat er, unterstützt von Paulus, seinem Verwandten, los.
(64) Deshalb strich ihn nun Appius zwar nicht aus der Senatsliste, sprach aber die Meinung, die er von ihm hatte, öffentlich dort aus, sodass jener vor Unwillen seine Kleider zerriss. Marcellus ergriff ihn jetzt und ließ, in der Hoffnung, der Senat werde gegen Curio und seinetwegen gegen Caesar einen strengen Ausspruch tun, über ihn abstimmen. 2 Curio widersetzte sich anfangs der Abstimmung über ihn, als er aber bemerkte, dass der größte Teil der anwesenden Senatoren teils wirklich für Caesar war, teils ihn fürchtete, ließ er es geschehen 3 und sprach nur folgende Worte: »Ich bin mir bewusst, dass ich bei allem, was ich tat, immer nur das Wohl und den Nutzen des Vaterlands wollte, und übergebe euch Leib und Leben, beschließt darüber, was ihr wollt!« Marcellus hoffte bei seiner Anklage ihn jedenfalls verurteilt zu sehen, 4 wie er aber von der Mehrzahl freigesprochen wurde, entrüstete er sich, sprang aus der Curie, eilte zu Pompeius in die Vorstadt und übertrug ihm, auf eigene Faust, ohne vorherigen Beschluss den Schutz der Stadt und den Befehl über zwei Bürgerlegionen. Diese Soldaten waren schon zu diesem Zweck versammelt und damals gegenwärtig.
(65) Pompeius hatte früher Caesar, als er noch mit ihm befreundet war, eine der für ihn ausgehobenen Legionen gegeben, da er selbst keinen Krieg führte, jener aber Soldaten brauchte. 2 Als sie sich aber entzweiten, wollte er nicht nur diese von ihm zurückerhalten, sondern ihm unter dem Vorwand, dass Bibulus sie gegen die Parther brauche, eine zweite nehmen. Damit keine neuen Aushebungen nötig würden (denn die Sache habe Eile, und man habe Legionen genug), veranlasste er den Beschluss, dass beide, er und Caesar, ihm jeder eine abgeben sollten. 3 Von den eigenen Leuten aber gab er keine, sondern befahl denen, die mit der Suche beauftragt waren, von Caesar die früher diesem Abgetretenen zurückfordern. So schickten dem Schein nach beide, im Grunde aber Caesar zwei Legionen ab. 4 Obwohl dieser seine Absicht durchschaute, gehorchte er dennoch, um sich nicht des Ungehorsams schuldig zu machen; auch konnte er unter diesem Vorwand noch weit mehr Soldaten an deren Stelle werben.
(66) Diese Legionen standen also bereit, gegen die Parther geführt zu werden; weil man sie aber nicht mehr brauchte, befahl Marcellus zunächst in der Besorgnis, sie könnten Caesar zurückgegeben werden, sie in Italien zurückzuhalten, übergab sie aber jetzt, wie ich schon vorhin erwähnte, dem Pompeius. 2 Weil aber das Jahr zu Ende ging und eine solche Verordnung ohne Bewilligung des Senats oder Volkes nicht gültig blieb, eilte er mit den für das nächste Jahr designierten Konsuln, Cornelius Lentulus und Gaius Claudius, zu Pompeius und ließ auch sie ihn damit beauftragen. 3 Zu Staatsämtern designierte Männer konnten nämlich damals sowohl Verordnungen bekannt machen, als auch andere ihr künftiges Amt betreffende Verfügungen noch vor dem Antritt desselben erlassen. Daher glaubten sie sich auch hierzu ermächtigt. Pompeius, der sonst alles mit größter Strenge beobachtete, nahm sie, da er nun derselben bedurfte, ohne lange zu fragen, wie und von wem er sie bekam, unbedenklich an. 4 Dieser kühne Schritt aber hatte keine entsprechenden Folgen, sie hatten nur ihre feindselige Gesinnung gegen Caesar an den Tag gelegt und gaben diesem, ohne selbst eine kräftige Maßregel für sich zu treffen, einen anständigen Vorwand, seine Soldaten zu behalten. 5 Curio machte darüber den Konsuln und Pompeius vor dem Volk die heftigsten Vorwürfe und eilte, gleich nach Niederlegung seines Amtes, geradewegs zu Caesar.
136 Die Themse.
137 In der Nähe des Euphrats, von Alexander dem Großen erbaut.
138 Antigonia war von Antigonos unweit von Antiochia am Fluss Orontes erbaut und bald darauf von Seleukos zerstört, später aber wieder aufgebaut worden.
139 Die Seine.
140 Dieses Recht stand den Pontifices zu und wurde oft missbraucht.
XLI. BUCH
INHALT
(1–17) Caesar kommt nach Italien. Pompeius verlässt dasselbe und setzt nach Makedonien über. (18–37) Caesar unterwirft Hispanien. (38–46) Caesar setzt gegen Pompeius nach Makedonien über. (47–51) Caesar und Pompeius kämpfen bei Dyrrhachium. (52–63) Caesar besiegt Pompeius bei Pharsalos. Das Buch umfasst zwei Jahre mit den Konsuln:
49Lucius Cornelius Lentulus und Gaius Claudius Marcellus48Gaius Iulius Caesar II und Publius Servilius Isauricus(1) Nachdem er diese Schritte getan hatte, traf Curio am 1. Januar, demselben Tag, an welchem Cornelius Lentulus und Gaius Claudius ihr Konsulat antraten, mit einem Schreiben Caesars an den Senat in Rom ein, übergab es aber den Konsuln erst, als sie in die Curie kamen, 2 damit sie dessen Empfang nicht verheimlichen konnten. Auch so zögerten sie noch lange und wollten es nicht verlesen, wurden aber endlich von den Volkstribunen Quintus Cassius Longinus und Marcus Antonius hierzu gezwungen. 3 Antonius wurde später für diese Gefälligkeit gegen Caesar reichlich belohnt und zu hohen Ehren erhoben. Das Schreiben enthielt unter anderem eine Aufzählung der Verdienste Caesars um den Staat nebst einer Rechtfertigung gegen die wider ihn erhobenen Beschuldigungen. 4 Er versprach, seine Heere zu entlassen und auf den Oberbefehl zu verzichten, sobald Pompeius dasselbe getan haben würde. Denn bliebe dieser unter Waffen, so könnte von ihm nicht mit Fug und Recht gefordert werden, sie niederzulegen, da er so der Willkür seiner Feinde ausgesetzt würde.