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(20) Zwar hatte er Gaius Fabius dahin vorausgeschickt; weil er aber besorgt war, dieser möchte, auf eigene Faust eine Schlacht wagend, den Kürzeren ziehen, unternahm er selbst den dortigen Feldzug. Daselbst befehligten damals Afranius und Petreius, welche zwar die Gebirgspässe besetzt hielten, ihre Hauptmacht aber bei Ilerda zusammengezogen hatten und dort den Feind erwarteten. 2 Fabius nun, der ihre Wachposten auf den Pyrenäen überwältigt hatte, griffen sie beim Übergang über den Fluss Sicoris unversehens an und töteten ihm einen großen Teil der Mannschaft, welcher von ihm, als beim Übergang die Brücke zerrissen war, abgeschnitten worden war. 3 Als aber bald darauf Caesar dazu kam, auf einer anderen Brücke über den Fluss setzte und ihnen eine Schlacht anbot, trauten sie sich lange nicht, mit ihm handgemein zu werden, sondern blieben ruhig ihm gegenüber im Lager. 4 Dadurch ermutigt suchte er eine zwischen ihnen und der Stadt gelegene feste Stellung zu gewinnen, um sie von dieser abzuschneiden. Afranius aber kam ihm, als er seine Absicht bemerkte, 5 zuvor, wehrte den Angriff ab, verfolgte die Fliehenden und hielt eine Weile dem Ungestüm der aus dem Lager Nachrückenden stand, wich dann geflissentlich zurück und lockte sie an eine vorteilhaftere Stelle, wo er eine noch größere Anzahl niedermachte. Durch diesen Vorgang ermutigt, überfielen sie die Futterholer und brachten den Zerstreuten Verluste bei. 6 Als ein Heeresteil auf das jenseitige Flussufer kam und indessen die Brücke durch einen Sturm zerrissen wurde, gingen sie auf der anderen Brücke, die dicht bei der Stadt war, über den Fluss und richteten, da niemand zu Hilfe kommen konnte, alle zugrunde.
(21) Durch diese Vorfälle kam Caesar in große Not, als ihm auch von den Bundesgenossen keiner zu Hilfe kam, weil die Feinde sie, immer wenn sie sich näherten, abfingen, und es ihm große Mühe bereitete, die Lebensmittel im fremden Land und bei solchen Niederlagen herbeizuschaffen. 2 Auf diese Nachrichten gab man in Rom, als könnte er sich nicht länger halten, seine Sache verloren, neigte sich auf die Seite des Pompeius, und unter anderen gingen auch wieder einige Senatoren zu diesem über. 3 Und wären nicht indessen die Massalioten, obgleich von Domitius unterstützt und durch ihre Erfahrung im Seewesen im Vorteil, von Brutus durch die Größe seiner Schiffe und die Tapferkeit der Mannschaft in einer Seeschlacht besiegt und völlig in die Stadt eingeschlossen worden, so hätte nichts mehr seinen gänzlichen Untergang aufgehalten. 4 Nun aber tat die geflissentlich übertriebene Schilderung dieser Erfolge bei einigen Hispaniern solche Wirkung, dass sie sich für Caesar entschieden. Durch ihren Beitritt bekam er jetzt Lebensmittel im Überfluss, schlug Brücken, setzte den Feinden zu und machte durch unvorhergesehene Überfälle auf die, die in der Gegend umherschwärmten, viele nieder.
(22) Afranius, dadurch entmutigt, und weil ihm seine Stellung zu Ilerda nicht mehr sicher und langfristig haltbar schien, beschloss, sich auf den Iberus [Ebro] und die dortigen Städte zurückzuziehen, und brach bei Nacht auf, in der Hoffnung, die Feinde zu täuschen oder ihnen einen Marsch abzunötigen. 2 Zwar blieb sein Aufbruch nicht unbemerkt, man setzte ihm aber nicht sogleich nach. Denn Caesar fand es nicht ratsam, in finsterer Nacht die der Gegend kundigen Feinde mit unerfahrenen Männern zu verfolgen. Mit Anbruch des Tages aber eilte er ihnen nach, holte sie auf halbem Wege ein und umringte sie von Weitem auf allen Seiten. An Zahl war er ihnen weit überlegen und durch die tiefe Lage der Gegend begünstigt. 3 Zum eigentlichen Kampf wollte er es jedoch nicht kommen lassen, weil er besorgt war, sie könnten durch Verzweiflung zur Tollkühnheit getrieben werden, und auch hoffte, ohne Schwertstreich ihrer Meister zu werden. So ging es auch. Da sie auf mehreren Seiten vergeblich versucht hatten, sich durchzuschlagen, waren sie schon dadurch und durch Nachtwachen und den Marsch erschöpft; 4 ohne Lebensmittel (in der Hoffnung, an einem Tag ihren neuen Standort zu erreichen, hatten sie keine mitgenommen) und ohne Wasser, denn jene Gegend ist äußerst wasserarm, ergaben sie sich unter der Bedingung, dass ihnen kein Leid geschähe und sie nicht gezwungen würden, unter ihm Dienste gegen Pompeius zu nehmen.
(23) Caesar hielt ihnen beide Versprechen gewissenhaft. Keinen der in diesem Krieg Gefangenen ließ er töten (obgleich jene mehrere seiner Leute, die während eines Waffenstillstandes sich keines Angriffs versahen, niedergemacht hatten) und zwang keinen, gegen Pompeius zu fechten. Vielmehr entließ er die Angesehensten unter ihnen; die anderen traten des zu erwartenden Vorteils oder der zu hoffenden Belohnungen wegen freiwillig in seine Dienste. 2 Dieser Umstand leistete seinem Ruhm und seiner Sache nicht geringen Vorschub. Alle Städte und die dort stehenden Soldaten, deren in der Baetica und unter dem Legaten Marcus Terentius Varro nicht wenige waren, gingen zu ihm über.
(24) Nachdem er diese an sich gezogen und die nötigen Vorkehrungen getroffen hatte, rückte er bis Gades vor und tat, außer dass er überall in großen Summen Gelder erhob, niemandem etwas zuleide; vielmehr erwies er vielen für sich und im Namen des Staates Ehre und schenkte den Gaditanern das römische Bürgerrecht, welches später von dem Volk bestätigt wurde. 2 Dies tat er infolge eines Traums, den er hier als Quästor gehabt hatte, in welchem er seine eigene Mutter beschlief, was ihm, wie ich schon früher berichtet habe, Hoffnung auf die Alleinherrschaft gab. Nach dieser Vorkehrung übertrug er dem Cassius Longinus, der noch von der Quästur her, die er dort unter Pompeius verwaltet hatte, mit den Einwohnern befreundet war, den Oberbefehl 3 über das Land und ging selbst mit dem Schiff nach Tarracona ab. Von da zog er über die Pyrenäen; wo er jedoch kein Siegesdenkmal errichtete, weil er hörte, dass man dies dem Pompeius so übel ausgelegt hatte, sondern nur einen großen Altar von gehauenen Steinen, nahe den Tropaeen desselben erbauen ließ.
(25) Während dieser Vorgänge wagten die Massilioten, welchen Pompeius wieder Schiffe gesandt hatte, aufs Neue eine Schlacht und wurden abermals besiegt, hielten aber, obgleich sie hörten, dass Caesar in Hispanien bereits Herrscher geworden sei, dennoch aus und wiesen alle Angriffe mutig ab. 2 Nachdem sie sodann einen Waffenstillstand mit dem Versprechen geschlossen hatten, sich Caesar, wenn er komme, ergeben zu wollen, halfen sie Domitius aus der Stadt und richteten die Soldaten, welche sie während der Waffenruhe bei Nacht überfielen, dergestalt zu, dass sie sich nicht mehr rührten. 3 Als Caesar selbst kam, ergaben sie sich. Dieser nahm ihnen damals die Waffen, die Schiffe und die vorrätigen Gelder, später auch alles Übrige ab, nur nicht den Namen der Freiheit, weil Pompeius ihre Mutterstadt Phokaia bei ihrer Freiheit belassen hatte.
(26) Als sich in Placentia ein Teil seiner Leute empörte und ihm nicht weiter folgen wollte, vorgeblich, weil sie zu sehr von Strapazen erschöpft wären, in Wirklichkeit aber, weil er sie das Land nicht plündern noch sonst ihre Lüste befriedigen ließ (da er ihrer so sehr bedurfte, hofften sie, alles von ihm zu erlangen), 2 gab er nicht nach, sondern rief sie und, seiner Sicherheit wegen, auch die anderen zusammen, damit sie, seine Rede vernehmend und ihre Bestrafung mit ansehend, selbst nichts Ungebührliches sich erlauben würden, und sprach folgende Worte:
(27) »Zwar wünsche ich, Soldaten, eure Liebe zu besitzen, bin aber nicht gesonnen, sie durch Teilnahme an euren Freveln zu erkaufen. Ich liebe euch, wie ein Vater seine Kinder liebt, und will euer Wohl, euer Glück, euren Ruhm. 2 Glaubt aber nicht, dass, wer liebt, Ungebühr zulassen darf, welche Gefahren und Schande gebiert, sondern dass ihm vielmehr obliegt, eines Besseren zu belehren, vom Schlimmen abzuhalten, zu warnen und zurechtzuweisen. 3 Gewiss findet ihr wahr, was ich sage, wenn ihr euer Wohl nicht nach augenblicklichem Genuss, sondern nach dem bleibenden Nutzen bemesst, wenn ihr eure Ehre nicht in augenblicklich befriedigter Lust, sondern in dem Sieg über die Feinde seht. Denn Schande ist es, mit dem Vergnügen des Augenblicks künftige Reue zu erkaufen, und entehrend, als Sieger über die Feinde den Lüsten sklavisch zu frönen.
(28) Was will ich nun mit all dem sagen? Dass ihr, bei dem reichen Überfluss aller Bedürfnisse (ich rede offen und verschweige euch nichts. Ihr bekommt euren Sold vollständig und rechtzeitig, euren Unterhalt immer und überall in vollem Maße, dass ihr, ohne euch über unrühmliche Anstrengung oder unnötige Gefahren beschweren zu können, beim Genuss so vieler und großer Belohnungen der Tapferkeit und der schonenden Rüge eurer Fehler dennoch nicht zufrieden sein wollt. 2 Nicht meine ich damit euch alle (denn nicht alle sind so gesinnt), sondern jene allein, die durch ihre Habsucht auch die anderen in Verruf bringen. Die meisten von euch gehorchen meinen Befehlen gewissenhaft und bleiben der heimischen Sitte treu und sehen sich dafür im Besitz von weiten Ländereien, von Reichtum und Ruhm. Nur wenige sind es, die uns in Schimpf und Schande bringen. 3 Zwar habe ich sie schon früher als solche erkannt (denn nichts, was euer Wohl betrifft, entgeht meiner Aufmerksamkeit), nahm aber keine Kenntnis davon und dachte, sie würden, ihre Fehltritte bisher noch verheimlicht glaubend, sich bessern lassen, um nicht, ihr Unrecht anhäufend, auch für das schon Verziehene noch gestraft zu werden. 4 Nun da sie aber, als wäre ihnen, weil sie anfänglich nicht bestraft wurden, nichts unerlaubt, ihre Frechheit immer weiter treiben und auch andere, die nichts verbrochen haben, aufzuwiegeln suchen, muss ich dem Übel gegensteuern und sie zur Strafe ziehen.
(29) Kein geselliger Verein kann bestehen und gedeihen, wo nicht, was übel tut, in Schranken gehalten wird. Wird am schadhaften Teil nicht gehörig abgeholfen, so steckt er, wie bei Körpern, das Ganze an. 2 Vor allem aber ist dies bei einem Heer der Fall. Fühlt der Soldat sich stark genug, so wird er immer dreister und verführt auch die Guten, indem er sie gegen ihre Pflicht, als keinen Vorteil bringend, verdrossen macht. Wo die Frechheit die Oberhand bekommt, da muss der Gutgesinnte notwendig im Nachteil sein; wo das Unrecht ungestraft bleibt, da bleibt die Pflichttreue unbelohnt. 3 Wie wollt ihr euch auf euer Wohlverhalten berufen, wenn diese nicht schuldig sind, die mit Grund auf Auszeichnung rechnen, wenn diese die verdiente Strafe nicht trifft? Oder sollte euch unbekannt sein, dass, wo keine Furcht vor Strafe, wo keine Hoffnung auf Belohnung mehr ist, da auch nichts Gutes gedeiht, aber tausendfaches Unheil entspringt? 4 Wenn ihr also wirklich nach dem, was recht ist, strebt, so müsst ihr diese als eure Feinde hassen. Nicht durch besondere, von Natur aus sichtbare Zeichen unterscheidet sich das Befreundete vom Feindlichen, sondern durch Sitten und Handlungen. Sind diese gut, so wird uns auch das Fremde befreundet, sind diese schlecht, selbst das Verwandte entfremdet.
(30) So sehet denn zu, wie ihr euch selbst rechtfertigt. Uns allen, die wir nichts verschuldet haben, bringen sie Schande. Denn wenn einer von unserer Menge und solcher Raubsucht hört, so rechnet er den Frevel einiger weniger uns allen an. Uns, die an ihren Ausschweifungen nicht teilgenommen haben, trifft gleicher Vorwurf. 2 Wen sollte nicht empören, dass wir uns Römer nennen und wie Germanen handeln? Wer sollte nicht beklagen, dass Italien, als wäre es Britannien, geplündert werde? Welche Schande für uns, dass wir, die bezwungenen Gallier in Ruhe lassend, das Land diesseits der Alpen, wie Epiroten, Karthager, Kimbern verheeren? 3 Welche Schmach, dass wir, die sich brüsten, als die ersten Römer über den Rhein gesetzt und den Ozean befahren zu haben, im Heimatland, das von Feinden nichts erduldet, plündern und rauben – und statt Lob Vorwürfe, statt Ehre Schmach, statt Vorteil Schaden, statt Belohnung Strafe verdienen?
(31) Glaubt nicht, dass ihr, weil ihr im Felde siegt, besser als eure Mitbürger seid – seid ihr doch beide Römer! Auch sie waren, wie ihr, Soldaten und werden es sein – noch, dass euch die Waffen in eurer Hand zu Freveln berechtigen. Noch sind die Gesetze mächtiger als ihr, und die Zeit wird kommen, dass auch ihr die Waffen niederlegt. 2 Baut nicht auf eure Menge; weit stärker als ihr sind die Misshandelten, wenn sie zusammentreten. Und sie tun es, wenn ihr so vorgeht. Verachtet, weil ihr die Barbaren besiegt habt, nicht sie, vor denen ihr weder an Geschlecht noch Sitte noch Lebensart noch Gebräuchen das Geringste voraushabt. 3 So erlaubt euch denn, wie es Pflicht und Vorteil von euch fordern, keine Gewalttat, keine Misshandlung gegen sie. Nehmt von ihrem freien Willen nur das, dessen ihr bedürft, und erwartet die Geschenke, die sie selbst euch bieten.
(32) Außer dem hier Gesagten und dem, was sich weiter darüber sagen ließe, bedenket noch, dass ihr mit nach Italien gekommen seid, um dem bedrängten Vaterland beizuspringen und es vor Übeltätern zu bewahren. 2 Hätte es nicht in dieser Gefahr geschwebt (aus der wir es jetzt befreit haben), so wären wir nicht mit bewaffneter Hand hier erschienen, und hätten die Kriege wider die Germanen und die Britannier unvollendet gelassen, die wir gleichfalls noch hätten beendigen können. 3 Stünden wir nicht mit uns selbst im Widerspruch, wenn wir gekommen wären, die Unbilden anderer zu bestrafen, und würden uns gleicher Gewalttat vermessen? Wäre es nicht kläglich, wenn wir das Vaterland, zu dessen Hilfe wir erschienen, in die Notwendigkeit versetzen sollten, neue Beschützer gegen uns zu suchen? 4 Immer habe ich meine Sache für so viel gerechter als die des Pompeius angesehen, dass ich ihn auch oftmals zu rechtlicher Erörterung aufgefordert und, weil er, sich seiner Schuld bewusst, in keine friedliche Entscheidung sich eingelassen, hoffte, das ganze Volk und alle Bundesgenossen auf meine Seite zu bekommen. Nun, da wir uns aber solcher Dinge unterfangen, weiß ich weder etwas für mich, noch etwas gegen jene vorzubringen. Die Sicherung des Rechtsstandes muss unsere erste Sorge sein, auf ihr beruht unsere Hoffnung auf Sieg, ohne sie ist kein Glück, wenn auch anfangs gewogen, von Bestand.
(33) Dass dies die Natur der Sache so mit sich bringt, sehen wohl die meisten von euch ein und tun gewiss unaufgefordert ihre Pflicht. Ich habe euch deswegen zusammengerufen, um Zeugen und Zuschauer dessen zu sein, was ich tun und sprechen würde. 2 Nicht ihr also tragt die Schuld, vielmehr verdient ihr alles Lob. Aber ihr seht, dass einige wenige unter euch, die, obgleich sie schon oft gefrevelt haben und noch nie gestraft worden sind, noch drohen wollen. Ich halte es nirgends für zuträglich, dass der Vorgesetzte gegen den Untergebenen in Nachteil komme, 3 noch dürfte es von guten Folgen sein, wenn derjenige, welcher gehorchen soll, dem Oberen Befehle vorschreiben will. Seht zu, wie es mit der Hausordnung stünde, wenn die Jungen den Alten die Achtung verweigerten, wie mit den Schulen, wenn die Schüler sich nicht nach den Lehrern richteten, wie mit der Genesung der Kranken, wenn diese nicht in allem den Vorschriften der Ärzte folgten, wie mit der Sicherheit auf den Schiffen, wenn das Schiffsvolk dem Steuermann den Gehorsam versagte. 4 Die Natur hat einmal die heilsame und notwendige Anordnung getroffen, dass der eine befiehlt und die anderen gehorchen. Nichts vermag, ohne dies auch auf die kürzeste Zeit zu bestehen. 5 Dem Vorgesetzten obliegt es, was nottut, zu erkennen und anzuordnen, dem Untergebenen aber, ohne Widerrede zu gehorchen und das Befohlene zu vollziehen. Deshalb wird auch die Weisheit dem Unverstand, die Erfahrung dem Unerfahrenen übergeordnet.
(34) Wenn dem nun so ist, so werde ich diesen Aufrührern weder durch Druck nachgeben, noch mir durch Gewalt etwas abtrotzen lassen. 2 Wozu wäre ich dem Geschlecht des Aeneas und des Iulus entsprossen? Wozu hätte ich die Prätur, wozu das Konsulat verwaltet, wozu die einen von euch mit mir aus der Heimat ins Feld geführt und die anderen später mir zugesellt? Wozu so lange Zeit die prokonsularische Würde bekleidet, 3 wenn ich, durch den ihr die Gallier bezwungen und die Britannier besiegt habt, von dem Nächstbesten unter euch mir befehlen lassen und mich, jetzt in Italien, in der Nachbarschaft Roms durch ihn besiegt geben sollte? 4 Welche Besorgnisse, welche Furcht sollte mich dazu bewegen? Etwa dass einer von euch mich ermorden könnte? Ja, wäret ihr alle solcher Gesinnung, lieber wollte ich freiwillig sterben, als die Feldherrnwürde schänden, als das Hochgefühl der Macht, das mir meine Stellung gibt, schwächen zu lassen. Denn weit Höheres, Wichtigeres als eines Mannes Leben steht auf dem Spiel, wenn man aufkommen lässt, dass die Soldaten den Aufrührern befehlen und das Recht der Selbstgesetzgebung an sich reißen.
(35) Doch damit hat mich auch noch keiner bedroht (denn er wäre, ich bin überzeugt, von euch auf der Stelle niedergemacht worden), aber vom Dienst sagen sie sich los, als wären sie erschöpft, die Waffen legen sie nieder, als wären sie von Beschwerden angestrengt, sie wollen, wenn ich es ihnen nicht gutwillig erlaube, Reih und Glied verlassen und zu Pompeius übergehen, wie einige sich laut äußern. 2 Wer wollte aber nicht gerne solcher Menschen los und ledig sein? Wer wollte nicht jenem solche Soldaten wünschen, die sich, mit dem Gegebenen nicht zufrieden, gegen die Befehle auflehnen und in der Blüte ihrer Jahre bei voller Manneskraft Entkräftung vorschützend ihren Oberen befehlen, ihre Anführer tyrannisieren wollen? 3 Tausendmal lieber wollte ich mit Pompeius zu jeder Bedingung mich vergleichen und alles über mich ergehen lassen, als tun, was sich mit meiner angestammten Ehrenhaftigkeit und meinen Grundsätzen nicht verträgt. Sollte euch entgangen sein, dass ich nicht nach Macht oder Schätzen strebe? 4 Dass ich nicht geneigt bin, etwas zu beginnen, zu dessen Erreichung ich gegen jemand heucheln, irgendjemandem schmeicheln oder schöntun müsste? So seid ihr denn aus eurem Dienst entlassen, ihr – wie soll ich euch nennen? –, aber nicht, wie ihr wollt und euch vorstellt, sondern wie es das allgemeine Wohl und das meinige fordern!«
5 Nun ließ er sie um den zehnten Mann losen und die Verwegensten (es war schon so eingerichtet, dass nur sie das Los traf) hinrichten, die anderen aber entließ er, als brauchte er sie nicht weiter; sie aber wollten, ihren Fehltritt bereuend, wieder in seinen Dienst treten.
(36) Noch war er im Anzug begriffen, als der Prätor Marcus Aemilius Lepidus, der später am Triumvirat beteiligt war, dem Volk vorschlug, Caesar zum Diktator zu erwählen, und ihn alsbald gegen die herkömmliche Sitte so nannte.144 2 Dieser übernahm auch, sobald er in die Stadt kam, jene Würde, erlaubte sich aber keine Schreckensmaßregel, sondern gestattete allen Verbannten außer Milo145 die Rückkehr, besetzte die Staatsämter für das folgende Jahr (denn bis dahin hatte man statt der Abwesenden keine anderen gewählt, 3 und da kein Ädil im Lande war, hatten die Volkstribune deren sämtliche Geschäfte versehen), ergänzte die Zahl der verstorbenen Oberpriester, ohne sich jedoch an alle hierbei üblichen Gebräuche zu halten, und gab den diesseits der Alpen über dem Eridanus146 wohnenden Galliern, weil sie früher unter seinem Oberbefehl gestanden hatten, das Bürgerrecht. 4 Nachdem er diese Vorkehrungen getroffen hatte, legte er den Namen des Diktators ab, behielt aber, wie vorher, die damit verbundene Amtsgewalt in den Händen. Denn seine Macht stützte er auf die Waffen, und er ließ sich eine Art gesetzlicher Befugnis von dem in Rom befindlichen Senat erteilen, welcher ihm gestattete, alles zu tun, was er wollte, ohne Verantwortung befürchten zu müssen.
(37) Mit dieser Gewalt bekleidet, brachte er eine wichtige und dringende Angelegenheit in Ordnung. Da nämlich die Kapitalisten, die während der Unruhen und Kriege vieler Gelder bedurften, diese mit größter Härte einzutreiben suchten 2 und viele Schuldner, bei dem besten Willen, aus den gleichen Ursachen, weil sie nicht leicht etwas veräußern oder aufnehmen konnten, zu zahlen nicht imstande waren, auch viel Betrug und Unredlichkeit unterliefen, so stand zu befürchten, dass das Übel unheilbar würde. Zwar hatten schon vorher die Volkstribunen den Zinsfuß herabgesetzt; 3 weil aber auch so keine Zahlung geschah und die einen die verpfändeten Güter überlassen wollten, die anderen aber ihr Kapital in barem Geld verlangten, half Caesar beiden, so gut er konnte. Er befahl nämlich die Pfandgüter nach ihrem Wert abzuschätzen und bestellte durch das Los Schiedsrichter, welche in streitigen Fällen urteilen mussten.
(38) Weil es aber hieß, viele hätten große Summen daliegen und wollten sie nicht in Umlauf setzen, verordnete er, dass niemand mehr als 15 000 Drachmen an Silber oder Gold besitzen sollte, wollte aber dieses Gesetz als kein neues, sondern als bloße Erneuerung eines alten betrachtet wissen; 2 wodurch er entweder beabsichtigte, dass die Schuldner den Gläubigern einen Teil abzahlen und die anderen den Bedürftigen Summen leihen möchten, oder dass so die Reichen bekannt würden und keiner große Summen in den Händen behielte, die er in seiner Abwesenheit zu Unruhen benützen könnte. 3 Als die Menge, hierdurch übermütig, verlangte, man sollte den Sklaven, welche ihrer Herren Vermögen verrieten, Belohnungen aussetzen, so nahm er es nicht in sein Gesetz auf, beteuerte vielmehr unter den schrecklichsten Selbstverwünschungen, dass er nie der Aussage eines Sklaven gegen dessen Herrn glauben würde.
(39) Nach Beendigung dieses Geschäfts nahm Caesar aus den Tempeln und dem Capitol alle Weihegeschenke weg und ging gegen Ende des Jahres, ohne das für ihn bestimmte Konsulat vorher anzutreten, nach Brundisium ab. 2 Während er sich zum Abzug anschickte, ließ ein Geier auf dem Markt auf einen der Anwesenden einen Lorbeerzweig fallen. Bei einem Opfer zur Ehre der Glücksgöttin riss sich, noch unverwundet, ein Opferstier los, entsprang aus der Stadt in einen See und schwamm über denselben. 3 Dies ermutigte Caesar nur noch mehr, seinen Abzug zu beschleunigen, zumal die Wahrsager ihm, wenn er in der Stadt bliebe, Verderben, wenn er über das Meer ginge, Heil und Sieg ankündigten. 4 Nach seinem Auszug ordneten sich die Knaben in der Stadt aus freien Stücken in zwei Parteien; die einen nannten sich Pompeianer, die anderen Caesarianer, und nun lieferten sie sich ohne Waffen eine Art von Schlacht, in der die Caesarianer gewannen.
(40) Während dies in Rom und in Hispanien vor sich ging, vertrieben Marcus Octavius und Lucius Scribonius Libo den Publius Cornelius Dolabella, einen Anhänger Caesars, mithilfe der Flotte des Pompeius aus Dalmatien, 2 schlossen hierauf den Gaius Antonius, der ihm zu Hilfe kommen wollte, auf einer kleinen Insel ein und bekamen ihn, von den Inselbewohnern verlassen und von Hunger bedrückt, samt seinen Leuten, bis auf wenige, in ihre Gewalt. Einige nämlich hatten sich aufs Festland gerettet, andere aber, die auf Flößen übersetzen wollten aber abgefangen wurden, entleibten sich selbst.
(41) Curio unterwarf Sizilien ohne Schwertstreich, denn Cato, der Statthalter dieser Insel, war, weil er sich zum Widerstande nicht stark genug sah und die Städte nutzloser Gefahr nicht aussetzen wollte, ohne ihn zu erwarten, zu Pompeius abgegangen. Curio aber setzte von da nach Africa über und fand dort seinen Tod. 2 Lucius Caesar, der gerade in der Stadt Aspis147 befehligte, verließ beim Herannahen der Flotte Curios dieselbe, und Publius Attius Varus, welcher mit einem starken Heer in jener Gegend stand und im Besitz vieler Kräfte war, lieferte ihm eine Schlacht, und alles ging verloren. 3 Aber Iuba, Hiempsals Sohn, König von Numidien, der es mit Pompeius, dem Volk und dem Senat hielt, und dem Curio schon deshalb, noch mehr aber deswegen grollte, weil er früher als Volkstribun ihn des Thrones berauben und sein Reich zur römischen Provinz machen wollte, wurde sein gefährlichster Feind. 4 Nicht erwarten könnend, bis jener ihm selbst ins Land einfiele, ging er ihm, da er eben Utica belagerte, entgegen, nicht mit aller seiner Macht, damit jener sich nicht auf die Kunde davon aus Besorgnis wieder auf See begeben würde, denn er wollte ihn nicht so sehr zurücktreiben, sondern sich an ihm rächen. 5 Daher schickte er nur eine kleine Heeresabteilung voraus, ließ das Gerücht verbreiten, dass er sich anderswohin und weit davon entfernt hätte, folgte aber derselben nach und sah sich in seiner Hoffnung nicht getäuscht.