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Die Antwort ist nicht einfach. Amulette als solche sind selten in Gräbern, aber es ist durchaus möglich, dass manche ornamentale Gegenstände ähnliche Funktionen hatten. Viele Fibeln haben ein besonderes Aussehen, bei dem man sich die Frage stellt, ob sie vielleicht eine sakrale oder symbolische Bedeutung hatten. Das gleiche gilt für Bernstein, der gelegentlich direkt an dem Ort, wo das Begräbnis stattfand, zu Schmuck verarbeitet wurde. Wurde Bernstein auch von den Lebenden getragen, oder war er exklusiv Begräbnisriten vorbehalten? Mehr über Talismane und ungewöhnliche Begräbnisarten findet sich im nächsten Kapitel.

Große Gräber mit Mehrfachbegräbnissen aus der Hallstattzeit
1. Magdalenenberg, Villingen-Schwennigen, Baden-Württemberg, Deutschland, Durchmesser 102 m, Zentralkammer in einem polygonalen Steintumulus plus 126 Nachbegräbnisse, nach Spindler
2. Dautmergen, Baden-Württemberg; die Zentralkammer enthielt einen Mann und eine Frau, sieben Nachbegräbnisse in der Peripherie, 6. Jh. vor unserer Zeit Der Hügel war umgeben von einem Kreis aus Pfosten und einem Graben, nach Reim.
3. Breisach-Oberrimsingen, Baden-Württemberg, Zentralkammer plus 21 Nachbegräbnisse, von Ha D bis LA 1. Schwarze Punkte zeigen Töpferwaren, die nagelförmigen Symbole sind die Leichen und verdeutlichen die Lage der Köpfe. Der Hügel war ursprünglich gekrönt von einer Stein-Stele oder Figur, die 1930 gewaltsam entfernt und zerstört wurde. Nach Wamser und Bittel.
4. Glauberg, Hessen, Deutschland, späte Hallstattzeit oder früher La Tène-Hügel mit zwei Gräbern und einer quadratischen Grube im Zentrum, angeordnet in einem System aus komplizierten Gräben. Eine „Prozessionsstraße“ 350 m lang, die vom Tal aus zwischen den Gräben hindurch zum Hügel führt. In der Nähe des Hügels befand sich ein kleines, quadratisches Gebäude (ein Schrein?). Punkte symbolisieren große Pfosten, x den Ort, wo die Statue in einer Grube gefunden wurde, die 1 im linken Graben den Ort, an dem eine alte Frau und ein Kind begraben waren. Teilweise ausgegraben, nach Schmid.
Die edle Dame, die oben erwähnt wurde, und die dünnere Frau, die sie auf dem Weg in die Anderswelt begleitete, wirft die Frage nach Doppelbegräbnissen auf. Eine Anzahl von ihnen tritt in der Hallstattzeit auf, was die Frage aufwirft, warum eine Person eine andere in die hohlen Hügel hinein begleiten sollte. Es wäre trügerisch einfach, indische Traditionen als Erklärungshilfe zu verwenden und zu behaupten, es habe vielleicht etwas wie die Sati, das Witwenopfer, gegeben, oder das abscheuliche Ritual, das Ibn Rustah um das 10. Jahrhundert herum bei den Wikingern erlebt haben will. Cäsar, der über die späte La Tène-Zeit in Gallien schrieb, behauptet, dass die Toten oft zusammen mit ihren Verwandten und Dienern verbrannt wurden. Bei den Kelten der Hallstattzeit war das aber definitiv nicht die Regel.
Es gibt einige wenige Gräber, die für Paare gemacht worden waren. In diesen Zusammenhang ist es vielleicht interessant, sich mit dem Magdalenenberg-Grab 100 zu beschäftigen. Es beherbergte zwei Erwachsene, einen Mann und eine Frau, in einem von Steinwällen umgebenen Grab. Anders als bei den meisten anderen Gräbern lagen die Toten nicht nebeneinander auf dem Rücken, sondern Rücken an Rücken auf der Seite. Vielleicht handelte es sich um ungewöhnliche Menschen – die Frau trug den einzigen Zehenring der gesamten Hallstattperiode. Die Positionierung Rücken an Rücken mag magische Gründe gehabt haben. Es ruft einem das Grab einer jungen Frau in Esslingen-Sirnau ins Gedächtnis. Ihre Grabbeigaben umfassen achtzehn goldene Ohrringe, Armreifen, Korallenperlen, neun Bronzereifen, die an der Hüfte getragen wurden, einen Ring mit einem mondförmigen Anhänger und ein einzigartiges Bronzeamulett, dass ein nacktes Paar zeigt, welches Rücken an Rücken liegt. Die Begeisterung für die Zahl neun ist bemerkenswert; mehr als ein Toter der Hallstattzeit wurde mit Gegenständen begraben, deren Anzahl drei, neun oder achtzehn betrug. Diese Tradition setzte sich über lange Zeit hinweg fort, man findet sie noch in der La Tène-Zeit und sogar noch später in den Schriften der mittelalterlichen Barden. Es ist umstritten, ob eine der Personen im Magdalenenberg der anderen ins Grab folgte; vielleicht war es auch keine ganz freiwillige Angelegenheit. Es ist auch möglich, dass beide zur gleichen Zeit starben, vielleicht an einer Seuche oder durch die Hand von Feinden.
Es gibt etwa vierzig Paargräber in der westlichen Hallstattregion, was etwa ein bis zwei Prozent aller bekannten Gräber ausmacht. Bei manchen scheint es sich um Ehepaare zu handeln, so zum Beispiel im Seitengrab 6 im Hohmichele (zwei Leichen, die Seite an Seite auf einem Kuhfell liegen), andere deuten möglicherweise auf eine Herr-und-Diener-Beziehung hin (im Hügel Croix Du Gros Murger, zwei Leichen und ein Pferdeskelett. Eine der Leichen trägt Schmuck, die andere nicht), und noch andere geben uns Rätsel auf, wie zum Beispiel Grab 93 im Magdalenenberg, dass einen erwachsenen Krieger mit einem Kind im Arm enthält.
In mehreren Fällen ist es sogar wahrscheinlich, dass die Toten, die ein Grab miteinander teilen, nicht zur gleichen Zeit gestorben sind. Das bedeutet, dass die Leichen aufbewahrt wurden, vielleicht für Jahre, und deutet auf ein Zwei-Phasen-Begräbnis hin.
Bevor wir uns von den Hügeln abwenden, möchte ich einige andere interessante Themen ansprechen. Eins davon ist die Möglichkeit, dass Leichen gelegentlich einbalsamiert worden sind. Einige Haare, die im Zentralgrab des Magdalenenberghügels gefunden wurden, sind extrem reich an Arsen. Dem Adligen von Hochdorf war sein goldener Torque gewaltsam nach dem Tod entfernt und vor dem Begräbnis repariert und wieder angelegt worden; möglicherweise wurde die Leiche in der Zwischenzeit irgendwie präpariert. Eine einbalsamierte Leiche würde uns etwas über die Glaubensvorstellungen der Zeit verraten. Haben wir es hier mit Personenkult zu tun oder mit einem Glauben an eine körperliche Wiederauferstehung?
Ein weiteres faszinierendes Thema ist die Art, wie die Hallstattleute über ihr zukünftiges Leben nach dem Tod dachten. In der frühen Hallstattzeit trugen die meisten Männer, im Osten wie im Westen, schwere Waffen. Bei vielen Leichen liegen Schwerter, Äxte, Speere, ein Helm, Brustpanzer, Beinschienen, Schilde und so weiter. Als diese Menschen ins Jenseits gingen, rechneten sie mit Kämpfen und waren dementsprechend bewaffnet.
Dann ergaben sich massive Veränderungen in der westlichen Hallstattzeit. Die immens reich ausgestatteten „Fürstengräber” und riesigen Grabhügel waren der Beginn eines neuen religiösen Trends. Körperbestattungen kamen in Mode; es fing bei den Adligen an und wurde später von fast allen Bevölkerungsschichten nachgeahmt. Noch verblüffender ist die neue Ideologie.
Die Adligen von Ha D hatten nur wenige Waffen in ihren Gräbern. Nur 10–20 % der Männer sind für einen Kampf gerüstet. Die anderen tendierten dazu, kurze Zeremonialdolche bei sich zu tragen, deren Griffe für einen echten Gebrauch zu kurz waren, und es sind nur einige wenige, leichte Jagdspiesse oder eine Ausrüstung an Jagdpfeilen vorhanden. Anstelle von Rüstungen findet man teure, bestickte Stoffe und anstelle von schweren Helmen leichte, aus Birkenrinde genähte Hüte.
Das Leben in Ha D war genauso gewalttätig wie in den Jahrhunderten davor und danach. Trotzdem deuten die Begräbnisriten dieser Zeit darauf hin, dass die Adligen an ein friedliches Nachleben glaubten, wo keine echten Kämpfe nötig waren. Diese Einstellung änderte sich gegen Ende der Periode, als die meisten der alten Dynastien verschwanden. In La Tène A wurden plötzlich Feuerbestattungen beliebt, und die Asche wanderte in Flachgräber, zusammen mit Unmengen an Waffen.
Nun haben wir einige Bräuche und Traditionen in Bezug auf Begräbnisse betrachtet. Es gibt wenig feste Regeln in dieser Sache, die Grabbeigaben und die Art der Bestattung variieren sehr stark. Ein gemeinsames Merkmal der reicheren Begräbnisse ist einfach, dass eine Art Hügel errichtet wurde. Was bedeutet ein Hügel? Soll er einen schwangeren Bauch darstellen, ist er ein Gefäss des Übergangs von einer Welt in die andere? Eine kleine Meditation könnte jetzt nutzen. Willkommen in der weiten Welt der subjektiven Träume! Wenn Du etwas Originelles lernen möchtest, dann führe jetzt diese Übung durch.
Übung:
Trancereise in die hohlen Hügel
Fangen wir ganz einfach an. Wir haben hier eine fortgeschrittene Übung vor uns, die für Magier/innen mit Erfahrung gedacht ist. Ich setze mal voraus, dass Du bereits Erfahrungen in Imagination und elementarer Trancetechnik hast, und körperlich, geistig und seelisch gesund bist. Diese Praxis verlangt Fitness auf allen drei Ebenen. Falls Du Dir nicht sicher bist, lerne erst mal die Grundlagen. Zum Beispiel mit Visueller Magie.
Alles bereit? Fangen wir ganz einfach an. Denn mit guter Vorbereitung geht alles sehr viel leichter. Eine Trancereise geht am einfachsten, wenn Du weißt, Du machst es Dir jetzt erst einmal bequem. Fangen wir mit einem guten Gefühl an. Alles geht leichter, wenn Du Dir gute Gefühle machst. Das ist wesentlich sinnvoller, als darauf zu warten, dass das Universum oder sonstwer sie Dir macht. Gefühle kommen nicht vom Himmel gefallen, wir machen sie uns selbst. In unseren Drüsen, in unseren limbischen Systemen und mit Hilfe von jeder Menge Gehirnchemie. Du hast eine großartige alchemistische Werkstatt in Deinem Körper, die Dich mit vielen neuen Erlebnissen überrascht. In den drei Kesseln kannst Du Gefühle und Bewußtseinszustände gestalten, die Dir völlig neue Erfahrungen erlauben. Und weil Du jetzt die Wahl hast, willst Du Dir ein gutes oder gleich ein sehr gutes Gefühl machen? Oder eins, das besser ist als alles was Du bisher erlebt hast? Das geht in Trance, es geht im täglichen Leben, und es geht wenn Du aufwachst und Verantwortung für Dein Erleben übernimmst. Jeden Tag und immer wieder neu.
Such Dir einen friedlichen Ort, an dem Du in Ruhe sein kannst. Mach es Dir bequem. Vielleicht möchtest Du Dich vorher erst etwas bewegen. Vor allem wenn Du nur rumgesessen hast. Ein bisschen auf der Stelle laufen, springen, Arme ausstrecken, Hüfte kreisen lassen, Körperbewußtsein. Das gibt Dir ein Gefühl für Dich selbst. Und jetzt mach es Dir gemütlich. Gute Trancen brauchen keine heiligen Haltungen, sondern einfach solche, in denen Du Dich wohlfühlst und Dein Körper bleibt sich selbst überlassen und findet Erholung. Es ist einfach, im Geist zu reisen, wenn der Körper bequem ruht und auf sich selber aufpasst. Vielleicht möchtest Du für diese Reise liegen. Oder Du setzt Dich bequem hin. Sind Deine inneren Bilder klarer wenn Du es hell oder dunkel hast? Ich persönlich bevorzuge Dunkelheit, und lege mir deshalb ein Tuch über die Augen. Was eine nicht ganz neue Idee ist. Gallorömische Darstellungen zeigen Rituale, in denen die opfernden Personen ein Tuch über dem Kopf hängen haben. Es trennt sie von der materiellen Welt und bringt sie den Göttern näher. Oder vielleicht macht es einfach nur die inneren Bilder deutlicher. Vielleicht sieht es etwas bescheuert aus, funktioniert aber. In der Antike hat sich niemand was dabei gedacht. Aber vielleicht imaginierst Du auch lebendiger vor einem hellen Hintergrund. Such Dir aus was Dir gut tut.
Und jetzt mach‘ es Dir bequem. Wenn Du sitzt, stelle beide Füße flach auf den Boden. Wenn Du liegst, bewege nochmal die Beine und Arme hin und her, bis Du Dich richtig bequem fühlst. Lass die Arme an Deiner Seite ruhen. Und werde ganz locker, während Du merkst dass Du in Dir selber ruhst. Und dass Dein Körper friedlich und entspannt sein kann, während Dein Geist sich für neue Erfahrung öffnet. Genau so. Jetzt. Arme schwer, Beine schwer, Körper ganz ruhig und locker. Atem fließt von selbst: Du bist in Dir daheim. Und Du lässt ein gutes Gefühl durch Deinen ganzen Körper leuchten. Von der Mitte bis zur Peripherie. Vielleicht ist es noch ein kleines gutes Gefühl. Du kannst es stärker machen. Dreh das gute Gefühl voll auf, lass es Deinen ganzen Körper füllen. Und das geht noch stärker. Überrasche Dich, indem Du es besser und wohliger machst als Du denkst. Sehr gut. Jetzt ist Dein Körper gut vorbereitet.
Es gibt viele Wege in Trance. Du kannst nochmal Deine Muskeln lockern. Arme und Beine, Hände und Füße. Und Dein Gesicht. Locker, schwer, warm, und gut durchblutet. Vielleicht möchtest Du Dich mit Suggestionen in Trance bringen. Du kannst Dir sagen, dass Du jetzt einfach los lässt. Und jetzt immer tiefer und tiefer in Trance. Tief in Dich hinein. Und während Dein Atem ruhiger wird, sinkt Deine Aufmerksamkeit in Dich hinein und Du fühlst wie Du immer tiefer sinkst, genau so, in eine bessere und tiefere Trance. Denn jetzt kann Dein Körper da draussen auf sich selber aufpassen, denn Du tauchst in Dir drinnen in die Stille und den Frieden ein und Du wirst immer ruhiger und Deine Gedanken werden langsamer und Deine innere Stimme klingt angenehm ruhig und relaxed und sprichst Dich sanft und freundlich immer tiefer. Sprich langsam und behutsam. Ein paar einfache Worte bei jedem Ausatmen. Und noch langsamer. Richtig schön beruhigend. Und während Du langsamer und ruhiger wirst, denn Du hast Zeit, viel Zeit, kommst Du ganz von selbst in eine ruhige und tiefe Trance in Dir drinnen und jetzt noch tiefer und vielleicht merkst Du wie dieses gute Gefühl aus Deiner Mitte Dich durchströmt und Du sendest es nach außen, weit nach außen in Deinen Körper und der lockert sich noch mehr, immer tiefer, denn jetzt ist genau der Zeitpunkt sich richtig gut zu fühlen und während Du noch tiefer sinkst bist Du bereit etwas wirklich Neues zu lernen. Oder Du denkst einfach gar nichts bestimmtes, denn jetzt kannst Du loslassen. Wenn Du einfach vor Dich hin döst, fängt Dein Hirn an Alphawellen zu produzieren. Diese Rhythmen sind langsamer als Dein Alltagsbewußtsein. Du kennst sie vom Einschlafen, aber diesmal bleibst Du wach. Es passiert ganz von selbst wenn Du nichts Bestimmtes tust. Und auf diesen Wellen findest Du den Weg, ganz langsam und wohlig, in eine gute Halbschlaf Trance die Deinen Geist für neue Erfahrungen öffnet. Noch langsamer jetzt. Denn jenseits von Alpha geht’s erst richtig los.
Und jetzt denk Dir ein nettes, freundliches Hügelgrab. Vielleicht möchtest Du ein Hügelgrab auf der weiten Ebene wo die großen Winde wehen, oder vielleicht ein Hügelgrab unter schattigen Buchen im Zwielicht der Dämmerung oder eines auf einer Anhöhe über dem endlos langen Strand. Vielleicht ist es allein im Dickicht, oder umgeben von anderen Grabhügeln. Mit Gras überwachsen, vielleicht mit einem Ring von Steinen umgeben, oder alt und verfallen und flach, ganz wie es Dir zusagt. Oder es ist eins was Du kennst und bei dem Du Dich wohl fühlst. Oder eins in einer dramatischen Umgebung, das Dich aufregt und verunsichert. Such Dir aus was Dir gut tut.
Geh um den Hügel herum. Sieh ihn Dir von allen Seiten an. Fühle die Erde, spüre die Luft, horch in Deine Welt hinein. Nutze alle Deine Sinne. Imagination wird realer, wenn Du alle Sinne vereinst. Du kannst sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken. Und Du kannst das alles noch stärker machen. Viel stärker. Wenn Du innere Bilder siehst, dreh die Farbe auf, mach Sie groß, hol sie immer näher ran, wickel sie um Dich herum oder gehe hinein! Wenn Du den Wind spürst, fühl ihn am ganzen Körper! Höre die Geräusche um den Hügel herum, rieche diesen Geruch und schmecke diese Stimmung.
Was möchtest Du noch? Ein wenig mehr Atmosphäre, eine bestimmte, verzauberte Tageszeit, eine Landschaft die Deine Phantasie beflügelt? Imagination sollte begeistern. Sie sollte groß und deutlich und eindrucksvoll sein. Sie sollte Dich von Kopf bis Fuß berühren und bewegen. Vielleicht brauchst Du ein paar Wiederholungen um den Hügel ’echt‘ zu machen. Oder es passiert ganz von selbst, denn dieser Hügel hat nur auf Dich gewartet.
Der Hügel ist bereit wenn Du es bist. Vielleicht verunsichert Dich das. Sehr gut. Manchmal ist Furcht ein deutliches Signal, dass Du etwas belebt hast, was weit über Dein Denken hinaus geht. Und das es etwas zu entdecken gibt, was Dein Ego schaudern macht. Was Du brauchst ist ein imaginärer Hügel, der magisch aktiv und lebendig ist, und in sich Geheimnisse birgt, die Deine Träume übertreffen. Ein Hügelgrab mit Eigenleben.
Als nächstes öffnet sich ein Weg ins Innere. Vielleicht findest Du einen Eingang. Oder, hier sind wir im Land mittelalterlicher Märchen und Legenden, Deine Seele (oder was auch immer Du für Dich hältst) verwandelt sich in ein kleines Tier. Manchmal ist das innere Ich eine Schlange. Oder eine Maus, oder ein Wurm, ein Käfer oder eine Spinne. Oder etwas völlig Fremdes. Es kann auch abstrakt sein, eine Farbe, ein Nebel, ein Symbol oder eine Flamme. Eine menschliche Gestalt kann manchmal im Wege sein, aber auch tierische Formen haben ihre Grenzen. Was bist Du jenseits aller Formen? Such Dir aus was zu Dir passt. Und finde einen Weg in Deinen Hügel. Immer tiefer und tiefer. Durch das dunkle, schwere Erdreich. Durch die warme, feuchte Finsternis. Zwischen Wurzelfasern und Steinen und den Wassern der Unterwelt, durch Ritzen und Höhlen hinab. Denn hier geht es immer tiefer. Bis Du zu den verborgenen Kammern kommst. Es gibt jede Menge davon. Und jede ist eine eigene Welt. Jede birgt neue Erfahrungen. Denn dies ist Dein Jenseitshügel, Dein Weg in die Anderswelten, und davon gibt es unendlich viele. Jede voller Träume, jede voller Realität. Denn was in den Anderswelten geschieht, verwandelt das Diesseits auf magische Weise. Tief innen ist auch draußen. Aber Du musst erst richtig draußen sein um das drinnen zu verstehen, dass Dich nach draußen bringt, und umgekehrt.
Was Du aufgebaut hast ist Imagination, aber was sich daraus entwickelt ist mehr. Früher oder später wirst Du Ideen und Traumvisionen erleben, die Dich überraschen. Wo kommen sie her und was bedeuten sie? Manche von Ihnen könnten geschichtliche Relevanz haben. Manche mögen von den Erbauern der hohlen Hügel kommen, oder von den Generationen, die auf sie folgten. Andere könnten Deine eigenen Inspirationen sein, oder Botschaften Deines Tiefenselbst, oder einfach Erfahrungen die Dich begeistern und weiterbringen. Vielleicht sind es reale Ereignisse und vielleicht Szenen im Anderswelttheater. Oder es sind Spukbilder, Wunschträume oder Zufallsschemen, Wünsche und Alpträume. All das ist möglich. Und noch viel mehr. Bewahre einen ruhigen, klaren Geist und staune. Hier geht es nicht darum, nach ’wahr‘ und ’falsch‘ zu unterscheiden. Vielleicht empfängst Du geschichtliche Realität und vielleicht ist es einfach ein Traum, der Dich auf Deinem Weg weiterbringt. Alles ist möglich, und von allem kannst Du etwas lernen. Eine Vision muss nicht unbedingt ’wahr‘ sein um Dein Leben zu verändern. Wichtig ist, dass die Veränderung Dich zu einem freieren, glücklicheren Menschen macht, der gerne lernt und viel lacht und ganz neu durchs Leben geht.
Nur wenn Du Zeug in Deinen Kopf bekommst, das nichts mit den Hügelwelten zu tun hat oder Dich nervt, solltest Du eingreifen. Wenn Dir zum Beispiel Erinnerungen von der Arbeit hochkommen, oder Spekulationen über die Zukunft, oder den Alltagskram, den Crowley die ’tägliche Zeitung‘ nannte, ist es Zeit, Dich wieder an den Hügel zu erinnern. Denk an den Hügel. Mach das Bild groß und nah, bringe Gefühl und Klang dazu, rieche und schmecke das Erdreich und Dein Alltagsdenken wird schnell vergessen sein.
Vielleicht kommen Dir sogar Szenen aus anderen Leben in den Kopf. Manchen Trancereisenden geht es so. Vielleicht sind es Erfahrungen die Du gemacht hast, als Du noch nicht Du warst (denn Du warst damals ganz bestimmt nicht Du, jedenfalls nicht so), oder Erfahrungen anderer Leute. Wer weiß schon, wo das Tiefenselbst mit anderen verschmilzt, wo die Individualität aufhört und das Allselbst beginnt. Solche Erinnerungen sind leichter zu empfangen, wenn Du darauf verzichtest, sie als Deine eigenen zu betrachten. Je mehr Du am ‘ich‘ hängst desto weniger wirst Du verstehen, denn dieses Ich ist nicht das Ich von jetzt und schon garnicht das Ich von morgen. Ich ist ein Fokus von Bewußtsein und stufenlos veränderbar. Es formt sich in jedem Leben neu. Du lernst mehr, wenn Du weniger Du bist, denn hier ist alles möglich.
Wir sind hier im Land der hemmungslosen Subjektivität. Wichtig ist vor allem, was Deine Visionen Dir bedeuten. Wenn sie Dich bewegen, wenn sie Dich verwandeln und wenn sie Dich auf Deinem Weg weiterbringen, sind sie, pragmatisch gesehen, wahr genug. Dein Hügel ist eine Vorstellung, aber dasselbe gilt für Deine Persönlichkeit, Deine persönliche Geschichte und all das was Du für Dich für wahr hältst. Es ist eine bardische Wahrheit, die die Welt zu einer Geschichte macht, und Dir Deinen eigenen Mythos verleiht. Das ist natürlich nicht das selbe wie eine wissenschaftliche Wahrheit, denn Subjektivität lässt sich nicht von anderen ermessen. Und all das entspringt einer Repräsentation. Du repräsentierst Deinen Hügel in Deiner Vorstellung. Du gibst ihm Bild und Ton und Gefühl. Die andere Seite gibt ihm Leben.
Vielleicht ist die Repräsentation überzeugend und vielleicht nicht. Nun, eine detaillierte Repräsentation überzeugt stärker als eine hingehudelte, schlampige oder schwache Vorstellung, aber was den Realitätsgehalt angeht ist eine so gut wie die andere. Beide könnten wahr oder falsch sein. Denn die Qualität Deiner Vorstellung ist keine Garantie für ihren Wahrheitsgehalt.. Ob eine Vision wahr oder falsch ist, hat hier keine Relevanz. Viel wichtiger ist, welche Vision für Dich jetzt nützlich ist. Auch das gehört zu den Wahrheiten der Druidinnen und Druiden, Barden, Zauberer, magischen Frauen, Hexen und Geschichtenerzähler. Der Hügel in den Du gehst ist ein unbekannter Teil von Dir selbst, und die Höhlen und Tunnel darin führen Dich weit darüber hinaus.
Gehe behutsam, lerne mit offenem Geist, finde die Schätze in Deiner Tiefe, vergiss das Beste nicht und kehre erfrischt und neu erschaffen zurück. Denn der Grabeshügel ist auch ein schwangerer Bauch und aus der Tiefe kommt ein neuer Mensch zurück. Jung und offenherzig und bereit zu staunen, lernen und zu lachen. Wie neugeboren.
Wenn Du so weit bist, kehre um. Gehe den Weg zurück den Du gekommen bist. Verschließe die Durchgänge und Pforten hinter Dir sorgfältig. Erinnere Dich an Deinen Körper und fülle ihn auf, bis in die Zehen, bis in die Fingerspitzen, vom Beckenboden bis zum Kopf.
Nimm tiefe Atemzüge. Und während Deine Gedanken schneller werden, fange an Dich zu räkeln, strecke die Arme und Beine, öffne die Augen, jetzt wach und klar und ganz hier, erfrischt und gut gelaunt, und wenn du so weit bist, stehe gemächlich auf. Lass Dir ruhig Zeit dabei. Wenn Du lange in Trance warst, brauchst Du einen Augenblick um in der Welt anzukommen. Dein Hirn stellt sich um, Dein Nervensystem passt sich an, die Welt ist neu und frisch und Du auch.
Und schreib‘ sofort auf, was Du erlebt hast. Egal ob viel oder wenig, Du wirst Deine Erinnerung leichter behalten, wenn Du die Welten verbindest und den Erinnerungsbericht festhältst.
Und falls Du Dich neben der Spur fühlst, mach‘ eine Bannung, nimm‘ eine kalte Dusche und geh eine Runde spazieren in der frischen Luft.

Die Toten auferstehen lassen
Im Reich der Toten gibt es viel verborgenes Wissen zu entdecken, beziehungsweise in dem Teil Deines Geistes, den Deine lebendige Persönlichkeit für tot hält (d. h. der jenseits des Ego existiert). Darum geht es bei Nekromantie. Wenn Du einen Grabhügel erforschst, führst Du tatsächlich ein Ritual zur Beschwörung der Toten durch. Das klingt wild und dramatisch; allerdings passiert das Selbe, wenn Du Bücher von einem bereits verstorbenen Autor liest. An diesem Punkt möchte ich hinzufügen, dass Rituale zur Beschwörung der Toten einen respektablen Platz im magischen Repertoire der mittelalterlichen Barden hatten. Das berühmte irische Werk Dindsenchas beruht auf genau dieser Idee. Wörtlich übersetzt bedeutet der Ausdruck „Hügel-Geschichten”, oder, genauer, Geschichten über Grabhügel und Hügelsiedlungen. Diese Geschichten wurden in der Zeit vom 9. bis zum 11. Jahrhundert unserer Zeit gesammelt und bestehen im Wesentlichen aus der Erklärung von Ortsnamen. Die irischen Poeten glaubten, es sei wichtig, das Wissen über das Land am Leben zu halten. Ihr Repertoire an Geschichten geht in die Hunderte und umfasst örtliche Traditionen, die Geschichten von Hügeln, Straßen, Grabhügeln, Dörfern, Flüssen und Teichen. Wenn derartiges Wissen oder irgendein anderes Stück Geschichte zufällig in Vergessenheit geraten war, versammelten sich die Poeten, um einen Ritus zur Beschwörung der Toten durchzuführen. Sie nutzten einen Grabhügel, der irgendeinem verstorbenen Helden zugeordnet wurde und ließen ihn auferstehen, um zu erfahren, wie es sich wirklich zugetragen hatte – und zwar von jemandem, der dabei gewesen war. (Ein gutes Beispiel dafür findest Du im Tain). In ähnlicher Weise wurde Taliesin (oder zumindest einer, der diesen Namen trug) von Fürst Elffin gebeten, die Namen der Helden zu nennen, die unter den Grabhügeln Britanniens schlummerten (Schwarzes Buch von Carmarthen, 19).






