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Von Virgil erhielt Swigert aber noch weitere gute Pferde. Aus der Lexington-Tocher Ulrica den 1886er Kentucky Derby-Sieger Ben Ali; Preaknes-Stakes Sieger Vanguard (1879), der ebenfalls eine Lextington-Stute zur Mutter hatte, und den 1886 in 13 Rennen ungeschlagenen Zweijährigen-Champion Tremont, der seine Siege innerhalb von zehn Wochen erledigte und knapp 40.000 Dollar verdiente. Swigerts Kentucky-Derbysieger Apollo, der zweijährig nicht lief, gewann das Rennen 1882, stammte von dem Lexington-Sohn Lever und kam bei 55 Starts zu 24 Siegen und der gleichen Anzahl an Plätzen.
Das „Pferd des Jahres“ von 1889 und 1890, Salvator (1886), war der letzte prominente Vertreter den Swigert zog. Und auch er hatte wieder Lexington als mütterlichen Vater im Pedigree. Sein Erzeuger war der Stockwell-Enkel Prince Charlie (1869), dessen Sohn und Champion-Dreijähriger auf der Rennbahn insgesamt 16 Starts und rund 114.000 Dollar gewann, wofür er 19 Versuche benötigte. Die übrigen fünf „großen“ Pferde, die diese Zucht hervorbrachte, stammten alle von dem 1866 geborenem Stockwell-Enkel Glenelg (Citadel), für den Sir Roderick W. Camerons Clifton Stud als Züchter verantwortlich war. Als Jährling wechselte er in den Besitz von August Belmont, konnte aber wegen seiner Größe und Unreife als Zweijähriger nicht an den Start gebracht werden. Der Hengst, der in utero importiert wurde, gewann zehn von 18 Rennen und belegte sieben Plätze, sodass am Ende 25.700 Dollar auf dem Konto standen. Zu den wichtigsten Siegen zählten die Erfolge in den Travers- und Champion Stakes und einige über weitere Wege als Vierjähriger. Im „Belmont“, so S. Hewitt in seinem Buch, soll er als Zweiter zurückgehalten worden sein, damit sein selbstgezogener Stallgefährte Fenian, ein Birdcatcher-Enkel aus einer Stockwell-Tochter, zu klassischen Ehren kam, obwohl Glenelg diesen hätte leicht schlagen können. 1870 verkaufte ihn Belmont als Beschäler für 10.000 Dollar an M. H. Sandford’s Preakness Stud (später Elmendorf), weil er zwei Jahre früher für seine Zucht bereits den Lexington-Sohn Kentucky erworben hatte.
Im neuen Gestüt standen Glenelg einige der besten Töchter von Lexington und Australian zur Verfügung, sodass seine vier Beschäler-Championate, die er zwischen 1884 und 1888 erreichte, nicht unbedingt überraschten. Und da Virgil 1985 das fehlende Jahr überbrückte, war Swigert mit diesen beiden Hengsten, die kein Lexington- oder Australianblut besaßen, in den 1880er Jahren in einer ähnlich glänzenden Situation wie vorher R. A. Alexander mit Lexington, Australian und Planet zu Woodburn. Und diese Stallions hatte Swigert damals auch noch selbst gemanagt.
An den elf promineten Pferden, die Swigert in 23 Jahren zu Stockwood und Elmendorf zog, hatte auch Glenelg seinen Anteil. Sein 1880 aus einer Lexington-Enkelin gezogener Sohn Little Minch zählte mit 221 Starts sicherlich zu den fleißigsten Pferden. Er gewann 84 davon und insgesamt rund 58.000 Dollar. Von den übrigen vier Glenelg-Töchtern hatten drei jeweils eine Lexington-Tochter zur Mutter, und zwei davon wurden auch jeweils in mehr als 100 Rennen gesattelt.
Heel And Toe (1880) wurde Mutter des Champions Gold Heels (1898; The Barb), dessen in England gezogener Urgroßvater Leamington (1875, 1877, 1879, 1891 Champion-Beschäler in Amerika) der einzige Hengst war, der dem überragendem Lexington einigermaßen das Wasser reichen konnte. Auf der Rennbahn wurde die Stute in 107 Rennen gesattelt, gewann davon 21, und in ihrer Gewinnsumme von rund 18.000 Dollar schlugen sich besonders die Congress Stakes und das Manhattan Handicap nieder. Los Angeles war fünf Jahre jünger, gewann 48 von 110 Starts in fremden Farben, und für ihre Gewinnsumme von fast 100.000 Dollar sorgten zahlreiche Stakessiege wie die Spinaway- und Tyro Stakes, die sie als Zweijährige gewann. Danach siegte sie u. a. in den Manmouth Oaks, Champion Stakes und, sechsjährig, im Saratoga Cup. Die dreijährige Champion-Stute Louisette (1881), die zu ihren 19 Erfolgen auch die Breeders Stakes zählte und mehr als 36.000 Dollar verdiente, war auf der Jährlings-Auktion, als Swigert sie G. L. Lorillard überließ, mit 1.500 Dollar die teuerste Stute jener Versteigerung. An der 1884 geborenen Firenze, deren Mutter Florida von Virgil stammte, hatte das Duo Glenelg und Swigert aber noch einen weiteren Trumpf in der Hand. Diese dreijährige Championess, die auch vier- bis sechsjährig Amerikas Champion Handicap-Stute war, bezeichnete ihr Jockey Jim McLaughlin als die beste Stute, die er je ritt. Bei 82 Starts gelangen 47 Siege und 30 Plätze, die sich mit rund 114.000 Dollar finanziell niederschlugen. Und zu diesen Erfolgen zählten auch die Manmouth Oaks, und je zwei champion Stakes und Manmouth Cups.
Nach 1886 kam aus Swigerts Zucht kein Spitzenpferd mehr. Wahrscheinlich lag das daran, so analysiert Hewitt in seinem Buch „The Great Breeders and their Methodes“, weil seine beiden Tophengste die Altersgrenze von 20 Jahren bereits überschritten hatten und damit ein ähnliches Phänomen bereiteten wie Djebel und Pharis in der Zucht von Boussac, oder Blenheim II und Bull Lea auf der Calumet Farm, als sie alt oder tot waren. Andere Züchter wie Lord Fallmouth, Tesio oder der Ire J. J. Maher, die als „Outside Breeder“ galten und fremde Hengste nutzten, kannten dieses Problem nicht und hielten die Aufstellung eines eigenen Hengstes eher für nachteilig. Aber zu Swigerts Zeiten, und noch lange danach, gab es in Amerika kaum Züchter, die so handelten, und solche wie Belmont, H. P. Whitney, Keene oder Madden ließen ihre Stuten fast ausnahmslos von Hengsten decken, die im eigenen Gestüt standen. Aber Keene hatte Domino, Commamdo und Ben Brush; Belmont verfügte über Rock Sand und Fair Play, während Withneys Spitzenhengste Hamburg und Broomstick hießen, oder ein Stutenerzeuger wie Peter Pan zur Verfügung stand. Und auch Swigert und Alexander verfügten über erstklassige Stallions. Für die letzten fünf Saisons, 1887 bis 1891, hatte auch Swigert nicht mehr die besten Beschäler im eigenen Stall, und somit auch kein weiteres großartiges Rennpferd auf der Bahn.
Im Oktober 1891 wechselte die Elmendorf-Farm, die vor dem Schweigert-Kauf Preakness Farm hieß, in den Besitz von J. Enright, der mehrere gute Zuchtstuten aus Europa importierte und das Gestüt schon nach sechs Jahren an James Ben Ali Haggin verkaufte. Das beste Pferd, das Enright während dieser kurzen Periode besaß, war der 1895 geborene Hanover-Sohn und Doppel-Champion Hamburg, der 16 Rennen gewann und im „Lawrence Realization“ als Dreijähriger an Plaudit den Kentucky Derby-Sieger von 1898 schlug.
Haggin, der bereits mit Pferden seiner Rancho Del Paso in Kalifornien erfolgreich war, vergrößerte das Gestüt durch den Ankauf von mehreren angrenzenden Farmen, hielt Milchkühe und baute in Gewächshäusern exotisches Gemüse an. Mit dem Kauf von Elmendorf kam er auch gleichzeitig in den Besitz einiger sehr guter Pferde. Zu diesen zählte die 1880 geborene Voltigeur-Enkelin Miss Woodford (Billet), die in fünf Rennzeiten von 48 Starts 37 und mehr als 118.000 Dollar gewann. Diese Stute, die zwei- bis sechsjährig lief, der eine 16er-Siegesserie gelang, und die sich in Rennen wie Great Eastern Handicap, Monmouth Oaks, Champion Stakes, Monmouth Cup (zweimal) oder Great Long Island Stakes (dreimal) durchsetzte, galt als eine der besten Rennstuten jener Zeit. Noch besser war der von Daniel Swigert gezogene Salvator, zweifaches „Pferd des Jahres“, der in die „Racing Hall of Fame“ einzog und von 1899 bis zu seinem Tod 1909 als Stallion zu Elmendorf agierte.
Als Haggins 1914 starb, ging ein Teil von Elmendorf an die sehr reiche Widener-Familie, die bei der Auflösung von August Belmonts Bestand auch Fair Play und die Zuchtstute Mahuba erwarben, die gemeinsam dafür gesorgt hatten, dass 1917 ein gewisser Mano O‘ War das Licht der Welt erblickte. Diese Familie blieb dort bis in die 1940er Jahre sesshaft, wobei Joseph Widener seinen Teil als Elmendorf fortführte, sein Neffe George sein Land als Old Kinney Farm betrieb. Nach Joseph Widener folgte zunächst dessen Sohn Peter Widener II, und 1950 übernahm der Geschäftsmann Maxwell H. Gluck den ursprünglichen Bereich von Elmendorf. Dessen erster Erfolg war der 1954er Kauf des Jährlings Prince John, den Fannie Hertz von Princequillo gezogen hatte. Der mütterlicher Vater des Jährlings, der auf auf das gleiche züchterkonto ging, war Count Fleet (1940; Reigh Count), Zweijährigen-Champion, Triple Crown-Sieger und „Pferd de Jahres“. Der Fuchs Prince John gewann einige Rennen als Zweijähriger, darunter die damals äußerst hochkarätigen Garden Stakes, war Zweiter im Kentucky Derby und danach verletzt. Als Deckhengst wirkte er zu Elmendorf, wechselte jedoch 1961 zur Spendthrift Farm. Im Gestüt zeugte er u. a. den Belmont Stakes-Sieger und Champion-Dreijährigen Stage Door Johnny(1965) und wurde Großvater des fünffachen Steeplechase-Champions Lonesome Glory (1988), der im National Steeplechase Museum in Calden, South Carolina seine letzte Ruhe fand. Als mütterlicher Vater steht Prince John beispielsweise bei Rivermann (1969) oder dem zweifachen „Arc de Triomphe-Sieger“ Alleged (1974) im Pedigree. Die Liste der erfolgreichsten Hengste von Mutterstuten führte Prince John 1979, 1980, 1982 und 1986 an. Als Gluck 1984 verstarb verkaufte seine Witwe das Gestüt und die etwa 350 Pferde an Jack Kent Cooke.
Bis 1951 war das einstige Elmendorf Stück für Stück reduziert worden, wobei der Original-Teil der Farm und der Name an Max Gluck gingen, und E.Barry Ryan den Teil kaufte, der auch den Pferdefriedhof enthielt, und der fortan als Normandy Farm fungierte. Dort steht auch die von Widener errichtete wundervolle Bronze-Statue von Fair Play, zu deren Füßen der große Hengst neben anderen Söhnen und Töchtern ruht, die Widener besaß oder zog. So Man O’Wars Mutter Mahubah (1910), Chance Shot und Sickle, als auch Pferde wie Haste, dessen Tochter Quickly Count Fleet fohlte. Das wohl bekannteste Produkt der Normandy Farm, die Nancy Polk gehört und von ihr gemanaged wird, ist wohl der 2010 geborene Any Given Saturday-Sohn Mongolian Saturday, der als Jährling zu Keeneland-September 60.000 Dollar kostete und fünfjährig den Breeders Cup Turf Sprint gewann.
Aus anderen Teilen des ehemaligen Elmendorf-Landes entstanden die Farmen Old Kinney (George D. Widener, jr.) und Clovelly, für die Robin Scully als Besitzer zeichnete, der 2013 im Alter von 89 Jahren verstarb. Zu den bekannten Pferde, die zu Clovelly gezogen wurden zählten Silver Hawk (1979; Roberto), der im Epsom Derby auf Platz zwei lief und sich im Irischen Derby um eine Position verbesserte, und Elusive Kate (2009; Elusive Quality). Diese Stute, die vor dem Breeders Cup 2011 in den Besitz des Japaners Teruyda Yoshida wechselte und zweimal den Prix Rothschild auf höchster Ebene gewann, ging bei der Geburt ihres ersten Fohlens (ein Dansili-Hengst) auf dem Newsells Park Stud in England ein. Silver Hawk hinterließ 76 Stakes-Sieger, darunter sechs Millionäre.
Gegen Ende 2011, nachdem bereits viele Pferde auf den Keeneland-Auktionen 2010 verkauft worden waren, wechselte diese Farm in den Besitz der Golden Age Farm (Versailles, Kentucky), die Richard und Sue Masson gehört. Auf der Bahn laufen deren Pferde unter dem Namen „Green Lantern Stables“, die erstmals 1995 ihre Farben zeigten, und für die Karelian, ein In Reality-Ururenkel, der als Achtjähriger eines der ersten Grade-One-Rennen gewann. Ein verbliebener Teil der ursprünglichen Elmendorf-Farm soll bereits 1997 von D. Lampton, jr. erworben worden sein, der als Fan von Kutschen und den zugehörigen Pferden gewesen sein soll.

Busbody (1881) gewann die Englischen Oaks wie ihre Mutter Spinaway und Großmutter Queen Bertha, die für Lord Falmouth zur Gründerstute wurde (Foto Courtesy of Keeneland Library)
LORD FALMOUTH’
Verbindung zu Daniel Swigerts Beschäler Glenelg führt über die von Falmouth gezogenen Queen Bertha, die für ihn 1863 die Epsom Oaks gewann, seine Gründerstute und die Mutter der Champions Spinaway und Wheel of Fortune wurde. Die Oaks-Siegerin stammte von Kingston, dem mütterlichen Vater des Elmendorfer Beschälers. Dieser Züchter schickte seine Stuten, ähnlich wie Italiens berühmter Frederico Tesio 70 Jahre später, schon immer zu fremden Spitzenhengsten, während auch Lord Derby die besten Deckhengste nutzte, wenn diese nicht in seinem Besitz waren. Mit solchen züchtete er so großartige Pferde wie Hyperion, Phalaris, Swynford, Alycidon oder Chaucer. Auch die Züchter von Nasrullah, Blandford oder Tourbillon griffen diesen Gedanken auf, wenn sie es für richtig erachteten. Auffallend auch, dass in den erfolgreichen Pedigrees jener Zeit die wiederholte Kreuzung mit Speed, klassischem Stehvermögen und Härte zu finden war, während Züchter, die „klassische Stuten“ mit „klassischen Hengsten“ paarten, auf Dauer weniger erfolgreich waren, weil sich der Speed nach und nach verlor. Und diejenigen, die „Speed“ mit „Speed“ paarten, erzeugten nur Sprinter. Und die meisten dieser hatten auch wenig Qualität. Andererseits konnte nicht übersehen werden, dass die Inzucht eines sehr nahen Vorfahrens positiv wirkte. Lexington, Phalaris, Domino, St. Simon, Nearco, Djebel oder Stockwell sind dafür Beispiele.
Lord Falmouth, mit bürgerlichem Namen Admiral Edward Boscawen, nahm den französischen Admiral de Hocquart dreimal gefangen, an den seit 1861 der den Dreijährigen vorbehaltene Prix Hocquart zu Longchamp erinnert. Boscawen studierte Rechtswissenschaften, führte diesen Beruf jedoch nicht aus, nachdem er den Titel von einem Cousin geerbt hatte. Er heiratete eine sehr reiche Frau, errichtete seinen Sitz in der Nähe von Leybourne Grange, wo Sir Joseph Hawley sechs große Rennpferde gezogen hatte, zu Mereworth (später bekannt als Mereworth Castle). Und hier züchtete der Lord von fremden Hengsten in 22 Jahren die Sieger von 19 Klassiks, darunter sechs Oaks- und drei Derby-Sieger. Was jedoch als Hengst auf die Welt kam, wurde in der Regel verkaufte oder verpachtete. Auf diese Art kam auch der Thormanby-Sohn und 2000 Guineas-Sieger Atlantic (1871) als Deckhengst nach Frankreich, wo der Fuchs Vater des Schimmels Le Sancy (1884) wurde, der erst als Vier- und Fünfjähriger voll ausgereift war und in diesem Alter 19 Rennen in Folge (insgesamt 27) gewann. Dieser Hengst, dessen Großvater die gleichen Eltern hatte wie seine Urgroßmutter Lady Hawthorn, wurde im Gestüt einer der größten Beschäler Frankreichs, zeugte viele klassische Sieger und etablierte eine Schimmellinie, zu der auch The Tetrarch gehörte. Le Sancy wurde auch mütterlicher Großvater von Baron R. de Rothschilds Alcantara II (1908), der 1920 und 1928 an der Spitze der französichen Beschäler stand und, 1932/33, auch die Liste der Väter erfolgreicher Mütter anführte, und die Zucht ganz besonders durch seine Töchter beeinflusste. Von diesen trug ganz besonders die 1920 geborene Tochter Deasy bei, die, vor ihrem ersten Hengst, acht Stuten fohlte, von denen vier eine sehr bedeutende Nachkommenschaft begründeten, die sich u. a. auch auf Argentinien, australien und Südafrika bezog. Le Sancy war auch der Vater von Justita, die 1912 nach Rabelais Reine Mab fohlte. Diese blieb zwar sieglos, doch stammten von ihr elf Sieger ab, die 47 Flachrennen gewannen.
Le Sancy hatte auch zwei in Frankreich geborene Söhne gleichen Namens, doch war es der von Baron Arthur de Schickler 1895 geborene Schimmel Le Samaritain, der u. a. den Großen Preis von Deauville gewann und der die Linie fortsetzte, die über Roi Herode (1904), der 4 x 4 auf Thormanby ingezogen war, zu dem großen Iren The Tetrarch (1911) führt.
Um Thormanby (1857; Windhound), der 14 von 24 Starts gewann, darunter die Gimcrack Stakes als Zweijähriger, und in den beiden folgenden Jahren Derby und Ascot Gold Cup, gab es einige Diskussionen, ob er von Melbourne oder Windhound stammt, weil seine Mutter damals von beiden Hengsten gedeckt worden sein soll. Klarheit brachte schließlich sein Trainer Mathew Dawson in diese Diskussion, der zu Russley Park, in der Nähe von Lambourn, sein Domizil hatte und den Jährling von dessen Züchter Benjamin Plummer für 350 Pfund privat gekauft hatte. Als Thormanbys Mutter, die Ausnahmerennstute Alice Hawthorn (1838; Muley Moloch), 1856 gedeckt wurde, arbeitete M. Dawson im Gestüt und stellte klar: “Die Stute lehnte Melbourne ab und wurde von dem weniger attraktiven Windhound gedeckt“, womit klar war, dass Thormanby ein Vertreter der Herod-Hengstlinie war. Zusätzlich führte man an, dass Melbourne, ein Sohn des Triple Crown-Siegers West Australian, bisher ausschließlich braunen und dunkelbraunen Nachwuchs gezeugt hatte, sodass auch die Fuchsfarbe nicht zu Melbourne passte.
Mit dem Jährling Thormanby, der auf den Doncater Yearling-Sales keinen Käufer fand, und den Dawson „auf Verdacht“ für seinen größten Besitzer vom Züchter erhandelt hatte, bekam der Trainer selbst auch noch Probleme, denn James Merry wollte das Pferd nicht, und es dauerte Monate, bis er den Kaufpreis auf den Tisch legte. Bereut hat er es sicherlich nicht, denn seine Neuerwerbung, die der Trainer im ersten Jahr vierzehnmal anspannte, gewann als Zweijähriger neun Rennen. Und zu diesen Siegen zählten Yorks wichtigstes Rennen für den jüngsten Jahrgang, die Gimcrack Stakes, und beim letzten Jahresstart setzte er sich auch noch zu Newmarket in den hoch dotierten Criterion Stakes durch.

Thormanby (Litografie von John Sherer) und seine Mutter Alice Hawthorn
Und diese Alice Hawthorn gewann insgesamt 52 Rennen, darunter auch die Chester-, Goodwood- und Doncater Cups, Gold Vase und das Ebor Handicap. Und sie wurde zur Gründerin der F-Linie der Familie 4.
Thormanby war auch der mütterliche Vater von Bend Or, den der Duke of Westminster 1877 von Doncater zog. Dieser Stockwell-Enkel blieb als Zweijähriger in fünf Rennen ungeschlagen, und sein Stehvermögen reichte gerade aus, das Derby unter Fred Archer zu gewinnen, obwohl sein Vater ein eiserner Steher war. Beide waren damals jedoch ziemlich angeschlagen. Der Hengst litt unter Schienbeinen, und sein Reiter war von dem aggressiven Muley Edris grausam gebissen worden. Für das Duo reichte es dennoch zu einem Kopfsieg gegen das bessere Rennpferd Robert The Devil.
Die wichtigste Gründerstute des Lords war jedoch die Oaks-Siegerin Queen Bertha (1860; Kingston), die ihm nach dem sehr guten Stutenerzeuger Macaroni (1860; Sweetmeat), der die 2000 Guineas, Derby und Doncaster Cup gewann, die 1000 Guineas- und Oakssiegerinnen Spinaway (1872) und, vier Jahre später, Wheel of Fortune (Adventurer) lieferte. Insgesamt siegten diese beiden Stuten in 22 Rennen und brachten rund 150.000 Dollar Gewinnsumme nach Hause. Der große Jockey Fred Archer war sogar der Meinung, dass Wheel of Fortune, die Mathew Dawson trainierte, das beste Pferd gewesen sein könnte, das er je ritt. Und Archer saß auch auf einem St. Simon und Ormonde, zwei ungeschlagenen absoluten Cracks. „The thin man“ Archer, der schon mit elf Jahren 1868 als „Stift“ zu Trainer M. Dawson kam und von 1874 bis 1886 sein Stalljockey war, gewann von 8.084 Starts 2.748 und, bis 1886, auch dreizehn Jockey-Championate in Folge. Ormonde war der letzte seiner fünf Derbysieger, denn im Herbst des gleichen Jahres nahm sich dieser begnadete Reiter mit 29 Jahren das Leben.
Fred Archer, der 1857 in Cheltenham geboren wurde, und dessen Siegzahl erst Englands 26-facher Champion-Jockey Sir Gordon Richards mit 4.870 Erfolgen (bei 21.834 Starts) in einer wesentlich längeren Karriere überbot, ritt seinen ersten Sieger 1870 und gewann zwei Jahre später das Cesarewich. Der Wendepunkt in seiner Karriere kam, als Lord Fallmouth seinen verstorbenen Stalljockey Tom French ersetzen musste, und die Wahl auf Archer fiel. Und dafür bedankte sich der junge Reiter in seiner ersten Saison für den Lord mit Siegen in den 1000, 2000 Guineas und Oaks, während es im Derby nur ein dritter Rang wurde. Zu den fünf Derbysiegen kamen sechs St. Legers, je vier Oaks und 2000 Guineas, als auch zwei Erfolge in den 1000 Guineas hinzu. Der für einen Jockey sehr große Reiter, der unbeugsamen Siegeswillen, hervorragendes Einfühlungsvermögen und ein starkes Finish gehabt haben soll, hat aber auch seinem Körper Unglaubliches zugemutet. Im Winter soll die Waage zehn bis elf Stones (63-70 Kilo) angezeigt haben, während zu seinem „Saison-Dinner“ berichtet wird, dass dieses in der Regel ein Wasserkeks und ein halbes Glas Champagner gewesen sei.

„The thin man“ Fred Archer
1883 heiratete der Jockey, dessen Vater ein bekannter Steeplechase-Jockey war, die Tochter seines Trainers, die jedoch schon ein Jahr nach der Geburt einer Tochter verstarb. Über diesen Verlust kam Archer nie hinweg, und als seine Gesundheit 1886 schwer angeschlagen war hat er, depressiv und von Fieber geplagt, sich selbst erschossen. Sir Gordon Richards hingegen, der im November 1986 diese Welt verließ, wurde 82 Jahre alt. Seine Siegzahl ist längst überboten – der Weltrekord steht bei mehr als 12.800 Erfolgen – denn seinem großen Landsmann Lester Piggott gelangen mindestens 5.191 Siege, die aus 4.349 britischen Erfolgen, 20 über Hürden und, minimal, 822 Auslandssiegen resultierten. Einen Rekord dürfte er aber noch halten, 12 ununterbrochene Siege. Der Start dafür war am 3. Oktober 1933, als er zu Nottingham das letzte Rennen des Tages beherrschte, am folgenden Tag zu Chepstow bei sechs Starts alle gewann. und, am nächsten Tag auf gleicher Bahn, in den ersten fünf Rennen den Sieger ritt.
Lord Fallmouth zog aber noch einige weitere gute Pferde, darunter die Derbysieger Silvio (1874; Blair Athol) und Harvester (1881; Sterling), als auch die Hengste Charibert (1876; Thormanby) und Galliard (1880; Galopin), die beide die 2000 Guineas an die Farben ihres Züchters hefteten. Und die 1875 geborene Lord Cliften-Tochter Jannette gewann die Oaks, das St. Ledger, war Zweite in den 1000 Guineas und setzte sich als Vierjährige im Jockey Club Cup durch. Am Ende standen 17 Siege 24 Starts gegenüber.

Mit Little Charley (1848; Charles The Twelfth) gewann Fred Archers Vater William die Grand National 1858 (Foto nach einem Gemälde von H. P. Woollett, 1883)
Silvio gewann als Zweijähriger zwar vier Rennen, hatte aber keine großen Gegner geschlagen, sodass er im Derby als 100:9-Chance antrat. Zu Tottenham Corner lag Silvio noch weit hinten im Feld, lieferte auf den letzten Metern unter Archer jedoch ein packendes Finish gegen Glen Arthur (Adventurer), der den Franzosen Dodge im Sattel hatte und gewann mit einer halben Länge. Knapp dahinter lief der Favorit Rob Roy (Blair Athol) auf Platz drei. Vierjährig siegte Silvio im Jockey Club Cup gegen den ein Jahr jüngeren französichen Derbysieger Insulaire, der im Epsom Derby nur Sefton (Speculum) unterlegen war und die Farben von Count Frederick De Lagrange trug. Fünfjährig blieb der Hengst sieglos, lieferte als Zweiter aber zwei hervorragende Rennen zu Ascot ab. In der Golden Vase gab er dem Sieger Isonomy sieben Pfund, und in den Hartwicke Stakes Chippendale achtzehn. Danach ging er in England ins Gestüt, richtete wenig aus und wurde drei Jahre später nach Frankreich exportiert. Dort war er wesentlich erfolgreicher und führte auch einmal die französichen Vererber an.
Das Derby 1884 hatte eigentlich schon am 2000 Guineas-Renntag 1983 zu Newmarket seine Schatten vorausgeworfen, als Prince Batthyany voller Hoffnungen war, Lord Falmouth Galliard siegen zu sehen, der seinen geliebten Galopin zum Vater hatte. Der Hengst gewann an jenem Tag auch, doch der alte Herr erlitt schon vorher auf den Stufen zum Jockey Club Luncheon Room einen Herzanfall und verstarb. Durch den Tod dieses Ungarn waren auch alle klassischen Nennungen seines St. Simon (1881; Galopin) erloschen, weil das die Paragraphen der englischen Rennordnung damals so bestimmten. Und somit wurde im Derby 1884 nicht dieser Schimmel gefeiert, der mit ziemlicher Sicherheit auch die „Dreifache“ gewonnen hätte, sondern St. Gatien (The Rover) und Lord Fallmouth Harvester, die im „Toten Rennen“ endeten, wie 1828 Cadland und The Colonell. Harvester, der insgesamt fünf von 13 Rennen gewann und am Ende des Jahres in Newmarket ins Gestüt ging, wurde kurz später für 850 Guineas nach Österreich verkauft. St. Gatien wurde im Laufe des Jahres immer besser und gewann insgesamt 16 von 19 Rennen, darunter Cesarewitch, Free Handicap, drei Jockey Club Cups; zwei Newmarket King’s Plate, Alexandra Plate, Ascot Gold Cup und, fünfjährig, die Rous Memorial Stakes zu Ascot. Nach kurzer Gestütszeit wurde er an Graditz verkauft. Von dort soll die Reise in die USA, dann zurück nach England gegangen sein, wo er erneut über den „großen Teich“ verschifft worden sein soll. Diesen Weg ging auch 1893 sein bester Sohn Meddler (1890), ein in drei Rennen ungeschlagener Zweijährigen-Champion in England. Ihn hatte ein ähnliches Schicksal getroffen wie St. Simon, denn auch sein Besitzer, George A. Baird, war verstorben und die klassischen Nennungen für Meddler hinfällig. In den USA wechselte er, nach dem Tod seines dortigen Eigners, auf der Auktion für 55.000 Dollar in den Besitz von William C. Whitney und stand 1904 und 1906 an der Spitze der amerikanischen Deckhengste.