Auf Wiedersehen, Bastard! (Proshchay, ublyudok!) 2 - Die Stimmen von Moskau

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Rattner trat sofort ein, schüttelte sich, zog den Mantel aus, hängte ihn auf, legte den Hut auf die darüber befindliche Ablage, stellte eine Einkaufstüte ab, zog die Schuhe an den Hacken aus, schlüpfte mit den Füßen in die Gästepantoffeln, die Fedor vor ihn auf den Boden geworfen hatte und drückte den Jungen herzlich. »Na, mein Junge, wohin willst du noch wachsen? Mich hast du ja längst eingeholt. Du kannst mir bequem auf den Kopf spucken.«
»Soll ich denn?«, fragte Fedor und griff nach der rechten Hand des Kommissars.
Der griff mit der anderen Hand nach seiner Tüte und ließ sich von dem Jungen durch den Flur ins Wohnzimmer führen. »Untersteh dich!«, raunte er. Dann drückte Rattner Sorokin ebenso herzlich wie zuvor den Jungen. »Ich musste mich doch noch mal bei euch sehen lassen, bevor ihr mich verlasst.«
»Wir werden nicht für immer weg sein, Hans. Nur für ein paar Tage.«
Rattner räumte seine Einkaufstüte aus, stellte eine Flasche Wodka auf den Tisch und nahm ein Paket heraus, das er unter einem Sofakissen versteckte, nachdem er sich im Zimmer umgeschaut hatte. »Nun such mal, Fedor. Der Osterhase war schon da für dich«, sprach er anschließend. »Der ist gerade aus dem Haus gehoppelt, als du mich reingelassen hast.« Gespannt beobachtete er das Gesicht des Jungen, das deutlich freundlicher wirkte, seitdem Rattner das Haus betreten hatte.
Mit drei Schritten ging Fedor grinsend auf das Sofa zu, legte das Kissen zur Seite und nahm das Paket zur Hand. Er setzte sich und begann damit, das Geschenkpapier zu entfernen. Ein eckiger Karton kam zum Vorschein, dazu eine Tüte mit einem großen Schokoladenosterhasen und mehreren Schokoladeneiern. »Spasibo!«, rief Fedor, der bis eben mit seinem Vater noch Russisch gesprochen hatte, und wechselte nun wieder die Sprache. »Danke, Onkel Hans.« Er tastete die Verpackung des Kartons ab. »Was ist denn da drin?«
»Ehrlich gesagt, das Ding ist ein Werbegeschenk. Aber ich dachte, dass du es in Moskau vielleicht gut gebrauchen kannst.«
Sorokin erstarrte, während Fedor staunend in die Richtung blickte, aus der Rattners Stimme kam. »Hast du ›Moskau‹ gesagt?« Der Junge sprang auf, hielt die Arme nach vorn und lief klickend auf den Vater zu, um ihn zu umarmen. »Papa! Wir fliegen wirklich nach Moskau?«
»Hans!«, gab Sorokin von sich. »Es sollte doch eine Osterüberraschung für den Jungen werden. Jetzt hast du alles versaut!«
»Oh ...« Rattner schaute Sorokin bedauernd an. »Das wusste ich Dummkopf doch nicht.«
»Was genau machen wir in Moskau?«, fragte Fedor. »Besuchen wir auch Anton, Natascha und Jekaterina? Wohnen wir wieder in dem kleinen Hotel am Fili-Park? Gehört es immer noch Piotr Gussew, der zum Frühstück die leckere Honigmilch macht? Treffen wir auch deinen Freund Sascha?«
»Nun sieh doch, was du mit deiner Geschwätzigkeit angerichtet hast. Er wird mich mit seinen vielen Fragen töten.« Durch Sorokins Gesicht fuhr ein Lächeln, während er Vorwürfe hageln ließ, wusste er nun doch endlich, dass Fedor das Reiseziel Moskau mit großer Vorfreude aufnahm, wovon er, Sorokin, bislang nicht ganz überzeugt gewesen war.
»Ach was ...« Hans Rattner setzte sich an den Tisch. »Du hast genügend Zeit, ihm seine Fragen zu beantworten.«
Sorokin erhob sich. Mit mehr als zwei Metern Größe und einem unglaublich breiten Kreuz wirkte sein muskulöser Körper wie ein Kleiderschrank. »Was ist, Hans, hast du dich bei deiner Hannelore abgemeldet?«, fragte er.
»Habe ich. Morgen muss ich aber früh aufstehen, die Enkel kommen mit geballter Kraft zum Mittagessen.«
Damit war die Frage nach der Anzahl der Gläser geklärt. Sorokin stellte zwei Sto-Gramm-Gläser auf den Tisch, öffnete die Wodka-Flasche und goss reichlich ein.
Währenddessen hatte Fedor den Geschenkkarton auseinandergenommen und hielt ein merkwürdiges Teil in den Händen. Die Oberfläche war glatt und es gab einen einzigen Knopf, den er zum Glück noch nicht drückte, und einen kleinen Hebel. »Was ist das?«
»Vorsichtig, mein Junge. Das ist ein Elektroschocker. Ein ganz moderner, der unserer Dienststelle gerade erst vorgestellt wurde. Damit kannst du Angreifer – aber bitte nur im Notfall – bewegungsunfähig machen. Er wird mit einem Hochleistungsakku geladen, wenn du willst, sogar per USB-Stick an einem Rechner. Ich dachte, dir könnte er vielleicht dienen. Aber du kennst das Prinzip deines Vaters ...«
»Kenne ich. Keine Frauen und Kinder«, sagte Fedor rasch.
»Und keine Tiere, es sei denn, du wirst angegriffen«, verbesserte der Kommissar. Er nahm das kleine Gerät, legte es richtig in Fedors rechte Hand und führte Fedors Daumen zu dem winzigen Hebel. »Links ist die Waffe gesichert, rechts ist sie ungesichert. Abgesehen von einer Gefahrensituation muss das Ding immer gesichert sein. Verstanden? Zum Auslösen drückst du auf den Knopf. Dann wird am oberen Ende ein Elektroschock mit hoher Spannung ausgelöst.« Er drehte den Jungen von sich und Sorokin weg und sagte: »Jetzt probier ihn aus. Du brauchst nur ganz kurz zu drücken.«
Zischende Blitze durchzuckten das Zimmer. Fedor gab einen deutlichen Ton des Staunens von sich.
»Günstig ist es, wenn du die blanke Haut deines Gegners erwischst. Den Hals, die Hände oder die Arme. Dann geht der Gegner zu Boden und du kannst flüchten. Aber denke immer dran, ein Elektroschocker ist auch eine Waffe. Zielst du auf die Augen des Gegners, dann kann er erblinden. Und was das heißt, weißt du gut genug. Du musst also immer die Verhältnismäßigkeit deines Handelns überdenken. Kapiert?«
Fedor sicherte den Elektroschocker und verstaute ihn in seiner rechten Hosenbeintasche. »Das habe ich alles kapiert«, sagte er mit Stolz in der Stimme. »Vielen Dank, Onkel Hans. Jetzt habe ich auch eine richtige Waffe. So wie Papa.«
Sorokin und Rattner stießen mit den Wodkagläsern an und auch Fedor hielt seinen Limobecher hoch, als er das Klirren hörte. »Na zdorov’ye! Auf Moskau!
»Musste das sein?«, fragte Sorokin später und spielte auf das merkwürdige Geschenke für seinen Sohn an.
Rattner, dessen Nase sich längst rot gefärbt hatte, lallte: »Er hat nicht viele Möglichkeiten, sich zu wehren. Und wenn ich von einem Menschen erwarte, dass er so ein Ding nur im Notfall einsetzt, dann ist es Fedor, glaube mir, du riesige Waldameise. Und bei deinem Umgang ist es mit Sicherheit besser für ihn, wenn er ...«
»Lass gut sein, Hans. – Wie laufen die Geschäfte?«
»Schlecht. Was gut ist. Manchmal ist schlecht eben gut. Nur ein einziger vermutlicher Mord in sechs Wochen. Aber viele Brände gab es. Viele, viele Brände. Die können einen auch mächtig beschäftigen.«
Fedor lag derweil im Bett, der Elektroschocker ruhte unter seinem Kopfkissen. Im Traum vernahm er bereits die Stimmen Moskaus.
Moskau 13. April
Der knapp vierjährige Pechvogel der kleinen Wolkow-Fami-lie, dem an jenem Tag – wie an jedem anderen – mehrere kleine Unglücke geschahen, hatte im simpel eingerichteten Wohnzimmer seinen Suppenlöffel unter dem Tisch aufgeklaubt, der ihm infolge seiner immensen Müdigkeit aus der Hand geglitten und auf den Boden gefallen war. Das Verlorengehen eines seiner geliebten Gegenstände löste das Herunterklappen seiner Unterlippe aus. Ein fragender Blick zur Mama folgte, die mit dem sanften Satz »Heb ihn auf, mein Schatz« das folgende Unglück auslöste. Anton glitt vom Sofa unter den Tisch, ergriff den Löffel und wollte sich erheben. Dabei stieß er deutlich vernehmbar mit dem Kopf an der Tischkante an. Begleitet von einem Schrei tauchte sein Gesicht wieder auf und vergrub sich sogleich im Schoße der Mama, die auf dem kurzhaarigen Kopf vergebens nach einer Beule suchte. Anton weinte zwar in herzerweichenden und ohrenbetäubend schrillen Klängen, doch waren wohl Schreck und Müdigkeit die Auslöser des Kraches.
Antons Schwester drehte derweil die Zöpfe zwischen ihren Fingern und wartete gespannt darauf, wie die Mutter reagieren würde. Natascha war bereits fünfeinhalb Jahre alt und fühlte sich oft sehr erwachsen, vor allem wenn es darum ging, dem kleinen Anton Befehle zu erteilen. Heute wurde Natascha enttäuscht, denn nichts passierte, außer dass die Sirenen plötzlich verstummten und Anton im Schoß der Mutter auf dem Fußboden kniend einschlief.
Im Grunde genommen war es Jekaterina Ruslanowna Wolkowa, die hätte heulen können. Sie kraulte den Hinterkopf des Söhnchens, beendete das Abendmahl und wartete, bis Natascha fertig wurde. Sie lebten in einfachsten russischen Verhältnissen, das meiste Geld verschlang die kleine Wohnung, um die die Preisexplosionen der Moskauer Mietpreise keinen Umweg gemacht hatten, zudem sie ganz in der Nähe der Metrostation Tushinskaya gelegen war. Der marode Zustand der Mietwohnung wirkte sich nicht mindernd auf den Mietpreis aus, schließlich gab es genügend andere Bewerber, die sofort zahlen und einziehen würden.
Alles in ihrem Leben war so verflixt kompliziert. Jekaterinas geliebter Mann, Jurij Jewstignejewitsch Wolkow, ruhte auf dem Friedhof Trojekurowo, weil er von einem betrunkenen Beamten bei einem Verkehrsunfall getötet worden war. Der Unfallverursacher hatte der zweifachen Mutter und jungen Witwe lebenslange Hilfe versprochen, vorausgesetzt, sie zog ihre Anzeige zurück und schwieg zum Unfallhergang. Jekaterina Wolkowa hatte in diesem Vorschlag das klügste Vorgehen für ihre Kinder gesehen, also war sie den Pakt mit dem Teufel eingegangen. Nun schuldete der Mann ihr bereits drei Monatsraten aus dem ungeschriebenen Kontrakt und die mühsam zurückgelegten Ersparnisse hatten sich in Wohlgefallen aufgelöst. Bevor sie sich ernsthaft um einen Job kümmern wollte, musste die Mutter einen Tagesplatz für beide Kinder in einem Kindergarten finden, die in Moskau eher Vorschulcharakter hatten. Doch genau dort lag das Problem. Die Wartezeiten für staatliche Einrichtungen waren extrem lang, alle anderen kosteten zwischen 500 und 2.000 Rubel monatlich! Anton, den Unglücksknaben, konnte sie unmöglich allein zu Hause lassen, Natascha vielleicht. Zudem war ihre frühere Arbeitsstelle in einem Labor längst wieder vergeben. Und Laborantinnen gab es in Moskau wie Sand am Meer.
Also schlug sie zunächst einen Weg ein, den sie an sich dringend hatte vermeiden wollen. Sie setzte sich mit dem Moskauer Nachrichtenblatt Moskowskie Nowosti in Ver-bindung. Als sie den Namen des Unfallverursachers erwähnte, erhielt sie innerhalb weniger Stunden Besuch von einem Mann, dem sie nicht so recht vertrauen wollte: Nikita Schirjajew, Redaktionschef der Moskauer Seiten des Blattes. Schirjajew war jung, dynamisch und ein mit allen Wassern der Moskwa gewaschenes Schlitzohr. Er entlockte ihr innerhalb von dreißig Minuten die gesamte Geschichte rund um den Unfall und schrieb drei Seiten mit Notizen voll. Jekaterina Wolkowa konnte ihre Entscheidung nicht mehr rückgängig machen, wenngleich ihre Sorge um das eigene Wohl und das der Kinder zunahm. Dem ersten Schritt musste trotz allem der zweite folgen. Sie kämpfte sich telefonisch von einem öffentlichen Telefon bis ins Vorzimmer von Boris Jewgenij Jerchow, ihrem Widersacher und einem engen Berater des russischen Präsidenten, durch und setzte einen Sekretär davon in Kenntnis, dass sie erste Maßnahmen einer Gegenwehr ergriffen habe. Die erhoffte finanzielle Antwort blieb aus. Ängstlich erwarb die Wolkowa täglich ein Moskauer Nachrichtenblatt, in großer Sorge, Schirjajew könne das Versprechen des vorläufigen Schweigens brechen. Erst im Nachhinein wurde ihr bewusst, dass das Nachrichtenblatt, eine regierungstreue Zeitung, vielleicht nicht die sinnvollste erste Adresse gewesen war.
»Geh dich waschen, Natascha. Ich bringe deinen Bruder ins Bett.« Im engen Zimmer der Kinder legte sie Anton vorsichtig an die Wandseite des Bettes, das er sich mit der Schwester teilen musste, nachdem sie ihn umständlich für die Nacht eingekleidet hatte, ohne dass Anton erwacht war. Sie drückte dem Söhnchen seinen Mischkabären in den rechten Arm und gab ihm einen sanften Kuss auf das rote rechte Bäckchen. »Schlaf schön, mein Schatz.«
Wie an fast jedem Abend, wenn Anton bereits schlief, kontrollierte Jekaterina Wolkowa die Abendwäsche der Tochter, führte sie ins Wohnzimmer, schloss leise die Zimmertür und setzte sich auf einen Stuhl. Natascha suchte sich aus den wenigen Kinderbüchern im Regal eines aus, setzte sich auf den Schoß der Mutter, wählte die passende Geschichte und ließ sie sich vorlesen. Zwischendurch stellte das Mädchen unablässig Fragen zu den Illustrationen, die sich Abend für Abend wiederholten.
Nach einer guten Stunde gähnte Natascha lang und ausdauernd und kuschelte sich an die Mutter an. Die nahm eine Haarbürste zur Hand, stellte das Mädchen auf die Füße, löste die beiden Zopfhalter und kämmte nun in aller gegebenen Ruhe Nataschas lange Haare. Schlussendlich machte sie einen Zopf daraus und flüsterte – wie an jedem Abend: »Nun ist es Zeit fürs Bett, meine Prinzessin.«
Sie schob das Mädchen vor sich her, öffnete die Stubentür und beide betraten den Flur und kurz darauf das Kinderzimmer. Nun machte Jekaterina Wolkowa das Licht an, damit Natascha ihren Platz im Bett finden konnte.
Das Mädchen brüllte jedoch wie am Spieß! Jekaterina Wolkowa stand fassungslos und ohne Regung da, während der kleine Anton erwachte, das Umfeld erblickte und ebenfalls kreischte, denn sein Teddybär lag in unzählige Einzelteile zerfetzt neben ihm im Bett und auf der Zudecke! Die Füllung von Mischka war im gesamten Kinderzimmer verteilt und unter Antons Kopfkissen schaute ein kleiner Zettel hervor.
Nachdem sie ihre Angststarre überwunden hatte, riss Mutter Wolkowa den Zettel an sich.
»Heute der Teddy. Morgen dein Kind?«
Ein Schluchzen durchfegte das Kinderzimmer.
*
Konstantin Bobrow saß in einem der vielen Moskauer Parks und biss herzhaft in einen Hamburger, den er gerade an einem Schnellimbiss erstanden hatte.
Den ersten Auftrag des Abends hatte er erfüllt. Die Wolkowa jedenfalls würde Augen machen! Er war wie ein Mäuschen in die Wohnung eingedrungen, hatte sie lesen hören und das Kinderzimmer betreten. Der Kleine hatte tief und fest geschlafen, während er den Teddy genommen und seine Aufgabe gewissenhaft erledigt hatte. Dann war er ebenso leise aus der Wohnung verschwunden, hatte die Tür sogar wieder von außen verriegelt.
Mit der rechten Hand griff er zur Brusttasche der Jacke und erfühlte den Umschlag. Er hätte das Geld nehmen und verschwinden können. Mehrfach suchte dieser Gedanke sein Gehirn heim. Doch kannte Bobrow die Beziehungen seines Arbeitgebers zur Genüge. Er würde damit wahrscheinlich nicht weit kommen.
Bobrow schaute sich um. Drei Gestalten näherten sich. Zwei der Männer setzten sich zu ihm auf die Bank, einer rechts und einer links von ihm. Der dritte blieb unmittelbar vor ihm stehen. Nikita Schirjajew vom Moskauer Nachrichtenblatt! Wer in Moskau kannte dessen Pockennarben-Visage wohl nicht?
»Du hast etwas für mich?«, fragte Schirjajew. »Zeig her!«
Bobrow würgte den letzten Bissen hinunter, ließ das Papier des Burgers fallen und zog den Umschlag aus der Jackentasche. Er hielt ihn hoch.
Sofort griff Schirjajew zu, erfühlte die Dicke des Kuverts, riss es auf und zog einige Scheine heraus. Dann packte er das Geld in die eigene Jackeninnentasche und holte aus einer weiteren Tasche einige lose Blätter, die er dem jungen Bobrow vor die Nase hielt. Der nahm ein Feuerzeug aus der Hosentasche, wobei die beiden Kerle neben ihm kurz zuckten, und hielt die Flamme an die Zettel, die sofort Feuer fingen. Bevor die Flammen Schirjajews Finger erreichen konnten, ließ der die Überreste der Zettel fallen. Er nickte seinen Männern zu und alle drei verschwanden in der Dunkelheit.
Bobrows linke Schuhsohle wischte die Asche auf dem Boden auseinander, dann verließ er den Ort des Geschehens. Rapport würde er seinem Arbeitgeber erst am nächsten Morgen erstatten.
*
Etwa zur gleichen Zeit telefonierte Jerchow von zu Hause aus mit einem Herrn vom Inlandsgeheimdienst FSB, auch Bundesagentur für Sicherheit der Russischen Föderation genannt. Oberst Daniel Leonidowitsch Schestakow, wusste sein Gehalt seit Jahren durch Zahlungen aus dem Umfeld des Präsidenten aufzubessern.
»Ihr Name ist Jekaterina Ruslanowna Wolkowa. Ich will, dass diese Frau rund um die Uhr überwacht wird. Falls sie mit einem Radio- oder Fernsehsender oder gar mit der Novaya Gazeta oder irgendeiner anderen Zeitung in Kontakt treten will, wird sie festgenommen. Verstanden?«
»Sie können sich auf mich verlassen, Boris Jewgenij. Wie immer.«
Leipzig 14. April
»Was ist nun, Hans, kommst du morgen mit?« Paul Meisner, der die Amtsbezeichnung »Kriminalobermeister« tragen durfte und seit einigen Monaten wie eine Klette an seinem Vorgesetzten Hans Rattner – Hauptkommissar der Mordkommission in Leipzig – heftete, klang keinesfalls vorwurfsvoll, eher erinnernd.
»Morgen?« Rattner stellte den leeren Kaffeebecher weg. »Was ist morgen?«
»Mein Gott, Hans, hat dich Alzheimer voll in Beschlag genommen?« Der nur wenig jüngere Mann blätterte – ohne zu fragen – in Rattners Tischkalender, dessen Seiten einige Wochen nicht umgeschlagen worden waren. »Mensch, siehste? Da steht es: Hochzeitsfeier, Pauls Tochter Ulrike, im Neuen Löwen, 18 Uhr. Deine Klaue. Und, steht es da?«
Bei einem Versäumnis ertappt, ließ der Hauptkommissar nur einen kurzen Blick über seinen Kalender schweifen. »Wenn du das sagst, Paul, dann wird es ganz bestimmt dort stehen. Tatsächlich morgen schon?«
»Du bist gemeinsam mit deinem Weib eingeladen. Weiß Hannelore wenigstens davon?«
Vorsichtig schüttelte Rattner den Kopf. »Woher denn?«
Meisner zupfte an seinen gepflegten Bartspitzen. Innerlich war er der Verzweiflung nahe, äußerlich ließ er sich nichts anmerken. »Also, kommt ihr? Meine Ulrike läuft Amok, wenn ihr morgen nicht da seid.«
»Ich rede mit meiner Frau.«
»Jetzt gleich.«
Rattner verzog das Gesicht, dann griff er nach seinem Handy. Er blickte nochmals auf: »Was wünscht sie sich denn?«
»Geld. Für die Hochzeitsreise. Damit machst du ihr die größte Freude.«
»Aha.« Rattner wählte die heimische Nummer. »Hannelore? Sag mal, kann es sein, dass du vergessen hast, mich daran zu erinnern, dass ...«
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