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Für die drei Urwünsche hat diese weltimmanente Lösung ohne Gott weit reichende Folgen. Der Mensch braucht dann auf seiner Identitätssuche jemanden, der ihm seinen Namen, sein Ansehen, seine Einzigartigkeit, seine Liebe und Zuwendung schenkt. Nehmen wir an, er braucht in seinem Minderwertigkeitsgefühl andere, die ihn bestätigen, ansehen, anerkennen, Ja zu ihm sagen, weil er sich selbst nicht traut. Dann besteht die Gefahr der Fremdbestimmung und Abhängigkeit, die ihn hindert, zu sich selbst zu kommen. Die anderen stellen die Bedingungen, unter denen sie ihn anerkennen und lieben. Ist sein Selbstvertrauen sehr groß und fühlt er sich stark genug, um aus eigener Kraft Ja zu sagen und zu entscheiden, dann besteht die Gefahr einer isolierten Unabhängigkeit. Diese ist nicht mehr offen für Veränderungen und Kritik. Sie unterdrückt andere und erzeugt Lebensängste, einmal nicht mehr stark genug zu sein. Sie scheitert letztlich an dem Widerspruch von Vertrauen und Misstrauen.
Ähnliches gilt für den Urwunsch nach Macht und nach Heimat. So können sich schwache und kraftlose Menschen die Erfüllung ihres Machtwunsches durch Abhängigkeit verschaffen, indem sie sich mit anderen Mächtigen identifizieren und unterwürfig und blind gehorchen. Oder sie machen in ihrer Herrsch- und Geltungssucht andere gefügig und bleiben jede Rechenschaft schuldig. Aus beiden Versuchen erwächst bei aller Macht eher Unfreiheit und Ohnmacht, oder es entwickelt sich Widerstand.
Beim Urwunsch nach Heimat, Besitz und Verwurzelung versuchen manche Menschen diesen Wunsch zu erfüllen, indem sie das bisher Erlangte festhalten und gleichzeitig immer „mehr“ haben wollen. Denn das, was sie gerade haben, reicht im nächsten Augenblick schon nicht mehr. Sie nehmen sich dieses „mehr“ von anderen und bereichern sich ohne Rücksicht darauf, was dies für andere bedeuten kann. In ihrer Habsucht zielen sie immer auf ein „mehr haben wollen“. Sie kommen nie zur Ruhe, weil es immer ein „noch mehr“ gibt.
Fehlt ihnen die eigene Kraft oder die Möglichkeit, den Urwunsch nach Heimat zu befriedigen, so müssen sie ihre Heimat bei anderen suchen und sich in fremdem Boden verwurzeln. Wie schwer es ist, in der Fremde eine Heimat zu finden, erleben wir zurzeit bei den Millionen Flüchtlingen in aller Welt. Auch wenn sie eine Bleibe und ein Auskommen finden sollten, so ist doch der Wunsch der meisten, wenn möglich in ihre ursprüngliche Heimat zurückzukehren.
Die Spannung und das Missverhältnis zwischen den Wünschen und der ersehnten Erfüllung bleiben. Ohne eine transzendente Hoffnung, wie immer sie auch verstanden wird, sind die Menschen in ihren begrenzten Möglichkeiten überfordert. Sie können so letztlich nur zu einem individuellen und kollektiven Überleben, nicht aber zu einem geglückten Leben kommen.
Ganz allgemein gilt das auch für den gläubigen Menschen: Um die Spannung zwischen unendlicher Sehnsucht und endlicher Befriedigung auf Dauer „überleben“ zu können, gilt es, die Wünsche und Erwartungen zu relativieren und sie an der je eigenen Lebenswirklichkeit zu messen, damit der Schmerz und die Enttäuschung über das Unerfüllte nicht so stark werden, dass sie in Verzweiflung umschlagen. Ernesto Cardenal beschreibt diesen Durst nach Leben in einem Gedicht:>1
„Alle Menschen werden mit einem verwundeten Herzen
und einem unstillbaren Durst geboren.
Wie dürres Land lechzt meine Seele Dir entgegen.
Der Vorgang des Essens und Trinkens
wurde vom Schöpfer als materielles Symbol
dieses Hungers und Durstes nach Gott eingesetzt.
Er sucht immer neue Dinge mit immer gleicher Sucht …
Es ist wie eine Krankheit, die ihn zwingt,
immer mehr und mehr zu essen,
ohne dass er jemals satt würde.
Platon hat einmal gesagt, der Mensch
sei ein zerbrochenes Gefäß, das sich nie füllen lässt.
Die Sinne mögen sich an Genüssen überessen,
die Seele bleibt doch immer unbefriedigt.
Die irdischen Freuden bleiben an der Peripherie des Körperlichen
und dringen nicht bis zur Seele vor.
Weil Gott auf dem Grund jeder Seele wohnt,
ist die Seele unendlich und kann mit nichts gefüllt werden als mit Gott“
4. Wie kann ich glücklich werden?
Die Frage nach dem Weg zu einem glücklichen Leben hat die Menschen schon immer beschäftigt. Sie haben vielfältige Antworten gefunden, die nicht nur von den sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Umständen abhängen. Die Frage nach einem glücklichen Leben ist gleichzeitig eine sehr persönliche Frage, die jeder Mensch nur für sich selbst beantworten kann.
„Glücklich ist, wer alles hat, was er will“ (Pieper, 2012, 39). Dieses Wort des Augustinus fasst in einem kurzen Satz zusammen, was die meisten Menschen unter Glück verstehen. Augustinus hat diesen Satz aus 288 Lehrmeinungen zum Thema „Das letzte Glück des Menschen“ des Enzyklopädisten Varro ausgewählt. Konkret würde das heißen: Glücklich ist, wer ein großes Vermögen hat, wer seinen Traumberuf, seine Traumfrau gefunden hat, wer im Lotto gewinnt, wer gute Beziehungen hat, dessen Existenz gesichert ist … Glücklich ist eben der Mensch, der alles hat. Doch sehr schnell zeigt sich die Kehrseite der „Glücksmedaille“: Geld und Besitz machen ab einer bestimmten Größenordnung nicht mehr nur glücklich. Sie bereiten Sorgen, wie der Besitz erhalten, geschützt und vermehrt werden kann. „Der Besitz besitzt“ meint, Besitz kann besessen machen. Doch häufig verlieren das Haus, das Auto, das Schmuckstück, das Spielzeug nach einiger Zeit ihren Reiz, wenn am Haus die ersten Reparaturen fällig sind, das Auto doch nicht mehr so ideal ist, der Traummann im Alltag sein wahres Gesicht als mürrischer Egoist zeigt.
Der „Heißhunger“, die „unendliche Sehnsucht“, unbedingt das oder jenes haben zu „müssen“, um glücklich zu sein, gleicht einem großen, unersättlichen Moloch, der die erfüllten Wünsche schluckt und niemals satt wird. Es entsteht mit der Zeit ein existentielles Gefühl der Leere und Enttäuschung: „Je mehr er hat, je mehr er will, nie werden seine Wünsche still“ (erweitertes Zitat aus dem Gedicht „Zufriedenheit“ von Johann Martin Miller, 1750–1814.).
In unserer durch Leistung und Konkurrenz geprägten Gesellschaft fragen wir meist nach dem Glück als etwas, das es zu erjagen gilt. „Glück, so hört man überall, das kann man sich nicht verschaffen, um das Glück muss man kämpfen und rennen, und zwar so, dass man möglichst vor den anderen am Ziel ist, oder doch zumindest ebenfalls rasch das erreicht, was die anderen schon haben …“
„Derart verlieren wir zunehmend jene Freiheit, derer der Umgang mit solchen Dingen bedarf, sollen sie wirklich Güter des Glücks sein. Ständig ist dann nach einem Weiteren noch zu jagen, das uns zum Glück zu fehlen scheint. Und während wir die ganze Kraft auch hierauf noch lenken, zerrinnen uns die Glückschancen zwischen den Fingern, die in dem liegen, was wir schon haben und was wir sind“ (Hommes, 241ff.).
So führt offensichtlich dieses Immer-mehr-haben-und-be-sitzen-Wollen nicht zu mehr Glück und Zufriedenheit. Die berechtigte Suche nach dem eigenen Glück wird so zu einem hektischen Jagen nach einem glücklichen Leben, zu einem Glückswahn und einer Lebensgier, mit einem Gefühl der inneren Leere und des Unglücklichseins. In dem sinnlosen Wettlauf des Immer-mehr-haben-Wollens bleibt das eigentliche Glück auf der Strecke, ist das Unglücklichsein vorhersehbar.
„Ich will endlich mein persönliches Glück finden in einer Welt des Materialismus voller Habgier und Gewalt“, sagt die 23-jährige Studentin F., konvertiert zum Islam und schließt sich einer kleinen islamischen Sekte an, die ihr das wahre Glück verspricht. Sie trennt sich von ihrer Familie und ihren Freundinnen, von dem kapitalistischen Umfeld und reist in ein Ausbildungslager des IS nach Syrien. Erst später bemerkt sie, wie sie getäuscht wurde. F. wird mit einem IS-Kämpfer verheiratet und materiell ausgenutzt. Ihre Aufgabe ist es, in den Kriegsgebieten für die Versorgung der IS-Kämpfer zu sorgen. Dabei befindet sie sich in ständiger Lebensgefahr.
Andere suchen ihr Glück in der Ferne, in „Traum-Ländern“, auf „Traum-Inseln“, an „Traum-Stränden“ in unberührten Landschaften wie z.B. in Kanada oder Neuseeland.
So möchte der 57-jährige Unternehmer B. mit seiner 55-jährigen Frau A. einen neuen Lebensabschnitt beginnen. „Wir haben bis jetzt genug geschuftet und viel Geld verdient. Aber unser persönliches Leben, unsere eigenen Bedürfnisse, die Beziehung zu Freunden, die Freizeit und unsere privaten Interessen sind vor lauter Arbeit und beruflichem Engagement auf der Strecke geblieben. Die Kinder sind inzwischen erwachsen und haben ihre eigenen Familien. Sie brauchen uns nicht mehr. Beim Rückblick auf unser bisheriges Leben haben wir den Eindruck, dass wir eigentlich noch nicht richtig gelebt haben. Jetzt wollen wir das Versäumte nachholen und ein neues und glückliches Leben beginnen, von dem wir immer geträumt haben. Wir kaufen uns ein Blockhaus in einer wunderschönen Bucht in Kanada. Dort haben wir schon oft Ferien gemacht und uns immer sehr wohl gefühlt.“
Frau S. arbeitet seit 29 Jahren als Managerin in einer Großbank und hat einen 14- bis 16-Stunden-Tag. Sie ist Alleinerziehende eines jetzt 30-jährigen Sohnes, der die meiste Zeit bei den Großeltern lebte, da S. beruflich viel unterwegs war. Sie hat in ihrem Stressberuf keine Zeit für persönliche Interessen und Beziehungen gehabt. Jetzt will sie endlich ihren Traum erfüllen und in Neuseeland ein neues, einfaches Leben in einer kleinen Siedlung beginnen, die sie bei Ferienaufenthalten kennen und lieben gelernt hat. Dort kann sie endlich ihren Traumberuf als Malerin verwirklichen und die Natur genießen: Mit dem Boot hinausfahren und angeln, schwimmen, joggen, mit den Nachbarn plaudern, auf der Bank vor dem Haus sitzen und den Sonnenuntergang genießen. S. hofft, dass dieses einfache, entstresste Leben, das sie bisher nur aus ihren Ferienwochen kennt, endlich auch die ersehnte Zufriedenheit und das Glück in ihr Alltagsleben bringt.
Bei diesen Entscheidungen ist es wichtig, nicht zu schnell und um jeden Preis das glückliche Leben erhaschen und haben zu wollen. So scheitern Wünsche nach einem glücklichen Leben, weil die notwendigen Entscheidungen unüberlegt, gegenabhängig oder „aus dem Bauch heraus“ getroffen werden. Oft wird auch ein Teilaspekt des Lebens für das Ganze gehalten. Dann endet der Versuch, das Glück zu finden, nicht selten in einem Teufelskreis von Lebensgier und Aus-Leben, verbunden mit einem Gefühl der inneren Leere und Unzufriedenheit. Viele der Betroffenen haben ihr eigenes Leben noch nie richtig angeschaut, reflektiert und sich kritisch damit auseinandergesetzt. Sie reagieren auf die aktuelle Lebenssituation wie Menschen, die auf der Flucht vor dem Leben sind, dem sie gleichzeitig atemlos hinterherlaufen. „Solange ich hinter dem Glück herrenne, wird es mich nicht einholen“ (Peter Hohl).
„Ich habe ein Recht auf ein glückliches Leben und meine Selbstverwirklichung. Bisher bin ich immer nur bestimmt und gelebt worden.“ Mit diesen Worten versucht J., ein 39-jähriger Pfarrer, das Übermaß an seelsorglicher Arbeit in drei Pfarreien, die ihn ausgelaugt und an den Rand des Selbstmords getrieben haben, loszuwerden und sich zu befreien. Nach einem Klinikaufenthalt wegen „Burn-out“ und Depressionen schreibt er: „Ich mache jetzt nur noch das Notwendigste in meinem Pfarrverband, ‚Arbeit nach Vorschrift‘. Jetzt denke ich endlich an mich und kann meine persönlichen Bedürfnisse befriedigen.“ Konkret bedeutet es für S., dass er seine bisher unterdrückte Homosexualität im Geheimen ausleben, sich viel Freizeit gönnen und das Leben in vielfältiger Weise genießen will. Und in der Seelsorge will er nur das Notwendigste tun. Nach einem Jahr wird S. in der Schwulenszene erpresst und gerät in eine noch tiefere Lebenskrise, die ihn zur Besinnung bringt. Nach einer Sabbatzeit und Exerzitien findet S. zu seiner Berufung als Priester in der Nachfolge Jesu zurück und er kann sie heute entsprechend seinen erkannten Möglichkeiten und Grenzen gestalten und leben.
„Ich will ein normales und glückliches Leben führen wie die andern“, erklärt N., eine 40-jährige, körperlich schwerbehinderte Frau. Bislang hat sie sich noch nicht mit ihrer Behinderung auseinandergesetzt oder sie gar angenommen. Sie vergleicht sich mehr unbewusst als bewusst mit Menschen ohne Behinderung und hat letztlich das Ziel, wie diese „normal“ zu leben, eben nicht behindert. Diese irreale Suche nach einem „normalen“ und glücklichen Leben kann nicht gelingen. Bei N. endete sie mit einem Suizidversuch.
„Ich will das Leben genießen, solange ich es noch kann!“, meint Herr S., ein an Aids erkrankter 44-jähriger homosexueller Religionslehrer. In seiner Verzweiflung beschließt er, „einige Leben durch ungeschützten sexuellen Verkehr mit in den Tod zu nehmen“. Gott sei Dank wird dieser mörderische Wunsch, mit dem er sich „an Gott und Mensch rächen“ will, nach einigen Beratungen für ihn fragwürdig. Er setzt sich mit seiner Krankheit auseinander und kann sich schließlich auch vor Gott damit versöhnen. S. hat gelernt, als Aidskranker mit seinen Möglichkeiten und Grenzen zu leben. Er unterrichtet weiter als Religionslehrer an einer Berufsschule und führt nach der Auseinandersetzung und Versöhnung mit seiner Krankheit ein gutes geistliches Leben und engagiert sich in der Freizeit für Flüchtlingskinder.
Diese Beispiele und unsere eigenen Erfahrungen zeigen, dass das Immer-mehr-haben-Wollen und ein Mehr-an-Besitz nicht unbedingt zu einem glücklichen Leben führen. Der Erwerb und der Besitz von materiellen Gütern können sehr wohl zu einem glücklichen Leben gehören, sie sind aber keine notwendige Voraussetzung. Zu einem geglückten Leben gehört mehr: Menschen, die in materieller Armut leben, wenn diese nicht ins Elend führt, können sehr glücklich sein und Lebensfreude ausstrahlen. Sie sind kreativ und entwickeln viele Talente zum Überleben. Unter ihnen ist häufig eine sehr große Solidarität und Hilfsbereitschaft zu finden. André Gide schreibt dazu: „Das Geheimnis des Glücks liegt nicht im Besitz, sondern im Geben. Wer andere glücklich macht, wird glücklich.“
Entscheidend für das Glücklich-Sein ist, dass wir die Güter in rechter Weise besitzen. „Nicht in Besitz und Verfügung liegt das Glück, sondern in dem, wozu solches uns verhilft. Es ist eine alte Einsicht, dass das, was für den Menschen das Wesentliche ist, überhaupt nicht so sehr in den äußeren Dingen liegt, die wir anzuhäufen vermögen. Für die Frage nach dem Glück bedeutet dies ganz konkret: Was immer wir uns erarbeiten und beschaffen, um damit und daraus zu leben, entscheidend bleibt, worin das ermöglichte Leben selbst dann besteht“ (Hommes, 242f.).
Diese Erkenntnis wird im Märchen der Brüder Grimm vom „Hans im Glück“ anschaulich beschrieben. Der „gold-reiche“
Hans gelangt zu seinem Glück, indem er sich in einer etwas einfältigen Weise Stück für Stück von seinem materiellen Besitz trennt, der ihn immer wieder behindert. Zum Schluss hat Hans nichts mehr und dankt Gott unter Tränen, dass er ihn auf eine so gute Art, ohne dass er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den schweren Steinen befreit hat, die ihm allein noch hinderlich waren. „So glücklich wie ich“, ruft er, „gibt es keinen Menschen unter der Sonne.“
Wenn ich die Fülle des eigentlichen Glücks empfangen will, muss ich zuerst leer werden von allem Unwesentlichen, was mich ausfüllt. Dieses Loslassen und Leerwerden sind zwei wichtige Voraussetzungen für das Empfangen. Laotse drückt diesen Gedanken so aus:
„Aus leerem Ton formt man Gefäße,
aber die Leere in ihnen
ermöglicht die Fülle der Krüge.
Aus Holz zimmert man Türen und Fenster,
aber die Leere in ihnen
macht das Haus bewohnbar.
So ist das Sichtbare zwar von Nutzen;
aber das Wesentliche bleibt unsichtbar.“
Dieses Geheimnis der Leere und Fülle wird in der Natur, im Kreislauf des Wachsens, sichtbar: Vom Säen, Wachsen und Reifen im Frühling und Sommer bis zur Ernte im Herbst und zum Absterben im Winter. Dasselbe erfährt der Mensch in seiner Lebensgeschichte und in seinem Sterben. Im Tod müssen wir Menschen alles lassen, was unser irdisches Glück und Wohlbefinden ausmacht. Ein Sprichwort sagt: „Das Totenhemd hat keine Taschen.“ Für gläubige Menschen ist das Loslassen und Leerwerden im Tod kein hoffnungsloses Geschehen. Es ist die Voraussetzung für das Empfangen des ewigen Lebens, des Glücks in der Glückseligkeit bei Gott. Diesen geistlichen Prozess schildert eindrücklich die Bergpredigt in den Seligpreisungen (Mt 5,3 ff.). Im Hinblick auf ein glückliches Leben geht es letztlich nicht so sehr darum, wie viel oder wenig wir zum Leben haben – solange ein Existenzminimum gesichert ist –, sondern um die rechte innere Einstellung und Ausrichtung unseres Lebens, dass wir die richtigen Schritte auf dem Weg zu einem geglückten Leben tun.
Der Meister wird von seinen Schülern gefragt: „Du hast so viel zu tun und bist meist sehr beschäftigt. Wie kannst du dabei glücklich sein und zu dir selbst kommen?“
Der Meister antwortet: „Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, das macht mich glücklich.“
Die Schüler sagen: „Das machen wir doch auch.“
Der Meister: „Nein, das tut ihr nicht. Denn wenn ihr steht, dann geht ihr schon, wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon auf, wenn ihr geht, dann lauft ihr schon und wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel“ (Verfasser unbekannt).
Darum lebe im Augenblick und nicht in der Vergangenheit und Zukunft (Watzka, 201ff.). Wie oft leben wir lange Zeit mit einem Ärger, einer Wut im Bauch, mit einem Groll, mit Schuldgefühlen oder Enttäuschungen, die aus der Vergangenheit herrühren, und können sie nicht lassen und verabschieden. Dann bestimmen sie auch unsere Gegenwart.
Darum lebe im Augenblick, verkoste und genieße ihn, „carpe diem“.
Kierkegaard drückt diese Glücksdimension sehr konkret aus, wenn er schreibt:
„Was macht einen Menschen groß, zum Wunder der Schöpfung, wohlgefällig in den Augen Gottes?
Was macht einen Menschen stark, stärker als die ganze Welt, was macht ihn schwach, schwächer als ein Kind?
Was macht einen Menschen hart, härter als den Fels, was macht ihn weich, weicher als Wachs?
Es ist die Liebe!“
(Kierkegaard, 1957)
Wahrscheinlich lässt sich das existentielle irdische Glück am besten im Gleichklang einer geordneten Selbstliebe, Nächstenliebe und Gottesliebe verwirklichen.
1 Buch der Liebe, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1971, Neuausgabe 2004.
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