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Wenn wir abschließend noch einmal auf die Bezeichnung Kraftort zurückkommen und versuchen, eine eigene Definition dafür zu finden, so würde diese wie folgt lauten: Ein Kraftort ist ein Ort, der es uns aufgrund seiner energetischen Beschaffenheit ermöglicht, wieder in unsere innere Mitte, in unsere Kraft zu kommen.


Geomantische Hintergründe
Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass er den Dingen auf den Grund gehen will. Und so hat er auch versucht, sich dem Thema Kraftorte von der wissenschaftlichen Seite aus zu nähern. Hierbei haben sich verschiedene Methoden entwickelt, wie die Geomantie und Radiästhesie. Die chinesische Tradition des Feng Shui oder die indische Lehre des Vastu beruhen auf dem Wissen um die Energien von Orten und ihrer Wirkung auf den Menschen.
Richten wir uns rein nach dem Namen, so setzt sich die Radiästhesie (lat. radius = Strahl, griech. aisthesis = Sinneswahrnehmung) mit der Sinneswahrnehmung von Strahlen auseinander und die Geomantie (griech. geo = Erde, griech. manteia = Weissagung) mit der Weissagung der Erde. Vereinfacht gesagt erforschen beide Methoden die an bestimmten Orten vorkommenden Energien. Sie sind meist weder sichtbar noch mit wissenschaftlichen Kriterien messbar. Dennoch können sie von vielen Menschen wahrgenommen werden. Eine Möglichkeit, sie erkennbar zu machen und genauer zu identifizieren, ist das Rutengehen.
Die genannten Methoden gehen davon aus, dass die Erde von verschiedenen Energieschichten umgeben ist, die einen Einfluss auf uns Menschen haben und umgekehrt. Wir Menschen bestehen nicht nur aus unserem festen Körper, sondern auch aus Schwingung, aus feinstofflicher Energie. Alles auf unserer Erde ist Energie, ebenso die feste Materie. Denn die Grundlage allen Seins sind Atome. Jedes von ihnen bewegt sich in seiner eigenen Geschwindigkeit und erschafft in Kombination mit anderen Einheiten eine bestimmte Schwingung. Auch feste Materie ist also Energie.
So besteht unser menschlicher Körper ebenfalls aus Energie in unterschiedlichen Varianten – dem physischen Körper und den feinstofflichen Schichten. Viele ganzheitliche Heilweisen und Traditionen bauen auf diesem Wissen auf. Die Traditionelle Chinesische Medizin spricht von den Meridianen, Energieleitbahnen, die sich in einem Netzwerk über den menschlichen Körper ziehen. Mittels bildgebender Verfahren ist es inzwischen sogar gelungen, die Meridiane bei Stimulation sichtbar zu machen. Durch sie strömt das Chi – die Lebenskraft. In der indischen Tradition heißt diese Lebenskraft Prana und wird über die Chakren im Körper verteilt. Diese Lebensenergie können wir spüren – bewusst oder unbewusst. Wenn sie gestört ist, werden wir krank. Durch Akupunktur oder Akupressur kann sie wieder in den Fluss gebracht werden.
Auch Techniken wie Qi Gong oder Yoga helfen dabei. Nicht umsonst erfreuen sie sich so großer Beliebtheit. Bei diesen Übungen merken besonders feinfühlige Menschen vielleicht ein Kribbeln, ein Pulsieren oder eine große Wärme am Körper, wenn die Energie wieder ins Fließen kommt. Andere merken einfach nur, dass ihnen die Übungen guttun und ihr Wohlbefinden gesteigert wird. Sie fühlen sich energiegeladener und ausgeglichener. Diese Energien am eigenen Körper bewusst wahrzunehmen ist ein erster Schritt, um auch bei der Erkundung von Orten die entsprechenden Schwingungen unterscheiden zu können. Diese Wahrnehmung können wir trainieren, indem wir unseren Energiefluss immer wieder bewusst aktivieren. Dazu findest du einige Übungen im Infokasten.
Alles dreht sich also um Energie. In der Geomantie und Radiästhesie spricht man von messbaren Feldern, wie Magnetismus, Mikrowellen, Infrarotstrahlen oder Radioaktivität, und nicht-messbaren, also feinstofflichen Feldern. In der einschlägigen Fachliteratur finden wir dazu zahlreiche Forschungsergebnisse. Ich möchte hier nur einen vereinfachten Überblick über die grundlegendsten Erkenntnisse geben.
Im Laufe der Zeit konnten die verschiedensten Gitternetzlinien und Punkte ermittelt werden, die rund um den Erdball zu finden sind. Es gibt das Hartmanngitter, ein Netz an natürlich vorkommenden positiv und negativ geladenen Linien, die in Nord-Süd-Richtung in einem Abstand von etwa 2 Metern und in Ost-West-Richtung in einem Abstand von etwa 2,5 Metern verlaufen. Sie können die Energie auch senkrecht nach oben abstrahlen bis zu einer Höhe von 1,80 Metern.
Dann gibt es das Currygitter, dessen Linien in einer Distanz von 3 Metern diagonal zu den Polen verlaufen, während die Energielinien des Benker-Kuben-Systems 10 Meter weit auseinanderliegen – wie in aufeinandergeschichteten Würfeln. Alle Gitternetze haben positiv und negativ geladene Kreuzungspunkte, die eine intensivierte, zum Teil sehr positive und zum Teil auch schädliche Strahlung von sich geben können. Letztere werden gern als Störzonen bezeichnet, die beispielsweise durch Ameisenhügel oder besonderen Pflanzenwuchs erkennbar sind. Andere gestörte oder intensiv aufgeladene Zonen können wir auch bei bestimmten topografischen Begebenheiten vorfinden, wie zum Beispiel bei Erdverwerfungen oder unterirdischen Wasservorkommen. Dann gibt es noch die sogenannten Leylines – Kraftlinien, die entweder von Menschen durch Verbindung von Bauwerken oder Steinformationen erzeugt wurden oder natürlich in der Erde vorhanden sind. Darüber herrscht Uneinigkeit. Die Linien wie auch Verwerfungen oder Wasseradern können von erfahrenen Rutengängern aufgespürt werden. Eine Methode, wie wir die Energiequalität an Orten bestimmen können, hat der französische Radiästhet André Bovis (1871–1947) entwickelt. Dabei wird ein Pendel oder eine Einhandrute über ein skaliertes Biometer gehalten und so die Anzahl an Bovis-Einheiten gemessen. Plätze mit einem sehr hohen Wert gelten als Kraftorte. Diese Messmethoden werden auch heute wieder angewendet, wenn Menschen ihre Wohnung auf die entsprechenden Einflüsse untersuchen lassen wollen, können sie doch eine Stress auslösende Wirkung auf uns haben. Dieser geopathische Stress kann von natürlichen oder künstlichen Feldern, wie zum Beispiel Mobilfunkmasten, ausgehen. Manche Menschen reagieren darauf mit Symptomen wie Schmerzen, Reizbarkeit oder Schlafstörungen. Früher hat man dieses Wissen um die verschiedenen Energiequalitäten von Orten bei der Gründung von Städten und Errichtung von Gebäuden mit einbezogen. So wurden auf die kraftvollsten Orte auch die wichtigsten Bauwerke gesetzt – Rathäuser, Marktplätze, Burgen und Schlösser sowie Kirchen. Die axialen Straßen und Stadttore hat man nach dem Verlauf der Kraftlinien angelegt, die Wachtürme auf anregenden und die Brunnen auf positiv geladenen Punkten platziert. Bei alten Bauernhöfen finden wir heute noch die alte Bauweise, bei der die Außenmauern auf Störzonen bzw. abbauenden Linien lagen, um so im Inneren einen neutralen, wohltuenden Platz für Tiere und Menschen sicherzustellen.

Doch handelt es sich bei diesen Energien nicht ausschließlich um natürliche Begebenheiten, sondern es gibt auch künstliche, also von Menschenhand erzeugte Strukturen, die eine bestimmte Wirkung haben. Ein gutes Beispiel sind Straßenverläufe: Gewundene Straßen oder Wege haben eine harmonische Energie, während schnurgerade Straßen die Energie sehr stark bündeln und auf ihren Endpunkt richten. Das ist bei Alleen der Fall, bei denen die Energie ganz gezielt auf das am Ende stehende Schloss oder Kloster zuläuft. Die Bäume am Wegesrand verstärken diese Kraft noch. Auch die alten Römer machten sich diese Energie zunutze und legten ihre Straßen schnurgerade und häufig noch entlang von Kraftlinien an, um so die Kraft der Soldaten zu maximieren. Wir Menschen stehen also mit den auf der Erde vorkommenden Energien in steter Wechselwirkung. Ihre natürliche Strahlung beeinflusst uns in erster Linie durch aufbauende, abbauende und neutrale Zonen, die auf unseren Körper einwirken. Genauso beeinflussen wir die Orte – durch Bauwerke genauso wie durch unsere Aktivitäten. So wurde die Energie an manchen Kraftplätzen bewusst verstärkt, indem dort Menhire oder Langsteine, Obeliske, Kirchtürme oder Tempel errichtet wurden. Sie bauen eine Verbindung zwischen den irdischen und kosmischen Kräften auf und strahlen sie nach außen ab. Auf der anderen Seite können geschichtliche Vorbelastungen oder negative Entwicklungen, wie Massentourismus, künstliche Beleuchtung, Lärm, Bauwut oder starkes Konsumverhalten, eine schwächende Wirkung auf Orte haben. Dann können wir Menschen auch in heilender Funktion tätig werden.
Eine Möglichkeit ist hier die systemische Arbeit. So konnte ich selbst durch Aufstellungsarbeit die Energie an bestimmten Orten spürbar steigern, was teilweise sogar dazu führte, dass die Beziehung zwischen dem Ort und den in der Nähe lebenden Menschen wieder deutlich enger wurde, sie ihn öfter aufsuchten und besser pflegten, ohne dass sie von dieser Art von Arbeit in Kenntnis gesetzt worden waren.
Dieses Zusammenspiel der verschiedenen Energien, die auch von den Kreisläufen in der Natur und den Himmelsrichtungen beeinflusst werden, wird in der Geomantie gern als Seele eines Platzes bezeichnet. Unsere Vorfahren glaubten noch an diese Beseeltheit der Erde, der Tiere, Pflanzen und sogar der Steine. Sie glaubten an die Elementarwesen, Pflanzenwesen, Ahnengeister, Feen und anderen Wesen, die sich an diesen Plätzen tummeln. In unserer Welt lebt diese Seele noch in den großen Heiligtümern fort, doch allgemein herrscht ein großer Glaube an die Wissenschaft und die Technik, die alles möglich macht. Doch dadurch verliert unsere Welt an Magie. Wir sollten anfangen, unsere rationalen Sichtweisen ab und an zu verlassen, und auch an etwas glauben, das wir nicht sehen oder messen können. Denn wir können diese Dinge sehr wohl spüren, wenn wir unsere sinnliche Wahrnehmung aktivieren. Dann entfaltet sich das ganze Wunder der Natur vor unseren inneren Augen.

Übungen
Aktivierung des Energieflusses
Die folgenden Übungen helfen dir, in guten Kontakt zu deinem Körper zu kommen. Sie aktivieren deinen Energiefluss und unterstützen so die Sinneswahrnehmung. Sie sorgen außerdem dafür, dass Gehirn und Körper optimal miteinander kommunizieren und funktionieren.
Zu Beginn





Meridiane abklopfen







Switching-Punkte massieren
Die Switching-Punkte werden in der Kinesiologie auch Anschaltpunkte für das Gehirn genannt, denn sie sorgen dafür, dass die rechte und linke Gehirnhälfte wieder reibungslos zusammenarbeiten und die Koordination von Gehirn und Körper optimal gewährleistet ist. Es handelt sich hierbei um drei Punkte, die jeweils Meridian-End- oder -Anfangspunkte sind.



Energieball in den Händen halten
Die Traditionelle Chinesische Medizin bezeichnet die Energie, die durch unseren Körper fließt, als Chi. Die Praktik des Qi Gong bringt diese Energie durch verschiedene Übungen wieder in den Fluss und hilft, Stauungen und Blockaden zu lösen. Dabei wird der Energieball immer wieder in den Händen gehalten und in verschiedene Richtungen geführt. Diesen Energieball können wir auch außerhalb der Praktiken des Qi Gong einfach spürbar machen:

Zum Abschluss
Spüre zum Abschluss dieser Übungen noch einmal in deinen Körper hinein, wie er sich anfühlt.




Tipp: Du kannst zwischen den einzelnen Übungen immer wieder in deinen Körper hineinspüren, wie er sich anfühlt. So kannst du für dich herausfinden, welche Übung dir besonders guttut, und diese in Zukunft zu deiner persönlichen Alltagspraxis werden lassen.


Traditionelle Kraftorte und ihre berühmten Vertreter
Wir haben also gesehen, dass das Wissen um die Energien von Orten schon sehr lange eine Rolle in der Geschichte spielt. Die Wohnhäuser, bedeutende Bauwerke, ja, ganze Städte wurden danach ausgerichtet. Wir können uns also direkt vor unserer Haustür auf die Suche nach kraftvollen Orten machen und werden mit Sicherheit fündig. Die traditionellen Vertreter sind in der Regel Kathedralen, Kirchen, Burgen und Schlösser. Dann gibt es noch die Überreste alter Kultstätten, wie Keltenschanzen, Ahnensteine, Grabanlagen und andere Ruinen. Und auch besondere Natursehenswürdigkeiten erklärten die Menschen als heilig und errichteten dort ihre Ritualplätze. Die alten Sagen und Mythen erzählen uns von all diesen Orten und den Legenden, die sich um sie ranken.
Manche von ihnen haben eine besondere Anziehungskraft. So wurde der Ayers Rock in Australien mittlerweile gesperrt und darf nicht mehr bestiegen werden, weil zu viele Touristen Gesteinsproben als Souvenirs mitgenommen haben und sich auch sonst recht unangemessen verhalten haben. Für die Ureinwohner – die Anangu – ist er heute noch ein heiliger Ort und spielt eine große Rolle in ihrem Glauben.
Auch Stonehenge in Großbritannien, die Maya-Pyramiden in Mexiko, der Mont Saint-Michel in Frankreich oder der Jakobsweg in Spanien werden von regelrechten Pilgerströmen besucht. Welche Faszination üben diese Orte aus? Ist es die Sehnsucht nach alten Traditionen und Riten, die in unserer heutigen Welt ein wenig verloren gegangen ist? Die Sehnsucht nach dem Kern unseres Seins? Oder einfach nur die Tatsache, auch dort gewesen sein zu wollen?
Viele von den alten Kultstätten eint die Ausrichtung nach den Himmelsereignissen. So zeigen beispielsweise Stonehenge und die Pyramide des Kuculcán in Chichén Itzá die Tag- und Nachtgleiche an. Diese Himmelsereignisse waren von großer Bedeutung für die früheren Kulturen, markierten sie doch den Jahreskreis und somit auch die Zeitpunkte für Aussaat, Reife, Ernte und Winterpause. Diese wichtigen Übergänge wurden ausgiebig geehrt und gefeiert. Gerade in diesem Zusammenhang stoßen wir im europäischen Raum häufig auf die Geschichte der Germanen und Kelten. Die keltisch-irischen Festtage erfreuen sich heute wieder großer Beliebtheit und werden gerade in spirituellen Kreisen ausgiebig zelebriert. Sie haben mit unserer christlichen Kultur so manche Gemeinsamkeit, wurden die Bräuche der Kelten und Germanen doch zu einem großen Teil übernommen und angepasst, um die Bevölkerung zu missionieren. So stehen die christlichen Kapellen und Kathedralen häufig auf früheren Kultplätzen der Römer, Germanen und Kelten. Ein Beispiel ist die Kathedrale von Chartres, in deren Krypta sich heute noch ein keltischer Brunnen befindet, der im 17. Jahrhundert zugeschüttet und 300 Jahre später wiederentdeckt wurde. Die Kathedrale mit ihrem beeindruckenden Labyrinth, ihrer auf bestimmten Zahlenverhältnissen beruhenden Konstruktion und den farbenprächtigen Fenstern in Chartres-Blau (einer eigens entwickelten, besonders reinen Blaufärbung) ist einer der bekanntesten Kraftorte in Europa. Auch hier gibt es ein Sonnenereignis: zur Sonnwende fällt ein Lichtstrahl durch eine Öffnung in einem Fenster direkt auf einen Messingknopf im Boden.

Bei der Wiederbelebung der früheren Kulte geht es einigen sicherlich um eine Rückbesinnung auf diese alten Werte. Sie nutzen diese Plätze, um dort die Jahreskreisfeste zu feiern, Rituale abzuhalten oder zu meditieren. Auch ich habe einige dieser bekannten Kraftorte besucht und werde im Verlauf des Buches immer wieder von meinen Erlebnissen berichten. Manche fand ich beeindruckend, von manchen war ich enttäuscht. Die Empfindungen sind eben subjektiv. Dennoch gibt es sie – die Orte, die durch ihre Schönheit, Einzigartigkeit und Kraft die Menschen faszinieren, sie für sich einnehmen und nicht mehr loslassen. Diese Plätze mit großem Beliebtheitswert haben meistens auch eine sehr hohe Schwingungsfrequenz. »Hier geht einem das Herz auf!«, ist eine häufige Reaktion. Deshalb lohnt es sich auf jeden Fall, den ein oder anderen dieser Orte aufzusuchen, schon allein aus dem Grund, dass wir dann eine Vergleichsmöglichkeit haben und unser Gespür trainieren können, wie sich diese Plätze anfühlen. Nehmen wir also Verbindung zu ihnen auf und lassen uns auf sie ein. Das geht meist nicht bei einem kurzen Besuch. Wir sollten uns Zeit nehmen. Und dann kann es natürlich vorkommen, dass wir regelrecht mystische Erfahrungen an diesen Orten machen, eintauchen in eine andere Wirklichkeit und ganz und gar inspiriert zurückkommen.
