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2 › II › 1. Binnenstruktur des Equity Joint Venture
1. Binnenstruktur des Equity Joint Venture
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Das Equity Joint Venture zeichnet sich durch eine zweistufige Struktur aus. Die erste Stufe bildet der schuldrechtliche Joint Venture Vertrag, in dem sich die Partner zur Durchführung der gemeinsamen Unternehmung verpflichten. Dieser Vertrag wird aufgrund der gemeinsamen Zwecksetzung regelmäßig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts i.S.d. § 705 BGB darstellen (Innengesellschaft, vgl. hierzu näher 7. Kap. Rn. 122). Allerdings werden die Parteien stets spezifische Regelungen etwa zur Kündigung vereinbaren, so dass mit dieser gesellschaftsrechtlichen Einordnung des Joint Venture Vertrags keine wesentlichen rechtlichen Konsequenzen verbunden sind.[4] Daneben sind die Joint Venture Partner auch Gesellschafter der zur Umsetzung dieses Zwecks gegründeten Joint Venture Gesellschaft, die die zweite Stufe des Gemeinschaftsprojekts bildet.[5] In besonderen Konstellationen kann Partei des Joint Venture Vertrages auch ein Dritter sein, etwa die Konzernmutter derjenigen Gesellschaft, die später Partner der Joint Venture Gesellschaft werden soll.
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Die Verbindung mehrerer Ebenen und das Vorhandensein verschiedener Interessen innerhalb des Gesamtsystems macht das Joint Venture zu einem komplexen Gebilde.[6] Auf der ersten Ebene gibt es zwei oder mehrere Partner, die die Zusammenarbeit suchen und sich schließlich zur Durchführung eines Joint Venture entschließen. Auf der nächsten Ebene steht die Joint Venture Gesellschaft selbst.
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Diese unterhält Beziehungen zu den Joint Venture Partnern als Gemeinschaft, aber auch zu jedem einzelnen Partner. Dazu gehören regelmäßig zunächst Leistungen, die im Rahmen des Aufbaus der Joint Venture Gesellschaft erbracht werden, wie etwa Bauleistungen oder Maschinenlieferungen. Ferner zählen hierzu auch Beiträge, die im Rahmen des laufenden Betriebs von den Joint Venture Partnern geleistet werden, wie etwa Geschäftsführungsdienste, Personalgestellung, das Zurverfügungstellen von Know-how, Rohstofflieferungen oder Vertriebsleistungen.[7] Hier stellt sich u.a. das Erfordernis eines den gesetzlichen Bestimmungen genügenden Modells von Verrechnungspreisen und Konzernumlagen. Zu bedenken ist die Frage der Steuerbelastung bei der Errichtung einer Joint Venture Gesellschaft, z.B. durch Sachgründung, sowie zum anderen die Besteuerung der laufenden Leistungsabrechnungen der Joint Venture Partner im Rahmen der Gestaltung von Verrechnungspreisen.[8]Außerdem sind die Verpflichtung zur Rechnungslegung (Bilanzierung) der Joint Venture Gesellschaft sowie der Joint Venture Partner zu beachten. Hier ist zum einen die Bilanzierung eines Equity Joint Venture als Personen- oder Kapitalgesellschaft nach den nationalen Rechnungslegungsvorschriften des jeweiligen Standortes zu nennen, und zum anderen die bilanzielle Abbildung der Beteiligung am Joint Venture im entsprechenden Einzel- und Konzernabschluss des Joint Venture Partnerunternehmens zu unterscheiden.[9]
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Zusätzlich unterhält jedes der beteiligten Unternehmen, d.h. sowohl die Partner als auch die Joint Venture Gesellschaft selbst, als selbstständige wirtschaftliche Einheit Beziehungen zu Dritten, also weiteren Marktteilnehmern und zu ihrer Umwelt.[10] Hier ist insbesondere an die laufenden vertraglichen Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, Banken und anderen Marktteilnehmern zu denken. Schließlich ist die Joint Venture Gesellschaft auch Teil öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen, etwa im Rahmen öffentlich-rechtlicher Genehmigungen oder gewährter Staatshilfen.
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Grafisch lässt sich dies im Überblick wie folgt darstellen:
Abb. 1: Struktur des Equity Joint Venture

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Im Joint Venture Vertrag werden die Strukturen festgelegt, die die Umsetzung der gemeinsam gewünschten Strategie der Partner in der Joint Venture Gesellschaft ermöglichen. Die Beziehungen der Partner zueinander und ihre jeweiligen Beziehungen zur Joint Venture Gesellschaft müssen umfassend geregelt werden. Dabei sind etwaige Interessenkonflikte der Beteiligten auszutarieren und mit den Interessen des Gemeinschaftsunternehmens in Einklang zu bringen.
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Die Partner schaffen durch die Errichtung einer Joint Venture Gesellschaft eine organisatorisch wie rechtlich selbstständige Einheit. Diese tritt selbstständig am Markt auf und befindet sich in einem eigenen wirtschaftlichen Umfeld mit eigenen vertraglichen Interdependenzen zu Dritten. Obwohl die rechtliche Selbstständigkeit der Joint Venture Gesellschaft in den Fällen des Equity Joint Venture von den Partnern gerade gewünscht wird, liegt es regelmäßig im Interesse der Parteien, gemeinsam Kontrolle über die Joint Venture Gesellschaft auszuüben. Dies geschieht üblicherweise durch eine entsprechende Ausgestaltung des Konsortialverhältnisses, welches im Joint Venture Vertrag die Modalitäten der gemeinsamen Kontrollausübung regelt. Hierzu gehören die Gestaltung der Führungsstruktur der Joint Venture Gesellschaft, die Kontrolle der Geschäftsführung durch Aufsichtsrat oder Beirat, Finanzierungsfragen, Berichtspflichten, Regelungen zum Wechsel der Beteiligungsverhältnisse, Auflösung von Patt-Situationen und Ähnliches (siehe zu Einzelheiten betreffend die Gestaltung des Joint Venture Vertrages unten 7. Kap. Rn. 106 ff.).
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Das Beziehungsgeflecht der Beteiligten eines Equity Joint Venture ist kein statisches Gebilde. Jedes der beteiligten Unternehmen ist ständigen wirtschaftlichen Veränderungen ausgesetzt. Es mag daher sein, dass sich Anforderungen und Erwartungen der Joint Venture Beteiligten im Lauf der Zeit wandeln. Es zeichnet die Qualität eines gelungenen Joint Venture Vertrages aus, diese Dynamik des Beziehungsgeflechts möglichst zu antizipieren und vertraglich abzubilden, etwa durch weitsichtige Regelungen für die Entscheidungsfindung und für die Auflösung von Streitigkeiten sowie für die mittel- und langfristige Finanzierung. Bei der praktischen Umsetzung der operativen Führung der Joint Venture Gesellschaft gilt es stets aufs Neue, im Sinne dieser Regelungen eine größtmögliche Balance zwischen den Interessen der Beteiligten herzustellen, um den Erfolg der Zusammenarbeit auf Dauer zu gewährleisten.
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2. Alternativen zum Equity Joint Venture
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Die Entscheidung darüber, ob die Zusammenarbeit der Partner in Form eines Equity Joint Venture oder eines Contractual Joint Venture oder auf sonstige Weise erfolgen soll, hängt von den unternehmerischen Motiven der Parteien und den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Nachfolgend sollen einige typische Aspekte näher beleuchtet werden.
2.1.1 Gesellschaftsrechtliche Kontrolle
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Mit einem Equity Joint Venture geben die Partner jeweils unternehmerische Entscheidungskompetenz an das Gemeinschaftsunternehmen ab. Aufgrund der Mitspracherechte des jeweils anderen handelt es sich um ein für jeden Partner nur beschränkt beherrschbares Unternehmen. Die Entwicklung des Unternehmens in Gestalt der Joint Venture Gesellschaft unterliegt nicht der einseitigen Einflusssphäre eines Partners, sondern die Kompetenzen jedes Partners sind – entsprechend den Regelungen des Joint Venture Vertrages – abgegrenzt und eingeschränkt. Im Contractual Joint Venture ist dieser Einschnitt nicht ganz so drastisch. Jeder Partner behält seine volle unternehmerische Entscheidungsautonomie und ist lediglich verpflichtet, diese im Sinne der Zweckerreichung des Projektvertrages einzusetzen.
2.1.2 Haftungsbegrenzung
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Unbestrittene Vorteile eines Equity Joint Venture gegenüber einem Contractual Joint Venture sind die Möglichkeiten, die Haftung auf das Vermögen des Gemeinschaftsunternehmens zu beschränken und das geschäftliche Risiko auf die Partner als Gesellschafter der Joint Venture Gesellschaft zu verteilen.[11]
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Zur Minimierung des Haftungsrisikos bietet sich die Errichtung der Joint Venture Gesellschaft in Form einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG oder SE) oder einer Kapitalgesellschaft & Co. KG an; bei ersterer ist die Haftung nach § 13 Abs. 2 GmbHG bzw. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, bei letzterer ergibt sich die Haftungsbeschränkung mittelbar aus der Tatsache, dass es sich bei dem einzig persönlich haftenden Gesellschafter um die Komplementär-Kapitalgesellschaft handelt.[12] Die angestrebte Haftungsbegrenzung kann jedoch im Einzelfall unter Gesichtspunkten des Konzernrechts oder – bei Missbrauch der Haftungsbegrenzung – einer gesellschaftsrechtlichen Durchgriffshaftung durchbrochen werden. Dies ist indes keine Besonderheit der Joint Venture Gesellschaft. Es gelten die allgemeinen Grundsätze.[13]
2.1.3 Kapitalbindung
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Kehrseite des Haftungsprivilegs einer als Kapitalgesellschaft ausgestalteten Joint Venture Gesellschaft ist die Kapitalbindung. Wegen der im Recht der Kapitalgesellschaften geltenden strengen Regelungen zur Kapitalaufbringung und zur Kapitalerhaltung ist die geleistete Einlage grundsätzlich im Gesellschaftsvermögen gebunden und darf den Gesellschaftern nicht zurückgewährt werden.
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Für den Fall, dass die Partner ihre Joint Venture Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH ausgestalten, hat das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen („MoMiG“) durch die Änderungen der § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG und § 57 Abs. 1 S. 4 AktG n.F. ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit für den Joint Venture Partner gebracht, der eine Gesellschafterfremdfinanzierung der Joint Venture GmbH erwägt und dieser ein Darlehen ausreichen möchte: Nach neuem GmbH-Recht ist klarer als zuvor, welche Konsequenzen drohen, wenn der Joint Venture Partner die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens von der Joint Venture GmbH verlangt – vor allem in Fällen, in denen sich diese in wirtschaftlich schwierigen Umständen befindet (siehe zu den Einzelheiten unten 7. Kap. Rn. 410 ff.).
2.1.4 Corporate Identity
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Kommt es den Joint Venture Partnern im Rahmen der Kooperation maßgeblich auf einen eigenen, sichtbaren Marktauftritt an, so ist dieser lediglich durch ein Contractual Joint Venture schwer herzustellen. Hier ist die eigene Rechtspersönlichkeit der separaten Joint Venture Gesellschaft von Vorteil, für die durch flankierende Werbemaßnahmen und geeignete Medienarbeit eine eigene Corporate Identity aufgebaut werden kann. Der Marktauftritt wird dadurch unterstützt, dass hinter der Joint Venture Gesellschaft starke Gesellschafter stehen. Deren gesellschaftsrechtlicher Beitrag und ihre dadurch zum Ausdruck kommende Bereitschaft, Kapital langfristig zu binden, manifestieren die Ernsthaftigkeit, die Motivation und das Engagement der beteiligten Partner.
2.1.5 Abgrenzung der Einlagen und der Gewinnverteilung
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Planen die Partner mit dem Joint Venture eine gegenseitige Förderung ihrer Geschäftstätigkeit, so kann dies in der Weise geschehen, dass beide unterschiedliche Geschäftsbereiche in die Joint Venture Gesellschaft einbringen (etwa Produktion und Vertrieb) oder dass gleichgerichtete Geschäftstätigkeiten gebündelt werden. Während die exakte Zurechnung der jeweils eingebrachten Vermögenswerte ebenso wie die Verteilung des Gewinns zwischen den Partnern einer Joint Venture Gesellschaft relativ unproblematisch den einzelnen Beteiligten zurechenbar ist,[14] bereitet dies im Contractual Joint Venture weitaus größere Schwierigkeiten. In diesen Situationen bietet sich die Errichtung eines Equity Joint Venture an, da dort die konkrete Beteiligung, die Definition der jeweils einzubringenden Vermögensgegenstände und deren Bewertung sowie die Gewinnverteilung in der Joint Venture Gesellschaft zuverlässiger abgegrenzt werden können als dies im Contractual Joint Venture möglich ist.[15]
2.1.6 Beendigung
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Das Erfordernis der Errichtung einer gesonderten Joint Venture Gesellschaft macht nicht nur die Gründung und die laufende Verwaltung, sondern insbesondere auch die Beendigung eines Equity Joint Venture ungleich aufwändiger als es die vergleichbaren Vorgänge beim Contractual Joint Venture sind. Die Partner müssen sich bereits möglichst frühzeitig darauf verständigen, welches Schicksal der Joint Venture Gesellschaft im Falle der Beendigung des Equity Joint Venture zuteil werden soll. Denkbar ist, dass einer der Joint Venture Partner zu bestimmten, im Joint Venture Vertrag geregelten Bedingungen sämtliche Geschäftsanteile der Joint Venture Gesellschaft übernimmt. In Frage kommt ferner die Veräußerung der Joint Venture Gesellschaft an einen Dritten oder deren Liquidation. Anders verhält es sich beim Contractual Joint Venture: Hier besteht meist nur eine Innengesellschaft, die der Auflösung bedarf, ohne dass ein gesonderter Rechtsträger liquidiert werden müsste.
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Die Insolvenz eines der Partner eines Contractual Joint Venture führt regelmäßig zur Beendigung desselben. Dies ist beim Equity Joint Venture nicht notwendigerweise so: Die Partner mögen sich im Joint Venture Vertrag darauf geeinigt haben, dass die Joint Venture Gesellschaft im Falle der Insolvenz eines der Partner nicht beendet, sondern fortgeführt oder veräußert werden soll.
2.1.7 Zugriff auf Vermögensgegenstände
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Die Errichtung einer Joint Venture Gesellschaft wird vor allem dann in Betracht kommen, wenn zur Aufnahme der geplanten Geschäftstätigkeit größere Investitionen erforderlich sind und der finanzielle oder technische Aufwand die Leistungsfähigkeit eines einzelnen Partners übersteigt,[16] wie etwa im Falle der Errichtung industrieller Anlagen oder bei großen Infrastrukturprojekten. Arbeiten die Partner in diesen Fällen lediglich auf schuldrechtlicher Grundlage zusammen und bilden kein gemeinschaftliches Vermögen, so wird die Investition in die entsprechenden Güter häufig von Seiten nur eines Partners erfolgen, und durch den bzw. die anderen Partner mitfinanziert werden. Durch Errichtung einer Joint Venture Gesellschaft wird vermieden, dass nur der investierende Partner durch seine alleinige dingliche Berechtigung unmittelbaren Zugriff auf die angeschafften Güter hat. Dem bzw. den mitfinanzierenden Partnern stünden andernfalls nur schuldrechtliche Ansprüche gegenüber dem investierenden Partner zur Verfügung, um ihre Mitspracherechte im Hinblick auf die Investition geltend zu machen. Insgesamt bereitet das angestrebte Ziel der Verteilung des Geschäftsrisikos auf beide bzw. alle Partner in diesen Fällen weitaus mehr Schwierigkeiten, als dies bei Investitionen in gemeinschaftliches Vermögen der Fall wäre: Die alleinige dingliche Berechtigung des einen Partners am Investitionsgut ermöglicht es eigentlich nur ihm, mit diesem nach freiem Ermessen zu wirtschaften. Zeitigt die Investition nun nicht den von den Partnern beabsichtigten Erfolg, so sind Probleme bei der Abwicklung des Joint Venture vorgezeichnet.[17]
2.1.8 Finanzierung
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Während das einem Contractual Joint Venture zugrunde liegende Vorhaben regelmäßig ausschließlich durch die Joint Venture Partner finanziert wird, kann die Gestaltung eines Equity Joint Venture – zumindest mittelfristig – zusätzliche Finanzierungsquellen erschließen. Aufgrund der durch die Joint Venture Partner in die Joint Venture Gesellschaft eingebrachten Wirtschaftsgüter baut diese ein Vermögen auf, mit welchem weitere Fremdfinanzierungsquellen erschlossen werden können. Allgemein dürfte als Basis einer Finanzierung durch Dritte eine Eigenkapitalquote von 30–40 % hinreichend sein. Hinzu kommt die Möglichkeit der Unterstützung durch die Gesellschafter, die die Möglichkeit haben, durch Patronatserklärungen und Comfort Letter hinzu zu treten. Ferner können mit Mitteln nicht kommerzieller Banken (etwa Entwicklungs- und Förderbanken) besondere Entwicklungskonzepte der Joint Venture Gesellschaft gefördert werden. Wird in der Joint Venture Gesellschaft etwa eine neue Technologie oder ein viel versprechendes neues Produkt entwickelt oder entwickelt sich das Unternehmen auf sonstige Weise erfolgreich und steigert seinen Marktwert, können die Partner für ihre Joint Venture Gesellschaft auch den Zugang zum Kapitalmarkt erwägen.
2.1.9 Vertraulichkeit
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Durch die Einbringung eigenen Know-hows in das Gesellschaftsvermögen der Joint Venture Gesellschaft haben auch die Partner – durch Mitwirkung im Management oder im Rahmen ihrer Informationsrechte als Gesellschafter – Zugriff auf sensible betriebliche Informationen. Dies ist umso ungünstiger, je mehr die Partner außerhalb des Gemeinschaftsunternehmens miteinander konkurrieren.
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Gestalten die Partner ihre Kooperation als Contractual Joint Venture, lässt sich die Preisgabe sensibler Unternehmensdaten durch entsprechende vertragliche Gestaltung eher vermeiden, da die Sphären der Partner vermögensmäßig weitgehend getrennt bleiben. Auch ist die Diskretion über den Bestand eines Contractual Joint Venture gegenüber dem Markt oder Rechtsverkehr insgesamt besser zu wahren, da es einer Handelsregistereintragung nicht bedarf, es sei denn, dass kartellrechtliche Vorschriften eine Offenlegung erfordern.[18]
2.1.10 Handelsvertreter, Vertriebspartner, Lizenzvergabe
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Wenn es dem stärkeren Partner einer Zusammenarbeit vordringlich um den Vertrieb eines Produktes geht, kommt auch die schuldrechtliche Kooperation mit einem Handelsvertreter oder einem Vertriebspartner in Betracht. Beide Vorgehensweisen lösen, wie alle Contractual Joint Venture, weniger Investitionskosten aus, eröffnen andererseits aber weniger Kontrolle über die Art und Weise der Vermarktung des Produktes als dies bei einem Equity Joint Venture der Fall wäre.
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Als weitere Spielart der Kooperation ohne Kapitalbeteiligung kommt die Vergabe einer Lizenz des stärkeren Partners, der etwa die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern sucht, in Frage. Insbesondere durch Franchising kann auch ein gewisser Einfluss auf die Entwicklung der Geschäftstätigkeit gesichert werden. Im Vergleich zum Equity Joint Venture muss in erheblich geringerem Maße Kapital gebunden und Personal gestellt werden; auch der Managementaufwand ist signifikant geringer.
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Dafür sind die Möglichkeiten des Partners, am wirtschaftlichen Erfolg des Lizenznehmers zu partizipieren, auf die Höhe der jeweils ausbedungenen Lizenzgebühr beschränkt. Als Gesellschafter einer Joint Venture Gesellschaft kann er durch sein Dividendenbezugsrecht umfassender an Gewinnchancen partizipieren.
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Auch bestehen kaum Steuerungsmöglichkeiten des Lizenzgebers. Regelmäßig hat dieser keine Einsicht in betriebswirtschaftliche Informationen und in die Unternehmensstrategie des Lizenznehmers. Im Falle des Equity Joint Venture hingegen stellt grundsätzlich jeder Partner auf Ebene der Joint Venture Gesellschaft Teile des Managements und kann darüber hinaus die jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Informationsrechte geltend machen. Hierdurch kann er substantiell mehr Einfluss auf die Geschäftsentwicklung des Vorhabens nehmen als er dies auf der Grundlage eines Lizenz- oder Franchisevertrags könnte.
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Im steuerlichen Bereich steht die eventuell hohe Besteuerung von Lizenzgebühren im Rahmen des Contractual Joint Venture den möglicherweise zu erzielenden Steuervorteilen durch Gewinnthesaurierung und steuerbegünstigte Gewinnausschüttung auf Ebene der Joint Venture Gesellschaft gegenüber.[19]
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Im Technologiebereich besteht die Gefahr der Weitergabe oder eigenen Nutzung des Know-how durch den Vertriebspartner,[20] jedoch ist der Zugang des Partners zu bestimmtem Know-how auch im Equity Joint Venture kaum vermeidbar. In beiden Fällen ist sorgsam darauf zu achten, dass die eigenen wirtschaftlichen Vorteile überwiegen und nicht der andere Partner nach Beendigung der Kooperation am Ende gestärkt aus der gemeinsamen Aktivität hervorgeht.
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Gerade bei einem Engagement im Ausland ist es jedoch aus Gesichtspunkten der Risikobegrenzung häufig ratsam, zunächst eine Zusammenarbeit ohne Kapitalbeteiligung durch Contractual Joint Venture einschließlich Lizenzvergabe oder Franchising anzustreben und erst nach positiver Einschätzung des betreffenden Marktes im nächsten Schritt eine Kapitalbeteiligung an einer Auslandsgesellschaft (sei es als Tochtergesellschaft oder als Joint Venture Gesellschaft) anzustreben.[21]
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Aus Sicht des Lizenznehmers ist der Vorteil unternehmerischer Autonomie gegen die Nachteile abzuwägen, weitgehend auf sich selbst gestellt zu sein und – anders als beim Equity Joint Venture – keinen Zugriff auf Managementassistenz durch den Partner zu haben.
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Im Überblick stellen sich Vor- und Nachteile der verschiedenen Kooperationsformen wie folgt dar:
Abb. 2: Abgrenzung Lizenzvergabe/Franchising (als Beispiel eines Contractual Joint Venture) zum Equity Joint Venture
Lizenzvergabe/Franchising Beteiligung am Equity Joint Venture keine Kapitalbindung Kapitalbindung limitierte Partizipation am wirtschaftlichen Erfolg über Lizenzgebühr Partizipation an Gewinnchancen (Dividenden) und Verlustrisiken unternehmerisches Risiko weitgehend auf Seiten des Lizenznehmers allgemeines Unternehmerrisiko geringe Personalbindung Personalbindung geringe (oder keine) Kontrolle über Lizenznehmer Kontrolle durch Mitwirkung in Organen (Geschäftsführung, Aufsichtsrat/Beirat, Gesellschafterversammlung) wenig (oder keine) Einsicht in Kalkulation und Unternehmensstrategie des Lizenznehmers (gesetzliche) Informationsansprüche als Gesellschafter der Joint Venture Gesellschaft Bindung zeitlich limitierbar erhöhte Bindung durch Kapitalverflechtung weniger Vertrauen erhöhter Zwang zur vertrauensvollen Zusammenarbeit Lizenznehmer weitgehend auf sich selbst gestellt Managementassistenz eventuell hohe Besteuerung von Lizenzgebühren eventuell Steuervorteile durch Gewinnthesaurierung und steuerbegünstigte Dividendenausschüttung grundsätzlich Kündigung möglich Beendigung aufgrund von Kapitalverflechtung erschwert