- -
- 100%
- +

Gibt es den Kraftort?
Die Lehren der Geomantie und Radiästhesie geben uns Messinstrumente an die Hand, wie wir Orte mit einer aufbauenden, also kraftvollen Erdstrahlung genau feststellen können. Zusätzlich erhalten wir durch die alten Sagen und Mythen, durch Kultstätten, Bauwerke, Denkmäler oder Naturschauplätze Anhaltspunkte, wo wir diese Kraftorte finden können. Und natürlich gibt es zahlreiche aktuelle Bücher, die von magischen Plätzen berichten. Dennoch reagieren wir Menschen ganz unterschiedlich auf sie. Kraftorterfahrungen sind sehr persönlicher Art, denn die Kräfte eines Platzes wirken immer mit den persönlichen Bedürfnissen und Möglichkeiten der Wahrnehmung zusammen unter zusätzlicher Beeinflussung durch die Witterungsverhältnisse. Alles ist miteinander verbunden und tauscht sich aus. Und so gehen wir als energetische Lebewesen in Resonanz mit der Schwingung der Kraftfelder um uns herum. Sicherlich gibt es übereinstimmende Berichte von einer großen Anzahl von Menschen, die an ausgewiesenen Kraftorten von einer plötzlich einkehrenden inneren Ruhe, einer hohen Vitalität, einem Vibrieren, Prickeln oder Ziehen, einem Gefühl des Einsseins, einer Eingebung oder Kommunikation mit anderen Wesen erzählen. Auch von einer neuen Kontaktaufnahme mit sich selbst, von Empfindungen der Verwurzelung und Geborgenheit wird häufig berichtet. Doch gibt es hier eben nicht die eine objektive Wahrnehmung, die für alle passend sein muss. Die Ansichten sind äußerst facettenreich. Diese Feststellung habe ich bei meinen Führungen immer wieder gemacht.
Dort gab es Empfindungen auf einer Bandbreite von sehr positiv über gar nichts bis hin zu äußerst negativ, sodass der Ort sofort wieder verlassen werden musste. Eine Kirche mit sehr niedrigem Deckengewölbe kann als Hort der Geborgenheit und des Schutzes wahrgenommen werden oder als bedrückend und beklemmend. Die Empfindung hängt von der eigenen Vorgeschichte, der Befindlichkeit an diesem Tag und vielen weiteren Umständen ab. Eine Kirche oder kleine Kapelle kann für manche ein wunderbarer Rückzugsort sein. Sie genießen die ruhige Atmosphäre des Sakralraums und können in die andächtige Stille eintauchen. Für andere sind Kirchen so stressbesetzt, dass sie sich dort überhaupt nicht wohlfühlen. Auch die oft als so störend verurteilten Wasseradern sind nicht unbedingt an sich negativ. Sie können ebenso eine sehr anregende Wirkung haben, die für eine müde oder erschöpfte Person genau das Richtige sein mag und nur auf Dauer nicht unbedingt empfehlenswert ist. Voll und ganz ausgeschöpft wurde dieser Effekt gerne bei Lustschlössern, die dazu auf unterirdischen Wasserverschlingungen gebaut wurden. Es kommt also auf das subjektive Empfinden und auf das Zusammenwirken der verschiedenen Einflüsse an.
Deshalb sollten wir uns an erster Stelle wohl eher fragen, warum wir Kraftorte eigentlich aufsuchen? Was sind unsere Bedürfnisse und Ziele? Was bezwecken wir damit?
Viele Menschen berichten, dass sie dort wieder in Kontakt mit sich selbst kommen, sich verwurzelt fühlen und geborgen im großen Ganzen. Dort lernen sie die Zyklen unserer Welt wieder zu verstehen und so dem Leben wieder zu vertrauen. Sie erfahren eine gewisse Art von Verbundenheit mit der Menschheit, den Lebewesen auf der Erde, der Heilkraft der Natur und dem ganzen Universum. Sie fühlen sich angeschlossen an ein großes Energiereservoir. Dies hilft dabei, das eigene Leben aus einer anderen Perspektive zu sehen und neue Lösungsansätze zu finden. So sind sie wieder in der Lage, die Kontrolle über ihr eigenes Leben zu übernehmen. Sie blicken dem Alltag gelassener und mit mehr Freude entgegen und fühlen sich nicht mehr so ausgeliefert. All das scheint an manchen Orten müheloser zu gelingen als an anderen. Kraftorte erleichtern es uns, uns zu öffnen, und bieten uns so einen Zugang in eine andere Welt, der uns sonst vermeintlich verborgen bliebe. In letzter Instanz liegt es aber an uns, dies alles auch zuzulassen. Wenn wir uns verschließen, werden wir am stärksten Kraftort dieser Welt diese Erlebnisse nicht teilen.

In der Quintessenz kommt es also darauf an, sich einzulassen, ins Spüren zu kommen und die eigene Umgebung mit allen Sinnen bewusst wahrzunehmen. Erst dann können wir in das Schwingungsfeld von Orten wirklich eintauchen und sehen, ob sie zu unseren Bedürfnissen passen oder nicht.
Dabei ist unser eigener Körper unser Messinstrument. Ähnlich wie die Tiere vertrauen wir einfach unserem Instinkt. So sind Katzen beispielsweise eher Störfeldsucher und Hunde Störfeldflüchter. Katzen mögen es also, sich auf Plätze zu legen, die entweder sehr anregend oder abladend wirken. Hunde hingegen meiden diese Bereiche und suchen lieber neutrale Zonen auf. Tiere merken also instinktiv, welcher Ort ihnen guttut und welcher nicht. Warum soll das nicht ebenso für uns Menschen gelten?
Viele von uns haben dafür nur leider die entsprechenden Antennen verloren, sind zu sehr mit den Dingen im Außen beschäftigt und haben es verlernt, auf das zu hören, was ihnen guttut. Doch dieses Gespür tragen wir alle in uns und können es entsprechend trainieren und wieder aktivieren. Dazu ist es wichtig, uns erst einmal freizumachen von den Gedanken und Problemen des Alltags. Erst wenn wir uns leeren, können wir unser Gefäß auch wieder mit neuen Eindrücken füllen. Unsere Sinne sind häufig blockiert von den Dingen, die in unserer Welt sekündlich auf uns einströmen. Wir können diese gar nicht mehr verarbeiten und sind überfordert von der Vielfalt. Deshalb haben wir uns verschlossen, um uns zu schützen. Durch langsame, bewusste Annäherung und Wahrnehmung können wir uns wieder öffnen. Am besten gelingt uns das in einem geschützten Rahmen, an einem Platz, an dem wir uns wohlfühlen, der uns wie magisch anzieht. Hier können wir in Kontakt kommen mit uns selbst, der inneren Weisheit in uns und dem großen Ganzen. Das ist unser persönlicher Kraftort. Er passt genau zu unseren Bedürfnissen, zu unserer Lebenssituation, zu dem, was wir in diesem Moment gerade brauchen. Das kann heute etwas anderes sein als morgen. Und so kann auch unser Kraftort heute ein anderer sein als morgen. An einem Tag ist das vielleicht der eigene Garten, der Balkon oder der Meditationsplatz zu Hause und am nächsten Tag der Park um die Ecke, ein Wald in der Nähe oder ein kraftvoller Baum.
So beginnen wir, unser eigenes Umfeld zu erkunden und dabei unsere ganz persönlichen Plätze mit ihrer eigenen Magie zu entdecken. Mal ganz nahe und mal weiter weg – je nachdem, wo es uns gerade hinzieht.


Natur als Kraftort
Naturphänomene oder Naturdenkmäler haben häufig eine große Anziehungskraft und zählen zu den berühmten Kraftorten der Welt, so zum Beispiel der Untersberg bei Salzburg, der vom Dalai Lama als das Herzchakra Europas bezeichnet wurde. Doch ist nicht die Natur an sich ein einziger großer Kraftort?
Wenn wir in der Natur sind, fühlen wir uns wieder geerdet und eingebunden in das große Ganze. Wir bekommen den Kopf frei und erhalten neue Perspektiven auf unseren Alltag und die darin verworrenen Sorgen und Probleme. Wir tanken neue Kraft, sind vitaler und ausgeglichener. Waren das nicht die Merkmale, die Menschen als Gründe für Besuche von Kraftorten angegeben haben? Wen wundert es da noch, dass die Outdoor-Branche derzeit einen regelrechten Boom erfährt? In uns Menschen ist eine große Sehnsucht nach der Natur verankert. Der Psychotherapeut und Philosoph Erich Fromm (1900–1980) nannte sie »Biophilia« – die Liebe zum Leben. Auch Hildegard von Bingen (1098–1179) sprach von der Grünkraft, die für sie die Grundlage aller Heilung darstellte. Sie meinte damit eine Kraft, die von allen natürlichen Lebewesen ausgeht, den Pflanzen und Tieren, den Mineralien und auch den Menschen. Natur hat also eine extrem positive Wirkung auf uns. Warum ist das so?
Dazu gehen wir einige Jahrtausende in der Evolutionsgeschichte der Menschheit zurück. Damals war die Natur unser Lebensraum. Hier liegen unsere Ursprünge. Im Verhältnis zu unserer Existenz auf dieser Welt leben wir erst seit sehr kurzer Zeit so weit entfernt von der Natur, wie es heute der Fall ist. Die Natur ist also unser Zuhause. Deshalb fühlen wir uns so wohl in ihr. Clemens G. Arvay beschreibt es in seinem Buch »Der Biophilia-Effekt« als ein Gefühl des Angekommenseins fernab von Straßenlärm und Konsumterror. Dort sind wir einfach ein Lebewesen. Wir sind so, wie wir sind, ohne irgendwelchen Ansprüchen genügen zu müssen.4 In der Natur können wir uns also so geben, wie wir sind. Gesellschaftliche Normen, Statussymbole oder Erwartungshaltungen gelten hier nicht. So kommen wir uns selbst und unserer Selbstwahrnehmung wieder näher.
In unserer Gesellschaft haben wir uns von uns selbst entfremdet. Wir werden häufig fremdbestimmt, ohne dass wir es bewusst merken. Die Natur hilft uns, wieder zu uns zurückzufinden. Sie bietet einen Gegenpol zu unserer heutigen Welt, die laut ist und voller Hektik. Dort setzen wir uns permanent Stress aus, und den meisten davon schaffen wir uns selbst. Der Säbelzahntiger von früher wurde abgelöst durch unsere Vorgesetzten, den Verkehr, den Nachbarn, durch Freizeitaktivitäten und vieles mehr. Das Stadtleben voller Lärm und künstlicher Beleuchtung, Termin- und Leistungsdruck sowie die hohen Erwartungen an uns selbst lösen Stress bei uns aus. Er wird in unserem limbischen System gesteuert, welches im archaischen Teil unseres Gehirns, im Reptiliengehirn, verankert ist. Dieser Teil reagiert blitzschnell und kann durch unser Bewusstsein nicht beeinflusst werden. Wenn es in Alarmbereitschaft ist, sind Entspannung und Erholung nicht möglich. Früher reagierten wir durch Kampf oder Flucht. Danach konnten wir uns wieder regenerieren. Heutzutage dauert der Stress aber permanent an. Aufenthalte in der Natur helfen uns dabei, wieder in den Entspannungsmodus zu kommen. Auch die Signale der Natur, wie Vogelgezwitscher, das Plätschern eines Baches oder verwunschene Hecken, sind alles Signale, die ein Wohlgefühl bei uns erzeugen. Sie werden in Sekundenbruchteilen an unser Reptiliengehirn gesandt. So hat die Natur automatisch einen positiven Effekt auf unser Unterbewusstsein. Denn tief in uns ist das Wissen verankert, dass Vögel nur zwitschern, wenn sie sich wohl und in Sicherheit fühlen, dass das Plätschern eines Baches und das Vorhandensein von Sträuchern mit Beeren Nahrung bedeutet. Andersherum kennen wir alle auch die sogenannte Ruhe vor dem Sturm. Dieses beunruhigende Gefühl, wenn sich eine gewisse Stille einstellt, bevor beispielsweise ein Unwetter naht.
Clemens G. Arvay erzählt in seinem Buch von Wissenschaftlern, die untersucht haben, in welchen Landschaftsformen Menschen am meisten entspannen können. Das waren u. a. ruhige, glitzernde Wasserflächen, Meere, Bäume mit großen Kronen, blühende Landstriche oder Sträucher sowie Pflanzen mit Vögeln.5 Gemäß weiterer Studien hat allein der Ausblick ins Grüne eine positive und sogar heilende Wirkung, wie zum Beispiel der Blick auf einen Baum, der einen schnelleren Genesungsprozess bei Kranken zur Folge haben kann.6 Außerdem wirkt die grüne Farbe in der Natur beruhigend und ausgleichend auf uns. Sie harmonisiert.
Und nicht nur der Ausblick in die Natur hat einen gesundheitsfördernden Effekt, sondern auch das Einatmen der Luft. Sie ist das reinste Erfrischungselixier für uns, denn durch unsere Lunge bewegen sich jeden Tag zwischen 10 000 bis 20 000 Liter Luft. In einem gesunden Umfeld wird diese Luft automatisch gereinigt – durch die natürliche Radioaktivität, die UV-Strahlung und Wasserzerstäubung. Letztere führt dazu, dass manche Orte durch die in der Luft konzentrierten Negativ-Ionen noch besonders hoch aufgeladen sind und uns so als besonders energetisierend erscheinen. Das ist zum Beispiel an Wasserfällen der Fall. Zusätzlich befinden sich insbesondere in Wäldern in der Luft Botenstoffe, die von den Pflanzen ausgesendet werden. So kommunizieren sie miteinander und warnen sich beispielsweise vor Fressfeinden, Insektenbefall oder Ähnlichem. Diese Stoffe regen auch unser Immunsystem an.


All das bewirkt, dass wir die Natur meist instinktiv aufsuchen, wenn es uns nicht so gut geht. Sie hilft uns, zur Ruhe zu kommen, und gibt uns ein Gefühl der Geborgenheit, des Angenommenseins. Sie hilft uns auch, uns wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wir geraten in einen Modus, der uns unsere negativen Gedanken vergessen lässt und Glücksgefühle auslöst. So werden Kapazitäten frei, um uns in konstruktiver Weise mit unseren inneren Konflikten zu beschäftigen. Dies liegt auch daran, dass Natur eine gewisse Faszination auf uns ausübt. Die Prozesse, die in ihr stattfinden, und die Phänomene, die wir in ihr antreffen, wecken unsere Begeisterung, wenn wir uns mit ihnen auseinandersetzen.
Dabei kann es sich um die sich öffnenden Knospen der Baumblätter im Frühjahr handeln, aus einer Mauer herauswachsende Blumen oder einen großartigen Wasserfall. Wenn wir fasziniert sind, sind wir ergriffen. Unsere Aufmerksamkeit richtet sich ganz leicht auf etwas, ohne dass wir Energie dafür aufwenden müssen. Angesichts des Wunders der Natur erfasst uns eine gewisse Ehrfurcht. Naturphänomene haben etwas Einzigartiges an sich. Jedes für sich genommen, ist so kein zweites Mal zu finden. Und sie sind nicht rekonstruierbar. Wir haben in der Natur sehr häufig das sogenannte Flow-Erlebnis. Davon erzählt auch Clemens G. Arvay.7
Besonders starke Plätze in der Natur sehen viele in den wilden Orten, wo die Naturgewalten noch deutlich zum Vorschein kommen, wie die Wüste, das Meer, Vulkane oder Gebirge. Oder in Orten, die sich möglichst selbst überlassen werden, wie Nationalparks. Auch Übergangszonen zwischen gegensätzlichen Gebieten oder den Elementen, wie Wasserufer (Erde/Wasser) oder Bergspitzen (Erde/Luft) wird eine besonders große Transformationskraft nachgesagt. Vielleicht liegt das daran, dass wir dort der Ursprünglichkeit des Lebens am meisten ausgesetzt sind. Denn die Natur zeigt uns, dass das Leben immer wieder unterschiedliche Seiten hat. Es gibt klares, sonniges Wetter und auch mal Stürme, die ebenso sehr zerstörerisch sein können. So verdeutlicht sie uns die Unplanbarkeit des Lebens und zeigt uns einen Weg, wie wir damit umgehen können. Sie fordert uns auf, mit dem Leben zu fließen und die Herausforderungen so zu akzeptieren, wie sie kommen. So können wir die jeweiligen Witterungsbedingungen zum Anlass nehmen, über unsere Position im Leben nachzudenken. Ist es neblig, wird die Welt um uns herum undurchsichtiger, alles ist in Watte gepackt. Wir können uns auf unser Innerstes konzentrieren, denn vieles im Außen bleibt verborgen. Auch in einer verschneiten Winterlandschaft liegt vieles unter einer dicken Schicht verdeckt. Alles ist gedämpft, es kehrt Ruhe und Stille ein. Die Natur schickt uns Zeichen.
Wenn wir mit den Rhythmen der Natur leben, finden wir auch wieder den Weg zu uns. Die Natur lädt uns dazu ein, diesen Weg wiederzufinden. Wenn wir unsere Seele von ihr berühren lassen, finden wir die Antworten wie von selbst.
Fangen wir an, sie zu beobachten und uns Fragen zu stellen. Wie leben die Tiere? Wie gehen sie mit Bedrohungen um? Wie zeigen sie Gefühle? Wie kommunizieren sie untereinander? Was können wir von ihnen lernen?
Die Natur fragt sich nicht, ob sie die Dinge falsch oder richtig macht. Sie folgt einfach ihrem Instinkt. Sie hat jedem Wesen einen Platz zugeordnet. Jedes Tier hat seinen Sinn und Zweck, für den es bestmöglich ausgestattet ist. Dabei macht sich ein Tier keine Gedanken darüber, wie es wohl wäre, ein anderes zu sein. Die Vögel singen einfach, ohne zu überlegen, ob es falsch oder richtig ist oder vielleicht jemanden stört. Die Pflanzen wachsen einfach so, wie es für sie richtig ist. Diese Klarheit kann uns helfen, wieder selbst klar zu werden und zu unserem innersten Selbst zu stehen. Die Natur lässt uns wieder ganz werden. Wir haben dort einen Zufluchtsort. Dort sind wir angenommen so, wie wir sind, ohne Pflichten. Sie lässt uns still werden und staunen über ihre wunderbaren Kräfte. Und vielleicht fangen wir dann sogar an, sie als beseelten Ort voller Naturwesen zu erleben. All die Elfen, Feen, Zwerge, Baumgeister und Nymphen, die wir ins Land des Vergessens verbannt haben, entziehen sie sich doch unserer Wahrnehmung, wenn wir sie fixieren. Doch wenn wir unseren Blick schweifen lassen, tauchen sie manchmal im Augenwinkel auf.
Eigene Kraftorte finden, gestalten und nutzen


Was kann ein Kraftort sein?
Was für uns einen Kraftort darstellt, entscheiden wir letztendlich selbst. Wir können ihn auf dem höchsten Berggipfel finden oder auch auf unserem eigenen Balkon. Oder beides. Es hängt von unseren Bedürfnissen ab, und es ist nicht jeder Platz an jedem Tag gleich.
Wenn wir uns mit dem Thema Kraftorte auseinandersetzen, merken wir vielleicht auch, dass wir in unserem Umfeld sowieso bereits einen Platz haben, an den wir uns gern zurückziehen – unseren Wohlfühlort, an dem wir die Seele baumeln lassen können und uns das Herz aufgeht. Häufig befindet er sich in unserem eigenen Garten, auf dem Balkon, in der Wohnung, in der Parkanlage oder im Wald um die Ecke. Oft ist es ein Platz, der uns wie magisch anzieht und an dem wir uns sofort zu Hause fühlen. Ihn haben wir ganz instinktiv gefunden. In der Regel sind das Orte, deren Energie relativ neutral ist – also weder auf- noch abladend. Denn beides tut uns auf Dauer nicht gut. Wer hier auf Nummer sicher gehen möchte, kann natürlich diesen Platz oder auch gleich die ganze Wohnung oder das Haus unter diesen Gesichtspunkten ausmessen und sich von einem Berater die geeigneten Orte aufzeigen lassen. Oft deckt sich das Ergebnis mit unserem eigenen Empfinden.
Für uns alle ist es besonders empfehlenswert und förderlich, solche Alltags-Wohlfühlplätze um uns herum zu haben. Dabei sollte es sich um Orte handeln, die in der Nähe sind und die man schnell und unkompliziert aufsuchen kann. So kann ich jederzeit eine Regenerations- oder Krafttank-Pause einlegen, wenn mir danach ist. (Ein paar Anregungen und Tipps zur weiteren Nutzung folgen natürlich noch.)
Ich habe allein in meiner Wohnung ganz unterschiedliche Orte eingerichtet, angefangen bei meinem Meditationsplatz, den ich regelmäßig in den Morgenstunden nutze, um mich zu spüren, Kontakt mit mir selbst aufzunehmen. Dann ist da mein Balkon, auf dem ich sehr gern einfach sitze, ins Grüne schaue, den Vögeln und den Zweigen im Wind zusehe sowie die Wolken betrachte. Das ist mein Regenerationsplatz. Und dann gibt es noch einen kleinen Altar für meine Ahnen, den ich regelmäßig mit Naturmaterialien schmücke und mich so mit meinen Wurzeln verbinde. Außerdem liegt in Fußweite meiner Wohnung ein Landschaftspark mit schönen alten Bäumen, in dem ich mich immer wieder mit der Natur verbinde. Das sind meine alltäglichen Plätze.

Je nach Bedürfnis und Laune erweitere ich meine Kreise mal mehr, mal weniger, fahre zu altbekannten oder neuen Orten, wie den ein oder anderen Park, hinaus an die Seen, in die Wälder, Moorgebiete oder in die Berge. Meist ganz intuitiv. Manchmal tauchen aus den verschiedensten Richtungen Hinweise auf mögliche Ziele auf, denen ich immer gern nachgehe, um auch mit neuen Orten Kontakt aufzunehmen und ein eigenes Gespür für sie zu entwickeln. Das kann ein Wandertipp sein, den ich in einem Buch zufällig aufschlage, eine Empfehlung von Freunden oder eine Geschichte, die ich irgendwo lese.
Wenn wir uns auf Entdeckungstour zu neuen Orten begeben, kann die ein oder andere Überraschung dabei sein. Dann ist es nicht zwangsläufig so, dass wir uns an einem Platz gleich von Anfang an wohlfühlen. Manchmal erscheint uns der Aufenthalt auch zunächst unangenehm, oder der Platz kommt uns extrem hässlich vor, und dennoch zieht er uns wie magisch an. In diesen Fällen ist es wichtig, dass wir uns auf den Ort einlassen, denn auf den zweiten Blick entfaltet sich oft sein Geheimnis. Meistens will er uns eine Botschaft mit auf den Weg geben, die gerade zur aktuellen Lebenssituation passt.
Bei einer meiner virtuellen Kraftreisen war eine der Aufgaben, einen bewussten Spaziergang zu unternehmen und dabei auf die Metaphern der Natur zu achten. Eine Teilnehmerin wurde von einer Stelle im Wald mit neu gepflanzten Bäumen angezogen, die von Plastik eingehüllt waren. Sie wollte sich zuerst gar nicht dorthin begeben, da es kein schöner Anblick war, aber es hat sie magisch angezogen. So setzte sie sich an einen Baum, und es kam ihr der Gedanke, dass diese neu gepflanzten Bäume Samen sind, die dort aufgehen, dass hier Neues entsteht; und wenn das erst mal nicht ins gewohnte Bild passt, ist das zunächst nicht ungewöhnlich. Sie sah es als Einladung, das Ganze näher zu betrachten, und kam zu dem Ergebnis, dass das Neue angesehen werden will und sich mit der Zeit in das Gesamtbild integriert; zunächst entwickelt es sich aber im unsichtbaren Bereich. Eine andere Teilnehmerin sah einen Haufen Äste, der ihr zunächst recht unspektakulär vorkam, sich bei näherem Hinsehen aber als eine Art Hütte entpuppte. Sie schlüpfte hinein und fand einen heimeligen Ort des Schutzes und der Geborgenheit. Das passte gut zu ihrem Thema »Sicherheit im Außen« suchen. Dort konnte sie sich gut erden und sich verbinden mit der Natur, um so Sicherheit in sich selbst zu finden.

Und dann gibt es noch die Orte, die einem als »unbetretbar« erscheinen, als ob eine unsichtbare Barriere einen daran hindern würde weiterzugehen. Es ist wie ein innerer Widerstand, eine Blockade. Sich mit diesen Plätzen auseinanderzusetzen, erfordert Mut und Achtsamkeit. In diesen Fällen sollten wir sehr behutsam und umsichtig mit uns selbst umgehen. Denn Kraftorte können auch die in uns schlummernden Schattenseiten, wie Ängste, Traumata, negative Emotionen, Glaubenssätze oder Blockaden, zum Vorschein bringen und verstärken.
Hier wäre es angebracht, genauer hinzuschauen, was da hochkommt. Doch fühlen wir uns dann häufig ausgeliefert oder ohnmächtig, fremdgesteuert und handlungsunfähig, dann ist es vielleicht an der Zeit, sich Unterstützung von außen zu holen in Form eines Therapeuten oder Coaches. Sicherlich gibt es Möglichkeiten, sich für den Moment aus diesem Film wieder zurückzuholen, indem wir einfach benennen, wer wir sind und was wir um uns herum sehen. Doch wenn wir die Hintergründe genauer erforschen und aus diesem Film aussteigen wollen, ist eine liebevolle Begleitung ein durchaus empfehlenswerter Weg. Wir können und müssen nicht alles allein schaffen.
Die Bandbreite an Möglichkeiten ist also sehr vielfältig und subjektiv. Den Kraftort schlechthin haben wir alle vor unserer Haustüre – in unmittelbarer oder etwas weiterer, aber sicherlich fußläufiger Entfernung. Es ist die Natur! Und so wirst auch du genau die Plätze finden, die zu deinen persönlichen Bedürfnissen, Wünschen und Zielen passen. Denn genau von ihnen hängt es ab, wohin die Reise geht. Möchte ich mich einfach nur entspannen und die Seele baumeln lassen oder brauche ich eine kreative Auszeit? Oder möchte ich den Aufenthalt an dem Ort auch für meine persönliche Weiterentwicklung, sozusagen als kleine Coachingsitzung, nutzen? Du entscheidest.