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(42) Curio zog sich anfangs, weil er glaubte, dass Iuba selbst im Anzuge wäre, in sein Lager am Meer zurück und war entschlossen, wenn er stark gedrängt würde, zu Schiff zu gehen und Afrika ganz zu verlassen; 2 auf die Nachricht aber, dass nur wenige, und zwar ohne Iuba, heranrückten, fasste er wieder Mut und brach noch in der Nacht, wie zu gewissem Siege, um keinen entrinnen zu lassen, auf, wurde auch, als er unterwegs mehrere von der Vorhut im Schlaf überfallen und niedergehauen hatte, nur noch beherzter. 3 Gegen Tagesanbruch stieß er auf die aus dem Lager Ausgerückten und griff, ohne zu bedenken, dass seine Leuten durch den Marsch und die Schlaflosigkeit erschöpft waren, sogleich an. 4 Die Feinde aber hielten ihre Stellung und kämpften mit gleichen Kräften, bis plötzlich Iuba selbst hervorbrach und durch das Unerwartete seiner Erscheinung und seine Überzahl die Schlacht entschied und ihn mit dem größten Teil seiner Leute auf der Stelle niedermachte, die anderen aber bis in das Lager verfolgte und von hier auf die Schiffe trieb. 5 Bei dieser eiligen Flucht erbeutete er viel Geld und richtete viele zugrunde, gar manche auch von denen, die schon entronnen waren, kamen um, indem sie sich bei der Einschiffung ins Wasser drängten oder mit den überladenen Fahrzeugen untergingen. 6 Nach solchen Vorgängen ergaben sich andere, Gleiches befürchtend, an Varus und hofften, so wenigstens ihr Leben zu retten, hatten aber auch hier kein besseres Schicksal; Iuba ließ sie, weil er sie besiegt hatte, bis auf wenige niedermachen. Ein solches Ende nahm Curio, welcher Caesar den größten Vorschub geleistet hatte und große Vergünstigungen von diesem hoffen durfte. 7 Juba wurde von Pompeius und den in Makedonien befindlichen Senatoren unter anderen Auszeichnungen auch mit dem Königstitel geehrt, von Caesar aber und den Senatoren in Rom angeklagt und zum Feind erklärt; dagegen wurden Bocchus und Bogud, weil Feinde der Gegenpartei, zu Königen ernannt.
(43) Das folgende Jahr ist durch die doppelten Staatsämter, die Rom gegen die bestehenden Gesetze hatte, sowie durch die entscheidende Hauptschlacht denkwürdig geworden. In Rom hatte man Caesar und Publius Servilius zu Konsuln, hatte Prätoren und die anderen Staatsbeamten nach Vorschrift der Gesetze gewählt; die in Thessaloniki dagegen hatten nichts dergleichen veranlasst, 2 obgleich sich, nach einigen, an 200 Senatoren und die Konsuln daselbst befanden. Diese hatten auch keinen Platz zu den Auspizien, um ihnen einigermaßen die gesetzliche Förmlichkeit zu geben, ausgewählt, sodass man glauben sollte, damit befänden sich Volk und Staat jetzt in Thessaloniki. 3 Neuwahlen aber fanden nicht statt, da die Konsuln die lex Curiata nicht eingebracht hatten. Vielmehr ließen sie die vorigen Beamten in ihrer Würde und verliehen den Konsuln den Titel Prokonsul und verfuhren bei den Prätoren und Quästoren entsprechend. 4 Denn sie hatten zwar ihr Vaterland verlassen und bekämpft, doch die Tradition war ihnen wichtig, und sie versuchten, mit den Notverordnungen unter den gegebenen Umständen nicht allzu sehr gegen die hergebrachte Ordnung zu verstoßen. 5 Die Ämter aber bestanden nur noch der Form halber, während in Wirklichkeit Caesar und Pompeius die beiden Parteien befehligten. Diese nannten sich zwar zum Schein Konsul und Prokonsul, doch übten sie nicht die Pflichten dieser Ämter aus, sondern handelten nach eigenem Gutdünken.
(44) Während die Dinge so standen und die Regierung geteilt war, überwinterte Pompeius in Thessaloniki und ließ dabei die Küste nicht sorgfältig bewachen. Denn er glaubte nicht, dass Caesar schon wieder aus Hispanien nach Italien zurückgekehrt sei, und wäre er es, so würde er doch nicht wagen, im Winter über das Ionische Meer zu setzen. 2 Caesar aber erwartete den Frühling in Brundisium. Als er erfuhr, dass Pompeius fern und das gegenüberliegende Epirus sorglos bewacht sei, ersah er sich diesen Zeitpunkt zur Eröffnung des Kriegs und lauerte daselbst auf den ersten gängigen Wind. Mitten im Winter ging er mit der Hälfte des Heers (er hatte nicht Schiffe genug, das ganze auf einmal überzusetzen) unter Segel 3 und fuhr, ohne dass Marcus Bibulus, dem die Bewachung des Meeres aufgetragen war, dessen gewahr wurde, nach den sogenannten Akrokeraunien, dem Keraunischen Vorgebirge, der äußersten Spitze von Epirus an der Mündung des Ionischen Meerbusens, hinüber. Hier angelangt, schickte er, noch ehe bekannt geworden, dass er auslaufen wolle, die Schiffe zu dem übrigen Heer in Brundisium ab. 5 Diesen aber brachte Bibulus auf hoher See großen Schaden bei und nahm mehrere weg, sodass der Erfolg Caesar überzeugte, dass er bei seiner Überfahrt mehr Glück als Verstand gehabt habe.
(45) Während dieses Verzugs nahm er Orikon, Apollonia und andere Plätze jener Gegend in Besitz, die von den Besatzungen des Pompeius geräumt worden waren. Apollonia, eine Kolonie der Korinther, hat hinsichtlich des Meeres und des Landes, hauptsächlich aber bezogen auf die Flüsse, die trefflichste Lage. 2 Am merkwürdigsten aber war mir das Feuer, welches häufig am Fluss Aoos aus der Erde steigt, ohne auf die umliegende Gegend um sich zu greifen noch selbst diejenigen Orte, wo es sichtbar wird, auszubrennen oder auch nur auszudörren. Vielmehr grünen Pflanzen und Bäume ganz nahe dabei. Bei Platzregen aber wird es stärker und lodert auf. 3 Deshalb wird es auch Nymphäum genannt und dient zu einem Orakel, mit welchem es folgende Bewandtnis hat: Man nimmt Weihrauch, wünscht sich irgendetwas und wirft jenen mit dem Wunsch ins Feuer. 4 Dieses nimmt ihn, wenn der Wunsch in Erfüllung gehen soll, gierig an, leckt, selbst wenn er außerhalb seines Bereiches gefallen ist, selbst zu ihm hinüber und verzehrt ihn. Soll der Wunsch aber unerfüllt bleiben, so berührt es ihn, selbst wenn er mitten in die Flamme fiele, nicht, sondern weicht ihm aus und entflieht. 5 Eines von beiden geschieht bei allen Fragen, nur nicht beim Tod und der Verheiratung, darüber darf es gar nicht befragt werden. So viel davon.
(46) Als Antonius, der die in Brundisium Zurückgelassenen nachbringen sollte, zögerte und auch, wegen des stürmischen Wetters und wegen Bibulus, keine Nachricht von ihnen kam, war Caesar besorgt, sie könnten (wie das in Bürgerkriegen so gerne geschieht), lavieren und den Ausgang abwarten wollen, 2 und beschloss deshalb, selbst und allein nach Italien hinüberzufahren. Er bestieg unter fremdem Namen ein Boot, gab vor, er sei von Caesar geschickt, und zwang den Steuermann, obgleich es stürmte, vom Land abzustoßen. 3 Als sie fern vom Land waren, der Sturm tobte und die hochgehende See sie in Schrecken setzte, sodass sich der Steuermann trotz aller Drohungen nicht traute weiterzufahren und gegen seinen Willen umkehren wollte, gab er sich zu erkennen, als wollte er damit den Sturm zum Schweigen bringen und sprach: »Sei getrost, du führst Caesar mit dir!« 4 Solche Zuversicht und Hoffnung hatte er infolge eines Orakels oder sonst woher, dass er, trotz des Anscheins des Gegenteils, seiner Rettung sicher war. Doch gelang ihm die Überfahrt nicht, und nach langen, fruchtlosen Anstrengungen kehrte er zurück.
(47) Hierauf lagerte er sich am Fluss Apsos Pompeius gegenüber. Sobald dieser von seiner Ankunft erfahren hatte, eilte er unverzüglich – in der Hoffnung, ihn mit leichter Mühe zu bezwingen, ehe er die Leute unter Antonius an sich ziehen würde – mit einem Teil seines Heeres nach Apollonia. 2 Caesar ging ihm bis an den Fluss entgegen, indem er glaubte, auch so den Anrückenden gewachsen zu sein. Als er aber ihre große Überlegenheit bemerkte, verhielt er sich ruhig. Um sich jedoch nicht den Schein der Furcht zu geben oder dass er die Feindseligkeiten eröffnet habe, machte er ihnen einige Friedensvorschläge und gewann damit Zeit. 3 Pompeius sah dies ein und wünschte deshalb, je eher desto lieber sich mit ihm zu schlagen. Deshalb versuchte er, über den Fluss zu setzen. Die Brücke aber brach unter der Last zusammen, und Pompeius, welcher diejenigen, die schon hinüber waren, abgeschnitten und verloren sah, unternahm nichts weiter, schmerzlich betroffen, dass sein erstes Unternehmen in diesem Krieg fehlgeschlagen war. Als in dieser Zeit auch Antonius eingetroffen war, wurde Pompeius in Furcht gesetzt, und er zog nach Dyrrhachium zurück.
(48) Solange Bibulus lebte, wagte Antonius nicht von Brundisium auszulaufen (so sorgfältig hielt jener das Meer bewacht), als aber dieser den Anstrengungen erlegen und tot war und Libo die Flotte übernommen hatte, glaubte Antonius, diesen nicht mehr fürchten zu müssen, und verließ den Hafen, entschlossen, selbst mit Gewalt die Ausfahrt zu erzwingen. 2 Als er wieder an die Küste zurückzufahren genötigt wurde, verteidigte er sich tapfer gegen Libo, der ihn angriff, und ließ ihn, als er später landen wollte, an der ganzen dortigen Küste nicht an Land kommen. 3 Wie nun dieser, ohne Ankerplatz und Wasser (die kleine Insel, die vor dem Hafen lag, an der allein er anlegen konnte, hatte weder Hafen noch Wasser) sich nicht länger halten konnte, fuhr er weiter an einen Ort, wo er beides fand. 4 So segelte denn Antonius ab, und obgleich Libo, als er ihn auf der hohen See sah, angreifen wollte, konnte er ihm nichts anhaben, denn ein heftiger Sturm verhinderte den Angriff und beschädigte beide Flotten.
(49) So kamen die Truppen glücklich davon, Pompeius aber zog sich, wie schon erwähnt, nach Dyrrhachium zurück, und Caesar folgte ihm, um so getroster, weil er ihm durch die erhaltene Verstärkung überlegen war. 2 Dyrrhachium liegt in dem Land, das vorher nach den parthinischen Illyriern genannt war, wird aber jetzt (und wurde schon damals) zu Makedonien gerechnet. Es ist sehr gut gelegen, sei es nun die korkyräische Stadt Epidamnos oder eine andere Siedlung. Die Schriftsteller, welche Letzteres behaupten, leiten ihren Ursprung und Namen von dem Helden Dyrrhachos ab. 3 Die anderen geben an, ihr erster Name sei von den Römern wegen der schwierigen Landung in Dyrrhachium geändert worden; weil der Name Epidamnos in der lateinischen Sprache den Begriff des Schadens in sich schließt und sie für die dahin Überfahrenden von übler Vorbedeutung schien.
(50) In dieses Dyrrhachium flüchtete Pompeius zurück und bezog ein Lager außerhalb der Stadt, das er durch tiefe Gräben und starke Palisaden befestigte. Caesar lagerte sich diesem gegenüber und unternahm einen Angriff auf die Verschanzung, in der Zuversicht, sie mit leichter Mühe mit der Überzahl seiner Leute zu erobern, wurde aber zurückgeschlagen und begann, sie ringsum mit Befestigungslinien einzuschließen. 2 Während er dies tat, befestigte Pompeius sein Lager durch Pfähle, Wall und Graben und besetzte die Anhöhen mit Türmen und Posten, sodass man rings umher seinen Schanzen nicht beikommen konnte und ein Angriff den Feinden, selbst wenn sie die Oberhand behielten, unendlich schwer werden musste. Indessen fielen häufige Scharmützel vor, 3 in denen bald die einen, bald die anderen siegten oder unterlagen und beide Teile ziemlich gleich viele Leute verloren. Nun unternahm Caesar auf Dyrrhachium und dessen Besatzung bei Nacht zwischen den Sümpfen und dem Meer in Hoffnung auf Verrat einen Angriff und drang bis in die schmalen Dämme vor. 4 Hier aber wurde er auf einmal von einer großen Anzahl an Feinden von vorne und von anderen, die sich auf die Schiffe geworfen hatten, von hinten angegriffen, verlor viele Leute und wäre beinahe selbst ums Leben gekommen. Dadurch ermutigt machte Pompeius nachts einen Ausfall auf seine Schanzen, und es gelang ihm, sie durch den unerwarteten Angriff zu erobern und unter den dabei Lagernden ein großes Blutbad anzurichten.
(51) Dieser Vorfall und der Mangel an Lebensmitteln (denn die See und das ganze Land umher waren ihm feindlich gesinnt, und mehrere seiner Leute waren bloß deshalb übergegangen) ließen Caesar befürchten, er möchte bei längerer Belagerung selbst aufgerieben oder auch von den Seinigen vollends verlassen werden. Daher ließ er, was er aufgebaut hatte, niederreißen und die Verschanzungen zerstören. Sodann brach er plötzlich auf und zog nach Thessalien. 2 Zu eben der Zeit nämlich, da er Dyrrhachium belagerte, hatte er Lucius Cassius Longinus und Gnaeus Domitius Calvinus nach Makedonien und Thessalien gesandt. Longinus war daselbst von Scipio und dem Thraker Sadalas schwer aufs Haupt geschlagen worden. 3 Calvinus aber war, von Faustus aus Makedonien vertrieben, mithilfe der Lokrer und Aitoler aber in Thessalien eingefallen, einem Hinterhalt Scipios glücklich entgangen, hatte ihn sogar selbst in einen Hinterhalt gelockt und besiegt und sodann demselben mehrere Städte weggenommen. 4 Dahin eilte nun Caesar, in der Hoffnung, in ihrer Nähe leichter Mundvorrat zu erhalten und den Krieg fortzuführen. Weil ihn aber des erlittenen Unfalls wegen niemand aufnehmen wollte, stand er notgedrungen von den anderen ab, fiel aber über Gomphoi her, eine kleine Stadt in Thessalien, eroberte es, ließ viele niedermachen und alles ausplündern, 5 um die anderen Städte dadurch in Furcht zu setzen. Dies hatte denn auch die Folge, dass sich eine andere kleine Stadt, Metropolis, nicht einmal zur Wehr setzte, sondern ohne Schwertstreich ergab. Dieser tat er nichts zuleide, bekam deshalb auch noch andere leichter in seine Gewalt, und er kam wieder zu Kräften.
(52) Pompeius verfolgte ihn nicht; da Caesar bei Nacht aufgebrochen und eilig über den Fluss Genusos gegangen war, glaubte er bereits, den Krieg beendet zu haben. Deshalb nahm er den Titel Imperator an, erlaubte sich aber keine Großsprecherei, und umwand seine Fasces nicht mit Lorbeeren, weil er es für unwürdig hielt, sich wegen des Sieges über Mitbürger zu brüsten. 2 Aus demselben Grund ging er weder selbst nach Italien noch sandte er andere dahin ab, obgleich er es ohne viel Mühe bezwungen hätte. Denn er war an Schiffen weit überlegen, da er 500 Schnellsegler hatte, mit denen er überall landen konnte, auch war man ihm dort nichts weniger als abgeneigt, und wäre man es auch noch so sehr gewesen, so hätte man keine hinlängliche Macht gehabt, um sie ihm entgegenzustellen. 3 Lieber wollte er, um den Schein, als kämpfe er für Rom, zu haben, fern davon bleiben, um die Stadt nicht von Neuem in Schrecken zu setzen. Daher unternahm er nichts gegen Italien und mochte dem Senat auch keine Meldung seines Sieges zukommen lassen. Vielmehr wandte er sich gegen Caesar und kam in Thessalien an.
(53) Als sie so einander gegenüber lagerten, gewährte der Anblick der Lager den Anschein von Krieg; die Waffen aber ruhten wie im Frieden. Die Größe der Gefahr und das Ungewisse und Unberechenbare des Erfolgs bedeutend, wohl auch einige Scham über das empfindend, was sie gegen Landsleute und Verwandte zu tun vorhatten, zögerten sie, 2 ließen auch neue Friedensvorschläge machen, und einige gaben sich dem leeren Wahn hin, dass es zu einer wirklichen Versöhnung kommen dürfte. Wie war es aber möglich? Beide strebten nach der Oberherrschaft, beide, von Natur ehrgeizig und durch die Umstände eifersüchtig, wollten, 3 da man sich am wenigsten von Ebenbürtigen und Verwandten etwas gefallen lassen will, einander in nichts nachgeben, weil jeder zu siegen hoffte. Beide konnten sich, wenn auch ein Vergleich zustande kam, nicht trauen, immer besorgt, der andere könnte höhere Macht begehren und sich zu neuem Parteikrieg erheben.
(54) Denn nur so weit unterschieden sich ihre Bestrebungen, dass Pompeius in nichts der Zweite, Caesar überall der Erste sein wollte: Jener wollte freiwillige Verehrung, freiwillige Unterordnung, Liebe; Caesar aber machte es keine Sorge, wenn er über andere auch gegen ihren Willen herrschte, auch gehasst herrschte und Ehre nur sich selbst gab. 2 Die Handlungen, durch die jeder sein Ziel zu erreichen suchte, waren die gleichen und mussten es sein. Keiner konnte erlangen, wonach er strebte, ohne seine Mitbürger zu bekriegen, Ausländer gegen seine Landsleute zu führen, Gelder auf unrechtmäßige Weise zusammenzuraffen, und viele, selbst der besten Freunde, zu opfern. 3 So sehr also ihre Begierden verschieden waren, so war doch die Handlungsweise, durch welche sie jene zu befriedigen suchten, dieselbe. Darum gaben sie auch einander nicht nach, und jeder suchte seine Sache zu beschönigen, bis es endlich zum Kampf kam.
(55) Und war je ein Krieg bedeutend, so war es dieser. Sie, die zwei Führer, galten nicht nur bei den Römern, sondern in der ganzen damals bekannten Welt für die größten Meister in jeder Kunst des Krieges. Von Jugend an in den Waffen geübt und mit Kriegen vertraut, hatten sie große Taten verrichtet und verdienten, wie durch Tapferkeit ausgezeichnet, so durch Glück begünstigt, den ersten Preis der Feldherrnkunst und des Sieges. 2 Der Kern und die Mehrzahl von Caesars Heer hatte in römischen Legionen gedient oder war aus der streitbarsten Mannschaft ganz Italiens, Spaniens, Galliens und der von ihm bezwungenen Inseln gebildet. Pompeius hatte viele Senatoren, Ritter und ausgehobene Krieger mit sich genommen und aus den Provinzen und von den mit Rom verbündeten Völkern und Königen eine große Macht um sich versammelt. 3 Denn außer Pharnakes und Orodes (selbst diesen, obgleich seit Crassus’ Ermordung ein Feind, hatte er zu gewinnen gesucht) unterstützten ihn alle anderen, die nur irgendwie mit ihm befreundet waren, mit Geld, und schickten oder führten ihm Hilfstruppen zu. 4 Der Parther hatte ihm, gegen Abtretung Syriens, gleichfalls Hilfe zugesagt, diese blieb aber, weil man hier nicht nachgab, aus. Die Übermacht des Pompeius glich Caesar durch die Streitbarkeit seiner Leute aus: So stand bei gleichem Ehrgeiz die Waagschale der Kräfte und der Gefahr bei beiden gleich.
(56) Aus vorgedachten Gründen und der Veranlassung und der Absicht des Krieges wegen, war dieser Kampf von höchster Wichtigkeit. Die Stadt Rom mit ihrer ganzen Macht, so groß und ausgedehnt sie schon damals war, lag als Preis vor dem Sieger. Denn allen war klar, dass sie dem Überwinder dienen müsste. 2 Mit dieser Aussicht waren Pompeius seiner Siege in Afrika, gegen Sertorius, Mithridates, Tigranes, auf dem Meer und Caesar der seinen in Gallien, Hispanien, am Rhein und in Britannien eingedenk 3 und überzeugt, dass all dies auf dem Spiele stand, und, begierig, sich auch den Ruhm des Gegners zuzueignen, zu höchster Anstrengung angespornt. Denn nicht nur der Besitz des Besiegten, auch sein Ruhm würde dem Sieger zuteil. Je größer und mächtiger der Gegner ist, den man überwindet, umso höher hebt man sich selbst.
(57) Deswegen waren auch die Reden, die sie an ihre Heere hielten, einander gleich. Sie sagten alles, was in solcher Lage über die Gefahr des Augenblicks und ihre Folgen sich sagen ließ. Da sie aus derselben res publica hervorgegangen waren und über denselben Gegenstand zu reden hatten, 2 mussten sie notwendigerweise darin zusammentreffen, dass jeder den anderen als einen Tyrannen schilderte, sich selbst aber als Befreier pries: Hier sei Heil, dort Tod, hier Herrschaft, dort Sklaverei, hier alles gewonnen, dort alles verloren, hier das größte Unglück, dort die Macht, alles zu beherrschen. 3 Durch solche Reden suchten sie die Bürger zu gewinnen sowie die Untertanen und die Bundesgenossen durch Hoffnung auf eine bessere Zukunft und durch Furcht vor härteren Schicksalen anzuspornen, und veranlassten so Landsleute, Zelt-, Tisch- und Bundesgenossen sich gegenseitig zu würgen. 4 Doch warum sollte man das Los der anderen beklagen, da die Führer selbst all dies einander waren, sich die geheimsten Anschläge anvertraut und miteinander ausgeführt hatten, ja selbst durch das Band der Verwandtschaft miteinander geknüpft, dasselbe Kind, der eine als Vater, der andere als Großvater, geherzt hatten und einander dennoch feindlich gegenüberstanden? Denn das Band, welches die Natur durch Verwandtschaft geknüpft hatte, wurde jetzt durch unersättliche Herrschsucht aufgelöst, getrennt, zerrissen. Also wurde Rom für und wider sich zu kämpfen genötigt und in seinem eigenen Sieg besiegt.
(58) So stellten sie sich denn in solchem Streit einander gegenüber, ließen aber nicht sogleich die Waffen sprechen: Eines Vaterlands Bürger, eines Hauses Kinder, hatten sie einerlei Waffen, einerlei Schlachtordnung und bedachten sich, den Kampf anzuheben und einander zu morden. 2 Tiefe Stille herrschte in beiden Heeren, tiefe Niedergeschlagenheit. Keiner drang vor, keiner regte sich. Die Augen niedergeschlagen standen sie wie leblos da. Besorgt nun, sie möchten durch längeres Zögern entmutigt werden oder wohl gar sich vertragen, ließen Caesar und Pompeius zum Angriff blasen und die Soldaten das Feldgeschrei erheben. 3 Beides geschah; aber nicht nur erhob dies nicht ihren Mut, sie wurden vielmehr durch den gleichen Trompetenschall und gleichsprachiges Feldgeschrei noch mehr erinnert, dass sie eines Volkes und Brüder wären. Sie brachen in Tränen und Klagen aus.
(59) Endlich, als die Hilfsvölker den Angriff begannen, stürzten auch die Römer, durch sie zur Wut gereizt, besinnungslos in den Kampf. Die anderen, die aus der Ferne stritten und nicht wussten, wen sie mit den Pfeilen, Wurfspießen und Schleudersteinen trafen, waren minder übel daran; 2 desto härteren Stand hatten die Schwerbewaffneten und die Reiterei, die so nahe aneinandergerieten, dass sie miteinander reden konnten. Sie kannten ihre Gegner, verbündeten sich, riefen sich zu, stießen sich nieder. Sie erinnerten sich des gemeinsamen Vaterlands und mussten dem Liegenden die Rüstung nehmen. 3 Solches litten und taten sich die Römer und die italischen Bundesgenossen, wo sie aufeinandertrafen. Viele trugen ihren Mördern noch manche Nachricht an die Ihrigen und in die Heimat auf. 4 Die Truppen aus den Provinzen stritten mutig und schonungslos, wie einst für die eigene Freiheit so jetzt darum, die Römer zu Sklaven zu machen und ihnen, denen sie sonst in allem nachgestanden hatten, ein gleiches Schicksal zu bereiten.
(60) Am hitzigsten und vielgestaltigsten war hier die Schlacht schon deshalb, aber auch wegen der Menge und der verschiedenartigsten Bewaffnung. Eine unzählbare Menge von Schwerbewaffneten, Reitern, Bogenschützen und Schleuderern bedeckte das Schlachtfeld; und, überall hin verbreitet, fochten sie durcheinander, bald Freund gegen Freund (weil alle gleiche Waffen hatten) bald gegen die Feinde. 2 Überlegen waren unstreitig die Pompeianer an Reiterei und Bogenschützen, sodass sie, wenn sie von fern einen Teil überflügelt hatten, plötzlich über ihn herfielen, sie in Unordnung brachten und sich wieder zurückziehen konnten, dann bald von dieser, bald von jener Seite den Angriff erneuerten. 3 Um sich ihrer zu erwehren, rückten die Caesarianer mit ihren Gliedern auseinander und machten überall Front gegen die Angreifenden, gingen ihnen zu Leibe und fielen Ross und Mann eifrig an, da eben hierzu Leichtbewaffnete unter die Reiter gemischt waren. 4 Und dies geschah nicht an einem Ort, sondern, wie ich schon erwähnte, bald hier, bald dort, sodass man die einen aus der Ferne, die anderen in der Nähe fechten, die einen verwundet, die anderen verwundet werden, hier fliehen, dort verfolgen und so viele Kämpfe zu Fuß, viele zu Pferd, in den verschiedensten Gestalten sah. 5 Oft veränderte sich plötzlich die Lage. Wer soeben noch verfolgte, floh; ein anderer, der soeben noch ausgewichen war, griff jetzt an. Der soeben einen verwundet hatte, wurde selbst verwundet, der Gefallene erlegte den Stehenden. Viele, noch unverwundet, wurden getötet, andere, schon halb tot, mordeten noch. 6 Die einen freuten sich und stimmten den Siegesgesang an, die anderen brachen vor Schmerz in Wehklagen aus. Das ganze Schlachtfeld war ein Geschrei und Gewinsel; dies selbst schon brächte viele aus der Fassung. Die fremdsprachigen, unverständlichen Worte der Ausländer waren erschreckend; verstand man sich, so war das Leiden noch verdoppelt. Denn außer dem eigenen Leiden sah und hörte man noch das seiner Nachbarn.