30 Minuten Mimik lesen

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Dirk W. Eilert
30 Minuten
© 2015 SAT.1 www.sat1.de Lizenz durch ProSiebenSat.1 Licensing GmbH, www.prosiebensat1licensing.com
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Umschlaggestaltung: die imprimatur, Hainburg
Umschlagkonzept: Martin Zech Design, Bremen
Lektorat: Dr. Sandra Krebs, Offenbach
Fotos: Bettina Volke, Berlin
© 2015 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
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Hinweis:
Das Buch ist sorgfältig erarbeitet worden. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gemachten Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.
Das E-Book basiert auf dem 2015 erschienenen Buchtitel »30 Minuten Personality« von Benjamin Schulz, ©2015 GABAL Verlag GmbH, Offenbach
ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-641-8
ISBN epub: 978-3-95623-188-9
Dieses Buch ist so konzipiert, dass Sie in kurzer Zeit prägnante und fundierte Informationen aufnehmen können. Mithilfe eines Leitsystems werden Sie durch das Buch geführt. Es erlaubt Ihnen, innerhalb Ihres persönlichen Zeitkontingents (von 10 bis 30 Minuten) das Wesentliche zu erfassen.
Kurze Lesezeit
In 30 Minuten können Sie das ganze Buch lesen. Wenn Sie weniger Zeit haben, lesen Sie gezielt nur die Stellen, die für Sie wichtige Informationen beinhalten.
Alle wichtigen Informationen sind blau gedruckt.
Zahlreiche Zusammenfassungen innerhalb der Kapitel erlauben das schnelle Querlesen.
Ein Fast Reader am Ende des Buches fasst alle wichtigen Aspekte zusammen.
Vorwort
Emotionen geben unserem Leben Farbe und Sinn. Emotionen bewegen uns. Sie lassen uns lachen und weinen, lieben und hassen, umarmen und wegschubsen. Sie sind der Motor des Fortschritts wie auch der Zerstörung. Sie lassen uns hoffen oder zweifeln. Sie sind der Zugang zu unserer Spiritualität. Sie halten uns zusammen. Und nahezu alles, was wir tun, tun wir, um bestimmte Emotionen zu erleben oder zu vermeiden. Kurz: Emotionen bedeuten Leben.
Um zu veranschaulichen, wie stark Emotionen uns steuern, werfen wir einmal einen Blick auf unsere Kaufentscheidungen. Tragen Sie zum Beispiel eine Uhr, die mehr als 10 Euro gekostet hat? Wenn Ihre Antwort Ja lautet, dann haben Ihre Emotionen diese Kaufentscheidung maßgeblich beeinflusst. Denn theoretisch würden Sie schon für 10 Euro eine Uhr bekommen, die rational betrachtet alle wichtigen Funktionen besitzt. Jeder Euro, den Sie mehr ausgegeben haben, war emotional ausgelöst. Das bedeutet nicht, dass unsere Entscheidungen zu 100 Prozent durch unsere Emotionen gesteuert werden. Aber sie spielen eine zentrale Rolle.
Ihre Fähigkeit, zu erkennen, wie sich Ihr Gegenüber fühlt, und angemessen damit umzugehen, entscheidet deshalb über die Beziehungsqualität und den Erfolg eines Gesprächs. Denn je stärker Ihre Empathie ausgeprägt ist, desto leichter und genauer erkennen Sie, was andere Menschen brauchen und wollen. Eine geschärfte Wahrnehmung für die Emotionen Ihrer Mitmenschen hilft in allen Bereichen, in denen Sie von Angesicht zu Angesicht kommunizieren – ob es nun darum geht, zwischen den Zeilen zu lesen, ob eine wertschätzende Gesprächsatmosphäre wichtig ist oder ob es Ihr Ziel ist, dass Ihre Argumente ins Schwarze treffen. Die Mimik verrät dabei besonders zuverlässig, wie sich ein Mensch fühlt.
Um die gegenseitige Empathie sowie eine wertschätzende und beziehungsfreundliche Kommunikation zu fördern, habe ich auf Grundlage der neuesten Forschungsergebnisse das Mimikresonanz®-Konzept entwickelt: ein praxisorientiertes Training, um die Fähigkeit zu verbessern, in guten Kontakt mit unseren Gesprächspartnern zu kommen und deren Gefühle und Wünsche noch besser wahrzunehmen. Mimikresonanz® kann sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld eingesetzt werden: sei es in Beratungsgesprächen, in der Mitarbeiterführung, im Bildungswesen, Service, Coaching oder in der Mediation. Aber auch in der Partnerschaft oder in der Elternrolle. Dieses Buch bietet Ihnen einen schnellen und kompakten Zugang zum Wissen der Mimikresonanz®.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und Entdecken der vielen kleinen Signale, die Ihnen dadurch im Alltag bei Ihren Mitmenschen auffallen werden.
Ihr Dirk W. Eilert
www.eilert-akademie.de
1. Mimik – die Bühne unserer Emotionen
Stellen Sie sich bitte die folgende Situation vor: Sie möchten sich mit einer für Sie wichtigen Person über ein brenzliges Thema unterhalten. Würden Sie dieses Gespräch am Telefon führen oder eine persönliche Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht bevorzugen?
Wahrscheinlich werden Sie wie die meisten von uns das persönliche Gespräch favorisieren, weil Sie den anderen dann sehen können. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, Sie treffen sich mit der Person, aber sie trägt eine Sonnenbrille, weil die Sonne scheint. Im Regelfall wird Sie dies verunsichern. Denn auf einmal fällt es Ihnen viel schwerer, zu erkennen, was in Ihrem Gegenüber vorgeht – und das nur, weil ein kleiner Teil des Gesichts verdeckt ist.
In diesemKapitel erfahren Sie, warum die Mimik die wichtigste und zuverlässigste Informationsquelle ist, um präzise zu erkennen, wie sich ein Mensch fühlt.
1.1 Die Sprache der Mimik ist universell
Der bekannte Evolutionsbiologie Charles Darwin beschäftigte sich als einer der ersten Wissenschaftler damit, wie Menschen und Tiere Emotionen ausdrücken. In seinem Grundlagenwerk zum Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren schrieb er im Jahr 1872, dass die Mimik die Gedanken und Absichten eines Menschen stärker zum Ausdruck bringt als Worte. Schon damals stellte er die sogenannte Universalitätshypothese auf: die Idee, dass die menschliche Mimik bestimmte Emotionen kulturübergreifend gleich darstellt. Lange Zeit galt dies als abwegig.
Es sollte mehr als 90 Jahre dauern, bis Ende der 1960er-Jahre die beiden amerikanischen Psychologen Paul Ekman und Carroll Izard – beide Schüler von Silvan Tomkins – in voneinander unabhängigen Studien genau dies nachwiesen: Es gibt sieben Basisemotionen, die weltweit von allen Menschen in der Mimik gleich ausgedrückt und erkannt werden. Dabei handelt es sich um Angst, Überraschung, Ärger, Ekel, Verachtung, Trauer und Freude.
Unabhängig davon, ob wir in Afrika, Amerika, Asien, Australien oder Europa leben, formen also diese sieben Emotionen unsere Mimik auf dieselbe Weise.
Eine Frage stand aber noch im Raum: Hatten nicht vielleicht die Massenmedien dafür gesorgt, dass die entsprechenden Gesichtsausdrücke kulturübergreifend denselben Emotionen zugeordnet wurden? Um dies zu klären, unternahm Ekman eine Forschungsreise ins Hochland von Papua-Neuguinea. Ausgestattet mit Fotos der verschiedenen Gesichtsausdrücke, überraschte es ihn, dass selbst von Menschen, die bis dahin keinerlei Kontakt zur sogenannten zivilisierten Welt hatten, die Emotionen richtig erkannt wurden.
Über 100 weitere Studien haben bis zum heutigen Tag bewiesen, dass die Basisemotionen in der Mimik kulturübergreifend ausgedrückt werden. Zu keinem anderen Bereich der nonverbalen Kommunikation gibt es so viele Studien wie zur richtigen Deutung der menschlichen Mimik.
Im Unterschied zur Mimik ist Körpersprache größtenteils erlernt und kulturabhängig. Je nachdem, in welchem Land Sie sich befinden, sind körpersprachliche Signale also jeweils anders zu verstehen. So bedeutet zum Beispiel bei uns der erhobene Daumen so viel wie „super“. In Thailand hingegen drückt man damit aus, dass man wütend auf jemanden ist. Und in Lateinamerika stellt er sogar eine Beleidigung dar.
Über 100 Studien haben bewiesen, dass es sieben Basisemotionen gibt, die von allen Menschen weltweit und kulturübergreifend gleich in der Mimik ausgedrückt werden. Dabei handelt es sich um: Angst, Überraschung, Ärger, Ekel, Verachtung, Trauer und Freude.
1.2 Mimik bildet Emotionen konkret und komplett ab
Zu der soliden wissenschaftlichen Grundlage kommt hinzu, dass an keinem anderen Körperbereich Emotionen so deutlich und konkret werden wie im Gesicht. Die übrige Körpersprache (wie Körperhaltung, Gestik und Blickverhalten) hat zwar einen zusätzlichen Einfluss darauf, wie Emotionen nonverbal ausgedrückt werden – manche Gefühle zeigen sich auch an einer Bewegung des Körpers nach vorn (z. B. Ärger) oder an einem Zurückweichen (z. B. Angst) –, aber nur die Mimik kann ohne weitere Zusätze das volle Spektrum unserer Emotionen abbilden. Während uns also das Gesicht verrät, welche konkrete Emotion jemand gerade spürt, ist die Körpersprache hier weniger genau.
Das Gesicht ist sozusagen das im Mittelpunkt stehende Soloinstrument einer Symphonie. Es kann die Melodie eines Musikstückes allein tragen und die anderen Instrumente unterstützen es dabei. So kann die Mimik zum Beispiel allein Trauer oder Angst ausdrücken. Meist wird sie dann im Ausdruck durch die Körpersprache unterstützt und die dadurch übermittelte Emotion noch deutlicher.
Nur die Mimik kann ohne weitere nonverbale Signale das volle Spektrum unserer Emotionen trennscharf ausdrücken. Die Körpersprache ist hier weniger konkret.
1.3 Mimik ist schneller als der Verstand
Die menschliche Mimik ist ein duales System: Auf der einen Seite gibt es Gesichtsausdrücke, die wir bewusst steuern können, und auf der anderen Seite gibt es Expressionen, die sich unserer bewussten Kontrolle entziehen.
Studien mit Patienten, die Schädigungen in bestimmten Gehirnarealen haben, belegen dies auf dramatische Weise. Liegt eine Schädigung im pyramidalen System vor (dieses steuert hauptsächlich unsere willentlich ausgeführten Bewegungen), können Betroffene zum Beispiel nicht mehr lächeln, wenn sie darum gebeten werden. Hören sie aber einen Witz, den sie lustig finden, lächeln sie unwillentlich. Mimik wird also gleichzeitig von zwei Bereichen in unserem Gehirn gesteuert: bewusst über die motorische Rinde und unbewusst über das Emotionszentrum (limbisches System).
„Mimischer Draht“ zum limbischen System
Das limbische System ist ein evolutionär sehr alter Teil des Gehirns, der sich aus verschiedenen Strukturen zusammensetzt (zum Beispiel Amygdala und Hippocampus) und als Zentrum unserer Emotionsverarbeitung gilt.
Um unser Überleben bei Gefahren zu sichern, hat es die Natur so eingerichtet, dass unser limbisches System Außenreize ca. 500 Millisekunden schneller als unser Großhirn verarbeitet. Die direkte Verdrahtung des limbischen Systems mit der mimischen Muskulatur führt deshalb dazu, dass es zu spontanen Gesichtsausdrücken kommt (Mikroexpressionen), die schneller als 500 Millisekunden sind und sich unserer bewussten Kontrolle entziehen.
Die mimische Muskulatur ist direkt mit dem limbischen System (Emotionszentrum) verdrahtet. Da das limbische System Außenreize ca. 500 Millisekunden schneller als das Großhirn verarbeitet, kommt es auf diese Weise zu sehr schnellen, unwillentlichen Gesichtsausdrücken (Mikroexpressionen).
1.4 Es gibt kein Pokerface
Mitte der 1960er-Jahre – ungefähr zur gleichen Zeit, als Ekman sich auf seinen Forschungsreisen befand – entdeckten die beiden Psychologen Ernest A. Haggard und Kenneth S. Isaacs mehr oder weniger durch Zufall die Mikroexpressionen. Als sie sich auf Video aufgezeichnete Psychotherapie-Sitzungen in Zeitlupe ansahen, entdeckten sie die sehr schnellen Gesichtsausdrücke bei den Patienten – Gesichtsausdrücke, die für gerade einmal 150 Millisekunden auftauchten und sofort wieder verschwanden.
Fasziniert von ihrer Entdeckung beforschten Haggard und Isaacs die Mikroexpressionen weiter und fanden heraus, dass sie meistens in Situationen über das Gesicht huschten, in denen der verbale Inhalt des Gesagten der Botschaft der Mikroexpression widersprach. Der Patient sagte also zum Beispiel, dass es ihm gut ginge, zeigte dabei aber eine Mikroexpression von Verzweiflung im Gesicht. Einige Jahre später beforschte Ekman die Mikroexpressionen weiter und entdeckte sogar Ausdrücke, die eine Dauer von lediglich 40 Millisekunden hatten.
Was sind Mikroexpressionen?
Mikroexpressionen sind sehr kurze, unwillentliche und emotional ausgelöste Gesichtsausdrücke, die sich nur für Sekundenbruchteile zeigen (40 bis 500 Millisekunden). Sie treten in emotional hoch aufgeladenen Situationen auf und sind nach aktuellem Stand der Forschung typischerweise Signale von Gefühlen, die man eigentlich verheimlichen möchte oder die einem (noch) nicht bewusst sind.
Da Mikroexpressionen direkt vom Emotionszentrum in unserem Gehirn (limbisches System) ausgelöst werden, unterliegen sie nicht unserer bewussten Kontrolle. Mimik lässt sich somit nicht vollständig kontrollieren. Ein Pokerface gibt es also theoretisch erst ab einer Dauer von 500 Millisekunden. Aber selbst bei länger andauernden Gesichtsausdrücken – den sogenannten Makroexpressionen – ist eine Kontrolle nur eingeschränkt möglich. In einer Studie konnten Probanden der direkten Anweisung, zum Beispiel nicht die Augenbrauen hochzuziehen oder nicht zu lächeln, nur in geringem Maße nachkommen.
Der richtige „Blick“
Um Mikroexpressionen wahrzunehmen, müssen Sie sehr aufmerksam sein. Aber wie guckt man am besten, um diese sehr schnellen Mikroexpressionen zu erfassen? Dafür hat sich das periphere Sehen bewährt. Der Blick ist dabei entspannter und weicher als beim Fixieren eines Objektes.
Damit Sie einen Eindruck davon bekommen, was peripheres Sehen ist, hier eine kleine Übung:
Stellen Sie sich bitte aufrecht hin und strecken Sie die Arme vor dem Körper aus. Heben Sie dabei die Daumen an. Die Daumen sollten sich auf Augenhöhe befinden. Nun bewegen Sie die Arme langsam seitlich auseinander und wackeln dabei mit den Daumen. Versuchen Sie, beide Daumen im Blick zu behalten – ohne dabei die Augen zu bewegen. Wie weit können Sie Ihre Arme zur Seite bewegen und noch beide Daumen sehen?
Sie werden überrascht sein, wie weit das möglich ist. Und genau das ist peripheres Sehen: Ihr Blick ist geradeaus gerichtet und trotzdem nehmen Sie die Umgebung noch wahr. Machen Sie diese Übung regelmäßig, um Ihre Fähigkeit des peripheren Sehens zu trainieren.
Die Augen auf Geschwindigkeit trainieren
Da Ihre Augen von Natur aus Informationen sehr schnell verarbeiten können, braucht es neben dem peripheren Sehen nur ein wenig Training in Geschwindigkeit, um Ihre Wahrnehmung für Mikroexpressionen zu erweitern. Die folgende Übung unterstützt Sie dabei.
Die Fotoapparat-Übung
Sie brauchen für diese Übung zwei Übungspartner. Die Übungsteilnehmer werden nachfolgend als A, B und C beschrieben.
A trainiert seine Wahrnehmung und beobachtet.
B trainiert die Flexibilität seiner Mimik.
C ist „Rhythmus-Geber“.
Ablauf:
1 A und B stehen so voreinander, dass sie jeweils das Gesicht des anderen gut sehen können.
2 C steht neben A und legt eine Hand auf As Schulter.
3 B macht ein neutrales Gesicht. A schaut sich das Gesicht mit peripherem Blick an und prägt es sich ein.
4 A schließt die Augen, während B etwas in seiner Mimik verändert, zum Beispiel den Mund leicht öffnet.
5 C tippt A kurz auf die Schulter. A öffnet daraufhin für einen kurzen Moment seine Augen und schließt sie wieder so schnell wie möglich. Je kürzer, desto besser.
6 A nennt bei geschlossenen Augen die mimische Veränderung, die er gesehen hat, und ahmt sie – wenn möglich – nach. C meldet A zurück, ob das richtig ist. Wenn nicht, darf A seine Antwort korrigieren.
7 Die Schritte 3 bis 6 werden ungefähr zehnmal wiederholt. B nimmt dabei immer subtilere Veränderungen vor. Danach erfolgt ein Rollenwechsel, bis jeder einmal A war.
Mikroexpressionen treten in emotional hoch aufgeladenen Situationen auf und sind Signale von Gefühlen, die man eigentlich verheimlichen möchte oder die einem (noch) nicht bewusst sind.
1.5 Mimik beeinflusst unsere Gefühle
Unsere Mimik drückt unsere Gefühle nicht nur aus, sondern beeinflusst sie auch. In mehreren Studien konnte zum Beispiel nachgewiesen werden, dass eine Aktivität der mimischen Muskulatur – zum Beispiel das Zusammenziehen der Augenbrauen – zu einer unmittelbaren Aktivität im limbischen System führt. Je stärker die mimische Bewegung, desto aktiver ist das limbische System; je schwächer die Mimik, desto weniger aktiv ist das limbische System. Dieses Phänomen wird auch als Facial-Feedback-Hypothese bezeichnet und meint die Tatsache, dass die Gesichtsmuskulatur dem Gehirn ständig Rückmeldungen gibt, sodass im Körper die Gefühle erzeugt werden, die zur momentanen Mimik passen.
Facial Feedback: Grundlage der Empathie
Dieser Rückkopplungsmechanismus spielt für unser Einfühlungsvermögen eine große Rolle. In einer Studie zeigte man Probanden Fotos von Gesichtern mit Emotionsausdrücken, während mittels Nadelelektroden die Aktivität der Gesichtsmuskeln gemessen wurde. Das Ergebnis: Der bloße Anblick eines zum Beispiel traurigen Gesichtsausdrucks reicht aus, damit beim Betrachter die entsprechenden Muskeln im Gesicht leicht aktiviert werden. Dem menschlichen Auge bleibt dies meist verborgen. Über das Facial Feedback erleben wir dann in abgeschwächter Form die Gefühle des anderen. Dies ist eine der neuronalen Grundlagen von Empathie.
Verantwortlich dafür, dass wir die Mimik unserer Gesprächspartner unbewusst nachahmen, sind die 1992 von einer italienischen Forschergruppe entdeckten Spiegelneuronen. Diese Nervenzellen sorgen dafür, dass es ausreicht, wenn wir eine andere Person bei einer Handlung beobachten, um in unserem Gehirn dieselben neuronalen Muster zu aktivieren, als wenn wir die Handlung selbst ausführen würden.
Je flexibler die Mimik, desto empathischer
Auf Grundlage dieser Überlegungen ahnen Sie vielleicht bereits, wie es sich auf die Empathie auswirkt, wenn die Gesichtsmuskeln mit Botox gelähmt werden. Wird die Mimik in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt, spüren wir auch weniger, was andere fühlen. Zudem wird unsere Empathie und zwischenmenschliche Intuition gefördert, wenn wir unsere Gesichtsmuskeln trainieren, sodass sie flexibler und beweglicher werden.
Übung: Empathie-Muskeltraining
Mit dieser Übung trainieren Sie Ihre Mimik in Flexibilität und lernen gleichzeitig die verschiedenen Gesichtsbewegungen noch besser kennen. Sie brauchen dafür lediglich einen Spiegel oder die Frontkamera Ihres Handys.
Machen Sie bitte jede der folgenden Bewegungen einzeln und spüren Sie dabei nach, welche Gefühle über das Facial Feedback in Ihnen aktiviert werden:
1 Ziehen Sie die Augenbrauen zusammen.
2 Heben Sie die Augenbrauen an.
3 Versuchen Sie, nur die Innenseiten der Augenbrauen hochzuziehen (das schaffen auf Anhieb nur wenige).
4 Heben Sie das obere Augenlid an.
5 Spannen Sie das untere Augenlid an.
6 Rümpfen Sie die Nase.
7 Ziehen Sie die Oberlippe hoch.
8 Pressen Sie die Lippen zusammen.
9 Schürzen Sie die Lippen (wie bei einem Kussmund).
10 Schieben Sie die Unterlippe nach vorn, indem Sie den „Kinnbuckel“ anheben.
11 Pressen Sie beide Mundwinkel ein.
12 Ziehen Sie die Mundwinkel runter.
13 Ziehen Sie die Mundwinkel seitlich auseinander.
14 Lächeln Sie, indem Sie die Mundwinkel anheben.
Für Profis: Versuchen Sie, möglichst viele der oben aufgeführten Bewegungen zu kombinieren. Wie viele schaffen Sie?
Mimik ist die wichtigste und zuverlässigste Informationsquelle, um präzise zu erkennen, wie sich ein Mensch fühlt.
Es gibt sieben Basisemotionen, die von allen Menschen kulturübergreifend gleich in der Mimik ausgedrückt werden: Angst, Überraschung, Ärger, Ekel, Verachtung, Trauer und Freude.
Die Mimik kann ohne weitere nonverbale Signale das volle Spektrum unserer Emotionen trennscharf ausdrücken.
Die mimische Muskulatur ist direkt mit dem limbischen System verdrahtet. So kommt es zu Mikroexpressionen, die für nur 40 bis 500 Millisekunden über unser Gesicht huschen.
Mikroexpressionen drücken insbesondere Emotionen aus, die wir verheimlichen möchten oder die uns (noch) nicht bewusst sind.
In einer Unterhaltung ahmen wir unbewusst und subtil die Mimik unserer Gesprächspartner nach. Über die ständige Rückkopplung der mimischen Muskulatur ans Gehirn spüren wir so in reduzierter Form die Gefühle der anderen.
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