Die Reise in die Rocky Mountains

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Die unsere Mannschaft beunruhigenden Nachrichten über die feindselige Gesinnung mehrerer Indianerstämme und ihrer das Land durchschwärmenden Kriegsscharen fanden hier ihre Bestätigung. Auch die uns nach dem Oregon-Gebiet voranziehenden Auswanderer waren, wie wir hörten, dadurch in große Verlegenheit geraten. Spaltungen und Missverständnisse waren zwischen ihnen ausgebrochen, als sie bei dem Fort anlangten. Ihr Vieh war von der langen Reise so ermattet gewesen, dass sie es samt den Wagen hier hatten verkaufen müssen. Die abgetriebenen Pferde, die sie dafür eintauschten, fielen, ehe sie das Gebirge erreichten. Ihr ohnedies gesunkener Mut schwand völlig, als sie von den bevorstehenden Gefahren hörten. Glücklicherweise hatten sie hier den im ganzen Land in hohem Ansehen stehenden Herrn Fitzpatrick zu ihrem Führer und Beschützer erhalten können, der mit ihnen am 4. Juli nach dem Gebirge aufgebrochen war. Gleich darauf war ihnen eine Kriegsschar von 350 Indianern auf dem Fuß gefolgt, deren Häuptling einen seiner Verwandten in dem letzten Gefecht verloren und geschworen hatte, die ersten Weißen, auf die er stieße, zu töten. Im Tal des Sweetwater River (Süßwasserflusses) waren die Auswanderer von ihren Verfolgern eingeholt worden, aber die Gewandtheit und Entschlossenheit ihres Führers hatte sie vor einem Überfall bewahrt und es zu keinem offenen Angriff kommen lassen. Darauf waren sie in ein großes indianisches Dorf geraten, in dem sie eine sehr zweideutige Aufnahme fanden. Die ganze Nacht, die sie dort verweilten, beratschlagten die Häuptlinge miteinander, ob sie am anderen Morgen die Weißen angreifen sollten; doch der Einfluss der »Zerbrochenen Hand«, wie sie Herrn Fitzpatrick nannten, weil eine seiner Hände durch ein gesprungenes Gewehr zerschmettert worden war, überwog und sicherte ihnen einen freien Abzug. Zugleich aber hatten die Indianer bestimmt erklärt, dass alle Weißen, die noch des Weges kämen, sicheres Verderben erwarte.
So schien das Land von zerstreuten Kriegsscharen durchschwärmt zu werden, und große Unruhe bemächtigte sich meiner Leute. Den übelsten Eindruck machte es, dass auch Kit Carson offen die ernstesten Besorgnisse äußerte und seinen letzten Willen niederlegte. Ein Teil der Mannschaft war so verzagt, dass sie ihres Dienstes hier entlassen zu werden begehrten. Ich nahm einen Herrn Bissonette aus dem nahen Fort Platte als Dolmetscher an, der uns bis zu den 135 Meilen weiter westlich gelegenen Roten Kuppen begleiten sollte, um im Fall eines Zusammentreffens mit den Indianern eine friedliche Verständigung möglich zu machen. Fast fortwährend wurde mein Zelt von Wilden besucht, die Geschenke begehrten oder nach dem Zweck unserer Reise forschten oder mit uns handeln wollten. Einer lud mich zu einer mir zu Ehren veranstalteten Mahlzeit ein, bei der ein Hund verspeist werden sollte, und wartete in tiefem Stillschweigen, bis ich bereit war, ihn zu begleiten. Die Frauen und Kinder saßen außerhalb der Hütte, in der wir auf ringsum ausgebreiteten Büffelhäuten Platz nahmen. In der Mitte befand sich der Hund in einem gewaltigen Topf über dem Feuer. Alsbald wurde in großen hölzernen Schüsseln aufgetischt. Das Fleisch war sehr zäh und glich im Aussehen und Geschmack etwas dem Hammelfleisch. Ich fühlte hinter mir sich etwas bewegen und wurde gewahr, dass ich meinen Sitz mitten unter einem Wurf junger, fetter Hunde genommen hatte; doch ich bin nicht von zarten Nerven und fuhr ruhig fort, meine Schüssel zu leeren.
Am 18. Juli traf die schon angekündigte Einwohnerschaft eines Dorfes ein. Es waren größtenteils Greise, Frauen und Kinder, die hier ihre junge Mannschaft zurückerwarten wollten, die wir früher als die Verfolger der Auswanderer erwähnten. Sie führten eine ansehnliche Menge Pferde und große Scharen von Hunden mit sich. Nahe dem Fort schlugen sie ihre Hütten auf, und unser Lager war vom Morgen bis in die Nacht mit Indianern angefüllt. Mein Zelt war der einzige Ort, zu dem sie sich nicht wagten, dahin kamen nur die Häuptlinge, und gewöhnlich blieb einer von ihnen zurück, um die Frauen und Kinder wegzujagen. Die zahlreichen seltsamen Instrumente, die zu noch seltsamerem Gebrauch verwendet wurden, erregten ihre große Bewunderung, und mit besonderer Ehrfurcht blickten sie auf die, durch welche ich mich »mit der Sonne und den Sternen unterhielt«, als geheimnisvolle Gegenständen der »großen Heilkunst«. – Am Abend des 19. ließ ich meine Mannschaft zusammenkommen und erklärte ihr, dass alle Anstalten zur Weiterreise getroffen seien. Wer zu feige sei, mir weiter zu folgen, solle hervortreten und seinen Abschied erhalten. Zu ihrer Ehre sei gesagt, dass nur einer hervorzutreten wagte, den ich auch entließ. Doch hielt ich es für meine Pflicht, in Betracht der bevorstehenden Gefahren unsere beiden jungen Begleiter, Brant und Benton, wenn auch wider ihren Wunsch, hier zurückzulassen.
Alles war am 23. zum Aufbruch bereit, und wir gingen nur noch einmal hinauf in das Fort, um dort den Abschiedstrank zu nehmen. Während wir in einem der kleinen, kühlen Zimmer heiter beisammensaßen, erschienen an der Tür eine Anzahl Häuptlinge, meist kräftige, gut aussehende Männer, und drangen, ohne dass es die Wache hindern konnte, zu uns ein. Sie überreichten mir einen Brief und setzten sich dann schweigend nieder. In ihm benachrichtigte mich Bissonette, die Häuptlinge ließen nach einer Beratung mich warnen, nicht abzureisen vor der Rückkehr ihrer jungen Krieger, die in sieben bis acht Tagen hier anlangen würden. Dieselben würden sonst sicherlich, sobald sie mit uns zusammenträfen, auf uns feuern. Die Häuptlinge seien selbst die Überbringer dieser Zeilen, unter ihnen »Otterhut«, »Pfeilbrecher«, »Schwarze Nacht«, »Ochsenschwanz«. Als ich den Brief gelesen hatte, erhob sich einer der Indianer, schüttelte mir die Hand und sprach, wie folgt: »Ihr seid zu uns zu einer bösen Zeit gekommen. Etliche von unserem Volk sind getötet worden, und unsere jungen Männer, die zu den Bergen gegangen sind, begehren zu rächen das Blut ihrer Verwandten, das von den Weißen vergossen worden ist. Unsere jungen Männer sind böse, und wenn sie auf euch treffen, so werden sie meinen, dass ihr Gut und Kriegsvorrat zu ihren Feinden bringt, und werden auf euch schießen. Ihr habt uns gesagt, dass das zum Krieg führt. Wir wissen, dass unser Großer Vater (oder Präsident der Vereinigten Staaten) viele Krieger und große Feuerwaffen hat, und wir sind besorgt um die Erhaltung unseres Lebens. Wir lieben die Weißen und verlangen nach Frieden. Des allen eingedenk, haben wir beschlossen, euch hierzubehalten, bis unsere Krieger zurückkehren. Wir sehen euch gern unter uns. Unser Vater ist reich, und wir erwarteten, dass ihr uns Geschenke mitbrächtet – Pferde, Flinten und Decken. Doch wir sehen euch gern. Wir sehen auf eure Ankunft als auf das Licht, das der Sonne vorhergeht; denn ihr werdet unserem Großen Vater sagen, dass ihr uns gesehen habt und dass wir nackend und arm sind und nichts zu essen haben; und er wird uns alle diese Dinge schicken.« In ähnlicher Weise sprachen auch die anderen.
Die Bemerkungen des Wilden schienen vernünftig; aber ich wurde gewahr, dass sie dabei nur im Auge hatten, mich für den Augenblick vom tieferen Eindringen in das Land abzuhalten. Ich forderte sie daher auf, zwei oder drei aus ihrer Mitte auszuwählen, um uns zu begleiten, bis wir mit ihrem Volk zusammenträfen. Sie sollten ihre Decken in meinem Zelt ausbreiten und an meinem Tisch essen, und bei unserer Rückkehr wollte ich ihnen Geschenke geben als Lohn für ihre Dienste. Sie lehnten es ab, indem sie sagten, sie seien zu alt, um so viele Tage zu Pferde zu reisen, und zögen es nun vor, ihre Pfeife in der Hütte zu rauchen und die Krieger gehen zu lassen auf dem Kriegspfad. Zudem hätten sie keine Macht über die jungen Männer und wagten nicht, sich ihnen zu widersetzen. – Ich erwiderte: »Ihr sagt, ihr liebt die Weißen, warum habt ihr so viele im Frühling getötet? Ihr sagt, ihr liebt die Weißen, und doch wollt ihr nicht einmal ein paar Tage mit uns reiten, um unser Leben zu erhalten? Wir glauben euren Worten nicht und achten nicht auf eure Rede. Was auch bei uns ein Häuptling seinen Kriegern zu tun gebietet, das geschieht. Wir sind die Krieger des Großen Häuptlings, eures Vaters. Er hat uns geboten, hierher zu kommen und zu sehen dies Land und alle Indianer, seine Kinder. Warum sollten wir nicht gehen? Ehe wir kamen, hörten wir, dass ihr aufgehört hättet, seine Kinder zu sein, aber wir kamen zu euch friedfertig und reichten euch unsere Hand. Jetzt finden wir, dass, was man uns erzählte, keine Lügen waren und dass ihr nicht länger seine Freunde und Kinder seid. Wir haben unser Leben daran gesetzt, und kehren nicht um. Da ihr uns sagtet, eure jungen Männer würden uns töten, wusstet ihr nicht, dass unsere Herzen stark sind, und saht nicht die Flinten, die meine jungen Männer in den Händen führen. Wir sind wenige, und ihr seid viele und könnt uns alle töten; aber viel Klagegeschrei wird man hören in euren Dörfern, denn mancher eurer jungen Männer wird zurückbleiben und die Rückkehr vom Gebirge mit euren Kriegern vergessen. Meint ihr, dass unser Großer Häuptling seine Krieger wird sterben lassen und vergessen, ihre Gräber zuzuschütten? Ehe der Schnee wiederum schmilzt, werden vor seinen Kriegern eure Dörfer verschwinden, wie im Herbst vor dem Feuer das Gras der Prärie. Seht, ich habe meine ›weißen Häuser‹ niedergerissen und meine Leute sind bereit; wenn die Sonne zehn Schritte höher ist, ziehen wir weiter! Wenn ihr uns etwas zu sagen habt, so sagt es bald.« Ich brach die Unterredung ab, weil ich sah, dass nichts weiter auszurichten war. Begleitet von unseren freundlichen Wirten kehrten wir zu unserem Lager zurück. Wir saßen schon zu Pferde und hatten Abschied genommen, als einer der Häuptlinge (»Ochsenschwanz«) mir die Nachricht hinterbrachte, dass sie beschlossen hätten, einen jungen Mann mit uns zu senden, der bei unserem Abendlager zu uns stoßen sollte. »Der junge Mann ist arm«, sagte er, »er hat kein Pferd und erwartet, dass ihr ihm eins gebt.« Ich bezeichnete ihm den Lagerplatz, wir reichten uns zum Abschied die Hände, und nach wenigen Minuten verschwand die letzte Wohnung der Weißen uns aus dem Gesicht.
Unser Weg führte uns über eine Hochebene zwischen dem Nordarm des Platte zu unserer Rechten und dem Laramie-Fluss zur Linken. Nach 10 Meilen folgten wir dem trockenen, zum Teil von hohen Felsen überschatteten Bett eines Flüsschens, das weiterhin durch eine geräuschvoll aus steinkohlenhaltigem Kalkstein hervorsprudelnde Quelle einiges Wasser erhält, bis zu dessen Einfluss in den Platte. Hier lagerten wir für heute. Da uns unsere Zelte gegen Wind und Wetter nicht genug Schutz gewährten, so hatte ich mir von den Indianern eine Hütte verschafft. Sie besteht aus Fellen, die von Stangen getragen werden, hat die Gestalt eines Kegels und gegen 18 Fuß im Durchmesser und 20 Fuß Höhe. Mit einem Feuer in der Mitte bietet sie bei schlechtem Wetter eine trockene und warme Zufluchtsstätte dar. Ein eigentümlicher Vorzug ist auch, dass man in ihr nicht von den Moskitos geplagt wird. Als wir eben damit beschäftigt waren, die Hütte aufzuschlagen, stieß unser Dolmetscher Bissonette in Begleitung des Indianers und seiner Frau zu uns. Sie lachten über unsere Ungeschicklichkeit und halfen uns, die Arbeit schnell zu beenden. – Von hier hatten wir eine schöne Aussicht auf die enge Felsenschlucht, durch welche der Platte aus den Schwarzen Bergen hervortritt, indem er sich plötzlich von einem Gebirgsstrom in einen Fluss der Ebenen verwandelt.
Am anderen Morgen machte ich einen Ausflug nach der malerischen Schlucht. Der Fluss hat dort eine Breite von 200 bis 300 Fuß und eilt schnellen Laufes, zuweilen durch Stromschnellen unterbrochen, klar und durchsichtig dahin. Auf beiden Seiten erhoben sich rote, senkrechte und manchmal überhängende Felsen von 200 und 400 Fuß Höhe, deren grüne Gipfel hier und da eine Fichte trugen. Auch zwischen dem Geröll an ihrem Fuß zeigten sich Nadelholz und die Virginische Kirsche. Von der Morgensonne beleuchtet bildete das Ganze in der malerischen Zusammenstellung seiner Teile und dem lebendigen Wechsel der Farben eine höchst anziehende Landschaft. Der Fels besteht oben aus Lagern von festem Ton mit eingesprengten Kieseln und unten aus festem rotem Sandstein. Dicht vor der Schlucht, am linken Ufer des Flusses befindet sich eine kleine, aber anmutige Prärie, und diese Stelle würde sich trefflich zu einem militärischen Posten eignen. Er würde den Weg nach dem Oregon-Gebiet durch das Tal des Süßwasserflusses und den Südpass des Felsengebirges fortwährend offen erhalten und solche feindseligen Verbindungen verhindern, wie sie jetzt die Dickbäuche, die Sioux- und Cheyenne-Indianer wider uns geschlossen haben.
Nachdem ich der entschiedenen Forderung des Indianers, ihm ein Pferd zu geben, notgedrungen entsprochen hatte, verließen wir das Lager. Wir hatten den ganzen Tag im Süden die jäh abfallende Hauptkette der Schwarzen Berge zu unserer Seite. Große Wolkenmassen hatten sich auf ihren Höhen gelagert und bedeckten auch die Spitze des Laramie-Berges, der nach meiner Schätzung sich etwa 2000 Fuß über das Fort und 6500 über das Meer erhebt. – Seit wir das Fort verlassen hatten, hatte die Gegend ein völlig verändertes Aussehen gewonnen. Östlich von demselben fast keine Waldungen, nur die endlos sich ausdehnende Prärie, bedeckt mit dem Grün reicher Gräser und höchst geeignet für die Viehzucht, und, wo die Nähe von Menschen sie nicht vertrieb, große Büffelherden, die das Land belebten. Westlich vom Laramie-Fluss dagegen eine sandige und unfruchtbare Gegend. Eine ihrer hervortretendsten Eigentümlichkeiten ist der ungeheure Überfluss an Wermut (Artemisia tridentata). Er wächst überall, an den Hügeln und in den Gründen, und bildet ein zähes, verworrenes Flechtwerk, das selbst die Bewegung der Karren erschwert, wenn sie den gewöhnlichen Weg verlassen. Je höher das Land nach Westen hin aufsteigt, desto höher ist auch der Wuchs dieser Pflanze, und die ganze Luft ist davon mit einem Kampfer- und Terpentingeruch erfüllt. Man hat gefunden, dass diese Gegend besonders für Brustkranke sehr heilsam sei, und es ist wohl möglich, dass das Einatmen der vom Duft aromatischer Pflanzen so durchdrungenen Luft hierzu mitwirkt. – Abends schlugen wir unser Lager an dem Hufeisenfluss auf, der in den Platte mündet. Seine Ufer waren gut bewachsen und boten einen Überfluss an Gras- und Schachtelhalm dar. Unser getrocknetes Fleisch war zu Ende, und eine Antilope, die unsere Jäger am Abend schossen, reichte nur notdürftig für so viele hungrige Menschen aus. Es war, wie schon früher gesagt, ein sehr dürres Jahr. Während, wie ich hörte, auch in dieser Gegend die umherschweifenden Indianer und die Reisenden sonst hinreichend Gras für ihre Pferde gehabt hatten, so fanden wir jetzt erst nach langem Suchen ein kleines Fleckchen, kaum genügend, die Tiere auf den Füßen zu halten. Es war dies ein großer Übelstand, da die Fortsetzung unserer Reise durchaus vom Zustand unserer Pferde abhing.
Als wir am Nachmittag des 23. im Tal des Platte aufwärtszogen, kam unser Vortrupp mit dem Ruf: »Indianer!« zurückgesprengt. Wir wandten uns sogleich nach dem Fluss, der hier ein steiles und hohes Ufer hatte, und bildeten aus unseren Karren eine Schutzwehr, in deren Mitte wir unsere Pferde und Maultiere festbanden. Die Gewehre wurden geladen, und unser Dolmetscher ging mit dem Indianer den Angekündigten entgegen. Bald kamen sie mit zwei Sioux zurück. Diese hatten ein mürrisches Aussehen, und wir erfuhren von ihnen, dass sie zu der Schar gehörten, welche den Auswanderern nachgesetzt und sie am Süßwasserfluss eingeholt hatte. Hier hätten sie sich, wie sie erzählten, zerstritten und seien beinahe miteinander selbst in Kampf geraten. Der eine Teil habe verlangt, die Weißen anzugreifen, während der andere sich dem widersetzt habe, und endlich seien sie in kleinen Banden aufgebrochen und hätten sich über das Land zerstreut. Die Mehrzahl sei in das Gebiet der Krähenindianer gegangen, die anderen kämen in kleinen Abteilungen längs dem Platte hernieder. Diese beiden hatten mit für die Niedermetzelung der Auswanderer gestimmt, und einige meiner Leute schlugen vor, sie auf der Stelle zu erschießen, doch ich widersetzte mich entschieden einer solchen Maßregel. Sie teilten uns ferner mit, dass sich nur selten Büffel zeigten und, da es gänzlich an Regen mangelte, sich nur wenig oder gar kein Gras finde. Unzählige Scharen Heuschrecken hätten auch das wenige aufgezehrt. Schon seit wir das Fort verlassen hatten, waren diese Insekten so zahlreich geworden, dass von ihnen der ganze Boden zu leben schien. Das waren böse Nachrichten. Kein Gras, keine Büffel – Nahrung weder für Ross noch Mann! Ich gab den beiden Sioux etwas Tabak, und sie gingen davon, anscheinend sehr zufrieden, so von uns gekommen zu sein, denn meine Leute warfen ihnen eben keine zärtlichen Blicke zu, und sie schielten misstrauisch auf unsere kriegerischen Zurüstungen und den engen Kreis von Flinten, der sie umgab. – Ich fand an den Hügeln die von den Indianern so genannte »Brotwurzel« (Psoralea esculenta), welche die Sioux viel genießen und bei denen ich sie häufig in Stücke geschnitten und getrocknet antraf.
Auch diesen und die folgenden Tage gingen wir immer im Tal des Platte aufwärts und waren gewöhnlich so glücklich, abends einen Grasplatz zu finden, wo wir lagern konnten. Es zeigten sich wieder Büffel. Am 24. schossen die Jäger deren drei und am 25. sechs. Wir beschlossen, uns einen Fleischvorrat auf etwa 14 Tage herzurichten. Niedrige Gerüste wurden errichtet, das Fleisch in dünnen Stücken daraufgelegt und darunter ein schwaches Feuer unterhalten. Unsere Leute gewannen ihre Fröhlichkeit wieder, und die geschäftigen Figuren um die lodernden Flammen gaben unserem Lager ein malerisches Aussehen. Am Morgen des 26. beluden wir unsere Wagen mit einem reichlichen Vorrat an getrocknetem Fleisch, der nur, wenn unsere Flinten uns den Unterhalt nicht schaffen könnten, angegriffen werden sollte. Abends lagerten wir am Wildbretfluss, Deer River, dem ansehnlichsten Zufluss des oberen Platte. Das Tal war durch Bäume beschattet und hatte reichen Überfluss an Gras.
Am 27. lief die Hauptkette der Schwarzen Berge nur 7 Meilen südlich von uns hin und erhob sich zu einer jähen Höhe von 800 und 1200 Fuß. Am 28. erreichten wir die Stelle, wo der gewöhnliche Weg über den Platte führt. Die Breite des Flussbettes wechselte zwischen 800 und 1500 Fuß, dasselbe war aber hier nur in einer Breite von 200 Fuß mit Wasser bedeckt. Obwohl eckige Felsstücke auf dem Grund den Übergang etwas erschweren, so ist es doch die beste Furt des Platte, der wenigstens in nasseren Jahren nur an wenigen Stellen überschritten werden kann.
Das ganze Land, durch das wir seit dem Fort Laramie zogen, kann nicht eigentlich bergig genannt werden. Es ist eine Aufeinanderfolge lang gedehnter, niedriger Hügel, welche durch die zahlreichen Flüsse, die von der benachbarten Bergkette herabkommen, gebildet werden. Sie geben dem Land ein wellenförmiges Aussehen, ähnlich dem des Meeres bei mäßigem Wind. Der Weg ist sehr gut zu nennen und hat keine schwierigen Höhen zu übersteigen. Man muss bedenken, dass nur ein oder zwei Mal des Jahres Wagen denselben befahren und dass das nicht hinreicht, die festen Wurzeln der unzähligen Wermutbüsche zu zerstören. Das geringere Vorkommen derselben zeigt oft allein die Richtung des Weges an. Dieser Teil gilt als der beschwerlichste des ganzen Weges östlich vom Gebirge und doch kann er mit wenig Mühe um vieles verbessert werden. Von der Mündung des Kansas bis zum Tal des Grünen Flusses, westlich vom Felsengebirge, ist auf der ganzen Verbindungslinie keine Strecke, die einem Gebirgsweg gleicht. Vier Meilen jenseits der Furt trafen wir wieder auf Indianer, die zu demselben großen, auf der Rückkehr begriffenen Dorf gehörten. Sie gaben uns eine sehr entmutigende Schilderung von dem Land. Die große Dürre und die Heuschrecken hätten es in eine Wüste verwandelt, in der kaum ein Grashalm und kein Büffel zu sehen seien. Ihre Leute seien fast verhungert, und wir würden auf ihrem Weg Hütten, die sie, um schneller fortzukommen, zurückgelassen hätten, und Gerippe von aufgezehrten oder verhungerten Pferden finden. Das war die Aussicht, die wir vor uns hatten! – Bissonette, der nur bis hierher uns zu begleiten sich verbindlich gemacht hatte, riet dringend zur Rückkehr. Ich teilte der Mannschaft unsere missliche Lage mit und stellte einem jeden frei umzukehren, sprach zugleich aber auch meinen festen Entschluss aus vorzudringen. Wir hatten noch Vorräte auf zehn Tage und konnten dann im schlimmsten Fall unsere Pferde und Maultiere schlachten. »Wir wollen die Maultiere essen!«, rief Basil Lajeunesse, ein mir besonders werter Bursche, und von allen verließ mich nicht einer. Nachdem wir von dem Dolmetscher und dem Indianer Abschied genommen hatten, wandten wir uns zum Fluss und schlugen neben einem Weidendickicht unser Lager auf. Ich ließ die Karren abladen und auseinandernehmen und dann sorgfältig im Gebüsch verbergen. Darauf wurde in dem Ufersand eine Grube von 10 Fuß im Geviert und 6 Fuß Tiefe gegraben und darin alles, was wir nicht unumgänglich brauchten, verborgen. Alle Spuren wurden verwischt und es bedurfte nur noch eines Regens, um unser Versteck vor jeder Entdeckung zu schützen. Nun waren alle beschäftigt, die Packsättel instand zu setzen und, was wir an Bedürfnissen noch mit uns führen wollten, auszuladen.
In dieser Gegend verlässt die gewöhnliche Straße den Platte und führt schräg hinüber zu dem Sweetwater, den sie in der Nähe des Rock Independence (Fels der Unabhängigkeit) erreicht. Ich beschloss dagegen in dem Tal des Platte bis zur Mündung des Sweetwater zu bleiben, in der Hoffnung, da mehr Gras zu finden. Kit Carson versah jetzt das Amt eines Führers, da er mit diesem Teil des Landes wohlvertraut war. Nach wenigen Meilen erreichten wir die Roten Kuppen (Red Buttes), eine weit und breit in der Gegend bekannte Landmarke. Der Fluss bahnt sich hier seinen Weg durch einen Höhenzug, an dessen östlicher Seite sich ein roter, tonhaltiger Sandsteinfelsen jäh herabsenkt, der jenen Namen trägt. Hier entdeckten wir eine Büffelherde; doch ehe wir in Schussweite kamen, kletterte sie die steile Höhe hinauf. Es ist bewunderungswürdig, wie diese anscheinend plumpen Tiere die rauesten Abgründe hinauf- und herabklimmen. Weiterhin fanden wir Gras in Fülle, im Widerspruch mit den Nachrichten der Indianer. Nach 7 Meilen erweiterte sich das Tal, und nach Osten stieg das rote Gestein zum Teil in hohen Wänden auf. Auch unser heutiger Lagerplatz bot einen Überfluss an Futter. Der Wermut hat hier sein strauchartiges Aussehen verloren und bildet kleine Bäume von 6 bis 8 Fuß Höhe mit einem Stamm von oft 8 Zoll Durchmesser.
Am 30. Juli erreichten wir nach einem Weg von 12 Meilen eine Stelle, wo das gesamte Indianerdorf den Fluss überquert hatte. Stangen von zurückgelassenen Hütten und Pferdegerippe lagen umher. Am linken Ufer bestanden die Höhen aus Konglomerat3 mit zahlreichen Stiefeln, die, von oben nach unten an Größe zunehmend, am Fuße die eines Mannskopfes erreichten. Lager dieser Steinart konnte ich auf der langen Strecke, einige Meilen östlich von Fort Laramie bis 109° westlicher Länge, nahe dem Südpass, verfolgen. Sie verwittert leicht, und ich vermute, dass von ihr das große Sand- und Kieslager stammt, welches das oberste Gestein des Prärielandes westlich vom Mississippi bildet. Wir lagerten uns auf einer grünen Insel. Von ihr aus machten wir einen Ausflug nach einer Stelle, die wir Hot Spring Gate (Heißbrunnentor) genannt haben. Hier geht der Fluss ruhig zwischen zwei senkrechten, weißen Sandsteinfelsen hindurch, die bis zu einer Höhe von 400 Fuß aufsteigen. An ihnen erblickten wir zahlreiche Herden von Gebirgsschafen und hörten häufig das Poltern der Steine, das ihren schnellen Lauf die steilen Höhen hernieder begleitete. Wir erlegten zum ersten Mal einige dieser Tiere, die ebenso häufig auch Ziegen genannt werden, und gaben daher unserem Lagerplatz den Namen: Goat Island (Ziegeninsel). Ich habe Hörner dieser Tiere gesehen, die 3 Fuß Länge, unten 17 Zoll im Umfang und ein Gewicht von 11 Pfund hatten. Dieser Hörnerschmuck scheint vor allem die Bestimmung zu haben, den Kopf des Tieres zu schützen, wenn es, von Wölfen verfolgt, sich einen Abhang hinunterstürzt – das einzige Mittel, sich vor diesen seinen Feinden zu retten. Die Knochen sind äußerst stark und fest, und das Mark nimmt darin nur einen sehr kleinen Raum ein. Das Haar ist kurz und gleicht an Farbe dem Winterpelz des Rehs, dem es auch an Größe und Aussehen ähnlich ist. Die Hörner ausgenommen, hat es gar keine Ähnlichkeit mit der Ziege.
Am Morgen des 31. Juli verließen wir den Lauf des Platte und überschritten die etwa 800 Fuß über ihn sich erhebenden, nackten und felsigen Höhen, welche sich zwischen ihm und dem Sweetwater ausdehnen. Wir erreichten denselben nach einem Weg von 15 Meilen. Er ist hier etwa 60 Fuß breit und 1 bis 1½ Fuß tief. Der eigentliche Talgrund hat guten Boden und viel Gras. Wir schlugen hier schon zeitig unser Lager auf, um so mehr, als sich einige Büffelherden zeigten. Nachts fiel ein Regen und da wir unsere Zeltstangen bei dem Versteck zurückgelassen hatten und sich kein Baum vorfand, deren Stelle zu vertreten, so mussten wir unter den Wermutbüschen einen notdürftigen Schutz suchen.