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“Das überrascht mich, Faith. Wirklich. Sogar die Tiere mögen dich und sonst interessieren sie sich nur für mich.”
Darauf hob ich mein Kinn und ich bemerkte, dass ich aus Scham den Kopf gesenkt hatte, genau wie wenn mein Vater mir eine Standpauke hielt. Diese war normalerweise auch verdient, und trotzdem kein Vergnügen. “Tun sie das? Woher wissen sie das?”
“Normalerweise zeigen sie sich nicht vor anderen.”
“Sie hat deine kostbaren Tiere gesehen?” Thors geschockte Stimme drang kaum zu mir durch, weil Lord Jax und ich ein Lächeln miteinander wechselten, das sich wie ein geheimer Handschlag anfühlte, als ob mir eben die Mitgliedschaft in einem Geheimclub gewährt wurde.
“Tun sie nicht?” fragte ich ungläubig. Ich hatte Stunden mit ihnen zugebracht. Mehr als einmal hatten sie mich sogar angeschaut und sich fast von mir streicheln lassen. Der einzige Grund warum ich sie nicht angefasst hatte, war, weil ich nicht um Erlaubnis bitten oder Lord Jax verärgern wollte.
“Nein, tun sie nicht. Sie sind äußerst wählerisch, junge Dame. Aber ich vertraue ihrem Urteil. Also, jetzt sag mir, wer du wirklich bist und warum du in meinem Haus rumschnüffelst.”
“Liebling, sie weigert sich zu reden, also soll die Polizei sie mitnehmen.” Lady Jax schaltete sich ein. “Lord Wyse und seine Leute werden sie zum Reden bringen und das wird uns die Medien vom Hals halten. Der Name der Familie Jax kann jetzt rehabilitiert werden.” Sie war genauso drastisch und verklemmt, wie ich immer gedacht hatte. Aber ich musste ihr die einzige Qualität anrechnen, die sie im Überfluss hatte, nämlich absolute Liebe und Loyalität für ihre Familie. Ich hatte mich mit ihnen angelegt und deswegen hasste sie mich jetzt. Das konnte ich ihr nicht wirklich übelnehmen. Ich hatte sie beobachtet, ihre Gespräche mitgehört. Sobald es um ihren Sohn oder ihren Partner ging, wurde sie zur Löwin. Niemand würde ihnen ans Bein pinkeln. Niemand ihre Position oder Macht gefährden. Allein deshalb respektierte ich sie.
Aber ich hatte auch erfahren, dass die Jaxs der Familie Wyse, meinen Cousins, wie Mutter erwähnt hatte, ziemlich nahestanden. Lord Wyse war Chef der Optimus-Einheit der royalen Garden—was, soweit ich verstand, dem FBI-Chef zu Hause gleichkam. Der Inspektor Optimi war Ermittler und Staatsanwalt zugleich. Er deckte Verbrechen auf, untersuchte Beweise und klagte die Schuldigen vor Gericht an.
Lord Wyse war alt, aber sehr scharfsinnig. In der kurzen Zeit, in der ich hier war, war er bereits zweimal zum Abendessen gekommen und hatte viele Stunden entweder im Salon oder in der Bibliothek verbracht, zusammen mit dem Lord oder mit Lady Jax, oder mit beiden. Wie ich erfahren hatte, war Lady Jax früher selber Inspektorin gewesen, und zwar eine verdammt gute. Die anderen Hausangestellten hatten mir berichtet, wie genial sie war und dass sie jetzt, als sie pensioniert war, oft aktuelle Fälle beriet.
Also war ich sozusagen dabei erwischt worden, wie ich im Schlafzimmer eines FBI-Agenten herumschnüffelte.
Wie dumm. Anders als ihr tatteriger Ehemann war sie viel zu scharfsinnig und viel zu wachsam. Ich hätte warten sollen, bis sie zum Einkaufen oder einem Meeting aus dem Haus war und nicht für einen Quickie im Nebenzimmer.
Oh Mann. Eins zu null für die Gluthitze. Seit ein paar Tagen konnte ich einfach nicht mehr abwarten. Meine Geduld war, nun … hinüber.
“Tut mir leid. Ich bin nicht ihr Feind. Das verspreche ich.” Die Worte waren für Thor bestimmt, allerdings blickte ich zu Lord Jax, dessen Enttäuschung wie schwerer Nebel auf mir lag und mir den Atem raubte.
So sehr ähnelte er meinem Vater. Ich hoffte wirklich, dass es ihm gut ging. Dass sich die dummen Alien-Kopfgeldjäger die Zähne an ihm ausbeißen würden.
“Keine Sorge, wir werden die Wahrheit herausfinden.” Lady Jax trat nach vorne und nahm den Arm ihres Partners, um sich Seite an Seite mit ihm zu stellen. In diesem Moment erinnerte sie mich an meine Mutter. “Führt sie ab. Vorsicht. Sie ist gefährlicher, als sie aussieht. Sie hat nicht nur spioniert, sondern sich ihrer Festnahme widersetzt. Ich werde sofort Lord Wyse einschalten.”
Die Garden zogen meine Schultern nach hinten und manövrierten mich Richtung Tür; ich leistete keinerlei Widerstand. Nicht diesmal, nicht mit Handschellen. Meine wilden Kung-Fu-Moves von vorher ärgerten mich immer noch. Es war, als ob ein Alien meinen Körper übernommen hatte und ich einfach nur zuschauen konnte. Wie in einem Science-Fiction-Film und ich wollte nichts damit zu tun haben. Außer, dass ich alles damit zu tun hatte.
Die Fahrt zu Polizeistation ging schneller als erwartet. In weniger als zwanzig Minuten wurde ich in ein Gebäude geführt, gescannt, finster angeblickt und allgemein von allen gehasst, die meine Handschellen erblickten. Und dabei war ich es gewohnt, dass Menschen wie Tiere mich gleichermaßen vergötterten.
Aber sie waren keine Menschen, egal wie sehr Alera der Erde ähnelte. Das durfte ich nicht vergessen.
Sie brachten mich nicht in eine Zelle. Stattdessen verfrachteten sie mich in einen Raum, den ich aus zahlreichen Thrillern wiedererkannte. Tadaa—das Vernehmungszimmer. Eiskalter Tisch. Nackte, weiße Wände. Ein Stuhl, vermutlich meiner, war am Boden fest gebolzt.
Ich dachte, sie würden mich an den Stuhl fesseln, wie es aussah, hielten sie mich aber nicht für sonderlich gefährlich, denn sie nahmen mir die Handschellen ab und befahlen mir, mich zu setzen.
Ich sollte mich hinsetzen und warten.
5

Faith, Polizeistation, Vernehmungszimmer 3
Ich hatte noch nie ein Polizeirevier von innen gesehen, auch nicht auf der Erde. Ich hatte nie Ärger mit der Polizei gehabt. In der zweiten Klasse war ein Polizist in unser Klassenzimmer gekommen und hatte uns darüber aufgeklärt, wie gefährlich es war mit Fremden zu reden, aber das war's auch schon. Ich hatte einfach nie das Bedürfnis verspürt gegen das Gesetz zu verstoßen. Sich über Vorschriften lustig machen? Grenzen austesten? Klar, das kam jeden Tag vor. Aber Gesetze brechen?
Das war eher der Stil meiner Zwillingsschwester Destiny.
Trinity hatte einmal beim Nachbarn Blumen geklaut, um zum Muttertag einen Strauß daraus zu machen. Sie hatte zwar etwas genommen, das nicht ihr gehörte und Mutter hatte verlangt, dass sie der armen Misses Kluger mit den edlen Tulpen und Narzissen in der Hand ihren Fehltritt beichtete, aber das waren keine Serienkillerprobleme.
Destiny hatte einmal im Ramschladen einen Lippenstift mitgehen lassen. Mutter hatte sie sofort zurück geschliffen, den Manager rufen lassen, den Lippenstift bezahlt und dann musste meine arme Zwillingsschwester einen Monat lang Abend für Abend das Geschirr spülen, um Mutter zurückzuzahlen. Es war lächerlich, schließlich war der Lippenstift nur einen Dollar wert, als Zehnjährige aber hatte sie eine wichtige Lektion gelernt.
Und da saß ich nun, die harmloseste des Trios, und diese Leute hielten mich für einen Killer? Ausgerechnet ich saß jetzt in Polizeigewahrsam. Ich konnte es ihnen nicht wirklich übelnehmen, schließlich hatte ich den Polizisten angegriffen. Aber was hatten sie vor? Seit über einer Stunde saß ich nun hier rum—gefühlt, denn es gab keine Uhr—und wartete. Ich musste aufs Klo und fragte mich, ob sie mich absichtlich zappeln ließen, weil sie mich zusätzlich einzuschüchtern wollten.
Es gab kein Klo, kein Essen, Wasser oder Schlaf. Hatten sie etwa auch Weiße Folter auf dem Programm?
Lord Jax war enttäuscht von mir. Ich konnte es in seinen traurigen, resignierten Augen sehen und wie er die Schultern hängen ließ. Er würde mich nicht hier rausholen. Er wollte Antworten.
Lady Jax? Ha! Kein Kommentar. Ihr Ziel war es, mich zur Schnecke zu machen.
Und Thor? Gott, ich glühte bereits, wenn ich nur an ihn dachte. Ich befühlte meine Lippen und konnte spüren, wie sie nach seinem aggressiven Kuss immer noch ganz kribbelig waren. Meine Nippel führten ein Eigenleben und formten harte Spitzen unter meinem BH. Die prompte Anziehung zwischen uns würde mich nicht retten. Er wollte vielleicht gerne ficken, aber am Ende hatte er sich trotzdem nicht von seinem Schwanz leiten lassen. Zu wissen, dass er nicht gleich mit jeder ins Bett ging, fühlte sich gut an, schon gar nicht mit einer potenziell planetaren Bedrohung wie mir.
Sein Schwanz verfügte über eine Art Urteilsvermögen, oder zumindest sein Verstand.
Und wie sah es mit meinem Urteilsvermögen aus? Ich wusste nicht, ob er verpartnert, verwitwet oder sonst was war. Vielleicht hatte er sogar Kinder zu Hause und ich war rollig wie eine Katze. Ich war zwar keine Jungfrau mehr, aber ich war immer vorsichtig. Bis jetzt. Bis diese dämliche Gluthitze mich im Griff hatte.
Ich rutschte auf dem Stuhl hin und her. Doch, ich war wählerisch. Andere Hausangestellte hatten mir gefallen und einige der attraktiveren Aleranischen Männer hatten meine Gluthitze aufbrodeln lassen, aber ich war nicht bereit gewesen, sie wie ein Cowgirl zu reiten. Thor aber war es, der mich mit seiner harten, dicken Länge in der Hose um den Verstand brachte.
Ich leckte mir die Lippen und fragte mich, wie seine Haut wohl schmeckte. Es war schwer mich darauf zu besinnen, dass er womöglich der Verräter war. Jemand hatte uns in der ersten Nacht Zel auf den Hals gehetzt und danach versucht Trinity auf dem Empfang zu entführen. Alle Hinweise führten zur Familie Jax und trotzdem stellte ich mir gerade vor, wie einer der Verdächtigen mich langsam verführte oder mich gegen eine Wand schob und wie ein Wilder durchfickte.
Gerade als ich überlegte, was mir lieber wäre—langsam oder heftig—ging die Tür auf und vier Männer kamen herein.
Ich errötete, obwohl sie meine Gedanken wahrscheinlich nicht lesen konnten.
“Ich bin Inspektor Wyse,” sprach der Erste. Seiner Aufmachung und seinem Gehabe nach war er eindeutig der Boss hier. “Lord der Familie Wyse und Inspektor Optimi in der Optimus-Einheit. Ist dir klar, was das bedeutet?”
Scheiße.
Mutter hatte oft von ihnen erzählt. Sie waren Detektive, Richter und Geschworene, und zwar alles auf einmal. Er konnte mich schuldig sprechen und jahrelang wegsperren, besonders, da er ihr Inspektor Optimi war. Was für ein origineller Titel für den Obermufti vom Dienst.
Auf einmal wünschte ich mir, ich wäre auf der Erde mit einem überlasteten Pflichtverteidiger. Mein Vater war selber Richter. Er liebte Rechtsstaatlichkeit.
Dieser Mann liebte ganz offensichtlich Macht.
Inspektor Wyse sah wie Ende sechzig, vielleicht Anfang siebzig aus. Graues Haar, tiefe Furchen in seinem kantigen Gesicht. Seine Haltung aber war gerade, aufrecht, ohne jeden Stuss. Er versprühte kein bisschen Güte oder Freundlichkeit. Er war durch und durch auf seinen Job fixiert und heute war ich dieser Job.
Den Uniformen nach handelte es sich bei zwei der anderen Männer um Polizisten. Sie sahen genauso aus, wie die Männer, die mich vom Anwesen der Jaxs abgeführt hatten. Der andere Typ sah wie ein fieser Handlanger aus. Er hatte tiefsitzende, fast tote Augen. Keine Spur von einem Lächeln oder Wohlwollen auf seinem Antlitz. An der Seite zog sich vom Mundwinkel bis zum Hals eine sichelförmige Narbe über sein Gesicht. Seine Uniform war eindeutig militärisch, aber ganz in Schwarz gehalten. Kein Abzeichen oder Wappen. Er hätte alles und jeder sein können.
Oder niemand.
Alles an ihm schrie förmlich nach Mafiosi oder Männer in Schwarz. Ich konnte nur hoffen, dass es sich nicht um Ersteres handelte.
Das Narbengesicht musterte mich und bäumte sich vor mir auf, sodass ich mir ganz klein vorkam. Das war natürlich Absicht, aber es wirkte. Ich bot keinen besonders aufregenden Anblick. Mein braunes Haar war hinter meine Ohren gesteckt, ich war ungeschminkt und ich trug die einfache Dienstuniform vom Hause Jax.
“Du hast jetzt die Gelegenheit, um zu reden. Sag uns, wer du wirklich bist und warum du im Jax-Haushalt herumgeschnüffelt hast. Ich empfehle, dass du die Gelegenheit wahrnimmst, wenn nicht …”
Er blieb vage, bedrohlich. Ich sollte wie ein Kanarienvogel singen und meine Mutter und Schwestern in Gefahr bringen, oder mir würde etwas blühen.
“Falls nicht?” konterte ich.
Er zog eine graue Augenbraue nach oben und Narbengesicht verschränkte die Arme vor der Brust. Das brauchte er gar nicht, um mich einzuschüchtern. Er war schon so furchteinflößend genug.
Dann bog sich Lord Wyses Mundwinkel nach oben. Er warf den Polizisten einen flüchtigen Blick zu. “Das hier ist ein einfaches Verhörzimmer in einer Polizeiwache. Sie kümmern sich um kleinere Vergehen, einfache Gauner. Erkennst du meine Uniform?“ wollte er wissen.
“Sie sagten, Sie gehören zu Optimus-Einheit.” Ich wollte nicht so tun, als ob ich über die Gruppierung nicht Bescheid wusste. Bestimmt kannte jeder auf Alera diese Eliteeinheit. Es wäre wie so zu tun, als ob ich nie vom FBI gehört hätte. Ich musste nicht erst vom FBI in Gewahrsam genommen werden, um zu wissen, dass das eine ernste Angelegenheit war.
“Ja, und die Optimus-Einheit verfügt über ausreichend Daten, um zu wissen, dass du gar nicht existierst. Es gibt weder Fingerabdrücke, noch Irisscans oder ein Geburtszertifikat. Nichts über dich, Faith. Warum ist das so? Du musst in der Tat hoch interessante Freunde haben. Reiche Freunde. Kontakte.” Er beugte sich über den Tisch und starrte mich an, als ob er ein Insekt inspizierte. Mistkerl. “Mächtige Freunde.”
Klar, meine Identität war definitiv ein Problem. Ich war nicht hier geboren worden, hatte keinen Führerschein, kein Bankkonto, keinen Wohnsitz. Ich wusste nicht, wie sie auf Alera den Zivilstand verfolgten, aber ich nahm an, dass es ähnlich lief wie auf der Erde. Geburtsurkunden. Krankendaten. Schulakten.
In den Datenbanken des Planeten war ich nicht zu finden, weil ich bis vor kurzem noch nie auf Alera gewesen war. Ich konnte nur hoffen, dass sie keinen Gentest oder Ähnliches durchführen würden, denn dann würden sie wissen, wer ich war. Gene konnten nicht lügen. Meine Abstammung würde auffliegen. Meine Mutter würde als die Königin identifiziert werden und ich selbst als Trinitys Schwester.
Ich ließ meine Hände vom Tisch gleiten und faltete sie in meinem Schoß. Ich ballte meine Finger zusammen. Vielleicht könnte ich ihn eine Weile hinhalten? Mir etwas Zeit verschaffen und mir etwas einfallen lassen.
“Welche Art von Informationen wolltest du bei den Jaxs sammeln?” fragte er und lehnte sich noch weiter nach vorne, die Handflächen flach auf dem Tisch. Aus dieser Nähe konnte ich sehen, dass seine Augen dunkelblau waren.
Ich hob mein Kinn und schwieg. Sie hatten mich im Anwesen der Jaxs erwischt. Er glaubte, dass es mir um diese Familie ging. Er glaubte, dass ich nach Informationen konkret über sie suchte. So war es ja auch, aber nur, weil sie mir und meinen Schwestern eine Killertruppe geschickt hatten. Beinahe wären sie erfolgreich gewesen. Zum Glück hatte er keinen Grund, eine einfache Magd mit der königlichen Familie in Verbindung zu bringen. Und außerhalb der Familie Jax und den jetzt toten Garden wusste niemand, was sich in unserer ersten Nacht auf diesem Planeten abgespielt hatte.
Über die toten Wachleute wurde in den Nachrichten nämlich nicht berichtet. So viel wusste ich. Ich hatte hingeschaut.
Ausnahmsweise war ich froh darüber, dass ich mit meinem braunen Haar und braunen Augen eher meinem Vater ähnelte. Mutter und Trinity waren beide attraktive Blondinen mit heller Haut und blauen Augen. Ich sah ihnen absolut nicht ähnlich. Gott sei Dank.
“Ich habe Ihnen nichts zu sagen.” Ich konnte nicht gerade nach einem Anwalt verlangen. Ich hatte keine Ahnung, wie so etwas auf Alera lief. War ein Verdächtiger so lange unschuldig, bis seine Schuld bewiesen wurde? Bekam er einen Rechtsberater? Ich wollte mich nicht verraten, indem ich dumme Fragen stellte.
Die entsprechenden Gesetze wurden von der Königin erlassen, aber fast dreißig Jahre lang waren sie ohne so eine unterwegs gewesen. Wer weiß, was für Absurditäten sie sich ohne meine Mutter hatten einfallen lassen.
Er richtete sich auf, blickte zu den beiden Polizisten rüber und schnippte mit den Fingern. Sie kamen auf mich zu und stellten sich neben mich.
“Na schön. Wir werden das Gespräch in einer Umgebung weiterführen, die eher zum … Reden verleitet.”
Damit meinte er bestimmt kein weiches Sofa und ein paar Gläser Wein.
Narbengesicht lachte. “Die Optimus-Zelle im Bereich C wird sie in einer Stunde zum Singen bringen.”
Ich malte mir aus, was im erwähnten C-Bereich so alles abgehen könnte und das Blut gefror mir in den Adern, aber ich würde jetzt nicht einknicken. Ich durfte ihnen nicht von Trinity erzählen, oder meinem Status. Nein. Ich musste um jeden Preis schweigen. Ich musste ihnen mehr Zeit verschaffen. Mich jetzt zu verplappern würde meine Mutter in Gefahr bringen. Und Leute machten Dummheiten, wenn sie Angst hatten, wie zum Beispiel Geiseln töten, um Spuren zu verwischen.
Meine Schwestern und ich brauchten mehr Zeit. Mutter brauchte mehr Zeit. Ich konnte nur hoffen, dass ich nicht allzu teuer dafür bezahlen würde.
Die Polizisten packten meine Oberarme und zerrten mich vom Stuhl.
Und dann geschah es; ich dachte nicht nach, sondern handelte einfach. Plötzlich wurde ich von einem Energieschub erfasst und mein Körper fühlte sich an, als ob er von den Füßen aufwärts mit heißem Wasser aufgefüllt wurde.
Ich fühlte mich mächtig.
Unbesiegbar.
Ich schlitterte auf meinen klobigen Dienstschuhen herum, streckte den Arm aus und schmetterte ihn nach oben, sodass meine Hand den einen Polizisten an der Nase traf. Ein knochenbrecherisches Geräusch war zu hören. Der andere Polizist zerrte mich nach hinten und ich nutzte den Schwung, um ihn mit dem Ellbogen im Solar Plexus zu treffen, worauf er sich krümmte. Ich packte seinen Hinterkopf, drückte ihn runter und trat ihm mit dem Knie ins Gesicht.
Keiner der beiden war völlig außer Gefecht gesetzt, aber sie waren definitiv fassungslos, als ich sie festhielt und versuchte, sie bewusstlos auf den Boden zu bekommen. Sie waren mindestens fünfzig Pfund schwerer als ich und um etliches größer. Sie waren nicht leicht kleinzukriegen. Narbengesicht war es, der mir Einhalt gebot, und auch nur mit einem Betäubungsschuss aus der Ionenpistole. Ich krampfte und kippte fast vorne über, eine Hand aber packte mich und hielt mich aufrecht. Ich war nur froh, dass ich mir nicht in die Hosen pisste, als hinter meinem Rücken erneut die Handschellen klickten.
Die Betäubung war schwach, denn die Lähmung hielt nur etwa zwanzig Sekunden an. Lange genug jedoch, um mir wirklich Angst zu machen und mich so richtig in Schwierigkeiten zu bringen.
Warum war ich wie Destiny auf hundertachtzig auf die Polizisten losgegangen? Ich hatte nicht einmal nachgedacht, die Reaktion war automatisch. Mir hatte nicht gefallen, wie sie mich angefasst haben, so grob. Ich hatte nicht die Absicht, im C-Bereich der Optimus-Einheit zu verschwinden, wo zur Hölle das auch war. Aber jetzt war ich ganz sicher dorthin unterwegs. Allein. Gefesselt. Niemand würde mir helfen, besonders, da sie mich jetzt wohl als leicht gefährlich einstuften. Niemand würde mich retten. Ich würde mich selbst aus diesem Schlamassel befreien müssen.
Trinity und Leo wussten nicht, dass ich hier war. Destiny war irgendwo als verdammte Nonne unterwegs. Und ich würde nicht reden, um hier rauszukommen.
Also würde ich eben eine Weile im Gefängnis vor mich hin rotten. Destiny brauchte mehr Zeit, um ihre Mission zu vollenden. Trinity benötigte Zeit, um den Thron voll und ganz für sich zu beanspruchen. Sie brauchten mehr Zeit, um unsere Mutter zu finden.
Und ich war noch nicht fertig. Im Hause Jax saß ein Verräter, ein Verräter, der mich zu meiner Mutter führen würde. Und ich hoffte felsenfest, dass es nicht Thor war, dass der Verräter persönlich mich um den Verstand geküsst und dann zugesehen hatte, wie ich von Mutters Feinden fortgeschleppt wurde.

Thor
Als Faith aus dem Haus geführt, in den Polizeisprinter gesteckt und wegchauffiert wurde, war ich übergeschnappt.
Ich wollte bei meinen Eltern keinen Aufstand machen, aber ganz zurechnungsfähig war ich auch nicht mehr. Sie hatten meine Partnerin. In Handschellen. Sie hatten sie mir weggenommen.
In mir war plötzlich eine primitive Seite erwacht, der völlig egal war, wer sie war, was sie angestellt hatte oder warum. Ich wollte sie beschützen, sie vor den Methoden der Polizei bewahren, was auch immer sie mit ihr vorhatten.
Die Vorstellung, wie sie in dem großen Gebäude im Stadtzentrum saß, bescherte mir eine Panikattacke. Dort tummelten sich echte Kriminelle. Verbrecher. Leute, die ihr etwas antun könnten. Sie war zierlich, klein. Ich erinnerte mich an jeden weichen Zentimeter an ihr. Jemand könnte sich das zunutze machen, sie anfassen.
Ihr wehtun.
Anstatt wieder ins Haus zu gehen und mit meinen Eltern zu reden, verschwand ich ohne jedes Wort. Ich fuhr nach Hause. Die Stille in meinem Apartment machte es allerdings nur noch schlimmer. Ich lief auf und ab, so gut es ging mit einem Knochen zwischen den Beinen. Mitten im Wohnzimmer, mit Ausblick auf die Stadtlandschaft zwölf Etagen unter mir, knöpfte ich meine Hose auf und holte meinen Schwanz raus. Ich betrachtete ihn. Streichelte ihn. Ich sah zu, wie der Vorsaft an meiner Eichel entlang und über meine Finger lief.
Ich hatte ihn noch nie dermaßen hart gesehen, nicht einmal gewusst, dass er so groß werden konnte. Nie hatte ich solche Lust verspürt, als ich ihn der Länge nach rieb. Ich atmete zischend aus und dachte an Faith.
Ich stöhnte, zog meine Hand weg.
Nein! Ich durfte nicht an die Frau denken, die offensichtlich ein Gegner meiner Familie war. Zel hatte Prinzessin Trinity attackiert und da er für unser Haus arbeitete, musste ich wachsam bleiben. Unter uns gab es weiterhin einen Verräter, denn ich bezweifelte, dass die Frau, die ich geküsst hatte, zu solcher List fähig war. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Faith diejenige war, die Zel mit dem Mord an der Prinzessin beauftragt hatte.
Es war nicht völlig unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich.
Das kam nicht von meinem Verstand, sondern von meinem Herzen. Meinem Körper. Ich wollte nicht wahrhaben, dass die Frau, die für mich bestimmt war, Teil eines solch teuflischen Komplotts war.
Dann war da noch mein Schwanz, der sich lang und dick an meinen Nabel schmiegte. Er wippte, als ob er nach seiner Partnerin suchte. Nach Faith.
Sie war die Richtige. Keine Frage. Mein Schwanz zeigte wie ein Pfeil nach oben, und zwar genau auf sie. Die Göttin müsste schon einen Baumstamm vom Himmel werfen und mich k.o. schlagen, um mir ein noch eindeutigeres Zeichen zu senden.
Faith gehörte mir. Und sie saß in Polizeigewahrsam. Mutter hatte Lord Wyse rufen lassen. Lord Wyse war bei der Optimus-Einheit. Und das bedeutete—
“Mist,” fluchte ich und schob meinen zornigen Schwanz zurück in die Hose, dann lief ich zur Tür.
Sollte Lord Wyse—der Inspektor Optimi dieser unbarmherzigen Organisation— Faith in die Finger bekommen, dann würde er nicht zimperlich vorgehen. Er würde sie wie eine extrem gefährliche Kriminelle behandeln, besonders nach all dem Medienzirkus um meine Familie. Ein Verdächtiger gab den Anschein, als ob die Optimus-Einheit ihren Job machte—was nicht ausgeschlossen war—und das würde die Unruhen auf Alera versiegen lassen. Ein Verdächtiger, der für den Mordversuch an der Prinzessin verantwortlich war.
Fette Schlagzeilen.
Vielleicht war sie ja schuldig. Ich würde sie trotzdem da rausholen. Wenn sie bestraft werden musste, dann würde ich das erledigen. Ich würde ihr solange den Arsch versohlen, bis sie ein Geständnis ablegte, bis sie mir alles gab. Ihre Lust, ihre Geheimnisse und ihren Körper.
Zwanzig Minuten später war ich im Polizeirevier und fragte nach Lord Wyse persönlich. Der Polizist kannte mich scheinbar, wohl aus den verfluchten Medien. Ich war rechtmäßiger Erbe der Jax-Dynastie. Jener Familie, die die Angriffe auf Prinzessin Trinity angezettelt hatte. Wir waren nicht besonders beliebt, tatsächlich wurden wir verunglimpft. Und dem verächtlichen, empörten Gesichtsausdruck des Polizisten nach zu urteilen, glaubte er diesen Berichten.