Star Wars: Battlefront II – Inferno-Kommando

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Als sie es in den Hyperraum geschafft hatten, ließ Iden laut den Atem entweichen; es fühlte sich an, als hätte sie zwei Wochen lang die Luft angehalten. „Glückwunsch, Lieutenant“, sagte Gideon. „Sieht ganz so aus, als hätte das Inferno-Kommando gerade erfolgreich seine erste Mission abgeschlossen.“
„Ihr beide habt da unten gute Arbeit geleistet“, lobte sie. „Und Commander Meeko – gut mitgedacht, was das Versteck von Pereez’ Chip anging. Wo ist der Chip überhaupt?“
Seyn fischte ihn aus ihrem Ausschnitt und hielt ihn Iden hin. „Jetzt tut mir der Moff fast leid“, gestand sie. „Dass wir ihm und seiner Familie so einen Schrecken eingejagt haben – und dann auch noch am Hochzeitstag seiner Tochter. Er scheint das Mädchen wirklich zu lieben.“
Etwas in Iden krümmte sich bei diesen Worten. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Vater sie als kleines Mädchen auf dem Arm gehalten hatte. Tatsächlich konnte sie sich nicht daran erinnern, dass er sie auch nur einmal mit einer Geste der Zuneigung bedacht hatte. Und das einzige „Porträt“, das je irgendjemand von ihr gemalt hatte, stammte von ihrer Mutter als Vorlage für ihr Propagandaplakat JUNGE IMPERIALE KÖNNEN NACH DEN STERNEN GREIFEN.
„Wir haben getan, was nötig war, um die Mission zu erfüllen, Lieutenant“, sagte sie. „Und das werden wir auch in Zukunft tun.“

6. KAPITEL
Nach dem Erfolg ihrer ersten Mission fühlte Iden sich ermutigt, um die Dinge zu bitten, die das Team ihrer Meinung nach wirklich benötigte: freien Zugang zu bestimmten, als geheim eingestuften Informationen, moderne Waffen und Ausrüstung und einige spezielle Materialien.
„Das sind vertretbare Forderungen, wenn auch nicht ganz billig“, hatte Versio gebrummt, während er die lange Liste überflog. „Und das ist alles?“ Iden war nicht sicher gewesen, ob die Frage ernst oder sarkastisch gemeint war, also hatte sie vorsichtshalber den Mund gehalten. „Nun, es gibt noch etwas“, erklärte der Admiral daraufhin. „Zunächst einmal werden Sie alle befördert. Also – meinen Glückwunsch, Captain Versio. Zweitens habe ich ein Schiff für Sie. Der Rest der Einheit hat Befehl erhalten, uns dort zu treffen. Sie können gerne auch ein paar persönliche Gegenstände einpacken. Dieses Schiff wird für absehbare Zeit Ihr neues Zuhause sein.“
Es hatte in Idens Leben noch nie Platz für sentimentale Andenken gegeben. Folglich war ihre Tasche binnen fünf Minuten gepackt.
Die Corvus war eine Korvette der Raider-Klasse, schlank, grau und mit 150 Metern Länge geräumig genug, um eine größere Mannschaft zu beherbergen, die natürlich von Admiral Versio persönlich ausgewählt werden würde. Fürs Erste gab es nur zwei Crewmitglieder: eine Pilotin namens Adiana Caton und ihren Kopiloten, Weston Morro. Sie schienen beide professionell und umgänglich zu sein, und Iden war sicher, dass keiner von ihnen Probleme machen würde.
Was die Corvus selbst anging? Nun, sie war die Art Schiff, die jeden im Team zufriedenstellen würde. Sie besaß einen Hyper- und drei Impulsantriebe, an denen Meeko nach Belieben herumschrauben konnte, und sie war mit Ionenkanonen, schweren Zwillingslaserkanonen, Erschütterungsraketen und Turbolasern bestückt. Außerdem hatte man sie völlig auseinandergenommen und mit modernster Computertechnologie ausgestattet, wie Versio dem Inferno-Kommando versicherte.
„Sie werden damit zu Ihrer nächsten Mission aufbrechen“, sagte der Admiral, während er Iden durch die Korvette führte, damit sie sich an die Corvus gewöhnen konnte. Als sie am Cockpit vorbeikamen, trafen sie dort auf Gideon, der bereits dabei war, die Kontrollen zu studieren, und auf dessen Gesicht dabei ein Ausdruck tiefster Zufriedeheit lag. „Und Sie werden sie auch auf jeder weiteren Mission benutzen, sofern keine besonderen Umstände eintreten. Natürlich werden wir Ihnen schnellstmöglich eine vollständige Mannschaft besorgen.“
„Ich dachte, das Inferno-Kommando wäre eine kleine, eingeschworene Einheit“, bemerkte Iden. Die Pilotin in ihr war aufgeregt angesichts der Möglichkeiten, die ein Schiff wie die Corvus bot, aber es gefiel ihr nicht, weitere Leute an Bord zu haben, wo ihr Team doch eigentlich aus den vier „Besten der Besten“ bestehen sollte.
Ihr Vater durchschaute sie sofort – wie immer. „Meeko kann Dinge reparieren, aber er ist kein simpler Techniker. Falls es zu einem Feuergefecht kommt, werden Sie ihn an Ihrer Seite haben wollen, Captain. Sie sind alle ausgezeichnete Piloten, aber es wird Momente geben, in denen Sie niemanden entbehren können, um das Schiff zu fliegen. Eine gut ausgebildete Mannschaft, die nur tut, was ihr aufgetragen wird, ist ein Vorteil, kein Hindernis. Keine Sorge, sie werden Ihnen schon nicht den Wind aus den Segeln nehmen.“ Die letzten Worte hatten beinahe einen spöttischen Klang. Nicht wirklich. Aber beinahe.
Iden biss sich auf die Lippe. Sie würde den Köder nicht schlucken. Auch Gideon tat so, als hätte er nichts gehört. Zum Glück startete in diesem Moment Meeko sein persönliches Ablenkungsmanöver, indem er mit einem breiten Grinsen ins Cockpit trat. „Guten Tag, Admiral Versio. Captain Versio.“ Sein Grinsen wurde sogar noch breiter, als er ihren Rang betonte. „Sehen Sie mal, was ich gefunden habe.“
Hinter ihm schwebte summend ein kleiner, schwarz glänzender Droide, dessen Form und Größe an eine umgedrehte Suppenschale erinnerten. Ein roter Fotorezeptor dominierte seine Vorderseite, während vier kleinere schwarze Rezeptoren rings um seine geschwungene Kuppel angeordnet waren. Vier mehrgelenkige Arme, die in kleinen Zangen ausliefen, hingen in die Luft hinab.
„Das ist ein ID9-Sucher, oder?“, fragte Iden.
„Nein, ein ID10“, verkündete Meeko. „Frisch aus der Fabrik. Und ich werde ihn für unsere nächste Mission umbauen.“
„Sie scheinen sehr zufrieden zu sein, Agent Meeko“, erwiderte Iden bewusst förmlich, wobei sie den Titel benutzte, den sie sich nunmehr alle verdient hatten. „Was ist mit Ihnen, Agent Hask?“
„Kann mich nicht beschweren“, antwortete Gideon. „Unser Pilot wird nicht viel Zeit am Steuer verbringen, falls ich meinen Willen bekomme. Und, äh, Captain Versio – sollte Ihnen irgendetwas zustoßen, dann hätte ich das Kommando, richtig?“
„Fangen Sie besser noch nicht an, vor dem Spiegel ‚Captain Hask‘ zu üben“, entgegnete Iden amüsiert. Es war ein alter Scherz, den Gideon schon oft gemacht hatte, aber er brachte sie jedes Mal wieder zum Lächeln.
„Admiral Versio“, ertönte Seyns Stimme. „Ich habe mich gerade ein wenig in den Datenbänken umgesehen, und … ich bin beeindruckt, Sir. Es ist erstaunlich, wie viele vertrauliche Informationen Sie für uns freigeschaltet haben. Danke.“
„Sie können Ihre Dankbarkeit zeigen, indem Sie Ihre Missionen erfolgreich abschließen. Und wo wir gerade davon sprechen – Ihr nächster Auftrag wird nicht lange auf sich warten lassen. In der Zwischenzeit sollten Sie versuchen, sich jeden Zentimeter dieses Schiffes einzuprägen.“ Mit einem Nicken, aber ohne ein weiteres Wort ging Versio die Rampe hinunter, während das Team zurückblieb und ihm ein wenig verwirrt nachblickte.
„Also“, sagte Meeko schließlich. Er hatte ein natürliches Talent dafür, eine angespannte Situation aufzulockern. „Sieht aus, als hätten wir alle unsere Geburtstagsgeschenke bekommen.“ Er tätschelte den Droiden, der hinter ihm schwebte. „Aber was ist mit Ihnen, Captain?“
Sie löste ihren Blick vom Rücken ihres davonschreitenden Vaters und wandte sich Dels offenem Gesicht zu. „Alles, was ich möchte, ist, zu trainieren.“
Und das tat sie dann auch. Während Meeko mit dem Droiden beschäftigt war, Hask die Corvus so oft er nur konnte auf kleine Spazierflüge entführte und Marana sich in den Datenbänken vergrub, trainierte Iden mit laserscharfer Entschlossenheit.
Die Verletzungen, die sie sich auf Yavin 4 zugezogen hatte, waren vollkommen verheilt, aber nach der erzwungenen Passivität der letzten Wochen war sie ein wenig eingerostet. Nun wollte sie ihre alte Schnelligkeit, Beweglichkeit und Kraft so schnell wie möglich zurückgewinnen.
Also rannte sie, spielte mit den Übungsdroiden holografische Kampfsimulationen durch und trieb sich bis an ihre Grenzen. Was sie aß, aß sie nicht wegen des Geschmacks, sondern weil es perfekt auf die Bedürfnisse ihres Körpers abgestimmt war. Darüber hinaus unternahm sie ebenfalls mehrere Flüge mit der Corvus, entweder mit Gideon, Caton oder Morro als Kopilot oder allein, bis sie die Bewegungen und Eigenheiten der Korvette ebenso gut kannte wie die ihres TIE-Jägers. Und natürlich trainierte sie auch mit allen Waffen, auf die das Team Zugriff hatte, und sie sparrte mit jedem, der bereit war, gegen sie in den Ring zu steigen. Nachts fiel sie todmüde und mit schmerzenden Muskeln auf das Bett in ihrer Kabine, um wie ein Stein zu schlafen, und wenn sie am nächsten Morgen aufwachte, ging es wieder von vorne los.
Bis sich Admiral Versio meldete, um ihnen ihre nächste Mission zu geben.
Die ersten Aufträge, die das Inferno-Kommando übernahm, waren in der Regel binnen weniger Tage erledigt. Die meisten erforderten nach gründlicher Planung nur ein paar Stunden, so, wie es schon bei ihrer ersten Mission gewesen war. Eine weitere Parallele bestand darin, dass sie meistens hochrangige Würdenträger überführten. Es war desillusionierend, zu sehen, wie viele wichtige und teils auch berühmte Imperiale korrupt und kriminell waren.
„Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Leute bereit sind, die Hand zu beißen, die sie füttert“, murmelte Del, als sie sich eines Abends an einer Mahlzeit gütlich taten, die er wie aus dem Nichts herbeigezaubert hatte.
„Mich überrascht das nicht“, entgegnete Seyn. „Wenn man lange genug für den Flottengeheimdienst arbeitet, sieht man so einiges.“
„Nicht jeder kann mit Macht umgehen“, warf Iden ein.
„Ich wünschte, wir könnten uns endlich den Rebellen widmen“, brummte Gideon.
„Das wünschen wir uns alle“, sagte Iden. „Aber nach ihrem Erfolg bei Yavin wird die Rebellenallianz ihre Geheimnisse noch sorgfältiger hüten – und es allen schwerer machen, die sie an das Imperium verraten könnten.
Davon mal ganz abgesehen – was wir tun, ist wichtig. Wir helfen dabei, das Unkraut auszujäten. Ohne Korruption und Verrat wäre der Todesstern noch intakt und wir hätten den Krieg bereits gewonnen. Ich bin sicher, der Admiral wird uns noch früh genug gegen den Rebellenabschaum ins Feld schicken.“
Und sie hatte recht. Ein paar Aufträge später war es so weit … aber es war nicht, wie sie es sich vorgestellt hatten.
Die Partisanen?
Iden war aufgeregt gewesen, als man sie und ihr Team ins Büro ihres Vaters gerufen hatte. Endlich würden sie die Rebellen bekämpfen. Aber die Partisanen? Sie blickte die anderen Mitglieder des Inferno-Kommandos an und alle waren ebenso verwirrt wie sie. Nein, nicht alle, korrigierte sie sich nach einem zweiten Blick. Seyn wirkte nicht allzu überrascht.
„Sir“, begann Gideon gedehnt, „ich dachte, die Partisanen wären alle während des Minenunglücks auf Jedha getötet worden.“
Seltsamerweise schien die Bemerkung ihren Vater zu befriedigen. Mit einem schmalen Lächeln wandte er sich zu seiner Tochter um. „Agent Versio, alle in ihrem Team haben Sicherheitsfreigabe der Stufe vier. Sie können frei sprechen.“
„Ja, Sir.“ Sie wusste, was er von ihr erwartete. „Der Zwischenfall auf Jedha war kein Minenunglück. Es war der erste Test des Todessterns. Die Stadt wurde aus mehreren Gründen ausgewählt, hauptsächlich aber, weil die Vernichtung von Jedha auch Saw Gerrera und seine Partisanen eliminieren sollte.“
Versio nickte flüchtig und richtete seine Aufmerksamkeit dann auf Seyn, eine Augenbraue auffordernd hochgezogen. Die Datenspezialistin räusperte sich.
„Das ist teilweise korrekt“, erklärte sie. „Wir wissen, dass Gerrera und viele seiner Kameraden auf Jedha starben, aber es gibt Beweise, dass einige Mitglieder der Zelle zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Planeten waren.“
„Sir?“ Del hielt sich bei diesen Besprechungen meist im Hintergrund, aber nun ergriff er das Wort. „Die Partisanen waren nie eine ernst zu nehmende Bedrohung. Sie waren immer Saws Gruppe und ihre Methoden waren viel zu extrem für die Rebellenallianz. Falls einige Mitglieder noch da draußen sind, werden sie auf sich allein gestellt sein. Sie sind keine Gefahr.“
„Wie Sie gerade sagten, Agent, die Partisanen waren Saws Gruppe. Wir hatten erwartet, dass wir nach dem Tod ihres Anführers nichts mehr von ihnen hören würden; vielleicht ein letzter selbstmörderischer Angriff hier oder da, bevor sie die Orientierung und die Entschlossenheit verlieren. Aber dem war nicht so.“
Er blickte sie mit grimmigem Gesichtsausdruck an. „Eine neue Gruppe hat sich aus Saws Asche erhoben. Sie nennen sich die Träumer.“
Gideon schnaubte. „Ein hübscher Name für eine Terroristentruppe“, kommentierte er.
„Träume. Hoffnung. Das sind die Dinge, an die man sich klammert, wenn man auf einem sinkenden Schiff sitzt. Diese Träumer geben sich deutlich als Saw Gerreras Partisanen zu erkennen, und sie sind wie aus dem Nichts auf der Bildfläche erschienen. Ihr Fanatismus und ihre Gewalt sind aber nicht länger auf gelegentliche Bombenattentate oder Überfälle aus dem Hinterhalt begrenzt. Sie besitzen Informationen. Geheime Informationen. Codes, Namen, Daten – Dinge, die ein Haufen selbstmörderischer Widerständler unmöglich wissen kann. Und sie greifen ihre Ziele mit chirurgischer Präzision an.“
Iden hatte geglaubt, dass sie die Rebellen bereits hassen würde, aber während sie nun diesen Worten lauschte, zog sich ihr Magen zu einem harten Klumpen zusammen, und das Bild des Admirals verblasste vor ihren Augen. Extremistische, sadistische Terroristen benutzten hochsensible imperiale Informationen für ihre Attacken auf die galaktische Stabilität.
Ganz gleich, welche moralische Überlegenheit diese Träumer vortäuschten, alles, was sie taten, war Blut zu vergießen. Und es interessierte „Saw Gerreras Partisanen“ nicht, ob dieses Blut nun von Moffs stammte oder von Arbeitern und Kindern.
„Dann ist Saw Gerrera jetzt also ein Märtyrer?“, murmelte Meeko. „Je weniger Partisanen übrig sind, desto stärker ist ihre Überzeugung, dass sie alles tun müssen, um ihr Ziel zu erreichen. Sie werden noch gewalttätiger vorgehen, und falls ihnen sensible Informationen in die Hände gefallen sind, dann werden sie sie ausnutzen, solange sie noch die Chance dazu haben.“
„Meeko hat absolut recht, was die Einstellung dieser Terroristen angeht“, sagte Versio. „Und welche Daten sie auch in ihren Besitz gebracht haben, wir müssen sie ihnen aus den schmutzigen, blutbesudelten Händen reißen. Wenn sie nur noch ein Haufen wütender, machtloser Querulanten sind, werden sie schon bald in Vergessenheit geraten. Aber zunächst einmal brauchen wir mehr Informationen über sie.
Es scheint, als hätten die jüngsten Gewaltakte zumindest einem Partisanen die Augen geöffnet. Wir wissen, dass jemand überlaufen möchte – leider nicht direkt von den Träumern, sondern von einer kleineren, schlechter organisierten Gruppe. Aber im Moment dürften die Informationen eines jeden Partisanen nützlich sein.“
Er drückte eine Taste, und das holografische Abbild eines Sullustaners erschien über der Mitte des Tisches. „Das ist Bokk Naarg. Er kämpfte Seite an Seite mit Gerrera, bevor das Imperium überhaupt gegründet wurde. Er behauptet, dass er schon seit Längerem an den Methoden der Partisanen gezweifelt und nun endlich erkannt habe, wie hoffnungslos ihr Kampf ist. Also will er sich auf die Seite der Gewinner schlagen. Und um uns milde zu stimmen, will er uns Details über die Quelle liefern, von der die Träumer ihre Informationen bekommen.“
„Und Sie glauben ihm?“, fragte Gideon mit leisem Zweifel in der Stimme.
„Ich glaube unserem Agenten, der schon seit einer ganzen Weile Kontakt zu ihm hat. Mehr kann ich darüber nicht sagen. Unsere Aufgabe … Ihre Aufgabe ist es, Bokk da rauszuholen und hierherzubringen. Wir müssen alles wissen, was er weiß. Und ich meine alles. Gibt es noch weitere Fragen über die Bedeutung dieser Mission?“
Es gab keine. Iden spürte ein Prickeln der Aufregung. Das war eine große Aufgabe – die größte, die man dem Inferno-Kommando bislang anvertraut hatte. Jetzt konnten sie wirklich etwas bewirken.
„Gut. Captain Versio … wie werden Sie die Sache angehen?“
Jede Vorbesprechung endete auf diese Weise: Der Admiral skizzierte die Umstände und das Ziel, dann wandte er sich an Iden und forderte sie auf, spontan einen Plan auszuarbeiten.
Wann immer er das tat, überkam Iden dieses vertraute mulmige Gefühl – die Sorge, dass dies die Mission sein würde, die aus dem Ruder lief. Die Mission, bei der sie versagte.
Und jedes Mal drängte sie diese Angst in die dunkelste Kammer ihres Bewusstseins zurück und schlug die Tür zu.
„Zunächst einmal muss ich wissen, was Bokks Kontaktperson weiß“, begann sie.
Sie würden sich auf der Tellik-Station mit dem Sullustaner treffen, einem Handelsposten an einer der größeren Hyperraumrouten. Offiziell stand die Station unter der Kontrolle des Imperiums, aber allerlei galaktisches Gesindel nutzte sie für einen Zwischenstopp, um Reparaturen durchzuführen, seine Schiffe zu betanken oder sich ein wenig zu erholen.
Die Corvus dockte ohne Zwischenfall in Hangarbucht 47 an, vordergründig, um aufzutanken. Nachdem Caton und Morro die Antriebe deaktiviert hatten, herrschte einen Moment lang völlige Stille.
„In Ordnung“, sagte Iden. „Jetzt gilt’s. Unser erster Schlag gegen die Rebellen. Lieutenant Hask“ – obwohl sie stets darauf achtete, eine professionelle Distanz zu den anderen Teammitgliedern zu halten, bedachte sie ihren alten Freund mit einem Lächeln – „die Ehre, den Stein ins Rollen zu bringen, gebührt Ihnen.“
Er erwiderte das Lächeln. „Ist mir ein Vergnügen.“ Während der letzten Wochen hatte er sich nicht mehr rasiert oder seine Haare geschnitten, und seine sonst so tadellose Erscheinung war inzwischen ungepflegt genug, dass er als ziviler Frachtpilot durchging – vielleicht sogar einer, der Waren von zweifelhafter Herkunft transportierte.
Gideon wandte sich seinem „Kopiloten“ zu – oder dem, was Meeko sein Meisterwerk nannte: dem umgebauten Suchdroiden. „Komm mit“, befahl er, und die Maschine zirpte bestätigend, bevor sie ihre Arme unter sich zusammenzog und neben Hask die Rampe hinunterschwebte.
Erneut kehrte Stille auf der Corvus ein, als sie durch die Fotorezeptoren des Droiden beobachteten, wie Gideon sich einen Weg durch die überfüllte Station bahnte, bis er schließlich ein Etablissement namens Die Singularität erreichte – ein Club-Schrägstrich-Kneipe, wo der Alkohol in Strömen floss, obskure Geschäfte abgeschlossen und eine Vielzahl von Vergnügungen genossen wurden. Das Interieur schien vom Namen des Clubs beeinflusst zu sein: Wände und Möbel waren so dunkel wie ein schwarzes Loch, und hinter dem breiten Eingang befand sich ein schmaler, niedriger und dunkler werdender Gang, der tiefer ins Innere führte. Einige der Gäste im Herzen der Singularität sahen aus, als wären sie schon eine ganze Weile hier – und als hätten sie vor, noch eine ganze Weile länger zu bleiben.
Vielleicht lag es an der Architektur, vielleicht war es nur Zufall, aber in jedem Fall war dieser Club einer der wenigen Orte, wo das Imperium beide Augen zudrückte, falls die Besatzungsmitglieder imperialer Schiffe sich auf eine Weise „entspannen“ wollten, die nicht wirklich erlaubt war.
„Natürlich wissen wir über diesen Laden Bescheid“, hatte Seyn erklärt, als sie über die Singularität als potenziellen Treffpunkt diskutiert hatten. „Wir wissen auch, welche imperialen Offiziere dort zu den Stammgästen gehören. Wir haben Informationen gesammelt, um sie falls nötig zur Kooperation zu zwingen.“
Iden verzog ein wenig das Gesicht, als Hask und der ID10 den Club betraten. Die unrhythmische Musik wummerte ohrenbetäubend laut, und die Sängerinnen – einige Pa’lowick mit rundlichen Körpern, langen, dürren Gliedmaßen und winzigen Mündern am Ende stielartiger Schnauzen – hatten quietschige, trommelfellmarternde Stimmen.
„Kein Wunder, dass die Leute dorthin gehen, um krumme Geschäfte zu machen“, murmelte sie. „Niemand kann einen belauschen.“
„Droide“, sagte Del, „filtere die Musik aus.“ Der ID10 piepste und isolierte die disharmonische Kakofonie vom Rest der audiovisuellen Übertragung.
Gideon war in Position, jetzt war Iden an der Reihe. Sie erhob sich und nahm ihren weißen Helm, während Del ihren Platz an der Konsole einnahm.
Sie hatte dem Imperium nie als Sturmtruppler gedient, aber als TIE-Pilotin war sie daran gewöhnt, Helme zu tragen, und sie hatte während der letzten Tage mehr als genug Zeit in der weißen Plastoidrüstung geübt, um sich damit so mühelos zu bewegen, als wäre sie seit Jahren schon ein Truppler. Alles war standardmäßig, um keine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken – alles bis auf das Frontsichtdisplay im Inneren des Helms. Es war rekonfiguriert worden, sodass sie ebenso wie ihre Kameraden auf der Corvus die Übertragung des Droiden empfangen konnte.
„Melden, Inferno Zwei?“, sagte sie leise.
„Gut, das ist genau meine Art Bar“, erklärte Gideon. Man hatte ihm chirurgisch einen winzigen Ohrknopf aus Plastoid implantiert, ähnlich dem, den er schon bei ihrer ersten Mission getragen hatte. Jeder Satz, der das Wort gut enthielt, bedeutete, dass alles nach Plan lief. Ein Satz mit dem Wort schlecht bedeutete, es gab ein Problem, und ein Satz mit Pech bedeutete Gefahr.
„Verstanden“, erwiderte Iden. „Ich gehe jetzt in Position.“
Sie blickte zu den beiden anderen hinüber, die an Bord des Schiffes bleiben würden. „Seid auf alles vorbereitet.“
„Passen Sie auf sich auf, Captain“, sagte Meeko und Seyn fügte hinzu: „Viel Glück.“
Sie stülpte sich den Helm über den Kopf, nahm ihren Blaster und ging die Rampe hinunter, wobei sie sich auf die typische Weise eines patrouillierenden Sturmtrupplers bewegte, gelassen und gleichzeitig doch alarmbereit. Die Raumstation quoll nicht gerade über vor imperialen Soldaten, aber sie waren ein alltäglicher Anblick, sodass niemand ihr weiter Beachtung schenken sollte.
Iden begann ihren Rundgang durch den Bereich, wobei sie genug Distanz zur Singularität wahrte, um niemanden nervös zu machen, aber doch nah genug blieb, um den Club schnell zu erreichen, falls Gideon Feuerunterstützung brauchte – oder um in Sekundenschnelle zur Hangarbucht zurückzusprinten, sollte eine schnelle Flucht nötig werden.
Im Moment war die Mission acht Minuten alt und es war noch nichts schiefgelaufen.
Zumindest bis jetzt.
Gideon Hask war bester Laune. Bislang hatte er dem Imperium gedient, indem er mit seinem TIE-Jäger Rebellen vom Himmel holte, aber das hier war anders, überhaupt alles am Inferno-Kommando war anders. Jede Mission barg das Potenzial, ohne Vorwarnung in gefährliche Gewalt zu eskalieren – das war natürlich auch schon bei seinen früheren Einsätzen so gewesen – , aber hier bestand auch die Möglichkeit, dass überhaupt gar nichts geschah. Man musste auf alles gefasst sein, und Gideon hatte schnell festgestellt, dass er die Ungewissheit liebte.
Weniger begeistert war er davon, dass er die zweite Geige hinter Iden spielen musste, die immerhin fünf Jahre jünger war als er. Nun, zumindest war er diesmal derjenige, der den Kontakt zu dem Rebellendeserteur herstellen durfte, während sie in ihrer weißen Rüstung um den Club „herumpatrouillierte“. Ja, Erfolg oder Scheitern dieser Mission lagen allein in seiner Hand. Er musste Bokks Vertrauen gewinnen und gleichzeitig dafür sorgen, dass ihre Unterhaltung auf die anderen Gäste locker und ungezwungen wirkte.
Anfangs, das musste er jedoch zugeben, war ihm diese Mission ein wenig wie Zeitverschwendung vorgekommen. Seine erste Frage war gewesen, warum man nicht einfach den Imperialen schickte, der den Kontakt mit Bokk hergestellt hatte. Falls der Partisan wirklich überlaufen wollte, dann würde er sich bestimmt sicherer fühlen, wenn er dabei von jemandem Hilfe bekam, den er bereits kannte und dem er vertraute.
„Der Flottengeheimdienst meint, der Agent hätte deutlich mehr Kontakte als nur diesen einen“, hatte Seyn erklärt. „Mehr als ein Dutzend. Darum wollen sie nicht riskieren, dass seine Tarnung auffliegt. Falls irgendetwas schiefgeht, darf er nicht damit in Verbindung gebracht werden. Ich glaube nicht, dass ihr versteht, wie kompliziert Spionage sein kann – oder wie viele Leute auf die eine oder andere Weise darin involviert sind.“









