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Die Dogmatik erschließt durch die Lehre vom Wesen und Handeln des dreieinigen Gottes auch die anderen dogmatischen Traktate, die unmittelbar von dieser Lehre bestimmt sind, weil die Trinitätslehre als „Summe des ganzen christlichen Heilsmysteriums […] zugleich dessen Grammatik“11 ist und somit „das Urgeschehen“ bezeichnet, „auf das hin erst die Welt christlich zur Erfahrung kommen kann“12. Anhand der Zusammenfassung der biblischen Gotteslehre und Heilsgeschichte in den altkirchlichen Bekenntnissen wird ersichtlich, wie der Glaube an den dreieinigen Gott das Handeln Gottes als Schöpfer, Erlöser und Vollender differenziert zusammenführt, weshalb die Trinitätslehre „als Integral des Wirklichkeitsverständnisses des christlichen Glaubens“13 bezeichnet werden kann und so „der Schlüssel zum Verstehen der ganzen Wirklichkeit wird“14. Das gilt nicht nur für das mit dem ersten Glaubensartikel gegebene Verständnis von Gott als Schöpfer, welches im Zusammenspiel mit den anderen beiden Glaubensartikeln zum Dialog mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen herausfordert (Kosmologie, Anthropologie). Es gilt im Horizont des Zweiten Artikels auch für das nur trinitarisch zu verstehende Heilswerk Gottes in Jesus Christus mit dessen Bedeutung für die Erlösung und das Heil der Menschen bzw. der gesamten Kreatur (Soteriologie). Nicht zuletzt ist auch im Dritten Artikel die vom Heiligen Geist begleitete Zeit der Kirche (Ekklesiologie) mit ihrer Perspektive auf die Vollendung des Heilswerkes (Eschatologie) nur im Zusammenspiel der drei Glaubensartikel über das Handeln des dreieinigen Gottes zu verstehen. So bleibt beispielsweise hinsichtlich des Kirchenverständnisses bzw. der Ekklesiologie (Lehre von der Kirche) zu beachten, dass die Gemeinschaft der Glaubenden (Kirche) durch die Struktur ihrer vielfältigen Beziehungen zu Vater, Sohn und Heiligem Geist konstituiert ist. Das lässt durch die entsprechend differenzierte Einheit in Vielfalt mannigfaltige ökumenische Implikationen transparent werden (siehe Kap. XI, zu den drei Artikeln des Glaubensbekenntnisses siehe Kap. X).15
Insgesamt erweist sich die trinitarische Gotteslehre also nicht nur als ein einzelner Traktat der Dogmatik, sondern sie führt zugleich grundsätzlich in die übrigen Traktate und Topoi der Dogmatik ein: „Dogmatik will als ganze als Entfaltung und Darstellung der Trinitätslehre angesehen werden“16. „Von Gott handelt die Dogmatik in allen ihren Teilen. Es gibt kein dogmatisches Problem, das unabhängig von der Gotteslehre zu erörtern wäre und dessen Klärung nicht auch zur Gotteserkenntnis beitrüge.“ „Die Wahrheit des Glaubens hängt an der Wahrheit Gottes. […] Dann ist also der eigentliche Gegenstand der Dogmatik, gerade weil es in ihr um den Gehalt des Glaubens geht, Gott selbst in seiner Zusage.“17 Denn „das eine Geheimnis des Glaubens in den vielen Glaubensgeheimnissen“18 besteht in der heilsgeschichtlichen Mitteilung des dreieinigen Gottes: Gott, der als Vater, Sohn und Heiliger Geist das lebendige Leben der Liebe verkörpert, erschuf den Menschen als geliebtes Gegenüber, um ihm an seiner Liebe Anteil zu geben. Die Abwendung des Menschen beantwortete Gott durch seine bis in den Tod führende Selbsthingabe im Sohn, um seine Geschöpfe im Heiligen Geist erneut in die Gemeinschaft seiner Liebe zu führen. Diese Glaubensgrundlage, die alle dogmatischen Traktate durchwaltet, legt es nahe, die Trinitätslehre als präludierenden Traktat bzw. als Formalobjekt an den Anfang der Dogmatik zu stellen. Dadurch ist der Zusammenhang der materialen Aussagen der übrigen dogmatischen Traktate gegeben, die dann als Ausführung der Trinitätslehre zu gelten haben.19 So entfaltete etwa Karl Barth die Trinitätslehre am Anfang seiner Kirchlichen Dogmatik, und zwar im Kontext der Offenbarungslehre, weil sich der dreieinige Gott in der Heilsgeschichte als solcher offenbart hat. Damit wollte Barth auch zur Überwindung der seit Thomas von Aquin vielfach vollzogenen Unterscheidung der Traktate „De Deo uno“ und „De Deo trino“ beitragen.20 Denn diese unangemessene Trennung hatte zur Vorordnung der – als natürlich erkennbar behaupteten – Einheit Gottes geführt, welcher dann das – zu offenbarende – trinitarische Gottesverständnis nachgeordnet wurde. Wie Barth und viele andere theologische Entwürfe aus den verschiedenen Konfessionen verankerte auch Wolfhart Pannenberg die Trinitätslehre in der Offenbarungslehre, um die Bestimmung der gesamten Dogmatik durch die trinitarische Gotteslehre umsetzen zu können.21
Darüber hinaus ist die trinitarische Gotteslehre insgesamt als „‚Summe und Inbegriff‘ der christlichen Theologie“22 zu bezeichnen, da sie auch alle anderen theologischen Disziplinen bestimmt. Das gilt für die Ethik ebenso wie für die Praktische Theologie oder den Dialog mit anderen Religionen. Hinsichtlich der Ethik ergeben sich für den Menschen als Ebenbild Gottes (lat. imago Dei) aus dem gemeinschaftlichen, relationalen und partizipatorischen Wesen Gottes sowohl individualethische als auch sozialethische Implikationen. Ferner verweist das Zusammenspiel der drei Glaubensartikel auf eine angemessene Zuordnung schöpfungsethischer und versöhnungsethischer Perspektiven, was besonders die Verhältnisbestimmung von natürlichen Voraussetzungen und soteriologischen Kriterien betrifft und damit das Verhältnis von Kirche und Welt. In der Praktischen Theologie sind die Implikationen der trinitarischen Gotteslehre für die Homiletik, Katechetik, Sakramentslehre (Taufe, Abendmahl) oder Liturgik ebenfalls offensichtlich. Denn Gott wird in allen Konfessionen in Gebet und Lobpreis trinitarisch angeredet sowie im Bekenntnis entsprechend bekannt,weil sich Gemeinschaft mit dem Vater im Gottesdienst durch den Heiligen Geist im Sohn vollzieht, und zwar in Antwort auf die heilsgeschichtliche Zusage von Vater, Sohn und Heiligem Geist. „Die Offenbarung […] ,trägt das trinitarische Siegel in ihrer Bewegung hin zum Menschen und in der Antwort der Menschheit an Gott‘.“23 Aus der trinitarischen Doxologie im Gottesdienst erwächst eine entsprechende Orthopraxie im Glaubensleben.24 Im Blick auf den interreligiösen Dialog bieten die verschiedenen Dimensionen des Wesens des dreieinigen Gottes vielfältige Aspekte von Anknüpfung und Differenz, nicht zuletzt in Bezug auf das Wirken des Heiligen Geistes (siehe Kap. XII).
Die hier nur angedeutete umfassende Relevanz der christlichen bzw. trinitarischen Gotteslehre für alle Bereiche von Theologie, Kirche, Mensch und Welt soll in dem vorliegenden Band erschlossen werden.
3.Aufbau
Vor dem Hintergrund der ersten beiden Abschnitte empfiehlt sich der gewählte Aufbau der Gotteslehre. Nachdem in der Einführung (I. Kap.) die konstitutive Bedeutung der trinitarischen Gotteslehre für sämtliche Grundfragen des Lebens sowie für die gesamte Theologie aufgezeigt wurde (Gotteslehre als Einführung in die gesamte Theologie) und damit ihre unverzichtbare Relevanz für die Weitergabe des christlichen Glaubens in „Gemeinde“ und „Schule“ hervortrat, soll anschließend das Spektrum der religionsgeschichtlichen, philosophischen und theologischen Dimensionen der Gotteslehre erörtert werden (II. Kap.). Es geht darum, zunächst allgemein die verschiedenen religionsgeschichtlichen und philosophischen „Zugänge zum Gottesbegriff“ darzulegen, um daran anknüpfend die „Transzendenz von Welt und Mensch“ aufzuzeigen, welche jeweils über sich selbst hinausweisen. So lassen sich die kosmologischen und anthropologischen Bedingungsmöglichkeiten von Gottesahnung und Gotteserkenntnis verdeutlichen. Dann sollen die dem Gottesbegriff „angemessenen Erkenntnisvoraussetzungen“ dargelegt werden, die den christlichen Gottesbegriff im Kontext anderer hermeneutischer Zugänge als trinitarische Selbsterschließung Gottes erkennen lassen, welche sich in der Geschichte durch Wort und Tat vollzieht. Aufgrund dieser Voraussetzungen ist anschließend das Verhältnis von „Glaube und Vernunft“ angemessen zu analysieren.
Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen es, die Grundlagen christlicher bzw. trinitarischer Gotteslehre in ihrem philosophischen und religiösen Kontext (III. Kap.) transparent werden zu lassen. Hierbei tritt auf „biblischer Basis“ hervor, wie die christliche Gotteslehre im Kontext von Philosophie und Religion durch die Kirchenväter in West und Ost entfaltet wurde. So lässt sich zeigen, auf welche Weise die altkirchliche neunizänische Theologie als Vorlage für das Ökumenische Bekenntnis von Konstantinopel (381) eine „philosophische und religiöse Revolution“ vollzog – sowohl im Blick auf den Gottesbegriff als auch im Blick auf den anthropologischen Personbegriff. Dadurch wurde allgemein nachvollziehbar, was die Dreieinigkeit Gottes bedeutet und dass durch den „trinitarischen Gottesbegriff“ ein Verhältnis freier Gemeinschaft der Liebe zwischen Gott und Mensch möglich ist, wie es vorher in der Weise in anderen Religionen und philosophischen Konzeptionen nicht gegeben war. Zugleich kommen die Implikationen der aufgezeigten Entwicklung für die „Christologie“ zum Tragen: Jesus Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch.
Auf dieser für alle christlichen Kirchen bis heute gültigen Grundlage des 4. und 5. Jahrhunderts werden dann die – auch ökumenisch relevanten – trinitätstheologischen Entwicklungen in Ost- und Westkirche mit ihren ekklesiologischen Implikationen untersucht (IV. Kap.). Die von den unterschiedlichen hermeneutischen Mentalitäten bzw. Denkvoraussetzungen im Abend- und Morgenland geprägten Weiterentwicklungen führten zu offenbarungs- und trinitätstheologischen „Einseitigkeiten in Ost- und Westkirche“, welche wiederum Einseitigkeiten im Kirchenverständnis nach sich zogen. Diese Entwicklungen wirken sich bis heute aus, wofür die Filioque-Kontroverse als Beispiel genannt werden kann: Die westlichen Kirchen haben später einseitig in das Ökumenische Bekenntnis von 381 eingefügt, dass der Heilige Geist von Vater „und Sohn“ (lat. filioque) ausgeht. Bis in die Gegenwart besteht hierin ein zentraler Streitpunkt zwischen Ost- und Westkirchen, der auch immer wieder für Unterschiede im Kirchenverständnis verantwortlich gemacht wird. Deshalb wird ein „Lösungsvorschlag für das Filioque-Problem“ entfaltet.25
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen lässt sich die Bedeutung der Trinitätslehre für die Reformation differenziert analysieren (V. Kap.). Dabei tritt hervor, welches zentrale Gewicht „Luthers Rückgriff auf die gemeinsame altkirchliche Trinitätslehre“ für seinen reformatorischen Durchbruch und das reformatorische Kirchenverständnis hatte, was von Teilen der bisherigen Lutherforschung vernachlässigt wurde. Ferner soll die „trinitätstheologische Verankerung von Zwingli und Calvin“ in ihrer Bedeutung für die reformatorische Entwicklung zum Tragen kommen.
Anschließend wird die Gotteslehre im Kontext der Aufklärung dargelegt (VI. Kap.). Nach der Erörterung „bedeutender Konzeptionen der Aufklärung“ findet eine Auseinandersetzung mit der Gotteslehre im Horizont der „Religionskritik“ statt sowie eine kritische Betrachtung der „Gottesbeweise“, um sich besser den von der Aufklärung geprägten aktuellen weltanschaulichen Denkvoraussetzungen stellen zu können – auch im Blick auf die jüngsten Formen des Atheismus.
Im Gefolge der Aufklärung kam es neben den jeweiligen konfessionellen trinitätstheologischen Einseitigkeiten vielfach zur Vernachlässigung der Trinitätslehre, woraufhin aber im 19. und 20. Jahrhundert in allen großen konfessionellen Strömungen eine Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre erfolgte, die anhand „protestantischer, römisch-katholischer und orthodoxer Konzeptionen“ aufgezeigt wird – bis hin zu den aktuellen theologischen Entwürfen (VII. Kap.) Auch dieses Kapitel soll dazu beitragen, einen inhaltlich konsistenten Überblick über die Theologiegeschichte zu gewährleisten und so eine eigenständige Auseinandersetzung und Einordnung zu ermöglichen.
Auf dieser Grundlage lässt sich eine nachvollziehbare materiale Darlegung des trinitarischen „Wesens Gottes“ und seiner „Eigenschaften“ ausführen, die darauf beruht, dass der dreieinige Gott in der Heilsgeschichte seinem innertrinitarischen Wesen gemäß „handelt“ bzw. „wirkt“26 und sich so in seinem Wesen erschließt. Es wird ersichtlich, wie der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe zu verstehen ist und welche Implikationen sich daraus für die Beziehung zwischen Gott, Welt und Mensch ergeben (VIII. Kap.).
Diese Einsichten lassen den dreieinigen Gott als Lebenshorizont des Menschen und der Welt transparent werden (IX. Kap.). Im Zusammenspiel von „verborgener und offenbarer Anwesenheit“ erweist sich der dreieinige Gott als offenbares Geheimnis, das die Antwort auf das Geheimnis von Mensch und Welt verkörpert und als das Heilsmysterium in Erscheinung tritt. Es kommt zum Vorschein, wie der „Mensch als Ebenbild des dreieinigen Gottes“ zu verstehen ist und was das für den „Sinn des Lebens und der Geschichte“ bedeutet.
Damit erschließt sich auch die Bedeutung der drei Artikel des Glaubensbekenntnisses, die das Zusammenwirken von Vater, Sohn und Heiligem Geist als Schöpfer, Erlöser und Vollender aufzeigen und damit den Inhalt christlicher Dogmatik und Theologie vorgeben (X. Kap.). So werden in diesem Kapitel automatisch die zentralen Traktate der Dogmatik im Kontext der Gotteslehre verhandelt und in ihrer aktuellen Bedeutung erörtert. Das betrifft im Blick auf „Gottes erschaffendes, erhaltendes und lenkendes Wirken“ zum Beispiel das „Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft“, wobei die im Ersten Artikel gegebene Zuordnung des schöpferischen Wirkens zum Vater dessen Zusammenwirken mit Sohn und Geist impliziert. Hinsichtlich des Zweiten Artikels wird deutlich, auf welche Weise sich die Christologie erst im trinitarischen Zusammenhang erschließt. Es tritt hervor, wie in Jesus Christus „wahre Gottes- und Menschenerkenntnis sowie Heilserkenntnis“ gegeben sind und was die „Kreuzestheologie im Licht der Auferstehung“ in ihrer Tiefe bedeutet – auch für die immer wieder gestellte „Theodizee-Frage“ nach der Vereinbarkeit von Leid und Bösem mit der Liebe des allmächtigen Gottes. In Verbindung mit diesen Ausführungen lassen sich auch die „Rechtfertigung des Sünders“ und das Verhältnis von „Sünde und Freiheit“ sowie von „Glaube und Prädestination“ aufzeigen. Danach kommen vor dem Hintergrund des Verhältnisses von trinitarischem Gott und Mensch die Grundlagen der „Ethik bzw. der christlichen Weltverantwortung“ zur Sprache. Durch die Verankerung der Kirche im Dritten Artikel wird anschließend das unmittelbare Verhältnis von „Gottes- und Kirchenverständnis“ thematisiert. Denn im Dritten Artikel gehen die Erlösung durch Jesus Christus und ihre Vergegenwärtigung durch den Heiligen Geist im Kontext des Schöpfungswerkes des Vaters ineinander über und bilden so die Grundlage der Gemeinschaft der Glaubenden. Dabei geht es auch um die Vollendung des Heilswerkes und somit um den „eschatologischen Horizont von Mensch und Kosmos“, was unter anderem das Spannungsverhältnis von „Tod und ewigem Leben“ betrifft.
Im Anschluss an den Dritten Artikel wird die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis im Blick auf alle großen konfessionellen Strömungen erörtert, also in ökumenischer Perspektive (XI. Kap.).Anhand „zeitgenössischer theologischer Entwürfe aus den verschiedenen Konfessionen“ wird gezeigt, wie sich aus offenbarungs- und trinitätstheologischen Einseitigkeiten entsprechende Einseitigkeiten im Kirchenverständnis ergeben, weil die Struktur der Gemeinschaft der Glaubenden von der Art ihrer Bezugnahme auf die trinitarische Gemeinschaft Gottes abhängt. Es folgt die Darlegung eines Ansatzes zur Überwindung der trinitätstheologischen Einseitigkeiten und ihrer Folgen für das Kirchenverständnis, so dass die „Lösung der nach wie vor bestehenden ökumenischen Grunddifferenzen“ als möglich erscheint.
Schließlich kommt neben der ökumenischen Perspektive auch der interreligiöse Dialog zur Sprache, indem analysiert wird, welche Anknüpfungspunkte und Differenzen sich für die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen ergeben (XII. Kap.). Dabei erweisen sich die durch Vater, Sohn und Heiligen Geist verkörperten Dimensionen des Wesens Gottes als Grundlage für das Gespräch über die Dimensionen des Gottesverständnisses anderer Religionen. Ein besonderer Fall dieses Dialogs liegt durch die heilsgeschichtliche Verbundenheit im „christlichjüdischen Dialog“ vor.
Angesichts der Vielfalt der zu behandelnden Aspekte erschließt sich aus dem dargelegten Aufbau der Gotteslehre von selbst, dass eine Gotteslehre zugleich ein Kompendium der Dogmatik darstellt.
Literatur
Breuning, Wilhelm: Gotteslehre. Bearbeitet von Wolfgang Beinert, in: Beinert, Wolfgang (Hg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik, Bd. 1, Paderborn [u.a.] 1995, S. 199–362.
Härle, Wilfried: Dogmatik, Berlin/Boston 42012.
Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006.
Joest, Wilfried/Lüpke, Johannes von: Dogmatik I: Die Wirklichkeit Gottes, Göttingen 52010.
Kasper, Walter: Der Gott Jesu Christi (= Das Glaubensbekenntnis der Kirche 1), Mainz 1982.
Schwöbel, Christoph: Trinitätslehre als Rahmentheorie des christlichen Glaubens. Vier Thesen zur Bedeutung der Trinität in der christlichen Dogmatik, in: Härle, Wilfried/Preul, Reiner (Hg.): Marburger Jahrbuch Theologie, Bd. X: Trinität (= MThSt 49), Marburg 1998, S. 129–154.
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1H. Rommel: Mensch, S. 13f.
2W. Kasper: Gott, S. 16.
3Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 234f.
4W.-D. Hauschild: Dogma, S. 39.
5Ebd., S. 48.
6G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 86.
7R.W. Jenson: Grundlegung, S. 11. Diese Einsicht hat nach G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 97, Konsequenzen für die Predigtlehre: „Wir haben nicht einzelne Texte zu predigen, sondern die Botschaft vom Wirken des Dreieinigen Gottes im Spiegel und aus dem besonderen Blickwinkel einzelner Texte.“ – Vgl. dazu auch M. Haudel: Gott/Lebenshorizont.
8W. Kasper: Gott, S. 13, wo er Bezug auf Thomas von Aquin nimmt (Summa theologiae), der auf bedeutende Kirchenväter wie Origenes, Gregor von Nyssa oder Augustin zurückgreift.
9Zum Beispiel hebt Philipp Stoellger den Aspekt der Passivität für das Verständnis des religiösen Aktes bzw. des Glaubensaktes hervor (vgl. P. Stoellger: Passivität). – Matthias Petzoldt betont bezüglich der Bedeutung des Subjekts für die Gotteserkenntnis im Rückgriff auf Ingolf U. Dalferth, dass es sich beim Subjekt bzw. Selbstbewusstsein – auch im Blick auf subjektive konstruktivistische Prozesse – nicht um eine fundamentaltheologische Letztbegründungskategorie handelt, sondern um eine Aneignungskategorie hermeneutischer Art (vgl. M. Petzoldt: Sinn, S. 136f.). Vgl. dazu auch U.H.J. Körtner: Gott, S. 144, und ders.: Einleitung.
10J.M. Lochman: Lebensbezug, S. 240.
11W. Kasper: Gott, S. 378.
12H. Fritzsche: Gott, Sp. 7. Vgl. I.U. Dalferth: Roots, S. 167: „Therefore the doctrine of the Trinity is not merely the summary grammar of Christian talk and thought about God. It is the regulative framework of the whole Christian life.“
13C. Schwöbel: Trinitätslehre, S. 152.
14G. Greshake: Gott, S. 24. Vgl. ebd., S. 15: „Im Herzen des christlichen Glaubens steht das Bekenntnis zum dreieinen Gott und dessen dreifaltigem Heilswirken.“
15Zur historischen, philosophischen und systematisch-theologischen Analyse dieses Zusammenhangs vgl. M. Haudel: Selbsterschließung (hier auch weitere Literatur). Auf der gemeinsamen biblischen und altkirchlichen Grundlage werden dort Lösungsansätze für ein ökumenisches Verständnis von Offenbarung, Trinität, Mensch und Kirche aufgezeigt, bevor die Implikationen dieser Ansätze für Fragen der Kircheneinheit, Mission, Weltverantwortung und des interreligiösen Dialogs hervortreten. Dabei wird der Zusammenhang von Trinitätslehre und Kirchenverständnis anhand der Kirchengeschichte und aktueller Entwürfe im Blick auf alle großen Konfessionen nachgewiesen. Es kommt zum Vorschein, inwiefern Unterschiede im Trinitätsverständnis für Unterschiede im Kirchenverständnis verantwortlich sind und wie diese Unterschiede überwunden werden können.
16E. Schlink: Dogmatik, S. 70.
17W. Joest/J. von Lüpke: Dogmatik I, S. 16 u. 106 (erstes Zitat). Vgl. W. Breuning: Gotteslehre, S. 201, 203.
18W. Kasper: Gott, S. 378.
19Vgl. ebd., S. 380.
20Vgl. K. Barth: Kirchliche Dogmatik I/1, S. 311ff.
21Vgl. W. Pannenberg: Systematische Theologie 1, S. 325f.
22J. Werbick: Trinitätslehre, S. 484.
23G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 88.
24Vgl. ebd., S. 81ff.
25Vgl. zu dem historischen Problem und den aktuellen Lösungsmöglichkeiten M. Haudel: Grundlagen.
26Die Anwendung des Begriffs „Handlung“ auf Gott wurde immer wieder problematisiert, weil diese Terminologie anthropologische Bedingungen wie das Vorgegebensein von Handlungsmöglichkeiten auf Gott übertragen könne. Deshalb zieht W. Härle: Dogmatik, S. 287ff., den Begriff des „Wirkens“ Gottes vor, da dieser den Zusammenhang von Wirken und Wirkung impliziert. Werden die anthropologischen Engführungen des Handlungs-Begriffs im Blick auf Gott ausgeschlossen, ist er durchaus auch zu verwenden, was hier in Kapitel VIII geschieht, um bei aller Entsprechung zwischen innertrinitarischem Wesen Gottes und seiner heilsgeschichtlichen Aktivität auch den Unterschied beider Ebenen hervorzuheben (heilsgeschichtliches Handeln erfolgt auch als Reaktion auf menschliches Handeln). Im Blick auf Gottes schöpferische Aktivität wird in Kapitel X,1.1 von Gottes Wirken gesprochen, um die Voraussetzungslosigkeit der schöpferischen Macht und Aktivität Gottes zu betonen.
II. Religionsgeschichtliche, philosophische und theologische Dimensionen der Gotteslehre
1.Horizonte des Gottesbegriffs
Im Allgemeinen verweist der Gottesbegriff auf eine letztgültige Wahrheit und Seinsgrundlage sowie auf ein allumfassendes Geheimnis und eine unverfügbare Eigenwirklichkeit. In der Vielfalt der religiösen und philosophischen Gottesvorstellungen zeigt sich dem personalen Wesen des Menschen gemäß immer wieder das Verlangen nach einem personalen Gott. Als solcher hat sich Gott laut biblischem Zeugnis offenbart. Durch sein dreieiniges Wesen besteht ein Verhältnis von „Gegenüber und Nähe“ zu den Menschen, das die Voraussetzung für ein persönliches Gottesverhältnis in freier und liebender Gemeinschaft bildet.
Das Wort „Gott“ enthält zwar für sich genommen noch keine bestimmte Gottesvorstellung oder eine spezifische Verständlichkeit, aber das menschliche Reden von Gott weist einen gewissen Resonanzboden auf, der das Moment des Letztgültigen und des existentiellen Angegangenseins anklingen lässt, also die Dimension einer unbedingten Bedeutung für das menschliche Leben. Dabei führt der Begriff „Gott“ als „Grenzwort“ an den Horizont der Realitäten von Mensch und Welt.1 In allen bekannten Sprachen gibt es einen Begriff für das Bedeutungsspektrum, das mit dem deutschen Wort „Gott“ verbunden ist. Der ursprüngliche semantische Gehalt des deutschen Begriffs „Gott“ lässt sich nicht mehr eindeutig klären, als wahrscheinlich erscheint es aber, dass der Begriff aus dem substantivierten zweiten Partizip des indogermanischen „ghuto-m“ der Verbalwurzel „gheu“ entstanden ist, wonach Gott als „das angerufene Wesen“ zu verstehen wäre.
Im Blick auf das religionsgeschichtliche Spektrum der Vorstellungen, die sich mit dem Gottesbegriff verbinden, können hier nur einige Hinweise gegeben werden. Insgesamt ist der Entwicklungsgang der verschiedenen Formen von Gottesvorstellungen nicht exakt zu greifen. Nach evolutionistisch geprägten Theorien werden Höherentwicklungen aus primitiv-religiösen Vorstellungen angenommen (N. Söderblom), während sogenannte Dekadenz- oder Depravationstheorien von einem Urmonotheismus ausgehen, der zu niederen – etwa polytheistischen – Formen abgesunken ist (P. W. Schmidt). Im Monotheismus, durch den besonders das Judentum, das Christentum und der Islam gekennzeichnet sind, wird ein Gott verehrt, dessen Allmacht und Ewigkeit Universalität beansprucht. Der in etlichen Kulturen des Altertums oder etwa auch im Hinduismus vorfindliche Polytheismus verteilt die göttlichen Eigenschaften auf mehrere Götter, wobei im Polytheismus häufig Rangordnungen zwischen den Göttern bestehen, die dann wieder zum jeweils subjektiven Eingottglauben führen können, was als Henotheismus oder Monolatrie bezeichnet wird. Der als personalistischer Glaube existierende Theismus geht im Monotheismus von einem transzendenten Gott als Gegenüber zur Welt aus. Dieses Gottesverhältnis kann sowohl dualistisch durch Trennung von Gott und Welt als auch identifizierend durch Gleichsetzung von Gott und Welt beeinträchtigt oder aufgelöst werden. Der nach der Aufklärung aufkommende dualistische Deismus sah Gott nur noch als den Initiator der Welt, der diese dem naturgesetzlichen Ablauf überlässt. Demgegenüber versteht der identifizierende Pantheismus, wie er etwa in der antiken Stoa oder bei dem Aufklärer Baruch Spinoza zu finden ist, die Welt als identisch mit dem Göttlichen, da alles als göttlich bezeichnet wird. So stuft sich das Göttliche zum Beispiel nach der neuplatonischen Emanationstheorie vom Absoluten über das Geistige bis in die Materie ab. Verwandtschaft mit dem Pantheismus weist der bei Naturvölkern verbreitete Animismus auf (lat. anima: die Seele), für den die Materie vom göttlichen Geist beseelt ist. Zu nennen wären ferner Naturgottheiten (z.B. Sonnen- und Mondgötter) und Gottheiten von sozialer Funktion (z.B. Dorfgötter, Kriegsgötter, Götter der Heilung) sowie mythologische Gottesvorstellungen.2






