Der Mythos des Athamas in der griechischen und lateinischen Literatur

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Diesen Beispielen54 sollten einige Geschichten hinzugefügt werden, die innerhalb von Potiphars Motiv dem Mythos von Athamas ähneln.
So kann man z.B. den Bericht über Hebros in Plu. Fluu. III 1PlutarchFluu. III 155 sehen, in dem erzählt wird, wie die StiefmutterStiefmutter Damasipa ihren Stiefsohn Hebros vor seinem Vater Kassander verleumdet, indem sie ihn der Vergewaltigung beschuldigt. Blind vor Wut verfolgt der Vater seinen Sohn, bis er sich in den seither seinen Namen tragenden Fluss wirft.
Ein zweiter Fall ist der von Okna und Eunostos, deren Geschichte in einem kleinen Fragment der Dichterin Myrtis von Anthedon überliefert ist56. Hier kann man lesen, wie Okna, Kolonos’ Tochter, den Eunostos, Helios’ Sohn, vor ihren Brüdern falsch bezichtigt, die ihm dann eine Falle stellen und ihn töten. Helios wirft die Jungendlichen ins Gefängnis. Okna bereut und enthüllt die Wahrheit. Kolonos entscheidet sich, seine Kinder zu verbannen und stößt Okna von einer Klippe.
Reue, wie bei Okna, erscheint im Fall von Ino nicht, auch wenn man eine etwas ähnliche Geschichte in der I-L-M-Version bei Philostephanos (FHGPhilostephanosPhilosteph.Hist. (FHG) 37 37) oder bei Hygin (Fab. IIHyginusFab. II) sehen könnte, weil entweder eine Dienerin / ein Diener die verbrecherische Absicht der weiblichen Figur enthüllt oder eine mächtige Gestalt die Intrige erfährt, ohne zu sagen, wie sie das Böse entdeckt hat. Der gemeinsame Punkt ist, dass die Wahrheit ans Tageslicht kommt; diese Tat zieht unheilvolle Folgen für die Frau nach sich.
Interessant ist auch, dass Eunostos’ Geschichte zu der Stadt Tanagra (BöotienBöotien), auf die linke Seite des Flusses Asopos gehört und infolgedessen im Ausdehnungsbereich von Athamas’ Mythos. López Salvá denkt, „a este Eunosto se le rindió culto en un santuario en el que se prohibía la entrada de la mujeres“57; die Ähnlichkeit mit Leukotheas KultKult in der Stadt Chaironeia nach Plutarch (MorPlutarchMor. 267d-e. 267d-e) ist erstaunlich. Die spanische Akademikerin meint, dass dieser Bericht stark ätiologisch klingt, indem er zu erklären versucht, warum der Eintritt zu dem oben genannten Tempel von Eunostos den Frauen verboten war.
Also ist die Konkomitanz mit unserem Mythos sehr bedeutsam. Möglich ist, wie Prof. López Salvá oder Fontenrose bemerken, dass Potiphars Motiv ursprünglich ein Leitmotiv des Mythos von Athamas war.
Augenfällig ist nach López Salvá der Einfluss des Orients in dieser Art von Legenden: „Estas historias se sitúan generalmente en alguna corte real. Ese ambiente cortesano evoca las grandes monarquías orientales: Egipto, Mesopotamia, Ugarit, coexistentes (sic) con la realeza micénica. Y todas miran hacia Oriente“58. Bemerkenswert ist, dass Athamas’ Mythos derjenige ist, der die Griechen nach dem entferntesten Land des Orients ‚trägt‘, wo Jason und die Argonauten das Goldene VliesGoldenes Vlies finden müssen. Auf jeden Fall ist die Richtung immer ostwärts. Die einzigen Belege für westwärts sind die Ankunft von Ino bzw. Melikertes in MegaraMegara, Korinth, Korone, wie Pausanias59 es schildert, oder – das ist der äußerste Fall – in RomRom, wie bei Ovid60, der die I-P-H-Version ablehnt und die I-L-M-Version vertritt.
Ein wunderbares Tier pflegt zu erscheinen, entweder um dem Protagonisten zu helfen, wie der Widder mit dem goldenen Fell, oder ihm entgegenzutreten, wie die Chimäre. Darüber hinaus gibt es immer eine lebensgefährliche Situation, bei der die Hauptfigur Erfolg hat; danach findet sie wieder ins Leben zurück, wie Phrixos durch eine Ehe in KolchisKolchis61.
López Salvá meint, „en relación con sus orígenes (sic) en los que se puede rastrear un ritual agrario, está el hecho de que la muerte o desaparición del protagonista suele coincidir con un periodo de aridez e infertilidad, en el que la tierra se vuelve yerma y no da fruto“62; im Fall des Mythos von Athamas geschieht das Unglück, nicht wenn der Held verschwindet, wie es üblich ist, im Gegenteil, es ist der Anlass, ihn verschwinden zu lassen.
Merkwürdig ist die Hauptrolle von Poseidon in vielen dieser Mythen; in Athamas schreitet er indirekt in die I-P-H-Version ein, entweder durch den Widder, dessen Vater dieser Gott ist, oder durch die Rettung von HelleHelle im HellespontHellespont; sein Eingriff ist aber in der I-L-M-Version deutlicher.
Die Frau nimmt normalerweise ein tragisches Ende; in Athamas’ Fall, wie in jenem vom biblischen PotipharPotiphar bzw. von Phoinix, befasst sich die Legende am Ende der Erzählung nicht mit der Frau, es sei denn die I-L-M-Version gilt als Wirkung der I-P-H-Version.
Zum Schluss möge folgende Überlegung von Prof. López stehen: „Sobre estos motivos se constituye el tema de Putifar en el que se entrelaza la oposición potencia (= juventud) / impotencia (= vejez), subyacente a los ritos de fertilidad, con otras como son la oposición padre / hijo, presente en todos los mitos de sucesión, y la de los sexos mujer (principio del mal) / varón (inocencia virtuosa), propia de las sociedades patriarcales, frente a la mujer como fuente de fertilidad, al igual que la tierra-madre, característica de sociedades agrarias y matriarcales“63.
Für Phrixos ist Hyg. Astr. II 20HyginusAstr. II 20 die einzige Quelle, die ausreichende Einzelheiten anbietet, um ein Werturteil abzugeben. Zwei Angaben sind erwähnenswert: nicht die StiefmutterStiefmutter, sondern die Tante wird präsentiert. Darüber hinaus ist in dieser Fabel, wie schon gesagt, von Phrixos’ Rückkehr nach HellasHellas zu lesen, die erfolgt, damit er seine befleckte Ehre reinige, eine Tat, die man in keinem anderen Text finden kann.
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