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Die 2000 Guineas-Sieger Charibert und Galliard haben beide ihren Lebensabend in Deutschland verbracht. Ersterer, der eine Birdcatcher-Enkelin zur Mutter hatte, war als Zweijähriger in den Champagne Stakes erfolgreich, heftete vierjährig die über 1.000 Meter führenden King’s Stands Stakes zu Ascot an seine Farben, als auch den Sieg in den July Stakes, in denen er sich 12 Monate später erneut durchsetzte. Insgesamt ergaben 37 Starts 10 Siege. Galliard, der 4 x 4 auf Voltaire und Birdcatcher ingezogen war, hatte eine Macaroni-Stute zur Mutter. Auf der Rennbahn gewann er sechs von acht Starts, darunter auch die in den Prince Of Wales- und St. Jame’s Palace Stakes. Zunächst wurde er nach Frankreich exportiert, und 1895 von dem weltweit bekannten jüdischen Berliner Bankier James Soloschin, der Immobilien in Berlin und Paris besaß, für seine Zucht in Alt Golm gekauft. Das in Brandenburg in der Nähe des Scharmützelsees gelegene 670 Hektar große Anwesen – Alt Golm gehört heute zur Gemeinde Rietz-Neuendorf – hatte er 1895 von dem Berliner Druckereibesitzer Georg W. Büxenstein erworben, die Gebäude ausgebaut, erweitert und das heute nicht mehr existierende „Schloss“ zum Familien-Landsitz mit Pferdezucht erkoren. Der Geschäftsgedanke zur Zucht lag mit der damals zu Fürstenwalde und Beeskow beheimateten Kavallerie, die später auch „Hindernis-Rennen“ organisierte, nahe, doch brachte Soloschin Leben in das kleine Dorf, baute auch eine Schule und galt als geachteter Gutsherr.
Zu dem genannten Galopin-Sohn Galliard war als Deckhengst zu Alt Golm nichts zu erfahren, doch zeigt eine Zeichnung von Karl Volkers, die in den 1890er Jahren entstand, und die mir freundlicherweise der Regionalhistoriker Hans-Werner Hintze mit einigen weiteren Informationen zur Verfügung stellte, dass damals Fohlen von dem Franzosen Chamant (1874; Mortemer) und St. Gatien (1881; The Rover) auf Soloschins Koppeln standen. Die Mutter des Chamant-Fohlens, Harzrose (1867) stammte von dem Buccaneer-Hengst und Union-Sieger Filibuster (1867), den Graf Johann Renard gezogen hatte. Der Hengst deckte auf dessen Gestüt Olschowa, dass wahrscheinlich auch Schlesisches Warmblut züchtete, doch wird zu Filibuster auch vermerkt, das er 1884, 1888 und ein Jahr später Championbeschäler war. Chamant, der in Frankreich aus einer importierten Engländerin gezogen wurde und in England lief, kam 1878 nach Deutschland und startete zunächst in Beberbeck (in der Nähe von Hofgeißmar), das damals zu den fünf preußischen Hauptgestüten Graditz, Trakhenen, Neustadt/Dosse und Altefeld gehörte. Graditz schickte diesem Stallion aber sofort und konstand einige Stuten, und 1892 wurde der Hengst dann endlich „Graditzer“ und verhalf dieser Zuchtstätte bei Torgau zum ersten Aufschwung. Insgesamt gilt der Hengst als großer Zuchterfolg. Graditz erhielt von ihm die drei Derysieger Potrimpos, Peter und Habenichts, die 1886, 1891 und 1898 gewannen, und Schlenderhans Saphir holte sich 1897 das „Blaue Band“ in Wien. Seine Sohn Pumpernickel (1884) gewann in Deutschland und Ungarn die St. Legers, und Weltmann (1881) wechselte 1893 von Graditz als Hauptbeschäler nach Beberbeck.
St. Gatien kam nach 16 Siegen 1891 nach Graditz, nachdem er im Epsom Derby 1884 mit Lord Fallmouth Harvester „Totes Rennen“ lief, aber auch Ascot Gold Cup und Cesarewitch gewonnen hatte. Waschfrau (Preis der Diana) war seine beste Vertreterin. Er reiste weiter nach Kalifornien …

James Soloschin überwacht zu Alt Golm das Training der Jährlinge mit seinen Söhnen Edgar und Victor

Das Alt Golmer „Schloss“ des Gutsbesitzers J. Soloschin (Fotos: Hans-Werner Hintze, nach einem Gemälde des Polen A. von Kossack und einer alten Postkarte
Zu anderen wichtigen Siegern von Lord Fallmouth zählten noch Cecilia (1870; Blair Athol; 1000 Guineas); die Oaks-Siegerin Gamos (1867; Saunterer); die Zweijährigen-Championess Bal Gal (1878; Adventurer) und die ein Jahr jüngere Durch Oven (Dutch Skater), die beide aus der Stockwell-Tochter Cantiniere stammten. Letztere zählte zu ihren 16 Siegen u. a. St. Ledger, Yorkshire Oaks, Dewhurst Plate und Rous Memorial.
Man hätte erwarten können, dass eine derartige „Stutenpower“ – Queen Bertha, ihre Töchter Wheel of Fortune und Spinaway, die Busybody (1881; Petrarch) fohlte, die das klassische Doppel ebenfalls gewann, nachdem sie bereits ihren Jahrgang als Zweijährige angeführt hatte – auch überragendes Zuchtpotential besitzt, doch das war nicht der Fall.
Abram S. Hewitt, der diese Zucht analysierte, wies auch darauf hin, dass es damals auch in der Hengstlinie der Derbysieger vom Vater zum Sohn nach drei Generationen nicht weiterging: Waxy gewann das Epsom Derby 1793, sein Sohn, der zwanzigfache Sieger und Ururgroßvater des Franzosen Gladiateur (1862), Whalebone, setzte sich 1910 Start-Ziel durch, und dessen Sohn Spaniel, der in der vierten und fünften Generation sehr stark ingezogen war, 1831. Der von Stockwell gezogene Doncaster kam 1873, als es auf den Epsom Downs für den zweiten Platz totes Rennen gab, zu Derbyehren. Sein Sohn Bend Or erkämpfte sich das „Blaue Band“ sieben Jahre später, und dessen Vertreter Ormonde 1886.
Eine Sequenz über drei Generationen lieferte auch das Vater-Sohn-Trio mit Gainsborough (gewann 1918 unter Joe Childs), Hyperion (siegte 1930 mit T.Weston) und Owen Tudor, der das Kriegs-Derby 1941 zu Newmarket unter der Regie von Trainer Fred Darling gewann. Der Zweite, Morogoro, stand damals im gleichen Trainingsquartier, und die Besitzerin des Siegers, Mrs. Macdonald-Buchanan, war erst die dritte Lady, die einen Derbysieger vom Geläuf abholen konnte. Sie war die Tochter von Lord Woolavington, der das Epsom Derby mit den Hurry On-Söhnen Captain Cuttle (S. Donoghue) 1922 und Coronach (J.Childs) vier Jahre später gewinnen konnte, und dessen Gestüt sie nach dem Tod ihres Vater erbte.
Owen Tudor zeugte schnelle Pferde als auch Steher, und sein Sohn Right Royal (1958), den Mme. Jean Couturié in Frankreich zog, gewann als Zweijähriger das Grand Criterium (1.500 m), und ein Jahr später u. a. die 2000 Guineas und das Derby (2.100 m) seiner Heimat als auch die King George VI and Queen Elizabeth Stakes über 2.400 Meter. Mit einer Tochter aus der Teddy-Hengstlinie lieferte dieser Hengst an Prince Regent den Irish Derby-Sieger 1969, der unter E. Pollet Ribofilio (Lester Piggott) mit einer Länge schlug.
Ähnlich verhielt es sich auch mit zwei „Dreiern“ in den USA, wo das Kentucky Derby an die Drei-Generationen-Kombination Reigh Count (Sunreigh), Sieger 1928; Count Fleet, der 1943 neben dem Kentucky Derby auch die „Dreifache Krone“ gewann, und Count Turf, der 1951 das Vater-Sohn-Enkel-Trio abschloss. Reigh Count stellte sich als Vierjähriger auch in England vor, gewann dort den Coronation-Cup und wurde im Ascot Gold Cup Zweiter.
Die andere Dreier-Version gewann ihre Derbys 1944, 1949 und 1956. Es begann mit dem Hyperion Sohn Pensive, der auch die Preakness Stakes gewann und als Zweiter zu Belmont die „Dreifache“ verlor. Sein Sohn Ponder, der wie der Vater auf der Calumet Farm geboren wurde, eine Blenheim-Tochter zur Mutter hatte und Needless zeugte. Er setzte sich zwar auch in den Belmont Stakes durch, war aber in den Preakness Stakes lediglich auf dem Ehrenpatz gekommen.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in England mit Spearmint, Spion Kop und Felstead erneut dieses Phänomen, die ihre „Vater-Sohn-Derbys“ 1906, 1920 und 1928 gewannen. Spearmints Vater Carbine (NZ) war das beste Rennpferd seiner Zeit in Australien, und sein Sohn gewann zehn Tage nach dem Epsom Derby auch den Großen Preis von Paris. Spearmint zeugte mit der St. Simon-Stute Concertina Plucky Liege (1912), die den Champion-Beschäler Bois Roussel (1935; Vatout) fohlte, als auch die sehr guten Teddy-Söhne Sir Galahad III (1920) und Bull Dog (1927), die zu führenden Deckhengsten in den USA aufstiegen.
In Deutschland brachte es die Vater-Sohn-Derbysieger-Linie sogar bis auf sechs Generationen, die ihr Deutsches Derby wie folgt gewannen: Landgraf siegte 1917, Ferro 1926; Athanasius 1934, Ticino 1942, Neckar 1951 und Zank 1964. Landgraf zeugte außerdem noch den 1922er-Derbysieger Hausfreund; Ticino neben Neckar auch die Triumphatoren Niederländer und Orsini, die das „Blaue Band“ 1950 und 1957 gewannen. Orsini seinerseits wurde Vater der Hamburger Derby-Sieger Ilix, Elviro und Don Giovanni, die 1966, 1968 und 1969 nicht zu schlagen waren, während Niederländer, in die damalige DDR verkauft, mit Sasso (1964), dem Schimmel Baba (1965) und Samariter (1968) drei Söhne zeugte, die in Hoppegartens Derby zu Ehren kamen. Alle drei gehörten dem Gestüt Boxberg, wurden von Willie Frommann trainiert und, außer Sasso (Rudie Lehmann), von dem später verunglückten Klaus Otto geritten. Auch Neckar kam neben Zank zu zwei weiteren Derby-Siegern: Der 1960 nach Brasilien verkaufte Ravensberger Wilderer gewann 1958 zu Hamburg, und Neckars Tochter Ondra, aus der Angeber-Stute Organza, ließ sich 1961 zu Hoppegarten unter Egon Czaplewski in Görlsdorfer Farben für Trainer Ewald Schneck das „Blaue Band“ nicht streitig machen.
Ende 1884 löste Lord Falmouth Zucht und Rennstall auf. Das auf „klassische Zucht“ ausgerichtete Unternehmen hatte nach 1881 auch keine großen Sieger mehr, und ähnlich erging es auch Lord Astor in England und William Woodward in den USA, die ebenfalls nach dieser Methode züchteten. Beobachter jener Zeit sprachen jedoch auch davon, dass Fred Archer sich auf Falmouth Galliard im Derby 1883 wohl von Highland Chief schlagen ließ, weil sein Bruder Charles, der diesen trainierte, angeblich eine sehr hohe Wette landen wollte. Gegen die Regeln ging das Wetten nicht, denn damals durften Reiter und Trainer noch auf „ihre“ Pferde wetten, doch „das gute Ding“ wurde im letzten Moment noch von dem von John Porter zu Kingsclere vorbereitete Hermit-Sohn St. Blaise mit einem Hals abgefangen. Und diese „Untreue“ soll den Lord zusätzlich bestärkt haben, sein angedachtes Vorhaben 1884 auch umzusetzen. August Belmont I importierte den Sieger in die USA, wo er 1890 die Hengstelite anführte. Ein Jahr später, nach Belmonts Tod, wechselte St. Blaise für 100.000 Dollar nach Tennesee in die Fairway Farm, wo er wenig erfolgreich war. August Belmont II kaufte ihn 1902 für sein Nursery Stud zurück. Dort kam er bei einem Stallbrand im Oktober 1909 ums Leben.

Der ungeschlagene St. Simon (Foto: Courtesy of Keeneland Library)
Ein bis zwei Pferde hatte Lord Fallmouth nach der Auflösung seines Bestandes aber immer noch bei Methew Dawson im Training, der seine Pferde seit 1868 betreut hatte. Zwei Jahre später übergab auch Dawsen den Stall an seinen Neffen George Dawson, der für den Duke of Portland ebenfalls sehr erfolgreich war und 1888 und 1889 an Ayrshire (Hampton) und Donovan (Galopin) die Epsom-Derbysieger sattelte. Ehe Methew Dawson 1897 starb, trainierte er in der Nähe von Newmarket auch noch einige Pferde für Lord Rosebery, darunter der Hampton-Sohn Ladas (2000 Guineas und Epsom-Derby 1894) und Sir Visto (Barcaldine), der ein Jahr später der Held zu Epsom war. Als Ladas triumphierte war der Lord auch noch als „British Prime Minister“ in Amt und Würden.
DUKE OF PORTLAND
Der 1857 als William Cavendish-Bentinck geborene Züchter und spätere 6. Duke of Portland hatte von der Vollblutzucht kaum Ahnung, doch später gute Berater und auch das notwendige Quentchen Glück. „Die Pferde“ waren aber auch nie weit weg gewesen, denn sein Großonkel, der Vater von Lord George Bentinck, der der Nachfolger von Sir Charles Bunbury als der einflußreichste „Rennmann“ jener Zeit war, war der Besitzer von Tiresias, der als Soothsayer-Sohn das Derby 1819 gewann. Gegen den spät angreifenden Sultan (Selim), dessen Reiter nicht überliefert wurde, reichte es am Ende noch zu einem Kopfsieg, doch musste der starke Endkampfreiter W. Clift alles Können in die Waagschale werfen. Im Gestüt war der unterlegene Sultan, 4 x 4 auf Herod, Eclipse und Highflyer ingezogen, Sieger in 14 Rennen, sehr erfolgreich, während sein Bezwinger, dessen Vater nach Rußland exportiert, in der Zucht brauchbar war. Sultan führte von 1832 bis 1837 die Hengstliste an, und von seinen fünf Siegern, die sich in den 2000 Guineas durchsetzten, gewann der in sechs Rennen ungeschlagene Bay Middleton 1836 auch das Derby für den Earl of Jersey. Und Sultan Sohn Glencoe wurde Vater der großen Zuchtstute Pocahontas. Später wurde sultan auch in Amerika noch erfolgreich.
Und Lord Bentinck zog und besaß als Earl of Chesterfield die 1837 geborene, in 12 Rennen ungeschlagene Priam-Tochter Crucifix, die bei der großartigen Meld (1952; Alycidon), Siegerin der 1000 Guineas, Oaks, Coronation Stakes und des St. Ledger, als 12. Mutter im Pedigree zu finden ist. Crucifix gewann selbst die 2000 Guineas, Oaks und das St. Ledger, obwohl ihre Gestalt eher sehr negativ beschrieben wird. Sie soll gewaltige Schnelligkeit besessen haben und fohlte den Derby- und St. Legersieger von 1848, den Touchstone-Sohn Surplice. Diesen hatte sein Züchter, der so gern ein Derby gewinnen wollte, jedoch verkauft, als er 1846 entschied, sich ganz auf die Politik zu konzentrieren. Während des damaligen Goodwood-Meetings wurde das Geschäft besiegelt, und die gesamten „Rennsport-Interessen“ des Lords wechselten für 100.000 Pfund an Mr. Mostyn (später Lord Mostyn). Aber auch dieser verkaufte den „ganz und gar unattraktiven Surplice“ weiter, sodass am Derbytag Lord Clifden der lachende Dritte war. Im Gestüt war dieser Derbysieger jedoch kein Erfolg.
Im Gegensatz zu jenem stand dem 6. Duke of Portland im Juli 1883 das Glück jedoch zur Seite, als der Bestand des verstorbenen Prinzen Batthyany in Newmarket versteigert wurde. Das angedachte Pferd, für das der damals noch junge Mann 4.500 Guineas ausgeben wollte, war außer Reichweite, denn es kostete 500 Guineas mehr. Doch danach kam ein Zweijähriger, auf den ihn Trainer Mathew Dawson bereits aufmerksam gemacht hatte. Dieser Galopin-Sohn hieß St. Simon und wurde ihm für 1.600 Guineas zugeschlagen. Dass der Hengst, damals „fett wie ein Bulle“ und, hinsichtlich seines „schwachen“ Pedigrees, viel zu teuer gewesen sein soll, wurde unterschiedlich interpretiert. Glaubhaft könnte jedoch sein, dass der aus dem Stall von John Dawson, Mathews Bruder, kommende Zweijährige keine Bieter finden sollte, weil sein Trainer das Können des Pferdes längst erkannt hatte und selbst eifrig bot. Diese Vermutung verstärkte sich, als kurz später der von Lord Portland äußerst respektierte Trainer Robert Pack für St. Simon 2.000 Guineas bot. Spätestens dann war dem Lord jedoch klar, dass die Neuerwerbung zu Mathew Dawson ins Training geht und künftig von Fred Archer geritten wird. Klassische Nennungen besaß der Hengst, außer in den 2000 Guineas, nicht, und diese eine war durch den Tod des vorherigen Besitzers auch noch hinfällig. Der Rest der Story ist bekannt: St. Simon blieb in zehn Rennen ungeschlagen, gewann sie alle mit großer Leichtigkeit – darunter den Ascot Gold Cup überlegen mit 20 Längen – obwohl er sehr guten Gegner bis zu 20 Kilo vorgeben musste.
Dieser Hengst, ein Produkt von rund 16 Generationen Vollblutzucht und ein Nachfahre des großen Eclipse, war gewissermaßen dessen Weiterentwicklung und Feinschliff, und seine Zuchterfolge krönten seine Rennbahnsiege. Nachdem er 1886 ins Gestüt gegangen war, stand er neunmal an der Spitze der Beschäler (siebenmal davon in Folge); bei den Mutterstuten führte er sechsmal die Liste ihrer Väter an; er zeugte zehn Sieger, die zusammen 17 klassische Rennen gewannen, und seinen 423 lebenden Fohlen standen später 571 gewonnene Rennen gegenüber. Amerikas großen Bold Ruler (Nasrullah), der ab 1963 acht Beschäler-Championate gewann und auch beim jüngsten Jahrgang fünfmal dominierte, wurde nur durch einen klassischen Sieger, den großartigen Fuchs und Triple Crown Winner Secretariat vertreten, der diesen Dreier 1973 feierte und bewies, dass sein Vater besonders gut mit Princequillos Töchtern funktionierte.
St. Simon und Ormonde galten im 19. Jahrhundert als die besten Pferde Englands, und beide waren größer (Widerrist) als lang. In der Zucht mit St. Simon ist anzunehmen, dass er viele gute Stuten deckte, denn damals galt, dass die besten Rennhengste auch die besten Rennstuten erhielten. Aber er war auch mit Stuten sehr erfolgreich, die auf der Rennbahn wenig gezeigt hatten. So fohlte die Toxophilite Tochter Quiver (1872) nach ihm nicht nur die Oaks und St. Ledger-Siegerin Memoir (1887) – obwohl ihre vorherigen sieben Fohlen, die andere Väter hatten, fast nichts konnten – sondern auch La Fleche (1889), zu deren 16 Siegen auch die 1000 Guineas, Oaks, Champion Stakes, das St. Ledger, Cambridgeshire und der Ascot Gold Cup zählten. Ein ähnliches Beispiel ist die Hampton-Tochter Perdita II (1881), die 5-jährig gewann und größtenteils in Verkaufsrennen unterwegs war. Ihre St.-Simon-Söhne, die der Prince of Wales, der spätere König Edward VII – Sohn der Queen Victoria und des Prinzen Albert von Sachsen-Coburg und Gotha – zu Sandringham Stud zog, hießen Florizel II (1891), Persimmon (1893) und Diamond Jubilee (1897). Dieser launische Bursche gewann in der Obhut von Trainer Richard Marsh die Dreifache Krone und wurde 1906 für 30.000 Pfund nach Argentinien verkauft, wo er von 1914 bis 1916 und 1921 an der Spitzer der Deckhengste stand. Floritzel siegte in elf Rennen (u. a. Ascot Gold Cup Vase, Goodwood- und Jockey Club Cup), war zweifacher Champion-Stallion und wurde Vater von Volodyovski, der 1901 für W. C. Whitney gegen Duke of Portlands William The Third das Epsom Derby gewann, im Gestüt jedoch als Versager galt. Persimmon gewann Derby, St. Ledger, Eclipse Stakes, zweimal den Ascot Gold Cup und zwei weitere Rennen. In der Zucht gelangen je vier Championate bei den Vererben und den Vätern von Mutterstuten. Zu seinen Nachkommen gehörte die Berühmtheit Sceptre (1800) die sich auch in den 1000, 2000 Guineas, Oaks, St. Ledger, Eclipse- Jockey Club- und Champion Stakes durchsetzte.
Auch der vom Duke of Portland gezogene William The Third (1898), der letzte Klassevollblüter seiner Zucht, war ein St.-Simon-Sohn. Im Derby, so sein Trainer John Porter, „unglücklich geschlagen“, gewann er die Ascot Gold- und Doncaster Cups, insgesamt zehn von 14 Starts, und führte 1922 die Liste der Zuchtstuten-Väter an. Gezeugt hatte St. Simon diesen mit 16 Jahren. Die letzten zwölf seines Lebens – er starb 1908 mit 27 Jahren – galt er für Portland als bester Hengst der Welt und erhielt auch ausgewählte Stuten. Dennoch war das Ergebnis nicht so gut wie in den zehn Jahren davor, als er oft „zweifelhafte“ Partnerinnen erhielt. Ein Phänomen, das mit der Blutdichte zusammenhängen dürfte, denn der Duke hatte neben ihm auch noch Donovan (Derby- und St. Ledger-Sieger), den er 1886 selbst aus der Mowerina (Scottish Chief) gezogen hatte, aufgestellt, und dieser hatte mit Galopin den gleichen Vater wie St. Simon. Und deswegen kaufte der Duke of Portland wohl auch den großen Neuseeländer Carbine als Outcross-Hengst, der in seiner Heimat und in Australien 33 Rennen gewann, darunter auch den Melbourne Cup. In der Zucht hinterließ dieser wunderbare Renner aber nur einen einzigen direkten Trumpf, Spearmint, den Vater von Plucky Liege, den Sir Tatton Sykes aus einer Stockwell-Urenkelin zog. Insgesamt findet sich jedoch Carbines Blut in den Pedigree-Linien von Pferden wie Phar Lap, Star Kingdom, Nearco, Northern Dancer oder War Admiral.
In den 1880er und 1890er Jahren hatte Lord Portland jedoch aussergewöhnliche Zuchterfolge, und es begann mit dem Kauf der in Dänemark gezogenen Scottish Chief Tochter Mowerina (1876), die als Jährling importiert wurde. Diese Stute, deren Mutter von Stockwell aus einer Vollschwester des Triple Crown Siegers West Australian stammte, hatte Lord Falmouth als seine erste Wahl bezeichnet, würde er eine Zuchtstute kaufen wollen. Und diese Stute brachte ihm die Champion-Zweijährige Modwena (1883; Galopin); den Derby- und St. Ledger-Sieger Donovan (1886; Galopin); die ein Jahr jüngere St. Simon-Tochter Semolina, die zweijährig 13 Rennen und, 12 Monate später, die 1000 Guineas gewann. Auch Raeburn (1890; St. Simon) gehörte zu jenen Fohlen. Dieser Hengst gewann fünf Rennen, darunter das Lancashire Plate, und in den 2000 Guineas und dem Derby endete er jeweils als Dritter.
Zwischen 1800 und 1886, als St. Simon als Deckhengst noch nicht zur Verfügung stand, und der Lord als „outside breeder“ agierte und keine eigenen Hengste beschäftigte, erhielt er auch den von Hampton stammenden Derbysieger Ayrshire (1885), der 11 von 16 Starts und, neben dem Derby, auch die 2000 Guineas gewann. In den 1890er Jahren wurde der Duke of Portland jedoch zum „home breeder“ und hielt fünf Deckhengste. Und sein bester, St. Simon, sollte, neben den bisher genannten Produkten, auch noch drei weitere Klassepferde hinzufügen: Mrs. Butterwick (1890) gewann die Oaks, die ein Jahr jüngere Dreijährigen-Championesse Amiable heftete neben drei weiteren Siegen auch die 1000 Guineas und Oaks an ihre Farben, und bevor der schon erwähnte William The Third den Schlusspunkt setzte, fügte La Roche 1900 noch die Oaks hinzu und war die Championstute ihres Jahrgangs.

Trainer Mathew Dawson 1820-1898 (Foto: Courtesy of Keeneland Library)
Mit Mathew Dawson hatte der Duke aber auch einen erstklassigen Trainer, der mit diesem Job 1840 in Schottland begann, 1857 ins englische Lambourn wechselte, und sein Domizil neun Jahre später nach Newmarket verlegte, wo er in kürzester Zeit auf einen hochkarätigen Besitzerstamm verweisen konnte. Dawson, dessen Vater und zwei Brüder den gleichen Beruf ausübten, war einer der ersten seines Standes, der einen „öffentlichen“ Stall betrieb, statt für einen der Reichen als Privattrainer zu arbeiten, kam, bevor er 1898 verstarb, auf 28 klassische Siege: Je fünf 1000 und 2000 Guineas und Epsom Oaks; sechs Derbys und sieben St. Ledgers.
Als jedoch St. Simon dem Ende nahe war, ging es abwärts, und 1903 war der „große Run“ der Zucht Portlands vorüber. Vullier formulierte das einmal in etwa so: Wenn es ein Epoche gibt, in der die beste Qualität der Zucht auf nur zwei Hengsten beruht und man den Eindruck bekommt, als wären die übrigen Hengstlinien verkümmert, dann erscheinen nicht selten ein oder zwei hochkarätige Pferde, die diese dominante Kreuzung nicht besitzen und jene verdrängen. Als Beispiele führt er dazu an: Stockwell (1849) und Newminster (1848); anschließend Galopin (1872) und sein Sohn St. Simon (1881); dann Cyllene (1895) und sein Sohn Polymelus (1902), und danach The Tetrarch (1911) und Hury On (1913).

Galopin (1872; Vedette), einer der erfolgreichsten Deckhengste im 19. Jahrhundert und Vater von St. Simon, war ein Eckpfeiler in Portlands Gestüt (Foto: courtesy of Keeneland Library)
1916 hätte Portland fast erneut Glück gehabt, denn man bot ihm einen Jährling von Bayardo – Rosedrop an, doch der Duke folgte dem Aufruf seines Kanzlers, „freies Geld in Kriegsanleihen“, statt in Rennpferde zu investieren. Und der Jährling hieß später Gainsborough, gewann die Dreifache Krone Englands und wurde Vater von Hyperion!

Der Goldfuchs Doncaster (1870) der die Darley Arabian-Hengstlinie fortsetzte und Vater von Bend Or wurde (Foto: Public Domain)
DER DUKE OF WESTMINSTER
konnte kaufen, was immer er wollte. Der Preis spielte keine Rolle. Mit John Porter hatte er auch einen hervorragenden Trainer zur Hand, dessen Quartier in Newbury lag und noch heute als „Kinsclere“ aktiv ist. Siebzig Jahre nach dem Tod des Duke zog dort Mill Reef bei Ian Balding ein, und heute trainiert dessen Sohn Andrew 170 Vollblüter auf privatem Besitz, der als solcher zu den weltbesten Trainingsanlagen zählt.
Der Duke Hugh Lupus Grosvenor war der älteste Sohn von elf Kindern des Politikers Richard Grosvenor, bekam eine erstklassige Ausbildung, beherrschte mehrere Sprachen, und als sein Vater 1869 verstarb, beerbte ihn der Sohn als Marquess of Westminster und wurde 1874 zum Duke erhoben. Seine Zucht startete er mit dem 14.000-Pfund-Kauf und Stockwell-Sohn Doncaster (1870), dessen wichtigste Siege Epsom Derby, Goodwood- und Ascot Gold Cup waren. Als dieser Goldfuchs sein Derby als 45:1-Chance locker gewann, galt der deutsche Hochstapler, der die Farben des Grafen Johannes Renard trug, als Favorit. Dieser Stockwell-Enkel hatte kurz vorher zu Newmarket überlegen gewonnen, nahm nach 1.600 Metern auch kurz die Spitze, doch hatte er nach einer Rempelei zu Tattenham Corner wohl genug und endete unter 12 Startern als Viertletzter, während es auf Platz zwei und drei totes Rennen gab. Im St. Ledger wurde Doncaster von seiner sehr guten Stallgefährtin Marie Stuard, die im Gestüt enttäuschen sollte, in einem großen Finish um Kopflänge geschlagen. Vierjährig wechselte Doncaster nach dem Start-Ziel-Sieg im Ascot Gold Cup, in dem er 12 Monate vorher hinter Frankreichs Prix du Cadran-Sieger Boiard den Ehrenplatz belegt hatte, für 10.000 Pfund in den Besitz seines Trainer Robert Peck. Und dieser spannte ihn einen Tag später in den Alexandra Stakes über drei Meilen erneut an. Der eiserne Steher gewann unter 62 Kilo und verabschiedete sich damit gleichzeitig von der Rennbahn. Danach wurde der Hengst zum dritten Mal verkauft und kam in das Eaton Hall Stud des Duke of Westminster. Der letzte Handel war das aber auch noch nicht, denn 1884 wurde Doncaster für 5.000 Pfund nochmals an das ungarische Staatsgestüt Kisber verkauft, wo er sich 1892 in den Pferdehimmel verabschiedete.