Sonne, Strand und ganz viel Meer

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Die Flaschenpost
Der achte Urlaubstag fing genauso an wie die anderen. Gleich nach dem Frühstück fuhren sie alle an den Strand. Mias Vater verzog sich in den Schatten und las Zeitung, Mama und Nora, Mias große Schwester, cremten sich ein, bis sie glänzten, und legten sich in die Sonne.
Zuerst vertrieb Mia sich die Langeweile damit, dass sie Salzen und Pfeffern spielte und Nora Sand auf den eingecremten Bauch streute. Meistens machte Nora das so wütend, dass sie Mia den ganzen Strand entlangjagte, was ziemlichen Spaß machte. Aber heute wischte Nora sich bloß den Sand vom Bauch und sagte, ohne die Augen zu öffnen: „Bau dir ’ne Sandburg, Kleine, und kriech ganz tief rein, ja?“
Mia hatte natürlich keine Lust, alberne Baby-Sandburgen zu bauen, und für eine richtig große Sandburg war kein Platz zwischen all den Bäuchen und Beinen. Also hockte Mia nur da, bohrte die Zehen in den Sand, starrte aufs Meer hinaus und guckte alle zehn Minuten auf ihre wasserfeste Uhr. Um eins ging ihr Vater immer mit ihr Eis essen. Aber das dauerte noch ewig.
Das Meer leckte an ihren Zehen. Eine leere Flasche Sonnencreme schwamm auf dem Wasser, ein paar Eisstiele, eine Sandale und, etwas weiter weg, eine grüne Flasche. Irgendwas steckte da drin, etwas Weißes. Sah aus wie ein zusammengerollter Zettel …


Eine Flaschenpost! Mia sah sich um. Niemand sonst schien die Flasche bemerkt zu haben. Schnell lief sie ins Meer und fischte sie aus dem Wasser. Dann setzte sie sich wieder in den Sand und lugte neugierig durch das grüne Glas. Ja, da steckte ein zusammengerolltes Stück Papier drin. Und es war auch was draufgeschrieben. Mia zerrte erst mit den Fingern am Korken, dann mit den Zähnen. Endlich flutschte er raus.
Das Blatt war ein bisschen feucht geworden. Mia rollte es auseinander und strich es mit sandigen Fingern glatt.
Wer dies Geheimnis löst, las sie, kriegt einen Schatz. Folge den fünf schwarzen Steinen und finde das, was blaue Punkte hat.
Erstaunt guckte Mia sich um.

Schwarze Steine. Wie sollte sie in dem Menschengewimmel schwarze Steine finden? Sie stand auf und schlenderte suchend am Wasser entlang. Tatsächlich, da lag ein schwarzer Stein. Den nächsten fand Mia zwei Meter weiter. Eine Frau wollte gerade ihre Strandtasche draufstellen. Der dritte lag ein ganzes Stück weiter auf einem leeren Handtuch und der vierte schmückte die Spitze einer Sandburg. Mia nahm ihn in die Hand und sah sich um.
Lauter fremde Gesichter. Hatte sie sich jetzt verlaufen? Nein, dahinten wälzte Nora sich gerade vom Bauch auf den Rücken. Beruhigt ging Mia weiter. Wo war der fünfte Stein? Sonnenschirme, nackte Bäuche, zerfledderte Zeitungen, angebissene Brote und – da lag er! Schwarz und glatt. Neben einer Fünf aus kleinen Muscheln. Nachdenklich hob Mia ihn auf. Jetzt fehlte nur noch das Etwas mit blauen Punkten.
„Vielleicht ein Ball“, murmelte Mia. „Oder ein Handtuch.“ Hinter ihr kicherte jemand. Mia drehte sich um.

Ein Mädchen grinste sie an. Ungefähr so alt wie Mia, na ja, vielleicht etwas älter. „Hallo“, sagte es. „Ich bin Etta.“ Ettas Badeanzug hatte mindestens tausend blaue Punkte.
„Her mit dem Schatz“, sagte Mia. „Ich hab dich.“
Etta grinste noch breiter, griff in den Brustbeutel, der um ihren Hals baumelte, und hielt Mia eine kleine Krebsschere hin. „Da! Ist das Beste, was ich hier bisher gefunden hab. Ich hab schon ’ne Menge gefunden. Aber die meiste Zeit langweilt man sich, oder?“
Mia nickte und ließ die Krebsschere auf- und zuklappen. „Wo sind deine Eltern?“, fragte sie.
Etta zeigte auf zwei Liegestühle. „Schlafen. Da muss man sich schon was einfallen lassen, um die Zeit totzuschlagen.“

Den Rest der Ferien verschickten Mia und Etta gemeinsam Flaschenpost-Briefe. Etta schrieb sie, Mia warf sie ins Meer. Sie suchten zusammen Flaschen und Schätze, aber so was Tolles wie die Krebsschere fanden sie leider nicht noch mal. Sie malten Steine schwarz an, legten die Steinspuren und beobachteten, wer ihre Post aus dem Wasser fischte.
Einmal fand ein Junge, der sie schon oft geärgert hatte, die Flasche. Da buddelte Mia Etta ein, bis nur noch der Kopf rausguckte und kein einziger blauer Punkt ihres Badeanzugs mehr zu sehen war.

Der Blödmann suchte den ganzen Strand nach blauen Punkten ab. Ziemlich dumm sah er dabei aus. Etta kriegte vom Zuschauen so einen Kicheranfall, dass der Sand von ihrem Bauch rutschte und Mia ganz schnell neuen draufschaufeln musste.
Irgendwann warf der Junge die Flasche wütend zurück ins Meer und Etta sagte: „Tja, unsere Schätze kriegen eben nur Leute, die uns gefallen. Stimmt’s?“
„Stimmt auf jeden Fall“, sagte Mia. Und dann warteten sie auf den nächsten Flaschenpost-Finder.


Dünenschweine
Jo mochte das Meer nicht. Vielleicht, weil er nicht besonders gut schwimmen konnte. Manchmal kam es ihm vor wie ein riesiges nasses Tier, das ihn einfach wegschlabbern wollte.
Aber Jo liebte den Strand. Wo sonst konnte man meterhohe Sandburgen bauen, mit Türmen und Gräben, Muscheldächern und langen Gängen, in denen es wunderbar kühl war, wenn Jo die sonnengebratenen Arme reinsteckte? Jo buddelte leidenschaftlich gern. Zu Hause zogen ihn die Nachbarskinder damit auf, dass er immer noch im Sandkasten spielte, aber das interessierte Jo nicht.
Eines Tages, die Ferien hatten gerade angefangen, holte ihn sein Großvater morgens ab und fuhr mit ihm ans Meer. Es war noch früh, als sie ankamen, und der Strand war fast leer. Jo suchte sich einen Platz nah am Wasser und legte sein Werkzeug zurecht: Eimer, Schaufeln, Gießkanne, ein paar verschieden dicke Stöcke. Dann machte er sich an die Arbeit, während sein Großvater im Liegestuhl hinter der Zeitung verschwand.
Als der Strand sich langsam füllte, hatte Jo einen Burgberg aufgeschüttet, der fast einen Meter hoch war. Der Graben drum herum war so tief und breit, dass Jo darin knien konnte. Sorgfältig klopfte er den Berg oben platt, formte Mauern mit Zinnen darauf, Treppen, Tore und vier dicke Türme.

Dann fing er an, in den Berg hinein einen unterirdischen Gang zu graben. Das war immer das Allerbeste. Jo stellte sich die Gewölbe vor, in die der Gang hinabführte: geheimnisvolle Schatzkammern und Verliese, in die der Burgherr seine Feinde warf. Jos Finger gruben und gruben. Er holte immer mehr feuchten Sand aus der Tiefe. Als sein Arm schon bis zur Schulter in dem kühlen Gang steckte, berührten seine Finger plötzlich etwas Weiches.

Jo zog den Arm so hastig zurück, dass er ein Riesenloch in den Berg riss. Schnell klopfte er den Sand wieder fest und schob den Arm vorsichtig noch einmal in das Loch. Da! Da war es wieder. Weich und pelzig. Jo versuchte, nach dem Etwas zu greifen, aber es kratzte ihn mit winzigen Krallen. Erschrocken riss er die Hand zurück und lugte in das dunkle Loch.
Augen leuchteten ihm entgegen, schmal und grün. Und plötzlich schoss ein kleines pelziges Gesicht aus dem Loch, sah sich hastig um und wisperte: „Hast du Sonnencreme?“
Sprachlos hielt Jo dem Pelzgesicht die Flasche hin.
„Die Sorte mögen wir nicht“, wisperte es und verschwand wieder in der sandigen Tiefe.
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