Die Hochzeitskapelle

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Er war ein Gentleman. Und sie brauchte so sehr einen Gentleman. Aber Heirat?
„Ich weiß nicht … Jack. Ich meine … das kannst du doch nicht ernst meinen.“
„Todernst. Genau hier, genau heute. Warum nicht? Wir sind super zusammen.“
„Ich verehre dich. Ich kann mir jetzt gerade nicht vorstellen, je mit jemand anderem außer dir zusammen zu sein. Aber ich bin mir einfach nicht sicher …“
„Bist du es nicht leid, auf Nummer sicher zu gehen? Es gibt massenhaft Geschichten von Paaren, die sich nach ein oder zwei Dates verlobt haben. Eine Woche später haben sie geheiratet, und dann waren sie fünfzig, sechzig, siebzig Jahre lang verheiratet.“
„Es ist kein Wettbewerb, Jack.“
„Nein, das ist es nicht.“ Er ließ seine Hand in ihren Nacken gleiten und streichelte ihre Wange mit seinem Daumen. „Habe ich dir je gesagt, wie schön du bist? Und dass ich noch nie für jemanden so empfunden habe wie für dich? Noch nie?“
„Was ist mit Abby Conrad? Bei unserem Abschlussball hast du wie eine Klette an ihr gehangen.“
„Nicht einmal Abby Conrad.“
„Was ist mit damals, als du mich in der elften Klasse hast fallenlassen? Ein Date, und danach hast du nie wieder mit mir gesprochen. Tut mir leid, aber ich muss das ansprechen. Das hat wehgetan wie verrückt.“
„Ich weiß. Es tut mir leid.“
„Also, was ist das hier alles? Eine Wiedergutmachung? Du brauchst mich nicht zu heiraten, um mir zu beweisen, dass du dich geändert hast.“
Sein Kuss lachte auf ihren Lippen. „Taylor, ich war ein Holzkopf. Ein Vollidiot.“
„Du warst klug, witzig, Kapitän des Footballteams und hast nach deiner eigenen Pfeife getanzt. Alle Mädchen mochten dich.“
„Aber ich habe nur dich gemocht.“
„Und deswegen hast du mich sitzenlassen?“ Sie entzog sich ihm und ging mit einem neckischen Wurf ihrer Haare weiter.
„Ich weiß. Ich weiß.“ Er schob die Hand in ihre Taille, hob sie hoch und wirbelte sie herum. „Ich bin gescheut und durchgegangen. Aber jetzt habe ich die Chance, das zu tun, was ich vor zwölf Jahren wollte. Ich will mit dir zusammen sein.“ Er stellte sie auf den Sand. „In diesem Moment gibt es nur dich und mich.“
Sie sah ihm in die Augen. Suchte, forschte. Dies war jenseits dessen, was zu ihrer Persönlichkeit passte. Ja sagen zu einem spontanen Heiratsantrag, wo sie doch noch nicht einmal wusste, ob sie überhaupt etwas von „Ehe“ und „glücklich bis ans Lebensende“ hielt. Aber in seinem blauen Blick lag eine eifrige Aufrichtigkeit. Das war Liebe.
„Wag den Sprung mit mir.“ Er drückte ihre Hände und sank langsam auf ein Knie. „Taylor … Branson, willst du …“
„Du kennst nicht einmal meinen Zweitnamen.“
„Alice?“
„Nein.“
„Jean?“
„Nein.“
„Drusilla?“
„Nein.“ Mit einem Lachen und einem sanften Klaps auf den Kopf sagte sie ihm: „Jo.“
„Taylor Jo Branson, willst du mich heiraten?“
„Okay, Jack … wie auch immer … Forester …“
„Spratt.“
Sie schnitt eine Grimasse. „Du heißt Jack Spratt Forester?“
„Andrew. Jack Andrew Forester. Aber als ich Gillingham als Nachnamen benutzte, ergaben meine Initialen JAG, daher …“
„Dein Spitzname auf der Highschool.“ Endlich verstand sie. Er stand auf und barg sie in seinen Armen. „Was sagst du? Heiratest du mich?“
„Ja, Jack Andrew Forester, ich wage den Sprung. Ich heirate dich.“
Seine Lippen auf ihren waren dick und hungrig und verlangten nach ihrem Herzen. Und sie reagierte darauf, lehnte sich an ihn und ließ sich wegtreiben von den Zweifeln, die sich in ihrer Seele regten und die ihr sagten, dass Liebe niemals hielt.
Taylor stand auf, zog die Kuscheldecke vom Bett und ging auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer. „Jack?“
Aber er schlief. Sein Kopf ruhte auf der Sofalehne, und sein Atem ging schwer und gleichmäßig. Der Sandwichteller lag wackelig in seiner schlaffen Hand.
Taylor stellte ihn auf den Couchtisch, stieg über Jacks ausgestreckte Beine und ließ sich neben ihm auf dem Sofa nieder. Die Luft im Raum war frisch, das Fenster zum Balkon stand offen.
Als sie Mama damals anrief, um ihr zu erzählen, dass sie Jack Forester geheiratet hatte, war die überhaupt nicht begeistert gewesen. Und ihre Schwester Emma auch nicht.
„Was um alles in der Welt …? Bist du bescheuert?“
„Deine Schwester lässt sich scheiden, und du heiratest heimlich?“
Taylor musste eine einstündige Befragung durchstehen, bei der sich ihre seit langem geschiedene Mutter und ihre frischgeschiedene Schwester abwechselten. Sie reichten den Telefonhörer hin und her und fassten all ihr neunmalkluges Wissen in dem Satz „Lass dir bloß nichts gefallen!“ zusammen.
Jack wurde wach, als Taylor die Decke über sie beide breitete. Er öffnete ein Auge: „Hey, Babe …“
Babe. Der sanfte Kosename fiel in ihr Herz wie eine Münze in eine Jukebox und ließ eine romantische Melodie erklingen. „Psst, schlaf weiter.“
„Taylor?“
„Ja, Jack?“
„Du bist heiß.“
„Ja? Du auch.“ Jack war schon in der Highschool zum bestaussehenden Jungen gewählt worden und mit den Jahren nur noch ansehnlicher geworden.
Aber ihre idyllischen Ansichten, was Romantik anging, waren durch ihren Vater und die Scheidung ihrer Eltern jäh zerstört worden, als sie fünfzehn war. Deshalb träumte sie nicht von Märchen und von weißen Brautkleidern.
Taylor griff nach der Fernbedienung und wollte gerade den Fernseher ausschalten, als eine jüngere Ausgabe von Tante Colette über den Bildschirm marschierte.
„Weißt du eigentlich, dass du auf dem Seifenopernkanal gelandet bist? Schau, da ist Colette in einer alten Folge von Morgen ist ein neuer Tag.“
Er spähte zum Fernseher. „Sieht aus wie du.“
„Also bitte, sie sieht so atemberaubend aus.“ Taylor hatte Granny Pegs kantige Gesichtszüge und ihre pralle Erscheinung. Wie Katherine Hepburn. Colette Greer war eine elegante Schönheit mit einem Gesicht wie das Mädchen-von-nebenan. Man hatte sie als die nächste Loretta Young bezeichnet.
Taylor drückte auf die Infotaste der Fernbedienung, um die Beschreibung der Folge zu lesen. „Vivica Spenser sagt wegen Unterschlagungen ihres Finanzchefs als Zeugin vor Gericht aus. Ausgestrahlt 1985.“
Colette saß mit einer typisch großen Achtziger-Jahre-Frisur und reichlich Make-up im Zeugenstand. Die Schultern hinten, das Kinn erhoben, verlieh sie Vivica Leben. Sie beantwortete die Fragen, ohne zu zögern. Als sie aus dem Zeugenstand entlassen wurde, stand sie auf, ging zum Tisch der Verteidigung, nahm ein Glas Wasser und spritzte es dem Angeklagten ins Gesicht.
„Ha, ha, ha, weiter so, Victoria.“ Taylor stupste Jack mit ihrer Hüfte an und versuchte ihn zu wecken. „Schau mal, Jack. Colette, oder eher Vivica, hat einem Mann Wasser ins Gesicht geschleudert. Dafür ist sie doch berühmt. Vielleicht könntest du sie für die FRESH-Kampagne gewinnen. Sie könnte so tun, als wäre sie kurz davor, jemandem Wasser von FRESH ins Gesicht zu schütten, und es dann doch nicht tun und sagen: ,Nein, warte mal, diese Flasche FRESH ist zu gut für dich.‘ Dann nimmt sie ein Glas mit irgendetwas, das nicht FRESH ist, und schüttet das dem anderen ins Gesicht. Verstehst du? Brillant.“ Taylor kuschelte sich in die Kissen. „Mal ehrlich, so schwierig ist das mit der Werbung doch auch wieder nicht.“
Jack antwortete darauf mit einem tiefen, ausgedehnten Schnarcher.
Sie starrte ihn an, wie er so schlief, seine Haare standen ab, seine Lippen waren rosig und süß. „Es gibt keinen Doug Voss, Jack. Es gibt nur dich.“
Aber ihm ihr Herz vor seinem wachen Gesicht auszuschütten schien ihr unmöglich. Selbst, als er ihr den Heiratsantrag machte, und dann später, als sie bei Sonnenuntergang am Strand standen und ihre Eheversprechen und zwei Platinringe tauschten, wurden die Worte „Ich liebe dich“ seltsamerweise nicht ausgesprochen. Als fürchteten sich beide davor, ihre Liebe zu erklären. Oder eine Liebeserklärung einzufordern. Aber als sie sich das erste Mal liebten und dann ein zweites und ein drittes Mal, wusste sie, dass sie ihn liebte.
Dann kamen sie nach Hause, und die Wellen des Lebens spülten über die flache Küste ihrer Beziehung – und darüber, wie sie sie sich gegenseitig bekundeten.
„Herr, wenn du mich hören kannst, hilf uns.“
Sie glaubte, dass Gott Menschen wichtig waren, dass sie Gott wichtig waren. Sonst würde das ganze Ding mit Jesus am Kreuz keinen Sinn ergeben. Aber alles, was sie hatte, war ihr Sonntagsschulglaube.
Und der Herzschlag. Den Herzschlag, den sie als Kind gehört hatte, wenn sie abends ins Bett gekrabbelt war und ihre Gebete aufgesagt hatte.
Das war der Grund, warum sie Doug verlassen hatte. Als sie mit ihm zusammen gewesen war, hatte sie den Herzschlag nie gehört, wie sehr sie sich auch anstrengte. Sie hatte gewusst, dass das Licht, das in ihr brannte, im Ausgehen begriffen war.
Aber den Sprung zu wagen und mit Jack durchzubrennen – war das nicht das Gleiche in Grün?
Taylor stand vorsichtig auf und schob Jack so zurecht, dass er seine langen Beine auf der ganzen Länge des Sofas ausstrecken konnte. „Gute Nacht, Jack.“
„Tay?“
„Ja?“
„Die Salami war lecker.“
„Freut mich. Schlaf weiter.“
Zurück in ihrem Schlafzimmer, nahm sie sich eine andere Decke aus dem Wäscheschrank und rollte sich in ihrem Bett zusammen. Als sie einschlief, zeigte der Wecker 2 : 30 Uhr. Ein Gebet aus ihrer Kindheit stahl sich in ihre Träume.
… Lieber Jesus mein,
lass mich dir empfohlen sein …
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