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100 Tipps für Weinkenner
und solche die es werden möchten
Was kommt heraus, wenn eine ausgewiesene Benimm-Expertin mit vielen privaten Genuss-Ambitionen und ein erfahrener, weit gereister Weinjournalist beschließen, zusammen ein Weinbuch zu machen?
Ein Kompendium, das ungewöhnlichen Dingen auf den Grund geht und sie von neuen Seiten beleuchtet. So erfahren Sie zum Beispiel, dass reife Weine durchaus einige Jahre im Anbruch in guter Form bleiben, wie man mit Aufschneidern in Sachen Wein umgeht und sich im Restaurant beim Genießen korrekt benimmt. Sie können lesen, warum es keinen Diabetikerwein mehr gibt und wie man beim Öffnen einer Champagner-Flasche das Übersprudeln bremst.
Sie erfahren auch, dass Strohwein nicht aus Stroh gekeltert wird, was modische Begriffe wie Spontangärung und Terroir wirklich bedeuten, wie Wasser und Wein miteinander harmonieren.
© 2012 Little Helper Verlags GmbH, Konstanz www.little-helper-verlag.de
eISBN 978-3-939445-67-8
1. Auflage 2020
© 2012 bei der Little Helper Verlags GmbH, Konstanz
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung, Verbreitung und Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
www.little-helper-verlag.de
Illustrationen: Birgit Poth-Lengefeld
Layout und Satz: Oliver Ueltzhöffer
Logo: Ildikó Erzsébet Buchner
eISBN 978-3-939445-67-8

Agraffe
Alkoholfreier Wein
Allgäu
Anbruch
Angeber/Aufschneider
Anstoßen
Aperitif
Aromen - im Weißwein
Aromen - im Rotwein
Ausland - Tipps zum Ungang mit Wein/Alkohol
Aussprache
Autochthon
Avinieren
Barrique
Bocksbeutel
Böckser
Bordeaux
Benehmen rund um den Weinservice
Geht grundsätzlich der Mann im Restaurant voran?
Wer bestellt Essen und Wein?
Wenn der Mann verkosten soll obwohl die Frau bestellt hat…
„Zum Wohl“ oder „Stößchen“?
Gläser halten
Lippenstift am Glas
Wenn der Gastgeber den Wein nicht freigibt Rauchetikette
Leere Weinflasche umgedreht in den Kühler?
Flasche im Anbruch mitnehmen?
Beaujolais Primeur
Biowein
Brett(anomyces
Chambrieren
Champagner öffnen
Dekantieren
Diabetikerwein
Digestif
Degorgieren
Eiweißschönung
Essen und Wein – Experimente wagen
Etikettentrinker – nur Château!
Flüchtige Säure – nicht gut selektiert
Frappieren – Schockkühlung
„Frauenwein“ – Frauen und Wein
Gemischter Satz
Geschmacksangaben
Gesunder Wein
Gewächs – erstes, großes …
Grand Vin
Griechenland
Haltbarkeit
Jahrgänge
Jubiläums-Weine
Kirchenfenster
Klassifikation
Korkenzieher
Korkfehler
Korkgeld
Kultweine
Liegen oder stehen?
Medaillen
Modeweine
Nase
Neuzüchtungen
Offene Weine/ „Hauswein
Osteuropa
Parfüm – am Menschen
Parker Robert M
Piraten – keine Partei
Prämierungen
Punkte – schmeckte 94 P.
Prosecco
Rauchen
Reife Weine
Reklamationsgründe
Réserve
Schaumweine – von Frizzante aufwärts
Selection
Sommelier – ihm vertrauen
Sommerwein – kein Kabinett
Spontangärung – „Sponti“
Spucken – standhaft bleiben
Steillage
Strohwein
Süß – edelsüß – uralt
Tastevin – wenn’s schummrig ist
Terroir
Trinktemperatur
Unfiltrierte Weine
Unverträglichkeiten
Verjus – ab in den Salat
Verschluss
VDP – der mit dem Adler
Wasser und Wein
Wein als Geschenk/Mitbringsel
Wein als Statussymbol
Weingläser
Weinpreis
Wein nachschenken
Weinstein
Wein verkosten
Winzer werden
Weinkarte im Restaurant
Über die Autoren

Vorwort
Ein paar Worte zuvor
Was kommt heraus, wenn eine ausgewiesene Benimm-Expertin mit vielen privaten Genuss-Ambitionen und ein erfahrener, weit gereister Weinjournalist beschließen, zusammen ein Weinbuch zu machen? Zumindest keines der üblichen Fachbücher. Aber ein Kompendium, das ungewöhnlichen Dingen auf den Grund geht und sie von neuen Seiten beleuchtet.
Susanne Helbach-Grosser ist seit vielen Jahren eine gefragte Expertin für persönliches Image sowie nationale und – immer wichtiger – internationale Umgangsformen. Mit ihrem Institut Takt & Stil in Schwäbisch Gmünd vermittelt sie Unternehmen und Unternehmern gesellschaftliche Spielregeln. Der gebürtige Münchner Rudolf Knoll, der seinen Wohnort Schwandorf in der Oberpfalz als „Mittelpunkt der Weinwelt“ preist (nur wenige Stunden Fahrtzeit in wichtige deutsche und österreichische Weinregionen) bereist seit vielen Jahren die weite Weinwelt, testet und bewertet jährlich Tausende von Weinen, schaut aufmerksam hinter die Kulissen und den Winzern aufs Maul.
Ihm hatte Susanne Helbach-Grosser viele Stichworte notiert, zu denen sie Genaueres haben wollte. Er fragte sich in manchen Dingen des täglichen Lebens, ob alles, was man salopp anstellt, auch nach den Benimm-Regeln korrekt ist. In viele der Antworten flossen persönliche Erfahrungen des Duos ein, die oft auch mit viel Humor unterlegt sind – Alltagskomik eben. Und nützliche Tipps für Damen und Herren (Reihenfolge hoffentlich korrekt, Susanne?) beinhalten die alphabetisch aufgereihten mehr als hundert Punkte zudem.
So erfahren die Leser zum Beispiel, dass reife Weine durchaus einige Jahre im Anbruch in guter Form bleiben, wie man mit Aufschneidern in Sachen Wein umgeht und sich im Restaurant beim Genießen korrekt benimmt. Sie können lesen, warum es keinen Diabetikerwein mehr gibt, wie man beim Öffnen einer Champagner-Flasche das Übersprudeln bremst und dass man gegen vormals kommunistische Weinländer oder Griechenland keine Vorurteile heben, sondern dass es lohnend ist, ihre Weine zu ergründen. Man bekommt Auskunft, dass Strohwein nicht aus Stroh gekeltert wird, was modische Begriffe wie Spontangärung und Terroir wirklich bedeuten, wie Wasser und Wein miteinander harmonieren und wie man als Seiteneinsteiger zum Winzer werden kann. Vielleicht sogar im Allgäu? Denn auch das vielleicht künftige 14. deutsche Anbaugebiet kommt vor…
Agraffe
Der Drahtbügel zum Festhalten des Champagner-/Sektkorkens wird meist achtlos behandelt. Aber damit tut man ihm Unrecht. Nicht sofort nach dem Aufdröseln achtlos entsorgen, sondern in Griffweite behalten. Denn wenn der Prickler, was immer wieder mal vorkommt, zu kräftig schäumt, hilft ein Stück von diesem Draht, in den Flaschenhalt gehalten, den Druck durch eine geheimnisvolle chemische Reaktion zumindest einigermaßen zu „brechen“.
Alkoholfreier Wein
Den gibt es, aber genau genommen müsste er als „entalkoholisiert“ bezeichnet werden, weil bei solchen Getränken – man wehrt sich dagegen, sie als „Wein“ zu bezeichnen – vorher schon Alkohol vorhanden war, der aber durch eine entsprechende technische Maßnahme entzogen wurde. Der Alkoholfreie ist nicht ganz erfolglos. Aber wenn schon, dann lieber Traubensaft. Ausnahmen, die schmecken, gibt es gelegentlich, doch selten. So brachte der spanische Wein-Riese Torres einen fruchtigen Moscatel namens „Natureo“ auf den Markt, der bei Verkostungen mit normalem Wein durchaus passabel abschnitt, wenngleich er als „etwas dünn“ bezeichnet wurde. Weltweit werden von ihm immerhin 720 000 Flaschen verkauft.
Allgäu
Sie kennen schon jedes interessante deutsche Weinbaugebiet und behaupten, nichts mehr fehlt in Ihrer Sammlung. Sie täuschen sich. Hier ein Tipp für eine echte Entdeckung. Am Bodensee, der nicht sehr weit weg ist vom Allgäu, wächst bekanntlich Wein. Dort sind sogar drei Anbaugebiete vertreten (Bayern/Franken, Württemberg und natürlich Baden). Aber das Allgäu schickt sich an, 14. Deutsches Anbaugebiet zu werden – natürlich nicht ganz ernsthaft, sondern mit heftigem Augenzwinkern. Vor einigen Jahren ließ sich Hotelier Armin Gross auf den Fluren seines Hotel Prinz Luitpoldbad auf den Höhen von Bad Hindelang ein Dutzend Reben vom württembergischen Winzer Gerhard Aldinger setzen, hauptsächlich die resistente Sorte Solaris. Als daraufhin die Gemeinde verkündete, sie sei die höchstgelegene Weinbaugemeinde Deutschland (auf rund 860 Meter), reagierte eine staatliche Weinbaudienststelle im fränkischen Veitshöchheim mit einer Strafandrohung wegen verbotswidriger Anlage eines Weingartens. Die Beamten hatten schlicht vergessen, nachzufragen, wie viel Reben gepflanzt wurden. Denn bis 100 qm ist alles erlaubt. Der Hotelier nutzte dies geschickt für seine Öffentlichkeitsarbeit, gründete mit Freunden einen Weinbauverein, dessen Mitglieder so nach und nach weitere kleine Flächen anlegen – immer im gesetzlichen Rahmen. Er führt inzwischen eine „Weinnacht“ durch und kürte sogar schon die erste Allgäuer Weinkönigin. Einige Liter Wein wurden inzwischen auch bereits geerntet…
Anbruch
Wein ist stabiler als viele Leute denken. Wenn Sie eine Flasche am Abend nur zur Hälfte geleert haben, kann es durchaus sein, dass der Inhalt am nächsten Tag oder sogar einige Tage später noch köstlicher schmeckt. Dafür sind keine technischen Tricks mit Stickstoff oder irgendwelchen Pumpen notwendig.
Einfach wieder den Verschluss auf die Flasche, ab in den Kühlschrank und dann am Tag drauf viel Spaß. Das gilt natürlich nur für gehobene Qualitäten und nicht für die 1,99-Buddel aus dem Supermarkt. Die Methode ist durchaus auch für gute Rotweine anwendbar, diese müssen dann nur zwei, drei Stunden vor dem nächsten Schluck dem Kühlschrank entnommen werden.
Süßweine können lang im Anbruch stehen. Sie verlieren auch nach Wochen nichts von ihrer Qualität.
Im Extremfall bleiben sie über Jahre hinweg gut trinkbar (getestet mit einer 1967er Silvaner Beerenauslese aus Franken, die nach zehn Jahren noch fast genauso gut schmeckte, wie der gleiche Wein, frisch entkorkt).
Oft ist der Lufteinfluss gut für Wein. Ein 1971er aus Bordeaux, der im ersten Moment nach feuchter Kellertreppe und Moder roch sowie im Geschmack streng und abweisend war, hatte einen Tag später alle Unarten abgelegt, war im Aroma verführerisch und im Geschmack großartig. Derartige Weine also nicht sofort vernichten, sondern ihnen eine Chance geben.
Angeber/Aufschneider
Sind Weinkenner mal nicht zu einer bedeutenden Probe, sondern zu einem zwangslosen Beisammensein mit Wein eingeladen, ist überhebliches Getue völlig fehl am Platz! Wer den Weinfreak heraushängen lässt, Phrasen drescht, wichtigtuerisch am Glas schnüffelt oder sogar angewidert vor dessen Inhalt zurückschreckt, bringt oft Gastgeber(innen) in Verlegenheit oder gar Bedrängnis. Klar gibt es Flops in der Flasche oder Sorten, gegen die man eine Abneigung hat. Die ABC-Front (Anything but Chardonnay – alles, nur kein Chardonnay) ist immer noch aktiv, obwohl sich die Sorte inzwischen viel facettenreicher präsentiert als vor zehn Jahren.
Aber man kann sich ja dann verstärkt dem Mineralwasser widmen. Genehmigt ist lediglich der dezente Hinweis auf einen Korkschmecker, aber dann auch so, dass derjenige, der die Flasche geöffnet hat, nicht blamiert wird. Nicht: „Der Wein hat aber einen gruseligen Korkfehler, haben Sie den nicht bemerkt?“, sondern „beim ersten Reinriechen habe ich nichts bemerkt, aber jetzt kommt er mir verdächtig vor. Was meinen Sie?“
Fazit: Wer keinen Wert darauf legt, in dieser Dekade noch mal eingeladen zu werden, sollte am Wein und am Essen rumnörgeln was das Zeug hält.
Wie verhält man sich in netter Runde einem „Weinkenner“ gegenüber ohne die gute Stimmung zu zerstören? Mit kleinen Gegenfragen, die ihn an seine Grenzen führen: „Was ist denn das?“ „Wie ist Ihre Erfahrung damit?“ kann man den Besserwisser meist einbremsen.

Anstoßen
Manches verbietet der Anstand bei dieser Sitte.
Mit vielen Verrenkungen lassen manche über den Tisch oder Tafel die Gläser klirren, und das alle paar Minuten. Das gilt als nicht fein. Eigentlich gehört es sich, nur mit Tischnachbarn anzustoßen, und nur zu besonderen Anlässen. Ausnahmen sind immer dann angebracht, wenn es in einem begrenzten persönlichen oder beruflichen Umfeld zur Würdigung eines Moments (Vertragsabschluss, Beginn des neuen Jahres, etc.) albern wäre, althergebrachte Traditionen anzuzweifeln und zu verweigern. Es geht dabei eher um die Geste, nicht um den Klang der Gläser.
Aperitif
In der Schweiz auch Apéro – lateinisch, aperire = öffnen, kommt aus Italien. Wer „erfand“ den Aperitif? Die Römer mischten einst aus Wein, Honig und Wermutkraut einen sehr bitteren Mulsum. Bereits im 16. Jahrhundert sprach die Medizin von aper(i) tivus (öffnend) wenn sie ein abführendes Heilmittel verabreichte. In Turin wurde 1786 von Antonio Benedetto Carpano der Wermut mit einem relativ hohem Zuckergehalt erfunden. Das Kunstwort „Aperitif“ gibt es erst seit 1888 – es entwickelte sich in der französischen Sprache (aperitf = Magen(öffner) und wurde wohl im 20. Jahrhundert ins Deutsche übernommen.
Eine Art Stehparty meint der Begriff „Apéro“ in der Schweiz. Anschließend gibt es nicht zwangsläufig ein Essen. Für einen „Apéro riche“ wird ordentlich aufgefahren und ein „Apéro Dînatoire“ meint eine gesellige Runde mit selbst gemachte Häppchen.
Wie auch immer – ein Aperitif ist ein meist alkoholisches Getränk, das vor dem Essen konsumiert, den Appetit anregt. Seine soziale Funktion: man lernt sich kennen, wartet auf eventuelle Nachzügler, den Gästen verkürzt es die Wartezeit bis zum Servieren der Speisen. Wird im Restaurant ein Aperitif zunächst an der Bar genommen, bis der Tisch bereit ist, lässt man das Glas mit dem Aperitif-Rest an den Tisch bringen. Das macht der Gast nie selbst.
Beim Mittagessen ist ein Aperitif aus Vernunftgründen entbehrlich, zum Abendessen gehört er dazu. Geeignete Aperitifs sind: Champagne, Sekt, Frizzante und Spumante, Cava (der Spanier) und Crémant, Kir, trockene, leichte Weißweine, Port, Lillet (sehr in Mode: Wein mit 15 % Fruchtlikör), Campari Soda oder mit Orangensaft, Sherry oder Martini, Aperol Spritz, auch ausgesuchte Obstessige mit Honig verfeinert, Verjus, Cynar, der klassische Martini mit einer grünen Olive. Am Mittelmeer beliebt: Pastis, Ouzo, Raki – Anisgetränke, die mit Wasser verdünnt werden, allerdings betäuben sie die Geschmackssinne für längere Zeit. Ein Bier ist ein guter Durstlöscher, jedoch kein Aperitif. Es wird auch feinster Trinkessig in homöopathischen Dosen angeboten, der einen möglichst hohen Restsüßegehalt aufweist (aus Beerenauslesen oder Trockenbeerenauslesen). Zum Menü bzw. den dazu gereichten Weinen sollte der Aperitif auch passen, z. B. kein süßer Aperitif vor einem herben Wein, kein Mix, der Milch oder Ei enthält = Sättigungsempfinden! Kein Aperitif auf Eis vor einer heißen Suppe.
Als Knabbereien zum Aperitif sind Mandeln, Walnüsse, Kartoffelchips oder Käsegebäck beliebt und durchaus geeignet. Man sollte sich aber an ihnen nicht gleich sattessen und aufpassen, dass sie sich geschmacklich „festbeißen“, so dass man später beim Wechsel zum Wein gehandicapt ist.
Aromen
Wir atmen 23 700 Mal pro Tag ein und aus. Etwa 400 000 verschiedene Geruchsstoffe gibt es auf der Welt und mit unseren 350 Riechrezeptoren können wir ca. 10.000 Gerüche unterscheiden. Dabei genügt meist schon eine minimale Duftkonzentration. Frauen scheinen sich Gerüche besser zu merken als Männer und sie können das, was sie erschnüffelt haben, leichter benennen. Der Grund: verbale Fähigkeiten und der Kontakt mit Gewürzen beim Kochen sowie die Hausarbeit. Man merkt das bei Weinverkostungen mit Frauen, in denen sie Würzaromen exakt benennen, während sich Männer oft in allgemeine Floskeln flüchten. Es kann durchaus vorkommen, dass Frauen auch zu Begriffen wie „Waschpulver“ oder „Spülmittel“ und „Essig“ greifen, wenn sie ein negatives Aroma beschreiben.
Viele Aromen im Wein werden durch den Geruchssinn wahrgenommen. Durch leichtes Schwenken des Glases entfalten sich die feinen Aromen und geben − je nach Wein − den Duft frei von dunklen Beeren, Pfirsichen, Äpfeln, Kirschen, Cassis, Paprika, Vanille, Leder, Zigarren, Waldboden, Herbstlaub…
Warum riecht ein knackiger Riesling nach grünen Äpfeln und Pfirsich oder ein Cabernet Sauvignon nach Cassis und Paprika? Ganz einfach: dieselben chemischen Verbindungen (rund 800 wurden bislang nachgewiesen), die in Früchten enthalten sind, kommen auch im Wein vor. Über die Traube gelangen Aromastoffe in den Wein. Je nach Rebsorte und Herkunft hat sie jeweils andere Aromakomponenten transportiert. Viele der würzigen Aromen, wie Zimt, Vanille, Karamell, aber auch Röst- und Raucharomen, gehen auf den Ausbau des Weines im Barrique zurück. Das kleine 225-Liter-Holzfass, das ursprünglich aus Bordeaux stammt, gibt in den ersten Jahren seines Einsatzes sehr viele Geschmacksund Aromastoffe an den Wein ab (über 160, haben Wissenschaftler ermittelt).
Bei manchen Weinbeschreibungen darf geschmunzelt werden. Sie sind oft sehr phantasievoll und erfindungsreich. Auch wird auf diesem Feld gern abgeschrieben und neu kombiniert, aber so, dass es nicht zusammenpasst. Typisch ist der Fall eines Winzers, der beim Riesling darauf hinweist, dass dieser nach Banane duftet – was für einen Kenner ein Hinweis ist, dass der Wein sortenuntypisch ist und besser nicht gekauft wird. Denn Riesling hat klare Fruchtaromen (Zitrus, Pfirsich, Grapefruit) zu haben. Deshalb hier eine kleine Übersicht der häufigsten Aromen im Wein.
WEISSWEIN
Ananas: Ihr dezent süßliches Aroma zeigt sich in jüngeren Weißweinen (auch Riesling); es schwächt sich mit der Zeit ab.
Apfel: Sein Duft ist einer der Hauptbestandteile vieler Champagner und Weißweine (vor allem Riesling und Chardonnay). Weintraube und Apfel haben beide von Natur aus Apfelsäure.
Birne: In vielen fruchtigen Weißweinen, aber auch im Champagner tritt ihr zartes Aroma auf.
Bitterschokolade: Bei edelsüßen Weinen (Beeren- und Trockenbeerenauslesen, nicht Eiswein) teilt sich die Edelfäule (Botrytis) oft durch den Duft nach Bitterschokolade mit.
Brioche: Man kennt das Gebäck aus fettem Hefeteig als Beilage zur foie gras, aber der Duft ist auch typisch für qualitativ besonders wertvollen, reifen Champagner.
Grapefruit: Der feine Duft dieser erfrischenden, aber auch leicht bitter schmeckenden Frucht ist Bestandteil frischer Rieslinge und Chardonnays. Er kommt aber auch in edelsüßen Weinen vor.
Honigmelone: Das intensive Aroma kommt deutlich bei australischen Chardonnays oder der Sorte Semillon zum Ausdruck.
Paprika: Gedünstet oder etwas grün schimmert er im Aroma bei beliebten Sauvignon blanc durch, der aber manchmal auch nach Holunder oder Stachelbeere duftet, wenn er nicht ganz ausgereift war.
Pfeffer: Beim Grüner Veltliner, der Hauptsorte Österreichs, ist das typische „Pfefferl“ unverkennbar. Pfirsich: Seine Aromen kommen in frischen, jungen Weißweinen (Riesling) und auch in einigen Champagnern vor.
Rosen: Ein typischer Gewürztraminer duftet unverkennbar nach Rosenblättern.
Vanille: Ihr typisches Aroma präsentiert sich in weißen und auch roten Weinen, die in neuen Eichenholzfässern ausgebaut wurden.
Zimt: Das dezent süßliche Aroma kommt meist in Weinen zum Ausdruck, die im Holzfass ausgebaut wurden. Dazu zählen bei den Weißweinen hauptsächlich Gewürztraminer und bei den Rotweinen Merlots aus Bordeaux und Shiraz aus Australien.
Zitrone: Ihr anregender, frischer Duft ist charakteristisch für spritzige Rieslinge und Sauvignon-Blanc-Weine.
ROTWEIN
Banane: Typisch für einen jungen Beaujolais einfacherer Machart.
Bitterschokolade: Kakao- und Schokoladentöne zeigen sich häufig in reifen Rotweinen, betont durch leichte Röstaromen, die durch den Ausbau im Barrique hinzukommen. Besonders häufig ist dieses Aroma bei der Sorte Frühburgunder erkennbar.
Brombeere: Diese köstlichen Sommerfrüchte sind saftig und schmecken süß-säuerlich. Charakteristisch ist ihr intensiver Duft, ihre Aromen präsentieren sich meist in komplexen Rotweinen (Blaufränkisch/Lemberger).
Erdbeere: Das Aroma der süßen Früchtchen ist oft Bestandteil junger Rotweine, während sich der intensive Duft nach Erdbeerkonfitüre häufig in älteren Rotweinen findet.
Grüne Paprika: Ihr Duft ist relativ deutlich und präsentiert sich in fast allen Weinen aus den Rebsorten Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon.
Kirsche: Egal ob süß oder sauer, das Aroma beider Sorten kommt in Rotwein vor; besonders häufig beim Merlot.
Leder: Auch wenn es verwunderlich scheinen mag − dieser Duft, der zu den so genannten tierischen Aromen zählt, zeigt sich in älteren Rotweinen, häufig aus Cabernet Sauvignon.
Pfeffer: Viele Rotweine (vor allem Cabernet franc) haben seinen charakteristischen Duft, was in Verbindung mit fruchtigen Aromen den würzigen Geschmack ausmacht.
Tabak: In unterschiedlicher Intensität entfaltet sich sein Duft häufig in älteren Rotweinen, die im Barrique ausgebaut wurden.