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In den letzten Jahren des 16. Jahrhunderts hatte der junge Ferdinand als Erzherzog in Innerösterreich schon erkennen lassen, was vom Böhmenkönig oder Kaiser ganz gewiss nicht zu erwarten sein würde: Duldsamkeit, Ausgleich, die Suche nach Kompromissen. Die innerösterreichische Gegenreformation war von allen habsburgischen die erfolgreichste, aber auch die rücksichtsloseste: zahllose ‚freiwillige‘ Bekehrungen (nicht selten unter Todesangst), über zweieinhalbtausend Exilanten, darunter ein Gutteil der intellektuellen und künstlerischen Elite des Landes. Es fielen evangelische Kirchen, brannten „ketzerische“ Bücher.
Gottgefällige Regierung war für Ferdinand monarchische Regierung. Ob die pointiert monarchische Herrschaftsauffassung Ferdinands auch seine Reichspolitik als Kaiser beeinflusst hat, müssen wir noch an anderer Stelle fragen (viel spricht dafür); ganz sicher prägte sie seine Politik als Landesherr. Er sei kein „princeps modificatus“, erklärte er einmal den steirischen Landständen, sondern ein „princeps absolutus“: [<<70] eine Formel des aufkommenden Absolutismus. Wenn Ferdinand konfessionspolitische Widerstände brach, brach er damit bewusst und gezielt auch politische Widerstände überhaupt: Entmachtung der Landstände, ihrer Institutionen zugunsten der landesherrlichen Bürokratie. Eigeninteresse, Staatsräson, gegenreformatorischer Eifer verschmolzen hier zur – zeitüblichen – Melange.
Frustrierte Ständeaktivisten: Verzweiflung, die zum Äußersten treibt?
Die Böhmischen – um nun zu ihnen zurückzukehren – wussten also, was ihnen blühte. Wir haben hier seit 1617 eine zeitübliche, aber in dieser scharfen Ausprägung geradezu prototypische Konstellation: Protestantismus plus ständische Libertät versus nachtridentinischer, jesuitisch geprägter Kampfkatholizismus plus frühabsolutistischer Zentralismus.
Umso schlimmer, dass die böhmischen Honoratioren Ferdinand selbst akzeptiert hatten! Man würde gern als Psychologe analysieren (doch wird der Historiker da immer vorsichtig sein): untergründige Wut, Hass auf sich selbst (was hat man mit sich machen lassen!), aber mehr noch auf die, die einen zu dieser Selbstdemontage gezwungen haben. Und bei manchen eine Verzweiflung, die zum Äußersten trieb: Musste man nicht den definitiven Bruch mit Habsburg provozieren, einen heldenhaften, der Ehrenrettung dienlichen Befreiungsschlag, ein Über-den-Rubicon, auf dass es kein Zurück mehr geben könne und nie mehr eine Demütigung wie bei der Annahme Ferdinands? Solche Gedanken waren maßgeblich für den Prager Fenstersturz. [<<71]
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