Wikipedia und der Wandel der Enzyklopädiesprache

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Indem ich es versucht habe, durch gegenwärtige Erklärung der in das gemeine Leben übergegangenen wissenschaftlichen Kenntnisse und Begriffe die Theilnahme an einer lehrreichen Unterhaltung und zu gleicher Zeit die Benutzung schätzbarer Schriften zu erleichtern, haben mir im Allgemeinen folgende Grundsätze vorgeschwebt (Brockhaus 1809: vii).
Der Erfolg des Konversationslexikons basierte auf der einfachen Lektüre, dem homogenen Charakter, der Kürze und der Anonymität der Artikel (cf. Rey 2007: 198). In der Folge verbreitete sich das Konversationslexikon sehr schnell in weiteren germanischsprachigen Ländern wie Norwegen, Dänemark und Holland und erreichte wenig später romanischsprachige Länder wie Frankreich, Italien und Spanien. Der Einfluss dieses Lexikontyps reichte bis Ungarn, Russland und in die USA (cf. Rey 2007: 198). In Frankreich dominierte zu Beginn des Jahrhunderts noch die Encyclopédie méthodique von PanckouckePanckoucke, Charles, wurde jedoch durch Werke kleineren Formats abgelöst, wie beispielsweise durch die Encyclopédie portative (cf. Rey 2007: 203). Sukzessive entstanden auch im Hexagon Werke wie die Encyclopédie moderne, ou Dictionnaire abrégé des sciences, des lettres et des arts (1823–1832) von CourtinCourtin, Eustache Marie Pierre Marc Antoine, die sich am englischen und deutschen Vorbild orientieren und einer breiten bildungshungrigen Bevölkerungsschicht den Zugang zu aktuellem und anwendungsbezogenem Wissen ermöglichen möchten:
Il fallait donc, comme en Allemagne, comme en Angleterre, mettre l’Encyclopédie à la portée de toutes les fortunes; il fallait que les citoyens industrieux pussent connaître les conquêtes de l’industrie, que la classe studieuse pût apprécier les progrès des connaissances humaines (Courtin 1827–1832: v).
Am Konversationslexikon orientierten sich ebenfalls das Dictionnaire de la conversation et de la lecture (1833–1851) oder die Encyclopédie des gens du monde (1833–1845). In Anlehnung an den Brockhaus beanspruchen beide Werke für sich, dem Bürgertum des 19. Jahrhunderts ein zuverlässiges Orientierungswissen zu liefern und lehnen die kritische Methode der Enzyklopädisten ab:
Nous osons croire que le Dictionnaire de la Conversation et de la Lecture sera au milieu de ce chaos de passions, d’erreurs et de préjugés, un guide plus sûr que tous ceux qu’on a pu jusqu’à ce jour offrir au public (Duckett 1832–1851: 3).
Im Gegensatz zu den Enzyklopädisten, die gesellschaftliche Regeln hinterfragen, wurde das Nachschlagewerk im 19. Jahrhundert als „œuvre de sociabilité et de civilisation“ (Artaud 1833–1844: iii) gesehen, das den Lesern ermöglicht, in der bestehenden Gesellschaft akzeptiert zu werden.
Auch in Italien entstanden Nachschlagewerke, die dem Modell des KonversationslexikonsKonversationslexikon folgen wie die Enciclopedia italiana e dizionario della conversazione (1838–1852). Auf einer ÜbersetzungÜbersetzung der englischen Brockhausausgabe in das Italienische basierte die Nuova enciclopedia popolare (1841–1851) und die neue Auflage Nuova enciclopedia popolare italiana (1863–1870) von Giuseppe PombaPomba, Giuseppe, dem Begründer des Verlags UTET (Unione Tipografico Editrice Torinese). Die Werke PombasPomba, Giuseppe, aber auch die Manuali Hoepli und die Biblioteca Nazionale Le Monnier, waren in der Gestaltung ihrer Einträge, aber auch des Preises, für ein breites Publikum gedacht (cf. Carnazzi/Fedriga 2002: 78):
Lo scopo della Enciclopedia nostra […] è di usufruttare il meglio di tutte le Enciclopedie finora apparse, compendiarlo in forme perspicue, accessibili a tutte le intelligenze, e con uno sviluppo di dottrine informate d’ogni più alto spirito d’imparziale verità renderlo necessaria all’indotto, e non inutile al dotto (Pomba 1863–1870: viii).
Die Vermittlung von Wissen an breite Bevölkerungsschichten war auch das Anliegen des Grand Dictionnaire universel du XIXe siècle (1817–1875) von Pierre LarousseLarousse, Pierre. Der eigentliche Beitrag dieses Werks zur Geschichte der EnzyklopädikEnzyklopädik liegt jedoch darin, dass das Werk den Erfolg der enzyklopädischen Wörterbücherenzyklopädisches Wörterbuch mitbegründete, in denen Sprach- und Sachinformationen enthalten sind. Im Grand Dictionnaire universel dient die SprachinformationInformation– sprachliche als Ausgangspunkt:
Le Grand Dictionnaire universel du XIXe siècle étant, avant tout, le dictionnaire de la langue, la partie lexicographique a reçu des développements qu’on cherchait vainement ailleurs […]: sens propres, sens par extension, par analogie ou par comparaison, sens figurés purs, sont nettement déterminés par des exemples qui font rigoureusement ressortir les nuances et les délicatesses des diverses acceptions (Larousse 1866–1890: lxv).
Jedoch wurden auch EigennamenEigenname und FachterminiTerminus in das Nachschlagewerk aufgenommen und die Einträge wurden mit enzyklopädischen InformationenInformation– enzyklopädische angereichert. Dabei wurde auf eine systematische Abdeckung verschiedener Wissenschaften geachtet, die im Vorwort thematisiert wird:
Ainsi, nous avons entièrement parcouru le vaste cercle des connaissances humaines; pour chaque branche, nous avons établi une statistique précise, qui embrasse tout les progrès des lettres, des arts et des sciences, jusqu’au moment où nous écrivons; en sorte que le Grand Dictionnaire universel est l’image vivante, la photographie exacte, une sorte de grand-livre où se trouve consigné, énuméré et expliqué tout ce qui est sorti des inspirations du génie, de l’intelligence, des études, de l’expérience et de la patience de l’homme (Larousse 1866–1890: lxxiii).
Das enzyklopädische Wörterbuchenzyklopädisches Wörterbuch ist ein Produkt der „rencontre de la tradition du dictionnaire et la vogue des encyclopédies portatives inaugurée en Allemagne“ (Rey 2007: 208). LarousseLarousse, Pierre lieferte jedoch keine objektive Darstellung der enzyklopädischen InformationenInformation– enzyklopädische, sondern präsentierte diese von einem persönlichen Standpunkt aus und stellte sich in die kritische Tradition von BayleBayle, Pierre:
le Grand Dictionnaire universel du XIXe siècle regarde le Dictionnaire historique et critique comme un de ses plus glorieux ancêtres (Larousse 1866–1890: xxii).
In der Folge wurde das enzyklopädische Wörterbuchenzyklopädisches Wörterbuch auch für die Werke in anderen Ländern zum Modell. In Italien orientierte sich Giovanni Battista MelziMelzi, Giovanni Battista am Grand Dictionnaire universel, an dem er während seiner Zeit in Paris selbst als freier Mitarbeiter beteiligt war. Zurück in Italien publizierte er nach dem französischen Vorbild 1896 den Nuovissimo Melzi, ein enzyklopädisches Wörterbuchenzyklopädisches Wörterbuch, das einen sprachlichen und einen enzyklopädischen Band beinhaltet.
2.5 Zeitalter nationaler Enzyklopädien
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirkte die Encyclopædia Britannica modellbildend, was auf den Erfolg der 11. Auflage zurückzuführen ist. Auf dieser Basis bildeten sich die Merkmale moderner Enzyklopädien heraus, welche die Abfassung in der Landessprache, die alphabetische Anordnung der Stichwörter, Experten als Autoren, die Biografien lebender Persönlichkeiten, grafische Elemente wie Illustrationen, Karten, Pläne, an die Artikel angehängte Bibliografien, einen Index mit Personen- und Ortsnamen, Supplemente zur Aktualisierung und zahlreiche sowie adäquate Verweise im Text umfassen (cf. Collison 1966: 199). Mit der Erwartung, dass moderne Enzyklopädien in der Landessprache abgefasst sind, leitet die Encyclopædia Britannica gleichzeitig das Zeitalter nationalsprachlicher Enzyklopädien ein (cf. Collison 1966: 199). Im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahrhunderten wurden im 20. Jahrhundert Enzyklopädien lediglich dann übersetzt, wenn es ausschließlich um technisch-wissenschaftliche Inhalte ging, die als allgemein gültig angesehen wurden. Alle weiteren Inhalte wurden kulturell adaptiert (cf. Rey 2007: 215). Die elfte Auflage der Britannica besaß jedoch noch keinen national oder ideologisch eingeengten Fokus, sondern sie wollte ein Referenzwerk für alle anglophonen Sprecher sein:
The articles in the Encyclopaedia Britannica, however, are of course not limited to personages of the British Islands. Not only biographies here included the great men and women of French, German, Italian, Belgian, Dutch, Russian, Scandinavian, Japanese, and other foreign nationalities, as well as of those of the ancient world, but the same standard of selection has been applied to American and British Colonial biography as to English, Welsh, Scottish and Irish […] It thus completes its representation of the English-speaking peoples, to all of whom English history, even in its narrower sense, is a common heritage, and in its evolution a common example (Encyclopaedia Britannica 1910: xvi).
Dem Vorbild der Encyclopædia Britannica folgten auch die Grande Encyclopédie von Marcellin BerthelotBerthelot, Marcellin (ca. 1900) und die Enciclopedia universal ilustrada europeo-americana (1905) (cf. Collison 1966: 201).
Es entstanden jedoch in der Folge Werke, die, wie die Große Sowjetische Enzyklopädie, einer Staatsideologie verpflichtet sind. Eine der bekanntesten unter diesen ist die Enciclopedia italiana di scienze, lettere ed arti (1929–1939) von Giovanni TreccaniTreccani, Giovanni und Giovanni GentileGentile, Giovanni, die den italienischen Faschismus offen unterstützt:
Il clima che ha reso possibile un’opera come questa, alla quale non parve in passato possibile in Italia pensare, è il nuovo spirito esploso con l’avvento del Fascismo, che scosse idee e sentimenti e accese una passione inestinguibile di rinnovamento e di affermazione della potenza dell’Italia nel mondo (Treccani/Gentile 1929–1939: xii).
Sie ist als Nationalwerk Italiens konzipiert („illustrare il nostro paese e il nostro tempo“; Treccani/Gentile 1929–1939: xiii), mit dem Ziel, kulturell zu anderen Ländern aufzuschließen:
un’enciclopedia italiana, tutta italiana, nata dalla stessa letteratura nostra, originale insomma e da potersi paragonare a quelle che dal secolo XVIII in poi hanno avute le altre grandi nazioni di Europa e di America, fino ad oggi mancava (Treccani/Gentile 1929–1939: xi).
Insbesondere sollte den italienischen Verhältnissen Rechnung getragen werden, indem die kunsthistorische Bedeutung des Landes in Bildern illustriert wird. In Abkehr vom reinen Rationalismus der französischen Enzyklopädisten sollte das Werk die Fantasie der italienischen Leserschaft anregen:
E secondo il genio italiano abbiamo voluto che l’Enciclopedia fosse riccamente illustrata, e parlasse agli occhi e alla fantasia oltre che al pensiero, e presentasse il maggior numero possibile delle immagini che descrive o ricorda, paesaggi e persone, esseri naturali od oggetti d’arte, quadri, sculture, edifizî, e congegni e strumenti ed armi e scritti e frontispizî di libri rari e famosi (Treccani/Gentile 1929–1939: xvi).
Trotz einer teilweise erstaunlichen Internationalität der Artikel (cf. Collison 1966: 207) nimmt die Enzyklopädie überwiegend eine italozentrische Perspektive ein (cf. Carnazzi/Fedriga 2002: 74), was an der Überdimensionierung des Artikels Italia mit 359 Seiten offensichtlich wird. Die offene Unterstützung für das faschistische Regime findet im Artikel fascismo, der größtenteils von GentileGentile, Giovanni verfasst und von Mussolini unterzeichnet wurde (cf. Carnazzi/Fedriga 2002: 74), ihren Niederschlag. Trotz der ideologisch belasteten Inhalte wird das Werk bis heute fortgeführt. Der Kernbestand der 35 Bände wurde durch 17 Appendix-Bände erweitert, die der Aktualisierung der Inhalte dienen. Dies führte jedoch dazu, dass in der heutigen Republik Italien Enzyklopädieartikel aus der Zeit des Faschismus im Umlauf sind (cf. Carnazzi/Fedriga 2002: 75). Die meisten Inhalte zu Ländern und Kulturen sind entweder veraltet, oder Einträge zu historisch-politischen Schlüsselwörtern wie Italia, italianitàitalianità, nazione, guerra, razza sind ideologisch belastet (cf. Schafroth 2012: 427).
In Frankreich entstand in diesem Zeitalter die Encyclopédie française von Lucien FebvreFebvre, Lucien, die zwar der französischen Kultur verpflichtet, jedoch nicht ideologisch gefärbt ist. Die Enzyklopädie ist thematisch organisiert und präsentiert in eigenständigen Bänden Themen wie La physique (1955) oder Le ciel et la terre (1956). Jeder dieser Bände enthält einen bibliografischen Anhang und einen eigenen Index (cf. Collison 1966: 209f.). Außerdem entstanden im 20. Jahrhundert weitere nationale Enzyklopädien wie die Grande enciclopédia portuguesa e brasileira (1935–37), die Enciclopedia Românici (1939), das Mexican Diccionario enciclopédico U.T.E.H.A. (1953), die Encyclopédie belge (1934), The encyclopedia of Canada (1935–49) oder die Encyclopedia Canadiana (1957–58) (cf. Collison 1966: 225).
2.6 Gegenwart und Digitalisierung
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts diente die Encyclopædia Britannica zwar immer noch als Modell, der nationale Fokus weitete sich jedoch um eine europäische und internationale Perspektive. Die Gegenwart enzyklopädischer Werke ist durch ein Nebeneinander vielfacher Traditionen geprägt. So entstand von 1970 bis 1978 La Grande Encyclopédie Larousse, eine alphabetische Enzyklopädie, deren Inhalte nicht mehr aktualisiert werden. Bekannt ist das Haus Larousse vor allem für seine enzyklopädischen Wörterbücherenzyklopädisches Wörterbuch. Zu nennen wären hier ältere Werke wie das Grand dictionnaire encyclopédique Larousse (1982–1985) oder der Nouveau Larousse encyclopédique (1998). Ungebrochen ist der Erfolg des Petit Larousse illustré (seit 1905), der einen sprachlichen und einen enzyklopädischen Teil beinhaltet und durch seine reichhaltige Illustrierung einen hohen Unterhaltungswert bietet. Ebenso beliebt sind die enzyklopädischen Wörterbücherenzyklopädisches Wörterbuch des Hauses Hachette wie das Dictionnaire Hachette: langue, encyclopédie, noms propres. Eine reine Enzyklopädie im Stil der Encyclopædia Britannica ist die Encyclopaedia Universalis (ab 1990), die eine gezielte Auswahl von LemmataLemma in handbuchartigen Abhandlungen enthält. Die Artikel stammen von ausgewiesenen Experten, die stellenweise ihre Meinung äußern (cf. Rey 2007: 221). Neben den alphabetischenEnzyklopädie– alphabetische Enzyklopädien erscheinen in Frankreich thematischeEnzyklopädie– thematische Bände, die in einem weiteren Sinne als Enzyklopädien bezeichnet werden können, wie beispielsweise der Quid (1963–2007) oder die Encyclopédie Alpha (1969–1974).
Auch in Italien wurde die Tradition der Enzyklopädien nach der Schaffung nationaler Werke fortgesetzt. Unter anderem wurden Referenzwerke in denjenigen Verlagshäusern produziert, die im 19. Jahrhundert gegründet worden waren, wie beispielsweise die Enciclopedia Hoepli (1955–1968). In den 1970er Jahren entstand die Enciclopedia europea des Hauses Garzanti ebenso wie die experimentelle Enciclopedia Einaudi (1977–1984). Letztere enthält eine sehr selektive Auswahl von Stichwörtern, zu denen philosophische Abhandlungen von Experten gegeben werden (cf. Carnazzi/Fedriga 2002: 71). Ein relativ junges Werk ist Nova. L’enciclopedia UTET aus dem Jahre 2001, die kürzere Einträge und hochwertige Abbildungen beinhaltet. Neben den Enzyklopädien wird in Italien ebenso wie in Frankreich die Tradition der enzyklopädischen Wörterbücherenzyklopädisches Wörterbuch fortgeführt. Die bekanntesten hierunter sind die Werke des Istituto dell’Enciclopedia Italiana und die Enciclopedia Zanichelli: dizionario enciclopedico di arti, scienze, tecniche, lettere (2003).
Die weitere Entwicklung der Enzyklopädien ist eng mit der Entwicklung der Computertechnologie und des World Wide WebWorld Wide Web verbunden. Diese unterzogen den Markt für Enzyklopädien einem tiefgreifenden Wandel, der bis heute andauert. Im Jahre 1985 fand mit Windows 1.0 die erste grafische Benutzeroberfläche für das Betriebssystem MS-DOS Verbreitung und machte somit auch für Laien die Arbeit mit dem Computer attraktiv. Für dieses System sind auch die meisten Enzyklopädien auf CD-ROMEnzyklopädie– auf CD-ROM konzipiert. Als erste Enzyklopädie dieses Typs gilt die Academic American Encyclopedia von Grolier aus dem Jahre 1985, am erfolgreichsten war jedoch Encarta von Microsoft (1993–2009). In der Folge wurden CD-ROM-Ausgaben der etablierten Enzyklopädien erstellt, wie beispielsweise die Encyclopædia Britannica auf CD (1994), die Encyclopaedia Universalis auf CD (1995–2012), die Encyclopédie Multimédia Hachette (1999–2007), die Treccani mit CD, Omnia (bis 2010) und Gedea von de Agostini. Zumeist wurden die CD-Versionen den Printausgaben beigegeben und erweiterten das Angebot um multimediale Inhalte wie Audiodateien, Bilder, Videos und Wörterbücher (cf. Fuertes-Olivera 2013: 1072). Da diese Versionen nach dem Modell der PrintenzyklopädienEnzyklopädie– Print-~ konstruiert wurden, lösen sie keinen Transformationsprozess aus:
encyclopedias on CD-ROM and/or DVD, which have also been called electronic encyclopedias, have not had any real impact on a theory of e-lexicography, as most if not all of them are ‘faster horses’, as Tarp (2011) calls lexicographical works made available on electronic platforms that are constructed by following the theoretical principles developed for elaborating printed reference tools (Fuertes-Olivera 2013: 1070).
Durch die Abschaltung des ARPANets im Jahr 1990 wurde der Weg für das kommerzielle Internet freigegeben. Einer der beliebtesten Dienste ist das World Wide WebWorld Wide Web, das im Frühjahr 1993 entstand und auf Tim Berners-LeeBerners-Lee, Tim zurückgeht. Im Zuge dieser Entwicklung gingen die Verlagshäuser dazu über, Webauftritte für ihre Enzyklopädien zu konzipieren. So sind die Webausgaben der Academic American Encyclopedia ab 1995, der Britannica ab 1995, der Treccani ab 1996 und der Universalis ab 1999 verfügbar, wobei der Zugang häufig über ein Abonnement gekauft werden muss. Die Webausgaben der PrintenzyklopädienEnzyklopädie– Print-~ sind der Web 1.0Web 1.0-Technologie verpflichtet, die noch keinerlei Partizipationsmöglichkeiten beinhaltet. Im Jahre 1995 wurde die Wikitechnologie, eine Web 2.0Web 2.0-Anwendung, erfunden, welche das kollaborativeKollaboration Erstellen und Teilen von Wissensinhalten ermöglicht. Auf dieser Technologie basiert WikipediaWikipedia, die im Jahre 2001 von Jimmy WalesWales, Jimmy und Larry SangerSanger, Larry gegründet wurde und als kollaborative Plattform zur Erstellung einer frei zugänglichen Enzyklopädie konzipiert ist:
Wikipedia is first and foremost an effort to create and distribute a free encyclopedia of the highest possible quality to every single person on the planet in their own language. Asking whether the community comes before or after this goal is really asking the wrong question: the entire purpose of the community is precisely this goal (Wales 2005).
Das nichtkommerzielle Projekt Wikipedia wirkte in der Folge als disruptive Technologie (cf. Flavin 2017: 38), welche die traditionellen PrintenzyklopädienEnzyklopädie– Print-~ aufgrund der Kostenlosigkeit und des einfachen Zugangs fast vollständig aus dem Markt drängte und Standards für digitale EnzyklopädienEnzyklopädie– digitale setzte:
Zehn Jahre nachdem der US-Amerikaner Jimmy Wales den Startschuss zur Online-Enzyklopädie Wikipedia gab, sind die Print-Enzyklopädien weitestgehend aus den Buchhandlungen verschwunden. Was ist geschehen? Die Verlage hinter den etablierten Enzyklopädien haben mit steigender Bedeutung des Internets ihre Werke ins Web gestellt. Sie haben es aber versäumt, die Enzyklopädien dem Internet anzupassen (Stöcklin 2012: 110).
Die Reaktionen der etablierten Verlage auf WikipediaWikipedia fielen unterschiedlich aus. Die gedruckte Ausgabe der Universalis wurde ab 2012 eingestellt ebenso wie die des Brockhaus und der Britannica. Diese Enzyklopädien bieten auf ihrer Internetplattform kostenpflichtige Abonnements an. Einen anderen Weg ging das Haus Larousse, das ab 2008 eine Plattform lancierte, auf der kostenlose Inhalte zur Verfügung gestellt werden. Das ursprüngliche Konzept, einen Teil der Artikel durch CrowdsourcingCrowdsourcing erstellen zu lassen, wurde jedoch zugunsten des Autorenprinzips wieder zurückgenommen. Wiederum einen anderen Weg gingen die italienischen Verlage. De Agostini bietet mit der Seite sapere.it ein kostenloses Wissensportal an, das neben einer Enzyklopädie und Wörterbüchern auch Spiele beinhaltet. Im Gegensatz zu vielen anderen etablierten Verlagen setzt das Istituto dell’Enciclopedia Italiana weiterhin auf die gedruckte Ausgabe der Enciclopedia Treccani, die einen großen Teil des Umsatzes ausmacht. Begleitet wird die Printversion von einem kostenlosen Onlineangebot auf der Seite treccani.it und einer App für die mobile Konsultation. Angesichts der Entwicklungen im Bereich der PrintenzyklopädienEnzyklopädie– Print-~, aber auch im Bereich der Onlineauftritte nationaler Enzyklopädien stellt der Fall der Enciclopedia Treccani eine Ausnahme dar. Die hohe Akzeptanz der Printenzyklopädie in Italien hängt einerseits mit einer verlangsamten Entwicklung und einer schlechteren digitalen Infrastruktur im Land zusammen, andererseits aber auch mit der außergewöhnlichen kulturellen Bedeutung der Enzyklopädie. Denn nicht nur die Printausgabe, sondern auch der Internetauftritt erfreut sich großer Beliebtheit und erreichte im Jahre 2014 10 Millionen Nutzer, was zwar im Vergleich zur italienischen Wikipediaausgabe sehr gering, im Vergleich mit den Auftritten anderer Verlagshäuser jedoch enorm ist.
2.7 Resümee
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Bezeichnung enzyklopaedia eine Schöpfung der Humanisten ist (um 1490) und von diesen in der Bedeutung ʻumfassendes pädagogisches Programm, das den Zusammenhang des Wissens betontʼ verwendet wird. Erst mit AlstedAlsted, Johann Heinrich wird der Ausdruck zur Bezeichnung von Nachschlagewerken benutzt und es entsteht ein Enzyklopädiebegriff, in dessen Folge im 19. Jahrhundert die Geschichte der Gattung Enzyklopädie geschrieben werden kann.
In der Antike vermittelten enzyklopädische Werke vor allem Wissen zu den Sieben Freien Künsten, denen einzelne thematische Bücher gewidmet wurden (CatoCato, Marcus Porcius, VarroVarro, Marcus Terentius, PliniusPlinius der Ältere). Im Mittelalter wurde enzyklopädisches Wissen aus einer christlichen Sicht präsentiert und diente der Bildung von Geistlichen (CassiodorCassiodor, Isidor von SevillaIsidor von Sevilla, Vinzenz von BeauvaisVinzenz von Beauvais). Die Werke der Antike und des Mittelalters sind auf Latein abgefasst. Mit LatinisLatini, Brunetto Livres dou trésor begann die volkssprachlichevolkssprachlich Enzyklopädik und in der Renaissance wurde die zunehmende Fokussierung auf wissenschaftliche Inhalte durch Abhandlungen in der VolksspracheVolkssprache begünstigt. Im 17. Jahrhundert begann sich die Form des alphabetischen LexikonsLexikon– alphabetisches durchzusetzen. Als direkte Vorläufer der Enzyklopädien der Aufklärung gelten die Werke von MorériMoréri, Louis, FuretièreFuretière, Antoine und insbesondere das kritische Lexikon von BayleBayle, Pierre. Auf dieses bezog sich auch Vincenzo CoronelliCoronelli, Vincenzo.
Mit ChambersChambers, Ephraim Cyclopaedia setzte die Tradition der aufklärerischen Enzyklopädien ein. Diese systematisierten die Wissensgebiete nach erkenntnistheoretischen Prinzipien und stellten dem Werk häufig einen Baum des Wissens voran. Die bekannteste unter diesen ist die Grande Encyclopédie ou Dictionnaire raisonnée des arts, des sciences et des métiers von DiderotDiderot, Denis und d’Alembertd’Alembert, Jean le Rond, die aufgrund ihrer polemischen Artikel auch häufig als „Bollwerk der Aufklärung“ gilt. In etwa zeitgleich entstand das Dizionario PivatisPivati, Gianfrancesco, das den Verhältnissen in Italien Rechnung trägt und den Primat der katholischen Religion mit aufklärerischen Ideen zu vereinbaren sucht.