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Wie ich wohl auf die Idee komme, dass das alles so ist, wie ich es beschreibe? Ich habe es erfahren. Ich weiß es. Heute wieder. Damals auch. Unterwegs habe ich das mal für eine Weile abgelegt. Mich dankend in die Veranwortungslosigkeit eingereiht. Die meisten Jahre meines Lebens, muss ich gestehen. Dieses Allverbundenheits- Urvertrauens-Dings war mir zu unbequem. Lästig gar. Es hat mir den Weg versperrt, »mitgehen« zu können. Auf der Radiowelle funken zu können, auf der die absolute Mehrheit dieser Bevölkerung funkt. Dem Normal. Der Begrenzung des Nicht-sehen-Wollens. Ich habe es sogar regelrecht bekämpft. Das zu erkennen, zu dem wieder zurückzukehren, was ich mal als wahr empfunden habe, als Kind, ist unglaublich kraftvoll. Der Tatsache, dass es noch eine alternative Funkfrequenz gibt. Ich wähle. Je nachdem, was ich will, muss ich nur den Sender wechseln. Es ist ein ewiger Kreislauf, in dem wir stecken. So wie das Leben ein Kommen und Gehen ist. Ein Trainingscamp für den Willen. Ein Hin und Her bei der Senderwahl. Welche Frequenz wählen Sie – Reduktion auf das enge Anfang&Ende-Prinzip oder Ausdehnung hin zur universellen Allverbundenheit? Es gibt immer eine Sendung.
Sollte Ihnen dieser Ansatz gänzlich zuwider sein, möchte ich gerne folgende Geschichte mit Ihnen teilen:
Eine Freundin von mir hat eine ganz bezaubernde Tochter. Als diese fünf Jahre alt war, kam sie eines nachmittags zu ihrer Mama gelaufen und sagte: »Ich hab dich soooo lieb!«. Worauf meine Freundin entgegnete: »Ich dich auch, mein Schatz!« Die Kleine wiederum: »Ich bin so froh, dass wir uns haben!!« – Schon mit leichtem Erstaunen, die Mutter zurück: »Ich auch, mein Engel!« – Und dann kommt durch das kleine Mädchen folgender Satz ans Tageslicht: »Weißt du – ich wollte ja schon mal zu dir. Da wolltest du mich nicht. Aber jetzt haben wir uns ja!« – Worauf meine Freundin erst erstarrte und dann in Tränen ausbrach. Denn sie hatte einige Jahre zuvor einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, von dem außer ihrem behandelnden Arzt und ihrer engsten Freundin niemand wusste. Bis zu diesem Tag. Und mit niemand meint: niemand.
Das Leben schenkt uns so wunderbare Momente. Wahre Momente. Für mich ist dieser Moment des Lebens – neben vielen anderen ähnlicher Natur, die ich Ihnen jetzt dazu erzählen könnte, – der Beweis dafür, dass wir zusammenhängen. Das das Leben einen Kreislauf ist. Das folglich auch der Tod kein singuläres, getrenntes Ereignis ist. Bei der Zeugung eines Kindes geschieht weit mehr, als dass nur ein Ei und ein Spermium aufeinandertreffen. Es braucht einen reinkarnationswilligen Geist. Den Anteil, den wir später nicht begraben oder verbrennen können, wenn das Herz aufhört zu schlagen. Das ist nochmal was anderes als die Seele. Die können wir nicht vergraben. Die Seele ist dem Geist eine ewige Lehrerin, bis die beiden wieder vereint sind. Dazu nochmal Goethe: »Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust!« Die Seele ist immer bereit, sich dem großen Gemeinsamen wieder zuzuwenden. Vielmehr sich immer weiter hinein zu vertiefen in das große Ganze, denn sie bildet ein Teil davon. Der Geist hingegen (im englischen Spirit, das ist mir geläufiger) ist der Anteil, der sich abgewendet hat. Der sein eigenes Ding machen will. Der die Radiofrequenz »Reduktion« gut findet und durch die Programmwahl ständig unterstützt. Und genau diese Zerrissenheit, einerseits »Mein-eigenes-Ding-machen« zu wollen, andererseits aber zu spüren: »Da gibt es noch was anderes«, das ist die tiefe Trennung, unter der wir leiden.
Deshalb die Reinkarnation: damit die Seele dem Spirit (oder Geist) Lehrerin sein kann, sich wieder zu vereinen, sich zurückzuverbinden. Diese Differenzierung zwischen Seele und Geist ist wichtig. Denn sie erklärt diese innere Zerrissenheit, die im Goethe-Zitat mit den zwei Seelen benannt wird. Es ist der Geist, der durch die Seele wachsen kann, es aber meist einfach nicht will. Keinen Bock! Zu stolz … Entscheidend ist also die Bereitschaft, die Erkenntnis darüber zu gewinnen und zu vertiefen, dass es noch eine andere Frequenz gibt, auf der wir »gemeinsam« funken. Dass es neben dem Menschlichen, der Materie, also auch die Seele, das Nichtmaterielle, gibt. Um diesen Unterschied lesen zu lernen und zu verstehen, haben wir unsere Körper. Damit wir bewusst die Sender zu unterscheiden lernen und bewusster werden in unserer Wahl. Das sind die Instrumente, die sensibilisiert sind für die verschiedenen Sendungen, die uns angeboten werden. Sensibel genug um uns zu lehren, von welchem Ort aus wir entscheiden: vom Geist oder von der Seele. Wozu sagen wir Ja?
Wir sind ein Haufen von Teilchen. Diese Teilchen reagieren auf Energie. Das ist wie in der Quantenphysik: Teilchen reagieren auf Energie. So also auch unsere Körper. Auf denen lernen wir – vielmehr: durch sie lernen wir. Nur weil uns diese Wahrheit abhandengekommen ist, vielmehr: weil wir sie eingetauscht haben gegen die Arroganz unseres Denkens, wir seien die »Hersteller« und nicht die »Konsumenten«, funken wir fröhlich auf der Radiofrequenz Reduktion. Die ist bequemer als Ausdehnung und Vertiefung. Aus dieser Motivation der Bequemlichkeit leben wir.
Und so behandeln wir auch unsere Körper, unsere hochsensiblen Instrumente. Wie auf abgehalfterten Klampfen von Straßenmusikern schmettern wir drauf rum, hauen sie in die Ecke und verfluchen sie, wenn sie nicht so klingen, wie wir das wollen. Statt sie wie Stradivaris wertzuschätzen, zu pflegen und mit derselben Liebe und Achtsamkeit zu behandeln, wie wir ein Baby auf dem Arm halten. Wir gehen willkürlich und wahllos mit diesem Geschenk um. Dabei sind wir ständig von der Magie des großen Ganzen umgeben und bereichert. Unsere Körper sind die Resonanzböden dafür. Nur, ob wir diese Göttlichkeit, deren Schönheit und den Zusammenhang des gemeinsamen Ursprungs sehen oder hören wollen – oder mit welchem der fünf Sinne auch immer wir das erfahrbar machen wollen –, ist eben wieder so eine Entscheidung … Der sechste Sinn ist ja auch noch zur Verfügung. Es ist der Sinn der Erfahrbarkeit von Klar- und Hellfühligkeit, also der Zugang zur Welt der Energie. Dem uralten Wissen. Er lässt Sie ganz praktisch wahrnehmen. Wenn Ihnen beispielsweise jemand gegenübersteht, der Sie zwar freundlich anspricht, aber unter der Haut eine andere Motivation hegt, werden Sie das deutlich spüren können. Sei es eine unterdrückte Wut oder dass derjenige Sie eigentlich nicht mag oder manipulativ etwas von Ihnen will. Diese Hellfühligkeit, die Erfahrbarkeit von Energie ist kein Hokus-Pokus. Wir tragen sie in uns. Diesen Sinn wieder mehr anzukurbeln, wäre vielleicht Motivation genug, häufiger mal den Sender zu wechseln!
Was uns den Senderwechsel schwer macht, ist die Tatsache, dass wir tief in Zeit und Leistung verstrickt sind. Angebote des Senders N°2 mit dem Namen Reduktion. Weitere Resultate dieser Senderwahl sind, dass wir unsere Ursprünge verneinen; unsere Empfangsbereitschaft für Sender N°1 mit Namen Ausdehnung abgelegt haben. Dass wir unsere Denkfähigkeit – genauer gesagt: unseren Intellekt – als einzige wahre Instanz anerkennen; dass wir das Denken über unsere Körperintelligenz, unser von Innen geleitetes Wissen – letztlich die Fähigkeit zu fühlen gestellt haben.
Wenn ich von Fühlen spreche, meine ich nicht reaktionsgeladene Emotionen. Da möchte ich gerne einen feinen Unterschied zu den Gefühlen machen, die vom Körper kommen. Die aus der Stille, dem Empfangen geboren sind. Die eine Beobachtung sind – Impulse aus dem Zusammenhang des großen Ganzen. Aus der einen Wahrheit, die das vereinte Wissen unserer Seelen repräsentiert. Das ist für mich wahre Intelligenz. Oder welche Worte würden Sie wählen für Dinge, die Sie »erahnt« haben? Was ist eine Ahnung, die sich nicht auf anerzogenes Wissen berufen kann, anderes, als ein Wissen ohne vorherige Bildung durch das Außen? Im Gegensatz zu Emotionen, die sich als Reaktionen auf Verletzungen, Erregungen oder Überschätzung durch Dritte aus dem Individuum ergießen, und sich nicht frei vom Außen entwickeln.
Kennen Sie das: Da rasten Sie in einem Moment vollkommen aus, und im nächsten fragen Sie sich: »Was war das denn«? Woher, glauben Sie, kommt das? Einfach aus dem Nichts? Oder wäre es möglich, dass Ihnen dieser Ausraster gegeben werden konnte, weil Sie an einer ungeheilten Verletzung oder ungestillten Erwartung festgehalten haben und damit Tür und Tor aufgerissen, Sie zu einem Berserker werden zu lassen? Das Abgeben Ihrer Verantwortung in allen Situationen ist eine Einladung an das Chaos und die Bequemlichkeit. Alles Angebote des Senders N°2. Warum ich die Sender mit N°1 und N°2 bezeichne? Simpel: zuerst waren wir eins. Das ist Programm auf dem Sender N°1. Dann kam die Trennung und damit die Sendung auf Kanal N°2.
Nur weil wir Erwachsenen schon »groß« sind, maßen wir uns an zu glauben, dass wir alles wissen, das Leben im Griff haben. Und dass die Kleinen nichts mitbekommen. Ein Glaubenssatz. Das Gegenteil ist der Fall. Das macht vielleicht die Angst aus, die uns immer wieder an der gemeinsamen Wahrheit zweifeln lässt. Die Kleinen sind die Kolumbusse und wir die Zweifler. Wir wollen alles erklärbar haben. Damit wir das Gefühl von Kontrolle und »Steuerbarkeit« oder wenigstens Kalkulierbarkeit aufrecht erhalten können. Die Angst davor, in unserer Reduktion auf das Erklärbare, Beweisbare, Nachvollziehbare entlarvt zu werden, ist zu groß. Wir wollen nicht dastehen und sagen müssen »Ich weiß es nicht. Da müsste ich mich mal zurücklehnen und zuhören, welche Antwort kommt.« Diese Blöße würden wir nicht verkraften. Die Blöße: das nackte Ehrlichsein, ist uns unangenehm, weil wir mit allem identifiziert sind. Mit unserem Wissen, unseren Emotionen, dem Ich. Dem identifizierten Geist, der seine Verantwortung innerhalb des großen Zusammenhangs ablehnt. Der manchmal eben schlicht keinen Bock hat. Der würde das nicht verkraften: das Zugeständnis, dass es da vielleicht mehr gibt, als der Verstand berechnen und erfassen kann. Nein! Wir haben doch schon so viel in diese Fähigkeit des Denkens investiert! Das würde sich nicht rechnen. Dann müssten wir ja mal anhalten und uns öffnen. Uns auf Empfangsbereitschaft für die Frequenz N° 1 bringen, statt immer nur selbst zu senden oder sich berieseln lassen zu wollen. Das ist nämlich das Versprechen, mit dem die meist gehörte Radiostation N°2 lockt: der Ruhm und die Identifikation. Auf dieser Frequenz bekommen wir das Gefühl vermittelt, dass wir selbst die Sender sind. Und das liebt der Geist. Die Seele hingegen ist losgelöst von alldem. Die braucht das nicht. Die weiß: Es gibt nur uns alle als großes Ganzes. Und bietet also ihren Beitrag dazu an.
»Kindermund tut Weisheit kund.« Das ist ein Spruch, den wir nicht ernst nehmen. Nicht, weil wir nicht können, sondern weil wir nicht wollen. Denn diese Sensibilität, die Welt auf einer anderen als der rationalisierten Ebene zu sehen zu wollen, haben wir kollektiv als wenigstens »zweitrangig«, wenn nicht gar als »nicht wert« abgeschüttelt. Wir setzen stattdessen lieber auf studiertes Wissen und verdrängen, was uns einst gewahr war. Was hier sichtbar wird ist, dass das Leistungsprinzip als oberstes Gebot akzeptiert wurde. Genau da liegt der Finger auf einer der Wunden unseres Miteinanders: Wir identifizieren uns über das Tun, nicht das Sein. Denn: etwas wissen, ohne zuvor etwas dafür getan zu haben?! Eine Unmöglichkeit in unserer durch schulische und hierarchische Strukturen geprägten Pyramide an Wichtigkeit. Kein Zeugnis = kein Können. Eine Mühle, die wir alle durchlaufen mussten. »Beweis erstmal, dass du was gelernt hast!«
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich liebe das Leben. Und ich scheue keine Taten. Mein Tagesablauf ist prall gefüllt. Und es liegt mir fern, hier irgendwas oder irgendwen zu verurteilen oder das Leben schlecht zu reden. Im Gegenteil. Ich frage nur nach den Motivationen. Ich spreche aus der Perspektive der Wertschätzung und vor allem einem tiefen Verständnis für all das im Leben, was auch ich erfahrbar machen konnte. Ja, auch für die scheinbar unschönen Dinge. Es ist der Respekt vor dem freien Willen eines jeden Menschen. Die Perspektive der Akzeptanz einer Ordnung, die mir zu durchdringen mit dem Verstand definitiv nicht möglich ist. Aber spürbar ist sie. Es gibt tausend Ereignisse, die ich nicht gut finde, die wehtun, die erschrecken und verletzen. Sollen sie ja auch. Damit wir ihn ja nicht machen: den ersten Schritt …
Und auch das ist Teil von allem. Meine Aufgabe – oder unsere, wenn Sie sich schon jetzt anschließen möchten –, ist es, in dieser Ordnung unseren Platz zu finden. Immer wieder aufs Neue. Und dabei für die Werte einzustehen, die uns gewahr sind. So geht es mir eben auch schon in meinem winzig kleinen Leichtbau am 22. 02. 1979, als ich gegen 19 Uhr meinen ersten Schritt in dieses Leben gewagt habe. Mit all dem Wissen. Mit all der Verbundenheit. Und mit meiner Wahl der beiden Menschen, die ich mir für dieses Leben als Eltern ausgesucht habe. Ohne vorher jemanden dazu befragt zu haben, ohne Schulbildung, ohne Beweise, ohne Wissenschaft. Also ich jetzt. Zu diesem Zeitpunkt meiner Inkarnation. Meines Lebensbeginns als Christina Hecke. Einfach nur, weil ich bin. Und das für den Moment auch erstmal total erschöpft. Weil mir das alles um mich herum eben nicht entgangen ist. In diesem Gefühl bade ich, während ich mit meinen paartausend Gramm eingewickelt drauf warte, was meine nächsten Schritte – damals vielmehr noch Atemzüge – wohl bringen würden …
Kindertage:
Mädchen – joah.
Bübchen – boah!
Den ersten Schritt habe ich – so befinde ich – also zunächst ganz gut gemeistert. Aber einmal begonnen zu gehen, hört es ja nicht auf. Jedem Schritt folgt ein nächster. Einmal eingeatmet, geht das beständig weiter. Einatmen, Ausatmen, Einatmen, Ausatmen. Und mit jedem Atemzug werden wir aufgefordert zu entscheiden, welche Frequenz uns leiten soll. Dur oder Moll. Coole Hits oder konsequente Wahrheit. Und darunter schlägt unser Herz. Beständig und im Takt der Qualität unseres Lebens. Unserer Entscheidungen. Des Einatmens, also dem Tanken von Qualität, und dem Ausatmen, also dementsprechenden Handeln. Damit gehen wir unsere Schritte. Das ist das beständige Workout unseres freien Willens. Grundsätzlich verwenden wir den Begriff Workout für eine auf ein Ziel ausgerichtete Maßnahme. Also: was ist das Ziel dieses Trainings? Vielmehr die Frage: Wohin gehen wir denn? Das ist eine ziemlich gute Frage …
»Wenn zwei Menschen an einem Punkt – nehmen wir den Alexanderplatz in Berlin – loslaufen. Und einer bis nach Potsdam und der andere bis nach Paris läuft. Wer ist weiter gekommen?« Wir würden sagen: »Naja, derjenige, der bis nach Paris gelaufen ist.« Korrekt. Das ist, in Kilometern ausgedrückt, richtig. Also in der Quantität. Aber selbst, wenn beide Personen einmal um den Globus rumlaufen – wo kommen sie denn an? …«Na, am Alex.« Dort, wo sie losgelaufen sind. Wenn sie glauben, dabei geradeaus gelaufen zu sein, ist das schon eine Illusion. Die Erde ist rund und dreht sich im Kreis. Wir bewegen uns im Kreis. Um den Globus herum, wenn Sie so wollen. Das Leben verläuft nicht linear. Es ist so simpel, und wir wollen es einfach nicht begreifen, weil das Wettbewerbsprinzip uns so fest am Wickel hat. Fakt ist: Wir gehen nirgends hin. Es ist so absurd, wie wir denken, dass es immer irgendwo hingeht. NO WAY. Wo wollen Sie denn auch hin? Wir kommen aus dem Diskurs Leben nicht raus. Weil wir aber in ein Flugzeug steigen können und dann an einen anderen Ort gelangen, glauben wir, wir wären raus aus dem Zusammenhang unseres Lebens. Befreit von den Problemen, die zu Hause stattfinden. Mit denen hängen wir aber zusammen, egal, wo wir uns aufhalten. Es ist eine Illusion, dass wir irgendwo hingehen, uns auf einer Geraden bewegen. Diese Illusion kennen wir nur, weil wir Geburt und Tod als Lebenslinie mit Anfangs- und Endpunkt denken statt als Kreislauf. Höher, schneller, besser – also Wettbewerb und Konkurrenz – alles, was sich darauf aufbaut, stößt irgendwann an ein Limit. Wie schnell soll ein Mensch noch laufen können? Wie hoch sollen Häuser, wie schnell sollen Autos noch werden? Es wird ein Limit geben. Aber solange das nicht erreicht ist, versuchen wir die Körper zu dominieren, alles aus ihnen rauszuquetschen, unsere Denkfähigkeit zu disziplinieren, um noch mehr erwirtschaften, noch mehr erfinden, noch mehr wissen zu können. Wir lieben Komplexität. Wir tun letztlich alles, um nicht akzeptieren zu müssen, dass wir uns im Kreis drehen. Dass es nur die Qualität zu vertiefen gilt, in der wir leben. Simplizität. Wir müssen nicht beständig Lösungen hinterherhecheln, die wir als Fixpunkte auf einer Geraden angenommen haben. Tiefer, weiser und gegen die Zentrifugalkraft dieses Leistungsprinzips, dass uns von unserem Bewusstsein im inneren Kern immer weiter hinaus in das Außen katapultiert, mit seiner Ausrichtung auf einen nimmer endenden Horizont des Höher & Schneller & Besser. Die Karotte Endlichkeit, die bedrohlich vor unserer Nase baumelt, wäre für immer passé. Aber das ist schon Schritt 48 vor Schritt 1. Denn die Dualität unseres Bewusstseins überhaupt erstmal anzunehmen, ist eine Hürde, vor der viele stehenbleiben. Ich höre in dem Zusammenhang oft den Satz: »Ja, schön, dass du das so sehen kannst. Ich kann das nicht.« Ich habe dann immer das Gefühl, es wäre ehrlicher von ihnen zu sagen »Ich will das nicht.« Denn an der herkömmlichen Sichtweise festzuhalten, schafft eine kurzfristige Befriedigung, weil es dem Spirit (oder Geist oder Ego) nützt. Weiterhin wirtschaftlich: weiterhin wettbewerbstauglich. Doch während alle die Ellenbogen ausfahren und auf Überholung im Außen drängen, atmet das Universum, dehnt sich ständig aus. Und offeriert uns damit ebenfalls beständig, in die Ausdehnung zu gehen. Nach innen. Vertiefend. Während wir versuchen festzuhalten, was geht! Mit dem kleinen Funken Hoffnung auf ein wenig Sicherheit … Weil wir unsere eigene Größe, und damit unsere Verantwortung, scheuen.
Und was wir eigentlich damit anstellen ist fatal: Wir geraten immer mehr in die Umlaufbahn unseres Selbst und damit auch immer tiefer rein in die Form, die Materie, und in die Reduktion auf das ausschließlich Menschliche. Geprägt von der Idee von Zeit. Von Anfangs- und Endpunkt. Ein philosophischer Weiser hat mal gesagt: Es ist ja die Erde, die sich dreht, und wir sind es, die wir uns an einem Punkt aufhalten. Und während sie sich dreht, sehen wir eben manchmal die Sonne und manchmal den Mond. Das nennen wir dann Tag und Nacht und glauben deshalb, dass es Zeit gibt. Aber genauer betrachtet ist das eine Illusion. Es ist eine Richtmöglichkeit, um im menschlichen Dasein Orientierung zu finden. Aber universell betrachtet gibt es keine Zeit. Es gibt nur Ausdehnung. Kreisläufe und Himmelsrichtungen. Und die Sterne. Und wir mittendrin.
Ich weiß – das mag jetzt für den einen oder die andere nach der ultimativen Spaßbremse klingen. Denn es nimmt dem Wettbewerb, der Identifikation mit dem Materiellen, dem Menschlichen -letztlich jeder Energie von Konkurrenz und Vergleich den Atem. Aber verstehen Sie die Leichtigkeit dahinter? Es lädt etwas ganz Neues oder besser Altes ein: Vertrauen. Wertschätzung für jeden Einzelnen fern von seiner Leistungsfähigkeit, dem ständigen Getrieben-Sein im Besser & Schneller des Leistungsprinzips. Sehen Sie das Ausmaß?! Den Sinn der wissenschaftlichen Forschung beispielsweise könnten wir auf diesem Fundament neu definieren! Es ginge nicht mehr darum, ob wir Preise für unsere Entdeckungen erhalten, berühmt werden oder viel Geld verdienen, sondern schlicht nur darum, ob und wie uns die entsprechende Errungenschaft als Gesamtem dient: ob sie uns gemeinsam voranbringt.
Schon während meiner ersten Lebenstage wird das Ausmaß der Reduktion auf das Menschliche zum Thema Forschung und wissenschaftlicher Erkenntnis für mich zu einer lustigen Erfahrung. Meine Eltern haben zunächst keinen Namen für mich! Nicht, weil sie einfallslos waren – sie hatten nur etwas anderes erwartet. Ein Stefan war geplant. Die moderne Medizin hatte nämlich ein Jungen prophezeit – und dann kam ein Mädchen. Baby Hecke steht also erstmal auf meinem Armbändchen. Alleine mein Geschlecht löst schon die erste Irritation aus. Nun: Ich bin eben ein Mädchen! Ich freue mich übrigens, dass ich später mit Christina neu betitelt werde. Mag ich, den Namen. Meinen Eltern wurde halt was anderes in Aussicht gestellt. Die Diagnostik hat sicher schon so manches Familienglück an dieser Stelle irritiert. Zu meiner Freude freuen sich die beiden über mich. Aber ist das nicht lustig? Da öffnet sich schon die nächste Kiste des menschlichen Beisammseins. Mädchen – joah. Bübchen – boah! Nur ein Klischee? Ich erlaube mir hier leise die Frage: Wie ist das denn im menschlichen Sinne mit der Wertegleichheit von Lebewesen? Energetisch sind wir eins. Fein. Aber wie sieht das Zusammenleben in der Praxis aus? Fakt ist: Wäre ich in einem anderen Kulturkreis geboren, hätte man mich vielleicht nur aus diesem einen Grund schon entsorgt, weil ich ein Mädchen bin. Diese Lernaufgabe habe ich mir offensichtlich für dieses Leben nicht ausgesucht. Aber ist es nicht spannend: Schon mit dem ersten Atemzug sind wir nicht mehr frei! Familie, Geschlecht, Herkunft, Bildungsgrad, Stand und politische Ausrichtung, kurz: wir werden beklebt mit hausgemachten Etiketten, die uns mit Rechten und Pflichten konfrontieren. Ob wir die schlussendlich annehmen, liegt bei uns, aber entziehen können wir uns ihnen zunächst nicht. Alleine die Tatsache, dass sich das Wort Geschlechterkampf in unserem Sprachrepertoire wiederfindet, ist doch traurig. Wie wäre es mit »Geschlechterinspiration«? Ich kann nur sagen, dass mir diese Zuschreibungen als kleines Mädchen völlig schleierhaft sind. Im Laufe meines jungen Lebens muss ich lernen, dass man mich kategorisiert mit Attributen, was typisch für ein Mädchen ist und was nicht. Mir werden tausend Schablonen vorgelegt, wie sich ein Mädchen oder eine Frau zu verhalten haben oder nicht. Dieses Repertoire gibt es auch für die Jungs. Logo. Da sind wir schon sehr einfallsreich. Erfahrungswerte der Großen werden zu Richtlinien für die Kleinen. Es ist die ständige Wiederholung von Glaubenssätzen, die wir nicht hinterfragen. Entschuldigen Sie, dass es mich hier gerade würgt. Aber die Regeln der Reduktion sind schon verdammt eng.
Beispielsweise gab es für mich früher nichts Spannenderes, als bei unserem Nachbarn, einem sehr lustigen, älteren Herrn, im Keller zu basteln. Oder Kaulquappen mit ihm zu züchten oder angeln zu gehen – eben die Welt zu entdecken. Alles Handwerkliche, Dinge zu reparieren oder zu bauen, hat mir große Freude gemacht. Mein größtes Erlebnis war, als ich als Sieben- oder Achtjährige an einem Weihnachtsabend alleine mit dem Werkzeug meines Vaters ein Radio gänzlich zerlegt und es anschließend wieder zusammengebaut habe. Und: es hat noch funktioniert! Obwohl ein paar Kleinteile übriggeblieben sind. Als ich das präsentiere, wird meine Freude schon mit: »An dir ist ein Junge verlorengegangen« kommentiert. Etikettiert. Sowas machen sonst nur Jungs. Was soll das? Ich werde an einer Norm gemessen. Ich bin aber keine Norm. Ich bin. Ich. Und so wie ich bin, bin ich wundervoll. Ein einzigartiger Winkel des Universums. Davon bin ich als Kind überzeugt. Damals kann ich das noch spüren und trabe auf den lieblosen Kommentar hin nur motzig davon. Mir schmeckt diese Bewertung nicht. Das kann für mich nur spürbar sein, weil ich in mir ein Wissen über die Wahrheit unseres Zusammenlebens trage, das mir sagt: »Ich bin nicht diese Etikette. So wie ich bin, bin ich prima.« Ich höre auf die Frequenz, die mir zufunkt: »Glaub nicht denen, vertraue dir selbst!«. Wie sonst hätte ich einen Referenzpunkt dafür, dass diese Beurteilung nichts Wahres ist? Die Andockstelle für die gemeinsame, universelle Wahrheit haben wir alle. Jeder, jede andere kann das genauso fühlen wie ich damals als Kind. Nur leben wir nicht danach. So hinterlässt jeder kleine Angriff auf diese Unbeschwertheit in mir eine kleine Wunde. Einen kleinen Knacks. Noch ist mir nicht klar, was das langfristig bedeuten wird …
Ich kann nur sagen: Ich liebe es, ein Mädchen zu sein. Ein Mädchen, das eben Radios auseinanderbaut, Puppen nicht mag und lieber auf Bäumen rumklettert. Und? Wieso ist diese Entdeckerfreude nicht der einzig relevante Parameter, unter dem ich mich bewegen darf? Erziehung orientiert sich oft gar nicht an den Qualitäten der Heranwachsenden selbst. Stattdessen stellen wir Regeln und Maßstäbe auf, um Messbarkeit zu ermöglichen. Wir geben oder fordern für alles ein Zeugnis oder einen Führerschein. Nur für die Erziehung eines Kindes nicht. Ob als Eltern oder Lehrer – welche Grundlage schaffen wir für unser Zusammensein, wenn wir einander immer nur an vorgegebenen Maßstäben abgleichen und vergleichen, statt das eigene Wesen und Potenzial wahrzunehmen? Auch das ist Teil des Spiels »Leistungsprinzip«. Da stecken wir drin bis zum Hals. Ab wann wird abgestillt, ab wann muss das Kind sprechen können, ab wann muss es laufen, rechnen, Flöte spielen können? Wir etablieren Richtwerte. Welche Titel die auch immer tragen. Für wen machen wir das, außer für unsere eigene Einordbarkeit, unsere Schablonenregale? Es dient letztlich nur unserer eigenen Sicherheit und damit dem Systemerhalt des Sicherheitsdenkens. Wir Erwachsenen meinen, wir müssten führen, einstufen können, urteilsfähig sein. Unseren Umgang mit den Dingen und den Menschen erklären können. Aber ich, gerade aus der Perspektive eines Kindes, kann ich sagen: »Verantwortung: super! Aber ich mag nicht bewertet werden! Ich will in keine Box gequetscht werden. Ich will mich ausdehnen! Ich fange doch gerade erst an zu blühen!« Vielleicht haben Sie das ja auch in irgendeiner Form erlebt. Bewertung. Ob gut oder schlecht. Sie prägt. Wir sind alle durch eine Erziehung gegangen und haben alle mehr oder minder unter den vorgelebten Schablonen und schulischen Strukturen gelitten oder sie fröhlich bedient. Beides mögliche Wahlen für oder gegen Eigenverantwortung. Aber statt diese Schablonen zu entlarven, geben wir sie fröhlich weiter an die nachfolgenden Generationen.