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Der erste Mensch der Erde kam in Eden zum Einsatz. Von "paradiesischer Glückseligkeit", ist hier eigentlich nicht viel zu merken, denn gleich zu Anfang wurden Adam strikte Verbote erteilt. In der Genesis erfahren wir, dass "Gott" einiges an Bäumen pflanzte (wie weiter oben schon erwähnt), und dann Adam dort "hineinstellte". Zwei Bäume werden hier ganz besonders hervorgehoben (Gen. 2,9): Der "Baum des Lebens" und der "Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen", die in der Mitte von Eden wuchsen. Vielleicht verwirrt es den einen oder anderen Leser, etwas über einen "Lebensbaum" zu erfahren, denn dieser wird oftmals kaum erwähnt. Auch im Religionsunterricht unserer Kindertage wurde meist nur vom "Erkenntnisbaum" geredet, dem die Menschheit indirekt die schlimme "Erbsünde" zu verdanken hat. Wahrscheinlich wird die Mehrzahl der heutigen Christen von dem Baum des Lebens gar nichts wissen, denn das andere Gewächs wurde zum beliebten Vorzeigesymbol für die Bosheit und Verwerflichkeit der Menscheit: "Sehr her, Adam und Eva sündigten, und ihr alle tragt deren Sünde bis zum Tode in euch!" So etwa will es die christliche Lehre.
Adam erhielt bei seinem Einzug in Eden ein eindeutiges und unmissverständliches Gebot des "Höchsten":
"Und Gott der Herr gebot dem Adam und sprach: Nähren magst du dich mit Nahrung von allen Bäumen des Gartens. Aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn wann du von ihm issest, wirst du des Todes sterben." (Gen. 2,16-17) Klare Worte, die Adam zu hören bekam. Ein Vergehen gegen diese Auflage im Garten Eden wird unbarmherzig mit dem Tode bestraft! Der aufmerksame Bibelleser sollte wissen, dass diese Worte des "Herrn" gelogen waren, denn bekanntlich nahmen Eva und ihr Mann von der verbotenen Frucht - und lebten weiter. Dazu aber unten mehr.
Adam weilte einsam und allein in Eden - ohne Eva, wobei sich die Genesis in der zweiten Schöpfungsgeschichte völlig darüber ausschweigt, wie lange er den Garten für sich hatte. Nachdem jedoch "Gott" dem Adam sein Gebot verdeutlichte, entschied dieser, dass er nicht alleine bleiben soll. Die "Götter" von Eden beschlossen, eine Frau für ihn zu erschaffen, denn
"(...) es ist nicht gut, dass der Adam allein sei; ich will ihm eine Gehilfin (Hilfe) machen." (Gen. 2,18)
Auch dieser Vers blieb von der "theologischen Korrekturwut" nicht gänzlich verschont, da das Wort "Gehilfin"/"Hilfe" oftmals durch "Gefährtin" ersetzt wurde. Warum? Die ursprüngliche Aussage, dass Adam eine Hilfe erhalten soll, scheint mir, mit Blick auf den Vers "damit er ihn anbaue und pflege" weitaus sinnvoller, als eine schlichte Gefährtin. Scheinbar war es nicht im Sinne einiger Übersetzer, dass Adam eine Hilfe im Garten der Glückseligkeit benötigte.
Wie aber wurde Eva "in die Welt gesetzt"? Die eigentliche Erschaffung von Eva wird uns knapp - aber dennoch sehr aufschlussreich - in zwei Versen überliefert:
"Da ließ Gott der Herr einen tiefen Schlaf über Adam kommen und nahm, während er schlief, eine seiner Rippen und füllte ihre Stelle mit Fleisch aus. Und Gott der Herr baute das Weib aus der Rippe, die er von Adam genommen hatte, und ließ es vor Adam kommen." (Gen. 2,21-22)
Dieser "Schlaf" des ersten Mannes wird aus kirchlicher Sicht nicht unbedingt als solcher angesehen. Vielmehr soll Adam die Erschaffung "in übernatürlicher Verzückung visionär schauen" (Laien-Bibel 1938). Gleichfalls heißt es, dass Adam diese "göttliche" Tat überhaupt nicht sehen sollte, dann wieder, dass durch diesen Schlaf "Gottes" Allmacht gegenüber dem Menschen hervorgehoben werden sollte...wer die Wahl hat, hat die Qual. In II.3 lernen wir eine interessante Mythe der Osterinsel kennen, die die Erschaffung der Frau fast identisch mit der in Gen. 2,21-22 beschreibt.
Wie dem auch sei, nun betrat Eva die Bühne der Schöpfung - Adam hatte seine Gehilfin bekommen. Aber gleich der folgende Vers (23) des zweiten Kapitels bringt wieder Verwirrung in die Geschichte: "Und Adam sprach: Das ist nun Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; sie soll Weib heißen, weil sie vom Mann gekommen ist." (Gen. 2,23)
So, wie der Vers in der Bibel zu finden ist, ist er schwer zu deuten. Teilweise sind sogar einige Angaben (zum Beispiel Deutsche Bibelgesellschaft 1982) überhaupt nicht zu finden! Um den gläubigen Leser nicht unnötig zu irritieren, findet sich dort:
"(...) endlich jemand wie ich! Sie gehört zu mir, weil sie von mir gekommen ist."
In der Bibelübersetzung von Martin Luther (1545) ist nicht von einem "Weib" die Rede. Luther übersetzte es wörtlich, denn eigentlich muss die erste Frau "Männin" heißen. Der Grund dafür ist die recht ähnliche Schreibweise in Hebräisch von Mann (= "isch") und Frau (= "ischáh").
Wie auch immer das erste Weib hieß, wer glaubt die Legende der Erschaffung Evas wörtlich? Wer meint, dass sie tatsächlich von einer schlichten "Rippe" des ersten Mannes abstammte? Hebräisch steht an dieser Stelle das Wort "szelá" bzw. auch "zela", dessen "wirklichen Sinn" wir bis heute überhaupt nicht kennen (Mertens, S. 126). Wertvolle Hinweise, die einiges zur Klärung dieser Frage beisteuern könnten, finden sich wiedermal in älteren Schriften. Schon der Name Eva (Heua bei Luther) in der hebräischen Bibelversion führt uns auf eine interessante Spur: "Cheva", sumerisch "Chawa"/"Chawwa", "Die aus Leben" oder "Die Leben schafft"! Eva wurde also aus "Leben" gemacht. Eigentlich vollkommen logisch, denn sie stammte von Adam ab, und der lebte ja bekanntlich bereits. (Der Name Eva taucht aber erst später in der Genesis auf.)
Aber, da vieles der Genesis in den heiligen Texten der mesopotamischen Bevölkerung fußt, bietet sich hier ein weitaus interessanterer Vergleich an: Die vermeintliche "Rippe" des Adam (sumerisch auch "adamah") könnte durch eine Reihe weitere Wörter/Übersetzungen ersetzt werden, die die Entstehung der Frau durchweg logischer erscheinen lassen. Das Wort Rippe wird im Sumerischen "ti" geschrieben. Dieser vieldeutige Ausdruck "ti" wiederum ist ein Begriff, der gleichfalls mit "Leben" oder "Lebenskraft" (auch "Pfeil") übersetzt werden kann. Cheva (= Eva) wurde von den Elohim aus der "Lebenskraft" des Adam erschaffen, denn der besagte Vers könnte ebenso - und sinnvoller - "Und Elohim nahmen von Adams Lebenskraft" lauten. Auch Mertens hält fest:
"Die Doppeldeutigkeit des sumerischen Wortes könnte übrigens die Erzählung von der Erschaffung aus der Rippe veranlasst haben." (Mertens, S. 126)
Mertens streitet noch dazu keineswegs ab, dass die Bibel mythische Berichte enthält: "Es lässt sich aber dennoch nicht leugnen, dass es auch in der Bibel ,mythische Reste’ gibt." (S. 59)
Wer aber nahm von Adams Kraft, und was war diese? Ist hier ein Fingerzeig verborgen, dass in unbekannten Zeiten Außerirdische an den Genen der Menschen (des Menschen) herummanipulierten?
Folgen wir den biblischen Versen weiter, denn es wird in der Genesis immer spannender! Adam lebte - mit der Auflage von einem bestimmten Baum nicht zu essen - in Eden. Nachdem er seine Arbeit als "Ackersmann" (Gärtner) über einen unbekannten Zeitraum hinweg nachging, schufen die Elohim seine Gehilfin Eva aus seiner Lebensessenz (s. auch II.1). Glauben wir den christlichen Auslegungen des ersten Buch Mose, war die erste Frau Schuld daran, dass alle heutigen Christen mit der "Erbsünde", die sie ein Leben lang verfolgen wird, belastet sind. Können wir aber Eva tatsächlich "schuldig sprechen", ein striktes Gebot des "Herrn" missachtet zu haben? Ist sie "schuld", dass der Mensch Gutes und Böses zu unterscheiden versteht und wie ein "Gott" geworden ist, wie es die Bibel schildert?
I.6 Als der Mensch wie "Götter" wurde
Die in der Genesis nun folgende Überlieferung ist sehr beliebt und oft nacherzählt worden. Sie bildet, neben dem Buch Exodus, eine der bekanntesten - wenn nicht sogar die bekannteste - Überlieferungen des Alten Testaments: "Der Fall des Menschen", auch als "Sündenfall" betitelt, obwohl dies Wort in der Bibel nicht zu finden ist.
Die dogmatische Auslegung dieser äußerst interessanten Überlieferung hört sich etwa so an: "Gott" stellte Adam und Eva in Eden auf die Probe. Entweder sie halten sich an sein Gebot, den Baum nicht anzurühren, oder aber sie übertreten es. So weiß der Herr, dass der Mensch schwach ist und die nur ihm zukommenden Eigenschaften (die "symbolischen Bäume") begehrt. Die gesamte Edengeschichte inklusive Sündenfall wird von der Kirche als reine Symbolik gesehen. Kaum einer betrachtet die Legende als geschichtlichen Tatsachenbericht von Ereignissen, die in längst vergessenen Zeiten wirklich einmal stattfanden. In religiösen Büchern, die versuchen, den unerfahrenen Leser in die Geheimnisse des "richtigen Lesens" (was immer man darunter verstehen mag) der Bibel (Altes Testament) einzuweihen, finden sich zahllose Auslegungen, was denn nun in Eden geschah. Alles wird zu "Gottessymbolen" oder zu Symbolen der unterschiedlichsten Eigenschaften. Ganz Eden ist ein symbolischer Ort, und die Geschehnisse reine "Zeichen".
Wer aber eine Bibel zur Hand nimmt, sollte sich selber ein Bild der Ereignisse machen, nicht aber krampfhaft versuchen, theologische Sichtweisen in sie hineinzuzwängen. Die Geschichte hat mit Sicherheit symbolische Charaktereigenschaften, aber dennoch ist nicht alles an ihr als reine Symbolik zu deuten.
Im dritten Kapitel der Genesis findet sich die sündige Geschichte der bösen Schlange und der "bösen" Eva. Hierbei stellt man problemlos fest, dass sich die Schlange mit listigen, zweideutigen und halbwahren Worten an die Menschenfrau heranmachte, um sie in ein Gespräch zu verwickeln:
"Die Schlange war arglistiger unter allen Tieren des Feldes, die Gott der Herr gemacht hatte, und sie sprach zum Weib: Sollte Gott wirklich gesagt haben, dass ihr nicht von allen Bäumen im Garten essen dürft? - Da sprach das Weib zur Schlange: Von der Frucht der Bäume im Garten dürfen wir essen; aber von der Frucht des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Ihr dürft nicht davon essen und daran rühren, sonst müsst ihr sterben! Und die Schlange sprach zum Weibe: Mitnichten werdet ihr des Todes sterben: sondern Gott weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgehen werden, und ihr werdet sein wie Götter, erkennend das Gute und das Böse." (Gen. 3,1-5)
Mit dieser "verdrehten" Frage der Schlange gegenüber der Eva gewann sie das Interesse der ersten Frau. Nachdem das Reptil die Menschen darüber aufklärte, dass sie nicht sterben werden, war Evas Neugier selbstverständlich geweckt. Die Worte der listigen Schlange "verführen" natürlich, doch von der verbotenen Frucht zu naschen. Interessant ist auch, dass selbst uralte Darstellungen aus Mesopotamien eine Schlange an einem vermeintlichen "Baum der Erkenntnis" mit Früchten zeigen (s. Abb. 2).
Diese "Frucht" wird immer und immer wieder als ein knackiger Apfel dargestellt, sei es auf religiösen Gemälden oder Fresken des Mittelalters oder gar in einigen Büchern. Selbst eine Bekannte von mir, die sich als Nonne berufen fühlte, glaubte, die sündige Frucht sei ein Apfel gewesen - sie hatte die entsprechenden Verse scheinbar nie selber gelesen, sondern ihren "Lehrern" vertraut. Die schier unauslöschbare Vorstellung der Apfelfrucht, die Eva einst vom Baum pflückte, geht wahrscheinlich vom Lateinischen aus. Dort heißt "Des Guten und Bösen" "bonum el malum", wobei "malus" auch mit "Apfel" übersetzt werden kann. Ein reines Missverständnis! Apfel hin, Apfel her - es ändert nichts an der Tatsache, dass Eva nicht widerstehen konnte, die Frucht zu nehmen, denn, so der sechste Vers, sie sah, "dass von dem Baum gut zu essen und er eine wahre Augenweide war".

Eva, die im übrigen nicht persönlich vom "Herrn" dies Verbot bekam, entschied sich nicht aus freien Stücken dazu, "Gottes" Gebot an Adam zu übertreten! Die listige Schlange und das Aussehen jener Früchte "verführten" sie zu dieser Tat. Erst als Eva mit dem Reptil gesprochen hatte, sah sie, wie schön und unwiderstehlich die Früchte des Baumes waren (Gen. 3,6). Ein apokrypher Text, "Leben Adams und Evas" (entspricht "AuE"), ein hebräisches Werk jüdischen Ursprungs, dessen älteste Version uns heute in lateinisch vorliegt, weiß von einer zusätzlichen Einzelheit zu berichten. Denn wir erfahren dort (nach E. Weidinger: Teil "Adams Krankheit und Erzählung vom Sündenfall. Aussendung Seths und Evas zum Paradies. Ihre Begegnung mit einem wilden Tier. Gottes Bescheid und Rückkehr beider" - AuE. 33 -, dieses Buch besitzt keine Kapitel), dass "Gott" im Paradies "zwei Engel zu unserer (Adam soll hier gesprochen haben) Bewachung" stationierte. Als die zwei Wächter dann "hinaufgingen, vor Gottes Angesicht zu beten" oder "anzutreten", verführte der "Widersacher" gegen "Gott" - bekannt als "Teufel" - die unschuldige Eva. Von einer Probe kann hier keine Rede sein! Klipp und klar, laut Apokryph, wurden die ersten Menschen sogar in Eden von "Engeln" bewacht, damit sie nichts Unrechtes oder Falsches tun.
Theologen sehen in der Schlange natürlich keine Schlange, sondern den symbolischen Satan - den Teufel Luzifer, der einst von den Himmlischen verstoßen wurde. Interessanterweise lautet das hebräische Wort "ha-Satan" schlicht "Widersacher"; er war demzufolge offensichtlich ein unbeliebter Zeitgenosse "Gottes". Aber das Alte Testament kennt keine abtrünnigen Engel, sondern diese Überlieferung findet sich erst im Neuen Testament. Solche Engel-Überlieferungen sind vor allem in den "ketzerischen" Schriften Henochs enthalten (s. Kapitel VII), die vor Zeiten "heimlichen" Einzug in das Neue Testament hielten (Thompson, S. 221).
Laut Drechsels "Bibel Lexikon" (S. 372) steht die Schlange im Matthäus-Evangelium (Mt. 23,33) angeblich auch als "Symbol für Betrug" bzw., dass "sich Christen nach ihrer Klugheit ausstrecken sollen" (Mt. 10,16, nach Drechsel). Die Schlange in Eden aber soll eine Symbolisme des Satans sein. Warum nicht, wie bei Matthäus, ein "Symbol für Betrug", da sie ja auch "Gott" hintergangen hat?
Man muss nicht in die Tiefen der biblischen Theologie hinabsteigen, um zu ahnen, dass Eva kaum mit einer Schlange, wie wir sie uns vorstellen, gesprochen hat. Mit wem dann? Bibelfußnoten bezeichnen dieses arme Reptil zum Beispiel als ein "Sinnbild für die gefährliche Macht des Bösen und für die Hinterhältigkeit". Eine wenig aufschlussreiche Deutung. Sie als Luzifer, den aufrührerischen Engel des "Herrn" zu sehen, oder gar als "Symbol für Betrug", scheint mir da wesentlich interessanter zu sein. Diesen Luzifer, den verstoßenden Engel aus "Gottes" Himmelreich, als das personifizierte "Böse" und "Schlechte" zu betrachten, ist aber falsch (s. auch Kapitel über Henoch).
Von einer hinterhältigen Schlange, und sei sie auch von Luzifer, der sich einst gegen "Gott" auflehnte und den Himmel verlassen musste (lateinisch = "Lichtbringer", was eher gegen böse Absichten steht), "besessen" gewesen zu, davon kann demnach keine Rede sein. Apokryphen wissen im übrigen davon zu berichten, dass Satan in der Schlange "wohnte" und mit ihr "durch die Luft" flog (Scha. 4,5). Etwa eine Art von Fahrzeug, mit dem Luzifer umherreiste, und von dem aus er zu Eva sprach!? Auch Abraham sah im Himmel (AA. 23,5) eine Schlange mit "Flügeln", "Beinen" und "Armen", die in Eden gewesen sein soll (s. IV.7).
Die "Schlange" (belassen wir es bei diesem Wort) war ein gut unterrichtetes Geschöpf und bestens über die Pläne des "Höchsten" informiert. Schließlich sprach sie Eva auf "Gottes" Verbot an, kannte also folgerichtig seine Worte.
In Hebräisch steht für Schlange "nahasch", welches aus dem Sumerischen ("nhsch"= "herausfinden"/"entziffern") abgeleitet worden sein soll. Und dies "nahasch" (Mertens, S. 58: "nachásch") bedeutet in etwa soviel wie: "der, der entziffern/herausfinden kann". Somit bestätigt auch der ursprüngliche Ausdruck, dass die Schlange ein gut informierter, jedoch vom Himmel ausgeschlossener Engel war. Etwas anderes sei noch erwähnt: Nehmen wir für jeden hebräischen Buchstaben von "nachásch" einen fortlaufenden Zahlenwert (s. hierzu VI.5) erhalten wir 358. Diese 358 ergeben sich aber auch, wenn wir dasselbe System auf das ähnlich klingende Wort "maschiách" anwenden. "Maschiásch" bedeutet "Messias"...!
Eva wurde von dieser Schlange keineswegs hinterhältig belogen. Sie offenbarte ihr die Wahrheit, denn "mitnichten werdet ihr des Todes sterben" (oder so ähnlich). Nur ein Griff in den Baum, nur eine Frucht des Guten und Bösen, und Eva und ihr Mann werden wie "Götter" sein. Kein Wunder, dass diesen Aussagen der Schlange niemand widerstehen konnte. Adam wurde vom "Herrn" gesagt, er werde sterben, sobald er sich an den Früchten vergreifen würde. Dies war eine Lüge, denn Adam und Eva lebten noch viele Jahre nach ihrer Schandtat, bis sie starben.
Sie starben aber doch? Ja, denn für die Unsterblichkeit gab es einen zweiten Baum in Eden. Erst wenn der Mensch von diesem nahm, würde er unsterblich werden. Der Mensch war - so wie auch die Bibel in Gen. 3,19 berichtet - von Anfang an sterblich. Aber Adam wurde der Zugang zu diesem Gewächs, dem Baum des Lebens, durch die "Cherube und das ständig zuckende Flammenschwert" (Gen. 3,24) versperrt. Nur durch diesen Baum konnte der Mensch die ersehnte Unsterblichkeit erlangen, die "Gott" ihnen nicht gönnte:
"Und der Herr sprach: Siehe, Adam ist geworden wie einer von uns, erkennend das Gute und Böse; dass er nur nicht seine Hand ausstrecke und vom Baum des Lebens nimmt und isst und ewig lebe!" (Gen. 3,22)
Der Mensch ist geworden wie "einer von uns", klagte der "Herr"; genau gesagt die Elohim, die "Götterwesen"! Aber genau dieses hatte die Schlange Eva auch prophezeit: "sie werden sein wie Götter" ... und wurden es! Bevor der Mensch durch seine Sünde den Garten Eden verlassen musste, geschah noch einiges im Zusammenhang mit dem menschlichen "Fall", das an dieser Stelle natürlich nicht übergangen werden soll:
"Und sie nahm von seiner Frucht und aß und gab davon auch ihrem Manne, der bei ihr war, und er aß. Nun gingen beiden die Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Deshalb flochten sie sich Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze." (Gen. 3,6-7)
Der Mensch hat die Erkenntnis der himmlischen Wesen erlangt. Adam und Eva wurden sich bewusst, dass sie splitternackt waren und fertigten sich deshalb Schurze aus Feigenblättern, um ihr Geschlecht zu verbergen. Hier könnte man fragen, woher das erste Menschenpaar wusste, wie man derartige Kleidung fertigt, denn bekanntlich waren beide nackt, "aber sie schämten sich nicht voreinander" (Gen. 2,25). Kleidung war für sie überhaupt kein vorstellbarer Begriff. Auch könnte man vermuten, dass die zwei von einem "Feigenbaum" aßen, da sie auch seine Blätter als Schurze nutzten, nachdem sie gegessen hatten. Diese Vermutung ist aber völlig belanglos, da weder ein Apfelbaum noch irgendein anderer Baum als reales "Tatobjekt" in Eden betrachtet werden kann und darf. Bäume wurden sehr häufig in den unterschiedlichsten Kulturen als Metapher der verschiedenartigsten Eigenschaften und Vorgänge benutzt.
Interessant ist meiner Meinung nach die mythische Assoziation der vergangenen Völker des Nahen Ostens und anderswo zwischen Baum, der weiblichen Erde (= Mutter Erde) - somit auch der Frau -, und der biologischen Fruchtbarkeit! Da - siehe nächstes Thema - auch im Zusammenhang mit dem Sündenfall durchaus eine symbolische Fruchtbarkeitsdarstellung herausgelesen werden kann, sollten wir diese Auslegung, wie sie die Theologin Dr. Edeltraut Staimer in ihrem Buch erläutert, im Hinterkopf behalten. So wie verschiedene Bäume mit der (weiblichen) Fruchtbarkeit assoziiert wurden (Abb. 3), wurde aber auch die Schlange als ein derartiges Symbol verstanden.

Der Glaube an einen "Baum" als Symbol für große Fruchtbarkeit zeigte sich in der Vergangenheit zum Beispiel bei nordamerikanischen Indianern, deren Frauen ihre Kinder unter Bäumen entbanden. Auch skandinavische Völker meinten, dadurch, dass eine werdende Mutter einen Schutzbaum umschlang, sie eine leichtere Niederkunft haben würde. So, wie ein großer Baum seine Kraft aus dem Schoße der Mutter Erde erhält, versuchten derartige Bräuche möglicherweise diese Attribute auch auf die werdenden Mütter zu übertragen. Das lateinische Wort für "Mutter", "mater", bedeutet sogar "Baumstumpf" oder "Wurzelstock" (Lurker, Symbole, S. 164).
Zurück zum biblischen Geschehen: Die zwei "Sünder" waren irritiert, sie hatten "Gottes" Verbot eindeutig missachtet und fürchteten seine Strafe. Kaum anders, als erwartet, erschien nun "Gott" persönlich in Eden, um nach seinen Menschen zu sehen. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste der "allwissende Schöpfer" noch nichts von Adams und Evas böse Verschulden:
"Und sie hörten die Stimme (Schritte) Gottes des Herrn, der im Mittagswind (Tagwind) durch den Garten fuhr, da versteckten sich Adam und sein Weib vor Gott dem Herrn zwischen den Bäumen des Gartens. Und Gott der Herr rief nach Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? - Und er antwortete ihm: Ich habe deine Stimme (Schritte) gehört im Garten und fürchtete mich, weil ich nackt bin, und verstecke mich. - Er aber sprach: Wer hat denn dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du etwa von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verbot?" (Gen. 3,8-11)
Hier geschah etwas Sonderbares: "Gott" bemühte sich höchstpersönlich nach Eden, kann aber nirgends seine Geschöpfe finden. Er wusste nicht, wo sich Adam und seine Frau aufhielten! Als Adam ihn dann aufklärte, dass er sich verstecken würde, da er sich seiner Nacktheit bewusst ist, wurde der "Herr" stutzig. Er fragte ihn, woher er sein Wissen habe, ob er möglicherweise den verbotenen Baum angetastet habe. "Gott" selber scheint über die vorangegangenen Geschehnisse mit der "Schlange" tatsächlich nicht unterrichtet gewesen zu sein! Sollen wir diese "Unwissenheit" dem wirklichen, multi- und interdimensionalen Schöpfer des Universums zusprechen!?
Die Genesis schweigt sich weitestgehend aus, wie und unter welchen Umständen der "Herr" sich in Eden zeigte. Es ist dem Alten Testament lediglich zu entnehmen, dass er irgendwie durch den Garten "fuhr".
Weit aufschlussreicher sind da die sogenannten "apokryphen Bücher der Bibel". Diese Schriften sind nicht in den Kanon der Bibel aufgenommen worden, obwohl sie in der Vergangenheit als ebenso "heilig" angesehen wurden wie die heutigen, immer noch umstrittenen Bibeltexte (vergl. VII.1). Alles in allem wurden zum Beispiel von rund achtzig Evangelien nur vier in das Neue Testament genommen.
In der Schrift "Apokalypse des Mose" oder "Moseapokalypse" (entspricht "AM.") findet sich ein interessanter und erstaunlicher Hinweis, wie der "Herr" in das Paradies reiste:
"Als wir (Der Texter legte Eva diese Worte in den Mund, L.A.F.) den Erzengel trompeten hörten, da dachten wir: Gott kommt ins Paradies, um uns (Adam und Eva, L.A.F.) zu richten; deswegen fürchteten wir uns und suchten ein Versteck. Gott aber fuhr zum Paradies in einem Cherubwagen(!); die Engel priesen ihn. Als Gott das Paradies betrat, da schlugen alle Bäume wieder aus dem Bezirke Adams, wie in meinem, und Gottes Thron ward aufgestellt beim Lebensbaum." (Apokalypse des Mose, AM. 22)
Eindeutig wird uns hier überliefert, wie "Gott" einen sonderbaren Wagen, einen Cherubwagen, zur Fortbewegung benötigte, mit dem er am Lebensbaum landet. Wir werden im weiteren Verlauf dieses Buches noch einige Male mit diesem ominösen Vehikel konfrontiert werden, mit dem "Gott" umherflog. Der Prophet Jesaja, zum Beispiel, weiß einiges über derartige Gefährte zu berichten.






