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Insgesamt wurde Lexington Vater von 12 Champions: Idlewild (1857) kaufte Alexander für seine Stutenherde; Kentucky gewann 21 von 23 Rennen; Asteroid und Norfolk wurden 1861 beide zu Woodburn gezogen und blieben ungeschlagen. Letzterer zählte zu seinen fünf Erfolgen auch das Jersey Derby, während Asteroid (12 Siege) als Dreijähriger während des Amerikanischen Bürgerkrieges bei einem Überfall auf das Gestüt in die Hände der verbündeten Aufständigen fiel, jedoch durch einen befreundeten Major für 250 Dollar wieder ausgelöst werden konnte, weil sein Reiter den Wert des Pferdes nicht kannte. Die 1865 auf eigener Scholle gezogenen General Duke (18 Siege; Belmont Stakes) und Vauxhall (Vierjährig Champion Handicapper) gingen Harry Bassett (1868) voraus, der als Zwei- und Dreijähriger der Champion war, die Belmont Stakes gewann und ein Jahr später in Handicap-Rennen dominierte. Den 14-fachen Sieger Tom Bowling (1870) zog Henry Prince McGrath, und Acrobat (1871) wechselte beim Woodburn Yearling Sale für 2.000 Dollar den Besitzer. Die letzten drei dieser Champions, Tom Ochiltree (1872; Preakness Stakes, 21 Siege), Sultana (Champion-Dreijährige 1876) und Belmont Stakes-Sieger Duke of Magenta (1875) wuchsen wieder auf Alexanders Gestüt auf und trugen die Farben ihres Züchters. Und einen solchen Rekord erreichte im 19. Jahrhundert kein anderer Hengst!
Lexington war nicht das erste großartige Rennpferd amerikanischer Zucht, aber seine Gesamtleistung für diese war außergewöhnlich. Seine Töchter wurden von den Züchtern sehr begehrt, und der Erfolg dieser arbeitete in vielen Fällen gegen die Söhne Lexingtons, denn dessen erfolgreiche Renn- und Zuchtstuten waren keine geeigneten Partnerinnen für seine Söhne.
Lexingtons Stallgefährte zu Woodborn war Australian (1858), ein Sohn des großen Triple Crown-Siegers West Australien, den ein Mr. A. Keene Richards als Absetzer mit seiner Mutter aus England importiert hatte. Damals hörte der kleine Hengst, dessen spätere Rennleistungen eher bescheiden waren, noch auf den Namen Millington. Als ihn Alexander 1861 kaufte, taufte er ihn auch gleichzeitig auf Australian um. Dieser Kauf passte eigentlich nicht zu den übrigen Entscheidungen des Gestüsbesitzers, doch wurden Vermutungen überliefert, dass Alexander einem in Kentucky lebenden Südstaatenverfechter und Freund, der damals als reichster Mann Kentucks galt, wohl einen Gefallen tun wollte. Mit der Stationierung des Hengstes zu Woodburn war eine Konfiszierung durch die Nordstaaten-Armee ausgeschlossen, sollte sie nach Kentucky kommen.
Australian war aber auch nobel gezogen, und in seinem Pedigree fanden sich ebenfalls zwei Kreuzungen des englischen Derbysiegers von 1815, Whisker (Waxy). Dieser war 3 x 4 auf Herod und 4 x 4 auf den Flying Childers Enkel Snap (1750) ingezogenen, und von seinen Nachkommen wurden einige Töchter sehr gute Zuchtstuten.
Der Dritte Duke of Grafton, der drei Derby-Sieger besaß, war 1811 gestorben. Sein Sohn, unterstütz durch das Fachwissen seines Bruders Lord Henry Fitzroy und die Kunst des großen Trainers Robson, gewann zwar nur ein Derby (Whistler, der mit kurzem Kopf siegte), doch letztendlich übertraf er die Erfolge seines Vaters. Innerhalb von neun Jahren gewann er die 2000 Guineas fünfmal, die Oaks siebenmal und die 1000 Guineas achtmal.
So schwach auch die Leistungen Australians auf der Rennbahn waren, im Gestüt zeugte er eine lange Reihe hochklassiger Pferde, gilt als Begründer der Fair Play-Hengstlinie und führte sechsmal die Stallions seiner Wahlheimat an, ehe er 1879 starb. Zu denen, die die amerikanische Vollblutzucht am stärksten beeinflussten, zählte u. a. der 1876 aus der Lexington-Tochter Aerolite von Alexander gezogene Champion und Belmont Stakes-Sieger Spendthrift. Dieser führte die amerikanischen Deckhengste 1902 und 1908 an und war in der Hengstlinie Vorfahre von Fair Play (1905), Man O’War (1917), War Admiral (1934) und In Reality(1964). Die zu Woodburn gezogene, nicht gelaufene Ivy Leaf, die eine Lexington-Tochter zur Mutter hatte, wurde Mutter von Bramble (1875; Bonnie Scotland), bestes Cup-Pferd seiner Zeit und väterlicher Vorfahre in der männlichen Linie von Pferden wie Broomstick (1901; Ben Brush), der dreimal bei den Hengsten und einmal weniger bei den Vätern von Zuchtstuten (1932/33) an der Spitze stand, oder von Keenes Sweep. Dieser 1907 gezogene Ben Brush-Sohn gewann als Deckhengst zwei Championate und stand auch einmal bei den Stutenvätern an der Spitze, und zwei seiner Töchter wurden die Mütter von amerikanischen Triple Crown-Siegern.

Der Leamington-Sohn Iroquoise hatte bei seinem Derbysieg Fred Archer im Sattel (Foto: Repro eines unbekannten Druckblattes)
Die von James B. Clay Jr. 1867 gezogene Australian-Tochter Maggie B. B., deren Blut später auch in den Stutenherden von H. P. Withney und John E. Madden eine Rolle spielen sollte, wurde Mutter von Iroquois, der als erstes amerikanisches Pferd 1881 das Epsom Derby gewann.
Zusammen mit einigen weiteren Jährligen und Trainer Jacob Pincus hatte ihn sein Besitzer, der Tabak-Millionär Piere Lorillard, nach Newmarket geschickt, wo der zweijährige Hengst vier von 12 Starts gewann. Neben dem Derby, das er sich gegen den Favoriten und 2000 Guineas-Sieger Peregrine (Pero Gomez) und Lord Roseberys Doncaster-Sohn Town Moor sicherte, heftete er auch die Prince of Wales- und St. Jame‘s Palace Stakes und das Doncaster St. Ledger noch an seine Farben. Der nächste Amerikaner, der zu Epsom triumphierte, war 1954 der Nasrullah-Sohn Never Say Die unter Lester Piggott.
Als Australien 1870 zu Woodborn seine Augen für immer schloss hatte er in der Zucht wesentlich mehr bewegt, als seine Rennleistungen vermuten ließen. Wahrscheinlich half ihm das Blut seines Gestütsgefährten Lexington, denn Australiens beste Söhne – Fellowcraft (1870), der Lexingtons 4-Meilen-Rekord brach, und Spendthrift (1876), der als Zweijähriger in 5 Rennen ungeschlagen blieb und ein Jahr später fünf von acht Starts gewann – stammten beide aus der Lexington-Tochter Aerolite, und seine Tochter Ivy Leaf war aus der Lexington-Stute Bay Flower gezogen. Die Mutter von Iroquois, die drei klassische Söhne fohlte und eine der besten Stutenlinien Amerikas gründete, stammte aus einer Stute von Boston (der Vater von Lexington), die Glencoe zum Vater hatte. Es ist auch nicht außergewöhnlich, dass ein Hengst erst durch die Töchter eines bestimmten anderen Beschälers erfolgreich wird. So hatte z. B. Fair Play im Gestüt von August Belmont sechs Sieger, die jeweils 100.000 Dollar oder mehr verdienten, und fünf von ihnen trugen das Blut von Rock Sand. Ähnlich war es auch bei Bend Or (1877), dessen größter Einfluss über Töchter des Epsom Derby-Siegers Macaroni (1860) erfolgte, den auch der 1883 geborene Ormonde (Dreifache Krone und in 16 Rennen ungeschlagen) und der sechs Jahre jüngere Bona Vista (Vater von Cyllene und fünffacher Beschäler-Champion in Ungarn, nachdem er 1879 an das Hauptgestüt Kisber verkauft worden war) als mütterlichen Großvater hatten. Andere Hengste, die man mit Lexingtons Töchtern paarte, zeigten den Erfolg von Australian nicht. Lediglich Virgil, ein 1864 geborener Enkel von Glencoe machte eine Ausnahme und zeugte mit Lexingtons Tochter Florence Hindoo. Dieser war ein großer Renner, der als Dreijähriger 18 seiner insgesamt 30 Siege in Folge gewann und den vierfachen Champion-Deckhengst Hanover zeugte, der Vater des führenden Beschälers Hamburg wurde.
In Lexingtons Pedigree zeigte sich jedoch noch ein anderes, ein Alters-Phänomen: Sein 16-jähriger Vater Boston soll in jener Deckperiode so schwach gewesen sein, dass er Unterstützung brauchte, um auf die Beine zu kommen. Während Lexington selbst aus einer 14 Jahre alten Stute stammt, waren für Boston, den Champion seiner Zeit, zwei 19-jährige Pferde für seine Entstehung verantwortlich. Auch in Lexingtons Mutterlinie war Highflyer Mare bereits 18 Jahre alt, als sie seine Vorfahrin und vierte Mutter Maria fohlte. Und sie selbst wurde geboren, als ihre Mutter Fearnought Mare schon 23 Jahre auf dieser Welt weilte. Und Diomed, auf den Lexington ingezogen war, wurde erst mit 21 Jahren importiert und zeugte erst 27-jährig den einflußreichen Sir Archy, der sein Leben 1833 aushauchte.
Woodburns dritter Beschäler war Planet, der 1855 geboren wurde, aus der sehr guten Boston-Rennstute Nina stammte und zwischen dem Rennbahnabtritt von Lexington und dem Ausbruch des Bürgerkrieges als bestes Rennpferd Amerikas galt. Auf der Rennbahn gewann er 27 von 31 Starts, und wurde 2012 in die „Racing Hall of Fame“ aufgenommen. Seine Mutter, Bostons beste Tochter, wurde 31 Jahre alt und schenkte 15 Fohlen das Leben. Mit 25 Jahren fohlte Nina an dem Belmont Stakes-Sieger Algerine (1873) den mütterlichen Großvater der Hanover-Tochter Rhoda B. (1895), die den Sieger des Epsom- und Irish Derbys von 1907, den Fuchs Orby (Orme) fohlte, der als Deckhengst jedoch Speed vererbte, und seine Portion Stehvermögen für die Derbysiege wohl von Ormonde geerbt hatte. Er war auch das erste in Irland trainierte Pferd, das in England zu Derbyehren kam. Honoriert wurde seine Leistung unter Johnny Reiff mit 6.450 Pfund. Ein Jahr später ließ Rhoda B. an der St. Frusquin-Stute Rhodora die Siegerin in den 1000 Guineas folgen, die in den Oaks durch eine stürzende Gegnerin um den verdienten Lohn gebracht und schaffte nur noch den Ehrenplatz. In der Zucht war diese siebenfache Siegerin unglücklich, brachte nur ein lebendes Fohlen zur Welt, das jedoch sehr jung einging.
Als Orbys beste Nachkommen gelten Grand Parade, der das Derby 1919 gewann, und die 1000 Guineas-Siegerin Diamdem, die fünf- und sechsjährig das Doppel-Tripel Rous Memorial, July Cup und King’s Stand Stakes komplettierte. Orbys Hengstlinie setzte aber nicht sein Derbysieger fort, sondern sein Sohn The Boss (1910). Dieser zeugte an Sir Cosmo den Stutenvater von Round Table und dessen Schwester Monarchy. Sir Cosmo (1926) wurde aber auch Vater des hoch erfolgreichen Sprintererzeugers Panorama (1936), der als Zweijähriger in sieben Rennen ungeschlagen war. Ein anderer Sohn von The Boss, der 1920 geborene Golden Boss, war im Gestüt wenig erfolgreich, hatte jedoch die Ausnahme Gold Bridge (1927) auf der Bahn. Und dieser Franzose gewann auch zweimal die King’s Stand Stakes und gab seinen Nachkommen puren Speed mit. Zwei von diesen waren Golden Cloud und Vilmorin. Und dieser 1943 geborene Schimmel gewann ebenfalls die „King’s Stand“ und wurde der mütterliche Vater von Aga Khans Grey Sovereign-Sohn Zeddaan und Queens Hussar, dem Vater des großartigen Brigadier Gerard (1968) und der königlichen Stute Highclere (1971), die die 1000 Guineas und den Prix de Diane gewann. Orbys eigentliche Bedeutung besteht somit in der Begründung einer Fliegerlinie, und zu seinen Nachfahren zählen auch noch Pferde wie der Pharis-Enkel Hard Sauce (1948), der den July Cup gewann und aus einer Sir Cosmos Enkelin gezogen war.
Planets 69.700 Dollar Gewinnsumme waren neuer Rekord, und dieser hatte rund 20 Jahre Bestand. Der Hengst, den Thomas W. Doswell zog, soll auch eine sehr schnelle Trabaktion besessen haben, eine Charakterristik, die er von seinem Vater und dessen Erzeuger Trustee erbte. Und eine seiner Töchter, Dame Winnie (1871) fohlte an Palo Alto den Chamion-Deckhengst der Traber seiner Zeit. Planets Zuchtlaufbahn wurde jedoch durch den „Civil War“ (1861-1868) ganz erheblich gestört, denn diese Jahre hätten eigentlich seine besten sein können. Zu Woodborn startete er somit erst im Alter von 14 Jahren. Und das war zu einer Zeit, als Lexington voll etabliert war, und Australian die zweite Wahl hatte. Was blieb, gehörte Planet. Dennoch zeugte er eine Reihe sehr guter Pferde, darunter die legendäre Western-Stute Kathie Pease (1870) mit einer Glencoe-Tochter, während seine Tochter Ballet (1871) als „eine der größten Zuchtstuten Amerikas“ galt und eine geschätzte Stutenlinie etablierte. Andere Pferde, die als Champions oder Spitzengalopper Amerikas das Blut von Planet trugen (größtenteils über die Stutenseite), waren z. B. Crusader, Exterminator, Sarazen, Wise Counsellor, Regret, Hermis oder David Garrick, der als Vierjähriger auch in England startete und neben den „Annual Champion Stakes“ auch den Chester Cup gewann.
Und unter den jungen Pferden, die auf der jährlichen Woodburn-Jährlingsauktion von diesen drei Hengsten verkauft wurden, waren zwischen 1865 bis 1892 zehn Belmont- und neun Travers Stakes Sieger; neun gewannen den Saratoga Cup und vier das Kentucky Derby. Und dann war da noch der 1878 geborene Foxhall, den Alexander zog, aber als Jährling an J. R. Keene verkaufte. Der Hengst gewann Europas wichtigstes Rennen, den Großen Preis von Paris, komplettierte im Herbst das Doppel Cesarewitch / Cambridgeshire, und ließ als Vierjähriger den Ascot Gold Cup folgen. Gezogen hatte ihn Alexander auf seinem Woodburn-Stud von dem erfolgreichen Stallion King Alfonso, der auch die amerikanischen Derbysieger Fonso (1877) und Joe Cotton (1882) zeugte, die ebenfalls von Alexander gezogen wurden, aber in fremden Farben liefen. Foxhalls Mutter war die Lexington-Tochter Jamaica. Im Gestüt hatte der große Sieger aber wenig Erfolg.
Das Woodburn Stud war auch ein gutes Beispiel dafür, dass, will ein Gestüt mit seinen eigenen Hengsten die Spitze erklimmen und behalten, dann muss es über die besten Stallions verfügen. Lexington war der Beste, und er hatte auch noch einen Australian an seiner Seite. Und diese beiden Schwergewichte zeigten das erneut in der Zucht von Daniel Sweigert, der vorher für das „Horse Department“ auf R. A. Alexanders Woodburn Farm verantwortlich war. Dort lebten die Jährlinge bis zum Tag der Auktion ausschließlich im Freien, und die „Sales-Präparation“ bestand darin, dass man die Kletten aus ihren Schwänzen bürstete.
Mit zwei Lexington-Nachkommen hat Woodburn die Vollblutzucht der Welt ganz besonders beeinflusst: Der 1861 geborene Champion-Dreijährige Norfolk wurde väterlicher Urgroßvater von Americus Girl (1905), die 12 von 29 Rennen gewann. Und diese irische Fuchsstute wurde Großmutter der brillanten Schimmelstute Mumtaz Mahal, die Lady Sykes of Sledmere 1921 von dem ungeschlagenen The Tetrarch (1911) zog, den „Timeform“ als den besten Zweijährigen der Welt des 20. Jahrhunderts einschätzte. Und das Blut dieser Mumtaz Mahal pulsierte in der Aga Khan-Zucht, und damit auch in den Superhengsten Nasrullah (1942 Englands bester Zweijähriger; Champion-Beschäler 1951; viermal führender Deckhengst in den USA), und Mahmoud (1933; Blenheim), der vor seinem Amerika-Export in England auch im Derby und den Champion Stakes triumphierte.
Eine andere Größe des 20. Jahrhunderts war der 1935 in Italien gezogene Nearco (Pharos), der Nearctic zeugte, dessen Sohn Northern Dancer (1961) ein „Jahrhundert-Stallion“ war. Sadler’s Wells (1981), der diesen Kanadier zum Vater hatte, hinterließ mit Galileo nicht nur Europas besten Dreijährigen von 2001, sondern auch ein neues Vererber-Phänomen. Galileo, in dem auch deutsches Blut aus Schlenderhan pulsiert, ist derzeit der erfolgreichste Stallion der Welt, als auch Vater von Frankel, der als das bisher beste Rennpferd gilt. Und bei Nearco, Galileos Urur-Großvater, erscheint die von Lexington aus der Glencoe-Stute Kitty Clark 1862 gezogene Maiden als sechste Mutter in dessen Pedigree. Und Maiden (Travers Stakes-Siegerin) wurde ebenfalls von Alexander gezogen.
Als R. A. Alexander 1867 starb, übernahm sein Bruder A. J. Alexander die Woodburn-Zucht, die damals als die beste Amerikas galt, doch interessierte sich der neue Besitzer mehr für die Zucht von Shorthorn-Rindern. Diese Interessen mögen auch die Entscheidung von Daniel Swigert, den Chef der Vollblutabteilung, dazu veranlasst haben, sich 1869 auf der benachbarten Stockwood Farm selbständig zu machen, während sein Schwiegersohn Lucas Broadhead Jr. Woodburn als Manager übernahm. Als Australian 1879 verstorben war, verblasste der Ruhm des Gestüts immer mehr, und etwa 30 Jahre später war Woodburns „horse department“ liquitiert.
DANIEL SWIGERT
gehörte zu den wenigen begnadeten Züchtern, die, wo immer sie starteten, hochklassige Galopper hervorbringen konnten. Er begann auf der Woodburn Farm in Kentucky, damals die größte Zuchtstätte Amerikas. Und sie besaß mit Lexington, Australian und Planet auch die besten Hengste jener Zeit. Lexingtons einziger echter Rivale, Leamington, konnte jenen zwar für zwei Jahre vom Stallion-Thron verdrängten, doch beherrschte Alexanders Hengst seine Kollegen sechszehnmal, 14 Jahre davon in Folge.

Hindoo, 1878 von Virgil. Er war Daniel Swigerts erster Kentucky Derby-Sieger (Foto: Courtesy of Keeneland Library)
Zwischen 1878 und 1886 zog Swigert vier hervorragende Pferde, und in allen vier Stammbäumen standen Lexington oder Australian. Und auch auf der Elmendorf Farm, die er später kaufte, waren die zu ihrer Zeit am höchsten eingeschätzten Hengste stationiert, Glenelg und Virgil. Dieser 1864 geborene Glencoe-Enkel gewann Flach- und Hindernisrennen und war auch angespannt worden. Als Beschäler startete er nur, weil der eigentliche Deckhengst seines Besitzers durch Krankheit ausfiel. Danach wurde er verkauft und, als Vagrant (1873) aus seinem ersten Jahrgang das Kentucky Derby gewann, zurückgekauft. 1885 stand Virgil an der Spitze der amerikanischen Deckhengste und verstarb ein Jahr später auf Swigerts Elmendorf Farm. Der zehnfache Sieger Glenelg (1866) wurde in utero aus England eingeführt, war ein gutes Rennpferd, vertrat die Stockwell-Hengstlinie und war viermal der führende Vererber.
Als Swigert auf eigener Scholle zu Stockwood begann, erwarb er Jährlinge und verkaufte sie wieder, sobald sie als Rennpferd Form zeigten. Dass er diese Jünglinge auf den Woodburn-Auktionen kaufte, war logisch, denn diese Zucht kannte er ganz genau. Und zu den Champions, die er auf Stockwood auf diese Art entwickelte, zählte auch der 1868 für 490 Dollar eingekaufte Lexington-Sohn Kingfisher, für den August Belmont nach den Siegen in den Belmont- und Travers Stakes 15.000 $ zahlte. Mit 430 Dollar war Springbok, ein 1870 geborener Australian-Hengst aus der Lexingtonstute Hester, eine ähnliche Anschaffung. In den Stockwood-Farben lief sie nur kurzfristig, wechselte für 2.000 Dollar plus Gewinnbeteiligung den Besitzer, gewann 17 Rennen (Belmont Stakes, zwei Saratoga Cups) und war 1874 Amerikas bestes Handicap-Pferd. Nach gleichem Rezept wie Springbok war auch der spätere Zweijährigen-Champion Spendthrift (1876) gezogen, dessen Lexington-Mutter Aerolite war. Für ihn hatte Swigert als Jährling 1.000 Dollar auf den Tisch legen müssen, doch nach seiner ersten Saison, in der er ungeschlagen blieb, war er James R. Keene 15.000 $ wert. Als Rennpferd war er ein Erfolg, gewann neun von 16 Rennen, darunter die Belmont Stakes und das Jersey Derby, in der Zucht jedoch war er sensationell und, 1902 und 1908, zweifacher US-Champion-Beschäler.
Spendthrifts Sohn Kingston (1884) stellte mit rund 140.000 Dollar einen US-Gewinnrekord auf, und ein anderer, Lamplighter, gewann in fünf Saisons 29 von 66 Rennen und wurde als Zuchthengst ebenfalls erfolgreich. In der Zucht war jedoch der Belmont Stakes-Sieger Hastings (1893) der große Trumpf, denn dieser schwierig zu handhabende Hengst führte schon mit seinen ersten beiden Jahrgängen die Rangliste der Beschäler 1902 an und wiederholte das auch sechs Jahre später. Der Ruhm dieses überdurchschnittlichen, zehnfachen Siegers, der in einer langen Gestütskarriere viele Stakes-Sieger zeugte, stützt sich jedoch auf seinen großen Sohn Fair Play. Der von August Belmont II 1905 gezogenen Hengst war in seinem Jahrgang nur Drittbester, überflügelte in der Zucht jedoch alle Gleichaltrigen. Er war dreimaliger Champion-Stallion, und diese Position nahmen auch drei seiner Söhne in der amerikanischen Zucht ein. Hastings Einfluss wurde in Amerika über Intentionally (1956), und in Europa durch Relic (1945) verkörpert. Dieser zeugte sechs Champions, kam 1950 nach Frankreich, wo er 16 Jahre später bei den Stutenvätern an der Spitze stand, und wechselte 1956 nach England. Intentionally, amerikanischer Champion-Sprinter 1959, war als „The Black Bullet“ bekannt und zeugte In Reality, der das Jersey- und Florida Derby gewann und in den Preakness Stakes den Ehrenplatz belegte.
1874 wurde auch Baden-Baden (Australia) zu Woodburn geboren, den Swigert ebenfalls ersteigerte und zu dem späteren „Hall of Fame-Trainer“ Edward D. Brown in Arbeit gab. Als Zweijähriger gewann er die Young American Stakes, und in der klassischen Saison nach dem Jersey-Derby auch das zu Kentucky Derby. Anschließend lief er, in den Farben des New Yorker Geschäftsmannes William Astor, in den Belmont Stakes auf den dritten Platz und gewann zu Saratoga die wichtigen Travers Stakes. In seinem nächsten Rennen verletzte er sich und bezog auf Astors Ferncliffe Stud eine Beschälerboxe. Besonders erfolgreich war er als Vererber jedoch nicht.
1881 hatte Swigert genug Geld, um für 150.000 Dollar das 544-Acker große Preakness Stud nördlich von Lexington von Milton H. Sanford zu kaufen. Und damit gehörten ihm auch die beiden genannten Beschäler Glenelg und Virgil. Die Farm, die im zeitigen 19. Jahrhundert im Fayette County entstand und als North Elkhorn Farm bekannt wurde, hatte zwischen 1806 und 1881 schon mehrfach den Besitzer gewechselt. Nach Robert Carter Harrison folgte 1840 Carter Henry Harrison; 1855 übernahm sie Thomas Hughs, der den Besitz schon 1862 William Thomas Hugs überließ, der das Anwesen 12 Jahre später an M. S. Sanford verkaufte. Die von Swigert in Elmendorf umbenannte und 1891 wieder verkaufte Farm, wechselte auch nach ihm noch mehrfach den Besitzer und wurde am Ende in andere Gestüte aufgeteilt.
Auf einem Teil des ursprünglichen Landes errichtete Swigerts Urenkel Leslie Combs II seine Farm und benannte sie nach dem großen Stallion Spendthrift. Während jener Zeit wurde hier auch der Kentucky Derby- und Preakness Stakes-Sieger Majestic Prince (1966; Raise A Native) geboren, der allerdings als Jährling für die damalige Rekordsumme von 250.000 Dollar verkauft wurde. 1988 ging das Gestüt in Konkurs, bekam verschiedene Eigentümer und wurde 2004 an den heutigen Besitzer B. Wayne Hughes verkauft, der für 2017 26 Beschäler anbot. Für den kleinen Rennstall, den das kommerzielle Gestüt unterhält, lief in den letzten Jahren die von der Clarkland Farm gezogene Beholder (2010; Henny Hughes) besondere Reklame. Bevor sie 2017 in die Stutenherde ihres Besitzers eingereiht wurde, gewann sie 18 Rennen (elf auf höchster Ebene) und rund 6,2 Millionen US-Dollar.
Dass Virgil Deckhengst wurde, war ein ähnlicher Zufall wie bei Godolphin Arabian, der nicht die Stute deckte, die vorgesehen war, sondern mit einer anderen durchbrannte. Das Ergebnis daraus hieß Lath (1732 aus der Roxana), und der Rest ist bekannt. Sanford hatte Virgil als Jährling beim Woodburn-Sale erworben und an Swigert weiterverkauft, in dessen Farben er lief. Am Ende der Karriere gab Swigert Virgil an Sanford zurück. Weil aber dessen Beschäler, der 1864 geborene Lexington-Sohn Baywood 1872 erkrankte, soll der damalige Gestütsbesitzer für die letzte noch zu deckende Stute entschieden haben, dass es besser sei, wenn Virgil sie deckt, als dass sie ein Jahr verliert. Vagrant (1873) wurde Kentucky Derby-Sieger und sein Vater Beschäler auf Milton H. Sandfords Gestüt. Swigert nutzte den Hengst allerdings erst, als Virgil durch seine Zuchterfolge bereits prominent war. 1877 schickte er seine Lexington-Tochter Florence zu ihm und erhielt ein Jahr später das beste Produkt seiner Züchterkarriere, Hindoo. Dieser gewann im Derbyalter 19 Rennen in Folge (das letzte im toten Rennen), war zweijährig der Co-Champion und ein Jahr später Doppel-Champion, als Dreijähriger und Handicaper. Insgesamt siegte er bei 30 von 35 Starts (u. a. Kentucky Derby, Jockey Club-, Travers- und Champion Stakes), und gewann rund 72.000 Dollar. Als Deckhengst wurde er vor allem Vater des großen Hanover (1884), der 3 x 3 auf den Glencoe-Sohn Vandal ingezogen war. Mit 23 Jahren beendete der prominente Hengst, der 1955 in die „Racing Hall of Fame“ aufgenommen wurde, auf der Runnymede Farm sein Leben.
Hanover, der als Zwei- und Dreijähriger 17 Rennen in Folge gewann, darunter auch die Belmont- und Champion Stakes, war eines der besten Rennpferde seiner Zeit. Er war vielseitig, schlug hervorragende Gegner zwischen 1.200 und 2.400 Meter, und gewann von 50 Starts 32. Sechzehn weitere Plätze steigerten seine Gewinnsumme auf fast 120.000 Dollar. Zeitzeugen waren sogar der Meinung, dass er in anderen Händern wahrscheinlich noch besser gewesen wäre, denn sein Stall war nicht für behutsamen Umgang bekannt. Mit sechs Jahren ging er ins Gestüt, und als sein erster Jahrgang vierjährig war, stand Hanover bereits an der Spitze seiner Beschäler-Kollegen, auf einem Platz, den er bis 1898, ein Jahr vor seinem Tod, hielt. In der weiblichen Linie promineter amerikanischer Pferde findet sich dieser Hindoo-Sohn, wenn auch weit hinten, mehrfach, doch konnte keiner seiner eigenen Söhne an den Einfluss des Vaters anknüpfen. Auch nicht Handspring (1893) oder Hamburg, der als sein bester Nachkomme gilt. Dieser wurde 1895 aus einer Australien-Enkelin von C. J. Enright auf Elmendorf gezogen, gewann 16 Rennen, war als Zwei- und Dreijähriger der Champion, schlug den gleichaltrigen Derbysieger Plaudit und wechselte 1901 für 60.000 Dollar in den Besitz von H. P. Whitney. 1905 war Hamburg der führende Deckhengst in den USA. Zwei seiner besseren Nachkommen waren die Stuten Artful (1902) und Frizette (1905). Diese stammte aus einer St. Simon-Stute, wurde von Keene gezogen und gewann 12 Rennen. 1908 wurde sie nach Frankreich exportiert, wo sie als 23- und 24-jährige nicht mehr tragend und von M. Boussac zum Schlachter geschickt wurde. Artful gewann sechs von acht Starts, war zweijährig der Champion und das einzige Pferd, das den großen Sysonby schlug, als sich der Keene-Hengst in den Futurity Stakes mit dem Ehrenplatz begnügen musste. Die beiden anderen Niederlagen kamen durch „erklärte“ Stallgefährten.