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Pätz und Putz
Friedrich Gerstäcker
Inhaltsverzeichnis
Erstes Kapitel. Die fröhliche Jugendzeit von Pätz und Putz.
Zweites Kapitel. Wie Pätz und Putz einen Honigbaum fanden, und was für Folgen das hatte.
Drittes Kapitel. Wie Pätz mit dem Hunde Gruff bekannt wurde, und in eine böse Lage kam.
Viertes Kapitel. Wie Pätz frei wurde, und wieder in den grünen Wald lief.
Fünftes Kapitel. Welchen Dank Pätz für seinen Edelmuth hatte.
Sechstes Kapitel. Wie der Bär die Geduld verlor, und böse wurde.
Siebentes Kapitel Welche angenehme Bekanntschaft Pätz unterwegs machte.
Achtes Kapitel. Wie Alles ein ganz vortreffliches Ende nimmt.
Impressum
Weit oben in den Ozarkgebirgen Nordamerikas und in einer ganz prächtigen und tiefen Kalksteinhöhle, die warm und versteckt unter einem mächtigen Felshang lag, wurden die beiden Zwillingsbrüder Pätz und Putz an einem Märzmorgen geboren, und die ersten Monate ihres jungen Lebens verflossen ihnen in ungetrübter, ungestörter Freude und Ruhe.
Morgens bekamen sie ihre Milch zum Frühstück und Abends zur Nachtmahlzeit, und über Tag konnten sie sich nach Gefallen in der weiten Höhle herumtummeln, mit einander balgen und ringen, Versteckens spielen und Purzelbäume schlagen, so viel sie wollten. Die Mutter saß dann daneben, sah ihnen zu und leckte sich dabei wohlgefällig an den Tatzen, denn sie war stolz auf die beiden kleinen zottigen braunen Burschen. Und kam dann der Papa von der Jagd nach Haus, so legte er sich behaglich auf den Rücken und dann ging der Spaß erst recht los, denn Pätz und Putz durften nach Herzenslust auf ihm herumtanzen und über ihn hinkollern.
Endlich schmolz der Schnee, der da oben in den hohen Bergen bis spät im Mai liegen geblieben war, und jetzt führten sie die Eltern zum ersten Mal hinaus in’s Freie, und zwar an den warmen Südhang in die Sonne, wo schon eine Menge bunter Blumen ihre kleinen duftigen Köpfchen aus den Steinen herausstreckten und zu dem blauen Himmel emporschauten — und das war eine Freude. — Hier spielte es sich noch einmal so gut wie in der dunklen dumpfigen Höhle, und Pätz und Putz wußten im Anfang gar nicht, was sie , vor Wonne und Uebermuth gleich angeben sollten.
Im Anfang freilich standen sie ganz verdutzt in der Sonne und blinzten mit den Augen, denn das helle Licht that ihnen weh und sie konnten nicht hineinsehen, und wie sie sich erst einmal daran gewöhnt hatten, gab es so viel Neues und Merkwürdiges um sie her, daß sie vor lauter Erstaunen gar nicht wußten, was sie nur zuerst betrachten sollten.
Aber das gab sich auch endlich; wir gewöhnen uns ja an Alles, was wir fortwährend um uns haben, und wenn es das Wunderbarste wäre, und als die großen Käfer und Schmetterlinge um sie her surrten und ihnen an der Nase vorbeibrummten, glaubten sie, die wollten mit ihnen spielen, und haschten danach mit den kleinen unbehilflichen Tatzen, wälzten sich dann im warmen Sonnenschein und rieben sich den Rücken an scharfen Steinkanten oder niederen Aesten, kugelten auch wohl mitsammen den steilen Gang hinunter und sahen dann, wer zuerst wieder hinaufkommen konnte, und wußten wirklich gar nicht, was sie vor lauter Lust und Uebermuth angeben sollten.
Die Mutter hatte ordentlich ihre Noth, sie nur Abends in’s Bett zu bringen, denn es gefiel ihnen gar so gut da draußen. Am nächsten Morgen waren sie aber schon lange vor Tag wieder heraus, um ihre munteren Spiele von Neuem zu beginnen.
So trieben sie es viele Wochen lang, und das Leben schien für sie nur ein einziger Sonnentag zu sein von lauter ungetrübter Lust und Freude. Was hatten Pätz und Putz denn auch für Sorgen? — Gefahr kannten sie gar nicht, für ihren Lebensunterhalt sorgten die Eltern und die ganze Welt schien ihnen Beiden nur dazu gemacht zu sein, damit sie sich darauf vergnügen konnten.
Es hat freilich Alles ein Ende, auch diese fröhliche, glückliche Jugendzeit, wo die Kinder den Tag nur nach 10 ihren Spielstunden messen. Pätz und Putz waren deshalb kaum drei Monat alt geworden, als die Mutter, die auf eine gute Kindererziehung hielt, es an der Zeit fand, zu ernsteren Beschäftigungen überzugehen, damit sie nun auch anfingen zu lernen: sich ihren Lebensunterhalt selber mit zu verdienen.
Bei jungen Bären ist es nämlich nicht so, wie bei jungen Menschen, daß sie von den Eltern viele Jahre lang, ja oft bis sie völlig ausgewachsen sind, gehegt und gepflegt und genährt und gekleidet werden, und noch außerdem ein Taschengeld bekommen. Wenn ein junger Bär erst einmal drei Monat alt ist, wo man die jungen Menschen noch auf dem Arm herumschleppt, — muß er anfangen zu lernen, und wenn er mit sechs Monaten nicht völlig ausgebildet die Schule verlassen kann und sein Brod zu verdienen weiß, dann ist es nachher für Niemanden schlimm, wie für den jungen Bär selber. — Dann kann er so lange hungern und an den Tatzen saugen, bis er es eben gelernt hat, denn geben wird ihm Niemand mehr etwas, und das Betteln ist bei den Bären noch viel strenger verboten als bei uns.
So verhielt sich die Sache auch hier mit Pätz und Putz. Von Milch allein konnten sie nicht ewig leben — es hätte ihnen auf die Länge der Zeit auch nicht einmal mehr so geschmeckt-deshalb mußten sie, wenn der Herbst kam, im Stande sein, sich ihr Brod als junge unabhängige Bären selber zu verdienen, und für den Winter hatte ihnen der Papa schon angekündigt, daß sie sich entweder eine Privathöhle miethen, oder in irgend einem hohlen-Baum im Wald ein Quartier suchen dürften, denn die elterliche Wohnung war dann zu eng für sie, und der alte Bär auch nicht gern durch zu viel Gesellschaft belästigt.
Früher hatte nun allerdings eine alte Bärin in der Nachbarschaft gelebt, die sich-vorzugsweise mit der Erziehung junger Bärlein beschäftigte, und zu dem Zweck in einem weiten, unzugänglichen Schilfbruch eine Art von Kindergarten hielt. Diese war aber leider im letzten Herbst bei einem Spaziergang einer Gesellschaft von Jägern — ihren grimmigsten Feinden — in die Hände gefallen und getödtet worden, und Pätzes und Putzes Eltern sahen sich deshalb genöthigt, den Unterricht ihrer Kinder selber zu übernehmen.
Der Anfang dazu war auch nicht übermäßig schwer — Schreiben und Lesen brauchten sie nicht zu lernen, und es handelte sich eigentlich blos darum, die an dem Berghang liegenden lockeren Steine und herabgebrochenen Aeste emporzuheben, und etwa darunter sitzende Käfer und Larven aufzulesen und zu verzehren. Den Lohn für solche Thätigkeit nahmen sie dadurch gleich selber in Empfang, denn was Jeder fand, fraß er.
Sobald sie darin nun einige Uebung erlangt — und Pätz und Putz waren wirklich befähigte Kinder — gingen sie zu dem schwereren Theile ihres Berufs, zum Klettern über, und dabei traten die Schattenseiten ihres irdischen Daseins zuerst an’s Licht. Die Mama war nämlich etwas hitziger Natur, und wo sich Pätz oder Putz nur im Geringsten ungeschickt zeigten, setzte es ganz tüchtige und wohlgemeinte Knuffe, von denen sie oft blitzschnell an den Bäumen hinaufgetrieben wurden.
Sie lernten es aber doch verhältnismäßig rasch, und Pätz besonders zeichnete sich bald sehr zu seinem Vortheil aus.
Eine andere, und zwar die erste schwere Arbeit, die sie zu verrichten hatten, war die, daß sie den Eltern helfen mußten, größere, früher gestürzte und abgefaulte Baumstämme umzuwälzen. Unter diesen saß nämlich stets ein wahrer Schatz von Käfern und Maden oder Larven, und während die beiden Alten nachher daran - gingen, mit ihren starken Tatzen einzelne Stücke des faulen Holzes abzureißen, um dort noch weitere Beute zu finden, schlenderten Pätz und Putz in der Nachbarschaft herum und pflückten Brombeeren und Heidelbeeren.
Im Spätherbst wurden die beiden jungen Bären dann dazu angehalten, an den starken Stämmen der Weißeichen emporzuklettern, um die süßen Früchte derselben herabzuholen, was sie nur dadurch ermöglichen konnten, daß sie die schwächeren Äste da oben einknickten und abbrachen, und als erst der wilde Wein reif wurde, der dort überall an den Bäumen hinaufrankt, brauchten sie die Eltern zum Klettern gar nicht mehr anzuhalten, denn da thaten sie es ganz von selber.
»Der schwierigste und letzte Theil ihres Schulunterrichts war das Studium der Honigbäume, und wurde auch bis zu allerletzt ausgespart. Erstlich gehörte schon ein außerordentlich gutes Auge und auch eine gewisse Klugheit dazu, die Bäume, in denen die wilden Bienen ihre Vorräthe an Honig gesammelt hatten, nur aufzufinden, dann aber, wenn wirklich gefunden, konnte man « diesen noch viel schwerer beikommen, und Pätz wie Putz machten bei dem süßen Honig äußerst bittere Erfahrungen.
Hätten sich die angegriffenen Bienen —- die sich ihre mühsam gesammelten Vorräthe auch natürlich nicht gutwillig wollten rauben lassen — nämlich nur damit begnügt, die honiglüsternen Bären in das dicke Fell zu stechen, so würde sich Keiner von ihnen darüber beklagt haben. Das geht einmal nicht anders, kleine Unbequemlichkeiten muß man sich gefallen lassen, wenn man etwas erreichen will. So aber stachen die kleinen Racker sie fortwährend gerade in die Nasen, und das kann der gutmüthigste Bär nun einmal nicht vertragen.
Außerdem waren die Baumlöcher, durch welche die Bienen aus- und einflogen, so entsetzlich klein und eng, daß die Bären in den meisten Fällen nicht einmal die Tatzen hineinbekommen konnten, und Pätz wie Putz kehrten daher nach solchen Versuchen Abends — ohne auch nur den Geschmack von Honig bekommen zu haben — oft mit dick geschwollenen Nasen und sehr verdrießlichen Gesichtern nach Haus zurück, worüber sich dann der alte Pätz — ihr Papa — halb todt lachen wollte.
Die Mutter hatte wohl mehr Mitleiden mit ihnen und rieb ihnen dann die Nasen mit Schweinefett ein, was sie sich über Nacht wieder ableckten. Aber vollkommen trösten konnte sie das doch nicht, und da sie Beide hinreichenden Ehrgeiz besaßen, um vor einer schwierigen Aufgabe nicht zurückzuschrecken, so wurden sie durch die vielen mißlungenen Versuche nur immer hitziger darauf, den bisher stets Sieger gebliebenen Bienen einmal einen ordentlichen Streich zu spielen.
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