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Auch von Norman Cousins ist die Rede, der sich durch Lachen gesund machte; von dem Harvard-Forscher Herbert Benson, M.D., der die Risikofaktoren von herzkranken Patienten durch Transzendentale Meditation senkte; von dem italienischen Neurowissenschaftler Fabrizio Benedetti, der Patienten, denen ein Medikament verabreicht worden war, entsprechend auf dessen Wirkung hinwies, dann das Medikament durch ein Placebo ersetzte – und feststellte, dass das Gehirn weiterhin ohne Unterbrechung die Signale zur Produktion derselben Neurochemikalien aussandte, wie sie durch das Medikament bewirkt worden waren. Und es wird eine beeindruckende neue Studie vorgestellt, die die Spielregeln von Grund auf verändert: Patienten mit Reizdarmsyndrom verbesserten durch die Einnahme von Placebos ihre Symptome dramatisch – und das, obwohl sie genau wussten, dass das ihnen verabreichte Medikament ein Placebo und kein wirksames Arzneimittel war.
Kapitel 3 zeigt auf, was physiologisch im Gehirn passiert, wenn der Placebo-Effekt zum Tragen kommt. Wie Sie erfahren werden, funktioniert das Placebo einerseits, weil man einen neuen Gedanken des Wohlbefindens zulässt und an die Stelle des Gedankens an ständiges Kranksein setzt. Das bedeutet, wir können unser Denken verändern, weg von der unbewussten Prognose einer Zukunft, die genauso aussieht wie die vertraute Vergangenheit, hin zum Begrüßen und Erwarten eines neuen potenziellen Ausgangs. Wenn Sie dieser Vorstellung zustimmen, müssen Sie erforschen, wie Sie denken, was das Gehirn ist und wie sich das auf den Körper auswirkt.
Wie ich erklären werde, führen die immer gleichen Gedanken auch zu den immer gleichen Wahlmöglichkeiten, die wiederum die gleichen Verhaltensweisen mit den gleichen Erfahrungen und den gleichen Emotionen erzeugen, wodurch dann wieder die gleichen Gedanken bestätigt werden – neurochemisch betrachtet bleibt ein solcher Mensch also immer derselbe und ruft sich immer wieder in Erinnerung, wer er seiner Meinung nach ist. Doch halt: Sie sind nicht fest verkabelt und müssen den Rest Ihres Lebens unausweichlich derselbe Mensch bleiben. Hier kommt das Konzept der Neuroplastizität ins Spiel. Es wird zudem erklärt, woher wir wissen, dass das Gehirn sich unser ganzes Leben lang verändern und immer wieder neue Nervenbahnen und neue Verbindungen erzeugen kann.
Kapitel 4 befasst sich mit dem Placebo-Effekt im Körper und erklärt den nächsten physiologischen Schritt der Placebo-Reaktion. Es beginnt mit der Geschichte von ein paar älteren Männern, die an einem einwöchigen, von Harvard-Forschern organisierten Retreat teilnahmen; sie wurden gebeten, so zu tun, als ob sie rund 20 Jahre jünger wären. Nach Ablauf der Woche konnten zahlreiche messbare physiologische Veränderungen festgestellt werden, die alle auf eine Umkehrung der Alterungsprozesse hinwiesen.
In diesem Zusammenhang geht es auch um Gene: was sie sind und wie ihnen im Körper Signale zugesandt werden. Es wird erklärt, wie die relativ neue, aufregende Wissenschaft der Epigenetik mehr oder weniger mit der alten Vorstellung aufgeräumt hat, die Gene seien unser Schicksal. Sie lehrt uns vielmehr, dass der Geist tatsächlich neue Gene aktivieren und neue genetische Verhaltensweisen auslösen kann. Der Körper verfügt über ausgeklügelte Mechanismen zum An- und Abschalten von Genen. Das heißt, wir sind nicht zu einer einzigen, ererbten Genexpression verdammt. Wir können lernen, unsere neuronale Vernetzung zu verändern und neuen Genen Signale zu schicken, um so reale physische Veränderungen zu bewirken.
Wir befassen uns auch mit dem Zugriff des Körpers auf Stammzellen – jener physischen Materie, die hinter vielen wundersamen Placebo-Effekten steht, bei denen an beschädigten Stellen neue, gesunde Zellen produziert wurden.
Kapitel 5 verbindet die beiden vorherigen Kapitel miteinander und erklärt, wie Gedanken Gehirn und Körper verändern. Zunächst geht es um die Frage: »Wenn wir bei Änderungen in unserem Umfeld neuen Genen neue Signale senden, ist es dann auch möglich, diese Signale bereits vor der Veränderung des realen Umfelds an das neue Gen zu schicken?« Sie lernen den mentalen Probelauf kennen, in dem eine klare Absicht mit einer höheren Emotion zusammengebracht wird (die dem Körper eine »Probe« der zukünftigen Erfahrung vermittelt), um bereits im gegenwärtigen Moment das neue zukünftige Geschehen zu erleben.
Entscheidend dabei ist, das innere Erleben realer zu machen als das äußere Umfeld. Das Gehirn kann dann nicht mehr zwischen beidem unterscheiden und verändert sich so, als hätte das Ereignis bereits stattgefunden. Wenn Sie das oft genug schaffen, transformieren Sie Ihren Körper und senden neuen Genen neue Signale, was zu epigenetischen Veränderungen führt – als ob das vorgestellte zukünftige Ereignis real wäre. Dann können Sie einfach diese neue Realität betreten und zum Placebo werden.
In diesem Kapitel wird nicht nur wissenschaftlich erklärt, wie das funktioniert. Bekannte Persönlichkeiten mit unterschiedlichsten Lebenswegen erzählen außerdem, wie sie diese Technik bewusst oder unbewusst verwendet haben und so ihre wildesten Träume verwirklichten.
Kapitel 6 konzentriert sich auf das Konzept der Suggestibilität bzw. Beeinflussbarkeit und startet mit einer faszinierenden, aber auch erschreckenden Geschichte über ein Forscherteam, das testen wollte, ob ein normaler, gesetzestreuer, geistig gesunder Mensch, der sehr leicht hypnotisierbar ist, zu etwas gebracht werden kann, was für ihn normalerweise undenkbar wäre: mit Tötungsabsicht auf einen Fremden zu schießen.
Wie wir sehen werden, sind Menschen in unterschiedlichem Maße suggestibel; je stärker diese Anlage ausgeprägt ist, desto leichter gewinnen wir Zugang zu unserem Unterbewussten. Für das Verständnis des Placebo-Effekts ist das von entscheidender Bedeutung, denn der bewusste Geist macht nur 5 Prozent unseres Selbst aus. Die übrigen 95 Prozent bestehen aus unterbewussten Programmierungen, in denen der Körper zum Geist geworden ist. Wir müssen den analytischen Geist hinter uns lassen und auf das Betriebssystem unserer unterbewussten Programmierungen zugreifen, um aus neuen Gedanken neue Ergebnisse zu kreieren, um unser genetisches Schicksal zu verändern und zu lernen, wie wir Meditation als machtvolles Werkzeug zu diesem Zweck einsetzen können.
Das Kapitel schließt mit einer kurzen Ausführung über unterschiedliche Gehirnwellenzustände und zeigt auf, welche dieser Wellen die Suggestibilität am ehesten steigern.
Kapitel 7 dreht sich um Einstellungen, Überzeugungen und Wahrnehmungen, die unseren Seinszustand und unsere Persönlichkeit verändern und damit unsere persönliche Realität kreieren, und wie wir sie so verändern können, dass sie eine neue Realität erzeugen.
In diesem Kapitel wenden wir uns auch der Macht unbewusster Überzeugungen zu. Sie haben dort die Möglichkeit, einige Ihrer eigenen Überzeugungen zu identifizieren, die Sie unwissentlich hegen.
Des Weiteren wird erklärt, wie die Umwelt und unser assoziatives Gedächtnis unsere Fähigkeit, Überzeugungen zu verändern, sabotieren können.
Um Ihre Überzeugungen und Wahrnehmungen zu verändern, müssen Sie eine klare Absicht mit einer gesteigerten Emotion zusammenbringen. Ihr Körper glaubt dadurch, das von Ihnen aus dem Quantenfeld ausgewählte zukünftige Potenzial sei bereits eingetreten. Die gesteigerte Emotion ist dabei unverzichtbar, denn nur wenn das von Ihnen gewählte Potenzial eine energetische Schwingungsweite hat, die größer ist als die verfestigten Programme in Ihrem Gehirn und die emotionale Abhängigkeit Ihres Körpers, können Sie die Schaltkreise im Gehirn und die Genexpression im Körper tatsächlich verändern und Ihren Körper auf einen neuen Geist umkonditionieren (und dabei sämtliche Spuren der alten neuronalen Schaltkreise und Konditionierungen ausmerzen).
In Kapitel 8 mache ich Sie mit dem Quanten-Universum bekannt, dieser unvorhersehbaren Welt aus Materie und Energie, aus der alle Atome und Moleküle des gesamten Universums bestehen. Wie wir inzwischen wissen, bestehen sie aus mehr Energie (die wie leerer Raum ausschaut) als fester Materie. Das Quantenmodell, dem zufolge alle Möglichkeiten im jetzigen Moment existieren, ist der Schlüssel zum heilenden Placebo-Effekt, denn es erlaubt Ihnen, sich eine neue Zukunft auszuwählen und sie durch Beobachtung zu verwirklichen. Dann werden Sie verstehen, dass es tatsächlich möglich ist, den Fluss des Wandels zu durchqueren und sich mit dem Unbekannten vertraut zu machen.
In Kapitel 9 werden drei meiner Workshop-Teilnehmer vorgestellt, die von einigen wirklich bemerkenswerten Resultaten berichteten und anhand dieser Techniken ihre Gesundheit verbessert haben.
Zuerst stelle ich Ihnen Laurie vor, bei der im Alter von 19 Jahren eine seltene degenerative Knochenerkrankung diagnostiziert wurde, die laut Aussage ihrer Ärzte unheilbar war. Im Laufe mehrerer Jahrzehnte erlitt Laurie am linken Bein und der linken Hüfte zwölf schlimme Brüche; sie konnte nur noch an Krücken gehen. Heute kann sie ganz normal herumlaufen und braucht nicht einmal mehr einen Stock. Auf Röntgenbildern sind an ihren Knochen keinerlei Brüche mehr zu erkennen.
Auch Candace war schwer krank; sie litt unter Hashimoto-Thyreoiditis, einer Autoimmunerkrankung mit Entzündung der Schilddrüse und allen möglichen Symptomen. Sie erhielt diese Diagnose zu einer Zeit, als sie voller Ärger und Wut war. Ihr Arzt sagte, sie müsse den Rest ihres Lebens Medikamente einnehmen, doch Candace bewies ihm das Gegenteil und schaffte es, ihre Gesundheit zu verbessern. Heute liebt sie ihr brandneues Leben und nimmt keine Medikamente mehr ein, da ihre Schilddrüse, wie Bluttests zeigen, inzwischen völlig normal funktioniert.
Dann wäre da noch Joann, die Frau, die ich in der Einleitung bereits erwähnt habe. Sie ist Mutter von fünf Kindern und war eine erfolgreiche Geschäftsfrau und Unternehmerin – für manche so etwas wie eine Superfrau –, bevor sie ziemlich unerwartet einen Zusammenbruch hatte und ihr eine fortgeschrittene Multiple Sklerose diagnostiziert wurde. Mit Joann ging es rapide bergab, und schließlich konnte sie ihre Beine nicht mehr bewegen. Als sie das erste Mal zu einem meiner Workshops kam, erreichte sie kleine Veränderungen; doch eines Tages ging die Frau, die seit Jahren ihre Beine nicht mehr bewegen konnte, ganz ohne Hilfe und nach nur einer einstündigen Meditation im Raum herum!
Kapitel 10 berichtet von weiteren bemerkenswerten Geschichten von Teilnehmern und enthält auch Abbildungen ihrer Gehirn-Scans.
Sie erfahren von Michelle, die sich selbst komplett von Parkinson heilte, und von dem querschnittsgelähmten John, der nach einer Meditation einfach von seinem Rollstuhl aufstand.
Ich erzähle Ihnen von Kathy, einer auf der Überholspur lebenden Managerin, die lernte, den gegenwärtigen Moment zu finden, und von Bonnie, die sich von Myomen und starken Monatsblutungen heilte, sowie von Genevieve, der während der Meditation Freudentränen der Glückseligkeit über die Wangen liefen, und von Maria, die eine Art Orgasmus im Gehirn erlebte.
Ich zeige Ihnen die Daten, die von meinem wissenschaftlichen Team auf Basis der Gehirn-Scans dieser Menschen gesammelt wurden; dann können Sie selbst sehen, welche Veränderungen wir in Echtzeit während der Workshops miterlebt haben. Das Beste an diesen Daten ist: Sie beweisen, dass man kein Mönch und keine Nonne, kein Gelehrter, kein Wissenschaftler und kein spiritueller Führer sein muss, um so etwas zu erreichen. Man braucht keinen Doktortitel und muss nicht medizinisch ausgebildet sein. Die Menschen, von denen in diesem Buch die Rede ist, sind ganz normale Leute wie Sie und ich.
Nach dem Lesen dieses Kapitels wissen Sie, dass dieser Prozess nichts mit Magie oder Wundertaten zu tun hat. Diese Menschen haben einfach etwas gelernt und erlernbare Fähigkeiten eingesetzt. Und wenn Sie diese Fähigkeiten praktizieren, können auch Sie ähnliche Veränderungen bewirken.
Teil II des Buches dreht sich um Meditation.
In Kapitel 11 werden einige einfache vorbereitende Schritte zur Meditation erklärt und nützliche Techniken vorgestellt.
Kapitel 12 bietet Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die in meinen Workshops vermittelten Meditationstechniken – eben jene Techniken, anhand derer Workshop-Teilnehmer die im Buch beschriebenen bemerkenswerte Ergebnisse erzielt haben.
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Auch wenn noch viele Fragen über die Anwendungsmöglichkeiten des Placebo-Effekts offen sind, setzen viele Menschen diese Ideen bereits um und bewirken außergewöhnliche Veränderungen in ihrem Leben, die von anderen als praktisch unmöglich angesehen werden. Das freut mich sehr. Die in diesem Buch vorgestellten Techniken dienen nicht nur der physischen Heilung, sondern können genutzt werden, um alle Aspekte des Lebens zu verbessern.
Ich hoffe, dieses Buch inspiriert auch Sie dazu, diese Techniken auszuprobieren und in Ihrem Leben solche scheinbar unmöglichen Veränderungen möglich werden zu lassen.
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Anmerkung: Die in diesem Buch vorgestellten Geschichten über Teilnehmer meiner Workshops, die sich selbst geheilt haben, entsprechen der Wahrheit; ihre Namen und bestimmte Details, die Rückschlüsse auf ihre Identität zulassen, wurden jedoch geändert, um ihre Privatsphäre zu schützen.
Teil 1
INFORMATION
1. Ist es wirklich möglich?
Sam Londe, ein pensionierter Schuhverkäufer, der Anfang der 1970er-Jahre in der Nähe von St. Louis wohnte, litt unter Schluckbeschwerden.1 Schließlich ging er zum Arzt, der bei ihm metastasierenden Speiseröhrenkrebs diagnostizierte, was damals als unheilbar galt; niemand hatte diese Krankheit jemals überlebt. Es war ein Todesurteil, welches der Arzt seinem Patienten in entsprechend düsterem Tonfall überbrachte.
Der Arzt empfahl Londe die operative Entfernung des Krebsgewebes in der Speiseröhre und der Metastasen im Magen, um seine Lebenszeit so lange wie möglich zu verlängern. Im Vertrauen auf den Arzt willigte Londe ein und ließ sich operieren. Die Operation lief so gut, wie man erwarten konnte, doch schon bald verschlimmerte sich sein Zustand. Eine Untersuchung der Leber zeigte zudem einen ausgedehnten Krebsbefall von Londes gesamtem linkem Leberlappen. Man teilte Londe mit, er habe leider höchstens noch ein paar Monate zu leben.
Londe und seine neue Frau, beide in den Siebzigern, zogen deshalb 300 Meilen nach Nashville, wo Londes Frau Familienangehörige hatte. Schon bald nach seinem Umzug nach Tennessee kam Londe ins Krankenhaus, wo er von dem Internisten Clifton Meador betreut wurde. Bei seiner ersten Visite fand Dr. Meador einen kleinen, unrasierten Mann vor, der sich unter einem ganzen Berg Bettdecken verkrochen hatte und halb tot aussah. Londe war unwirsch und unkommunikativ, und das, wie die Krankenschwestern sagten, schon seitdem er ein paar Tage zuvor ins Krankhaus kam.
Londes Blutzuckerspiegel war aufgrund seiner Diabeteserkrankung hoch, doch die restlichen Blutwerte waren ziemlich normal, bis auf leicht erhöhte Leberenzymwerte, was bei Leberkrebs zu erwarten war. Zusätzliche medizinische Untersuchungen zeigten keine weiteren Anomalitäten auf – angesichts des desolaten Zustands des Patienten ein Segen. Gemäß den Anweisungen seines neuen Arztes ging Londe widerwillig zur Physiotherapie, erhielt angereicherte Flüssignahrung und wurde gut versorgt und gepflegt. Nach ein paar Tagen war er schon ein bisschen kräftiger, und seine Schroffheit legte sich. Er erzählte Dr. Meador aus seinem Leben.
Londe war bereits einmal verheiratet gewesen; er und seine erste Frau waren echte Seelengefährten gewesen. Sie konnten zwar keine Kinder bekommen, hatten aber ansonsten ein gutes Leben zusammen. Sie fuhren gerne Boot, und deshalb hatten sie nach ihrer Pensionierung ein Haus an einem großen Stausee gekauft. Eines Nachts brach der nahe gelegene Staudamm, und ihr Haus wurde von einer Wasserwand vernichtet und fortgeschwemmt. Wie durch ein Wunder konnte Londe sich an ein Trümmerstück klammern und überlebte, doch der Körper seiner Frau wurde nie gefunden.
»Ich verlor alles, was mir jemals lieb und teuer war«, sagte er zu Dr. Meador. »In jener Nacht verlor ich bei der Überschwemmung mein Herz und meine Seele.«
Nicht einmal sechs Monate nach dem Tod seiner ersten Frau, als Londe noch voller Trauer war und mitten in einer Depression steckte, wurde bei ihm der Speiseröhrenkrebs diagnostiziert und operiert. Zu diesem Zeitpunkt lernte er seine zweite Frau kennen und heiratete sie; sie war eine nette Frau, die über seine tödliche Krankheit Bescheid wusste und bereit war, sich in der Zeit, die ihm noch verblieb, um ihn zu kümmern. Ein paar Monate nach ihrer Hochzeit zogen sie nach Nashville, und der Rest der Geschichte war Dr. Meador bereits bekannt.
Als Londe seine Geschichte beendet hatte, fragte ihn der Arzt voller Mitgefühl: »Was soll ich für Sie tun?«
Der todkranke Mann dachte eine Weile darüber nach. »Ich möchte gerne noch Weihnachten mit meiner Frau und ihrer Familie erleben. Sie waren gut zu mir«, sagte er schließlich. »Helfen Sie mir, es noch bis Weihnachten zu schaffen. Mehr will ich nicht.« Dr. Meador sagte, er wolle sein Bestes versuchen.
Als Londe Ende Oktober aus dem Krankenhaus entlassen wurde, ging es ihm tatsächlich viel besser als bei seiner Ankunft. Dr. Meador war positiv überrascht über Londes gutes Befinden. Danach sah der Arzt seinen Patienten etwa einmal pro Monat, und immer sah Londe gut aus.
Doch genau eine Woche nach Weihnachten (am Neujahrstag) brachte seine Frau ihn wieder ins Krankenhaus. Zu Dr. Meadors-Überraschung sah Londe wieder todkrank aus. Die Untersuchung ergab lediglich ein schwaches Fieber; die Thorax-Röntgenbilder zeigten an einer kleinen Stelle eine Lungenentzündung. Londe schien allerdings keine Atembeschwerden zu haben. Alle Bluttests sahen gut aus, und die vom Arzt angeordneten Zellkulturen waren negativ und ergaben keinerlei Hinweise auf andere Erkrankungen.
Dr. Meador verschrieb Londe Antibiotika, verabreichte ihm Sauerstoff und hoffte, alles würde sich zum Guten wenden, doch innerhalb von 24 Stunden war Sam Londe tot.
Man könnte meinen, diese Geschichte handelt von einer typischen Krebsdiagnose, die zum Tod aufgrund einer tödlichen Erkrankung führte, nicht wahr? Doch langsam, die Geschichte ist noch nicht zu Ende.
Als man im Krankenhaus an Londe eine Autopsie durchführte, wurde etwas Seltsames entdeckt: Die Leber war nicht voller Krebstumore; nur im linken Leberlappen wurde ein winziger Krebsknoten gefunden, des Weiteren ein kleiner Fleck auf der Leber. Nichts davon war groß genug, um zum Tod zu führen. Und der Bereich um Londes Speiseröhre herum war komplett ohne Befund. Die Leberuntersuchung im Krankenhaus in St. Louis hatte offensichtlich ein falsches positives Ergebnis erbracht.
Sam Londe starb weder an Speiseröhrenkrebs noch an Leberkrebs und auch nicht an der schwachen Lungenentzündung, die bei seiner erneuten Aufnahme im Krankenhaus festgestellt worden war. Er starb ganz einfach, weil alle um ihn herum meinten, er würde im Sterben liegen. Sein Arzt in St. Louis dachte, er würde sterben, und Dr. Meador in Nashville dachte ebenfalls, er würde sterben. Auch seine Frau und seine Familie dachten das. Und was am wichtigsten war: Londe selbst meinte, er werde sterben.
Starb Sam Londe womöglich aufgrund von bloßen Gedanken? Können Gedanken wirklich so mächtig sein? Und wenn ja, ist das ein Einzelfall?
Gibt es eine Placebo-Überdosis?
Der 26 Jahre alte Doktorand Fred Mason litt nach der Trennung von seiner Freundin unter Depressionen.2 Als er eine Anzeige sah, in der für eine klinische Studie Probanden für ein neues Antidepressivum gesucht wurden, beschloss er, daran teilzunehmen. Vier Jahre zuvor hatte ihm sein Arzt das Antidepressivum Amitriptylin (Elavil) verschrieben, als er einen depressiven Anfall hatte, aber Mason musste das Medikament absetzen, weil er davon extrem schläfrig und benommen wurde. Es war für ihn wohl zu stark gewesen, und das neue Medikament würde, wie er hoffte, weniger Nebenwirkungen haben.
Er nahm seit etwa einem Monat an der Studie teil, als er seine Exfreundin anrief. Die beiden stritten sich am Telefon, und als Mason den Hörer auflegte, griff er aus einem Impuls heraus nach seiner Flasche mit den Versuchspillen und schluckte die 29 restlichen Tabletten, um Suizid zu begehen. Doch das bereute er auf der Stelle. Er rannte in die Eingangshalle seines Apartmenthauses, rief verzweifelt um Hilfe und brach zusammen. Eine Nachbarin hörte ihn schreien und fand ihn auf dem Boden.
Er erzählte der Nachbarin, er habe einen schrecklichen Fehler gemacht und alle seine Pillen geschluckt, wolle aber eigentlich gar nicht sterben. Er bat sie darum, ihn ins Krankenhaus zu bringen, was sie auch tat.
Als Mason in der Notaufnahme ankam, war er ganz blass und schwitzte; sein Blutdruck war auf 80/40 heruntergegangen, der Puls betrug 140. Er atmete ganz schnell und sagte immer wieder: »Ich will nicht sterben.«
Bei der Untersuchung konnten die Ärzte außer dem niedrigen Blutdruck, dem schnellen Puls und der schnellen Atmung nichts weiter feststellen. Doch Mason wirkte lethargisch und lallte. Also wurde er an einen Infusionsapparat angeschlossen, es wurden Blut- und Urinproben genommen, und man fragte ihn, was er denn eingenommen habe. Doch Mason konnte sich nicht an den Namen des Medikaments erinnern. Er teilte den Ärzten mit, es handele sich um ein Versuchsmedikament gegen Depressionen im Rahmen einer klinischen Studie. Dann übergab er ihnen die leere Flasche, auf deren Etikett auch tatsächlich die entsprechenden Informationen über die Versuchsreihe standen, allerdings nicht der Name des Medikaments. Man konnte jetzt nur die Laborergebnisse abwarten, seine Vitalparameter überwachen, um sicherzustellen, dass sich sein Zustand nicht verschlechterte, und darauf hoffen, dass das Krankenhauspersonal Kontakt mit den Forschern aufnehmen konnte, die die klinische Studie durchführten.
Vier Stunden später, nachdem auch die Labortests vorlagen, die nichts Ungewöhnliches ergeben hatten, war einer der Ärzte zur Stelle, der an der Studie mitarbeitete. Er überprüfte den Code auf dem Etikett von Masons leerer Pillenflasche und warf einen Blick in die Versuchsunterlagen. Wie er daraufhin mitteilte, hatte Mason ein Placebo eingenommen; die Pillen, die er geschluckt hatte, enthielten keinerlei medizinische Wirkstoffe. Und wie durch ein Wunder kehrten Masons Blutdruck und Puls innerhalb weniger Minuten auf die Normalwerte zurück. Auch die Benommenheit verschwand wie durch Zauberhand. Mason war ein Opfer des Nocebo-Effekts geworden: der aufgrund hoher Erwartungen schädlichen Wirkungen einer an sich harmlosen Substanz.
Zeigten sich bei Mason die Symptome womöglich nur, weil er sie erwartet hatte? Haben vielleicht, ähnlich wie bei Sam Londe, Masons Erwartungen eines bestimmten Zukunftsszenarios so sehr die Kontrolle über seinen Körper übernommen, dass er das Szenario zur Realität machte? Konnte sein Denken dabei sogar Funktionen steuern, die normalerweise nicht der Kontrolle des Bewusstseins unterliegen? Und wenn es möglich wäre, dass uns unsere Gedanken krank machen, können wir sie dann womöglich auch dazu nutzen, uns gesund zu machen?
Chronische Depression verschwindet wie von Zauberhand
Janis Schonfeld, eine 46-jährige Innenarchitektin aus Kalifornien, litt schon seit ihren Teenager-Jahren unter Depressionen, hatte aber nie Hilfe gesucht, bis sie 1997 eine Anzeige in einer Zeitung las. Das Institut für Neuropsychiatrie der UCLA (University of California in Los Angeles) suchte nach Freiwilligen für eine klinische Studie zum Testen eines neuen Antidepressivums namens Venlafaxin (Effexor). Schonfeld, Ehefrau und Mutter, hatte wegen ihrer schlimmen Depressionen sogar schon an Selbstmord gedacht und ergriff diese Chance beim Schopf.
Bei ihrem ersten Besuch im Institut wurde Schonfeld von einem Techniker an einen Elektroenzephalografen (EEG) angeschlossen, um circa 45 Minuten lang ihre Gehirnwellenaktivitäten zu überwachen und aufzuzeichnen. Kurz darauf verließ Schonfeld das Institut mit einem Fläschchen voller Pillen aus der Krankenhausapotheke. Wie sie wusste, sollte etwa die Hälfte der Versuchsgruppe, bestehend aus 51 Probanden, das Medikament erhalten und die andere Hälfte ein Placebo. Weder sie noch die für die Studie zuständigen Ärzte wussten, welcher der beiden Gruppen sie zugeordnet worden war; das würde erst nach Abschluss der Studie bekannt gegeben werden. Doch Schonfeld war zu diesem Zeitpunkt vor allem aufgeregt und hoffte auf Unterstützung in ihrem jahrzehntelangen Kampf gegen die Depressionen, die sie manchmal plötzlich und scheinbar grundlos in Tränen ausbrechen ließen.