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Aber zurück ins Inntal, in das vom Vater gelobte Reutling mit ähnlichen Hexen. Mein erstes Erlebnis mit gleichaltrigen männlichen Wesen muss mein Unterbewusstsein nachhaltig und auf Dauer beeinflusst haben. Vor allen Dingen was den Umgang mit dem anderen Geschlecht und die Handhabung von Karriere und Erfolg betrifft.
Meine erste kindliche Verliebtheit und der erste unglaubliche Ausbruch meiner kaum zu bändigen Wildheit, der in einem Heiratsantrag an meinen gleichaltrigen Nachbarn gipfelte (wir waren beide ca. 7 Jahre alt) wurde mit den Worten abgeschmettert:
»Dich würde ich nie heiraten, du bist nämlich nur die Tochter eines armen Schuldirektors und mein Vater ist der Dorfrichter. Ich heirate einmal nur eine „Studierte“.«
Was bin ich heute froh darüber, dass dieser Kelch an mir vorüber ging. Mein Kindheitsschwarm hat sich zu einem riesigen Arschloch entwickelt. Trotzdem, das saß und es tat weh. Noch dazu, weil man zu Hause ja nichts erzählen konnte, um die Eltern zu schonen.
Mein Selbstbewusstsein war auf den absoluten Tiefpunkt gesunken. Das alles hat sich auch in meinen schulischen Leistungen bemerkbar gemacht. Obwohl, dumm war ich nie gewesen. Ich kann mich sogar daran erinnern, dass ich mich immer gewundert hatte, warum der Lehrer etwas fünfmal erklärte, wenn es ohnehin schon alle begriffen hatten, oder eben doch nicht alle? Dass man Verstandenes auch verinnerlichen muss, nämlich wiederholen und damit lernen, hat mir damals keiner erklärt. Deshalb habe ich, so glaube ich inzwischen, zwei Drittel meiner Schulzeit verschlafen. Das andere Drittel raufte, kratzte und biss ich mich mit den gleichaltrigen Burschen. Und so fehlte mir die Konzentration, mein Wissen an den Lehrer zu bringen.
Anfangs hatte ich ja noch eine sehr nette Lehrerin. Sie akzeptierte und beschützte das ungewöhnliche Mädchen. Sie nahm mein wildes Wesen, die Hexe, in Kauf, und sie setzte sich fürsorglich für mich ein. Ich liebte sie dafür. Besonders praktisch war der gemeinsame Schulweg. Heute würde man sie in dieser Funktion Bodyguard nennen. Ich hing beim Nachhauseweg immer an ihrem Rock oder an ihrer Hand, um vor Übergriffen meiner Mitschüler sicher zu sein. Von meinen zickigen Freundinnen hatte ich ja keine Hilfe zu erwarten und gegen die Übermacht der Burschen war selbst ich Wildfang machtlos.
Die ersten 3 Jahre der Schulzeit waren deshalb noch einigermaßen erträglich. Dann bekamen wir Husti, auch Smokie genannt, als Lehrer. Ein in der Klasse kettenrauchender und andauernd von Husten – nein, Erstickungsanfällen - gepeinigter Riese, der sich ein Drittel einer Unterrichtsstunde vorm Ersticken retten musste und die anderen zwei Drittel rauchte. Husti war dabei als Lehrer so fehl am Platze, wie ein Delphin in der Wüste. Auch meinen Schutzengel auf dem Nachhauseweg hatte ich durch diesen Lehrerwechsel verloren. Immerhin fand Husti heraus, dass ich Legasthenikerin war, also in Rechtschreiben eine absolute Null. Viel mehr wusste man darüber damals nicht. Das einzig Positive aus dieser Schulzeit war folgender Ausspruch von Husti: »Ihre Aufsätze sind sensationell, die wird noch einmal Schriftstellerin, aber sie braucht eine Sekretärin mit guten Rechtschreibkenntnissen.«
Tja, wenn der gewusst hätte, dass man dazu inzwischen nur einen guten Laptop und das entsprechende Programm mit Korrekturmodus braucht. Damit wäre mir damals einiges Leid erspart geblieben. So kam es denn auch, dass ich zwar als recht intelligente Schülerin eingestuft wurde, aber:
„Mit diesen Rechtschreibproblemen kann man sie beim besten Willen nicht aufs Gymnasium schicken.“ Ich konnte meinem Vater die Enttäuschung anmerken. Mein ganzes Leben hatte ich später davon geträumt, Bücher zu schreiben, mit meinen eigenen Texten über die wahre Liebe und Leidenschaft und den von mir selbst erlebten und gelebten Lebensweisheiten.
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Wird wohl nichts mehr daraus werden, dachte ich, von den Wellen hin und her geschleudert, während der Sturm um mich herum sein Bestes gab. Ich war so entsetzlich müde, und wollte schlafen, hatte aber Angst, nicht mehr aufzuwachen, wenn ich es zuließ, dass ich eindöste.
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Während meiner Schulzeit war mir das ziemlich egal gewesen. Ich verschlief den Großteil der Schulstunden, sie waren mir einfach zu langweilig. Dies wurde auch zähneknirschend von den Eltern hingenommen, denn vorerst hatten sie ohnehin nicht das Geld, um zwei der sieben Kinder auf eine höhere Schule zu schicken. Meine Schulprobleme waren also eine willkommene Ausrede. Ich gab auf, tat nur mehr das Allernotwendigste und nicht einmal mehr das. Man kann sich vorstellen, dass das trotz der Umstände für eine Direktorentochter ein Desaster bedeutete. Vom Vater wurde ich als Tochter fallengelassen, von der Mutter verhätschelt. Eine Superkonstellation, wie man sich vorstellen kann. Von den Mitschülern wegen meiner schlechten Noten immer mehr gehänselt, so konnte man den Schulfrust ja wenigstens am Kind des Lehrers und Direktors auslassen. Und für mich galt für viele Jahre der Spruch: „Wenn das Selbstvertrauen schon auf dem Nullpunkt ist, tut die Umgebung das Übrige dazu.“
Ich kann mich erinnern, dass ich nach einem Unterschenkelbruch, damals fuhr man noch mit Riemenbindungen aus Metallspiralen, immer wieder Schmerzen vorgetäuscht hatte. Meine uralten Skier mit flachen bzw. kaum gerundeten Spitzen und diesen museumsreifen Bindungen waren mir zum Verhängnis geworden. Ich hatte wieder einmal einen Kapitalsturz gerissen, und dafür war diese Ausrüstung einfach nicht geeignet. Ich trug danach die übliche Zeit lang einen Gips, fand aber heraus, dass ich in dieser Zeit mehr Zuwendung bekam, und von Brüdern und Mitschülern umsorgt wurde. Mein Gips war übersät mit Autogrammen von männlichen Fans. Meine Mutter und damit auch der Arzt mussten auf meine vorgetäuschten Schmerzen reagieren. Mit dem Resultat, dass ich in der Wachstumsphase acht Wochen Gips trug. Ein verkürzter Unterschenkel und eine gekrümmte Wirbelsäule geben heute Zeugnis von der medizinischen Unwissenheit unseres damaligen Hausarztes. Ich war wohl selbst daran schuld, oder doch nicht? Gab es so etwas wie ein Schicksal? Wozu war das wieder gut gewesen?
Inzwischen hielt mich meine Mutter auch erfolgreich von allen pubertären, männlichen Aktivitäten, die ich selbst als Mädchen ja so sehr liebte, fern. Ich durfte weder mit den Gleichaltrigen Fußball spielen, noch der Alpenvereinsjugend beitreten. Ein vermeintlicher Herzfehler diente ihr als Erklärung – genetisch war ich ja ihre Tochter. Trotzdem hatte ich bis zu meinem 10. Lebensjahr beim Skifahren alles geschlagen, was später sogar im österreichischen Nationalteam Rang und Namen hatte. Man wollte mich, die Raubkatze, und meine Brüder sogar in einem Team fördern und finanziell sponsern, denn unsere Familie hätte ja für diese Extraausgaben kein Geld gehabt. Meine Mutter jagte jedoch eine dörfliche Abordnung, die mit einem diesbezüglichen Angebot zu uns gekommen war, mehrmals aus dem Haus. Im Nachhinein trotz allem irgendwie verständlich, war doch mein Vater als Rennfahrer mit dem Motorrad an einen Baum gefahren. Man bedenke, dass es damals nur Lederhelme gab. Er lag danach mit einem Schädelbasisbruch bewusstlos im angrenzenden Feld und ein Freund rettete ihm schon an Ort und Stelle das Leben, indem er all das gestockte Blut mit bloßen Fingern aus seinem Rachen holte. Mein Vater wäre sonst an seinem eigenen Blut erstickt! Endlich im Krankenhaus angelangt, zu dieser Zeit gab es noch kein Rettungssystem, lag er zehn Tage im Koma und war mehr tot als lebendig. Das ganze Tal und besonders auch die Ärzte, bezeichneten es als medizinisches Wunder, dass er diesen Unfall überlebte. Wenn man bedenkt, wie viel Glück man selbst heute, sechzig Jahre danach, in einem solchen Fall braucht, war es damals wirklich das sprichwörtliche Wunder gewesen, dass unser Vater danach überhaupt wieder das Krankenhaus auf eigenen Füßen verlassen konnte. Selbst Jahrzehnte danach sterben genug Spitzensportler an solchen Unfällen. Dennoch, unsere Familie, aber besonders wir Kinder, litten dafür an den Spätfolgen dieses Unfalls noch Jahrzehnte. Selbst positive Erlebnisse wie das Skifahren, das ich wirklich beherrschte, versagte mir meine Mutter deshalb aufgrund dieser Erfahrungen. Man kann ja auch mit Skiern gegen den Baum fahren, nicht nur mit dem Motorrad.
Mit Erfolg verhinderte meine Mutter dann auch noch meine Teilnahme an allen außerschulischen Veranstaltungen wie Skischul-, Landwoche oder andere diverse Ausflüge, die für das Erlernen von gesellschaftlichen Prozessen notwendig gewesen wären. So wurde ich auch nicht an den pubertären sexuellen Lernprozessen beteiligt bzw. dazu eingeladen. Ich war ja in den geeigneten Momenten aufgrund meiner gluckenhaften Mutter verhindert. Man machte also die ersten Erfahrungen mit Masturbieren und anderen erotischen Spielen ohne Rebecca. Ich wusste, man hörte ja so einiges nach der Schulskiwoche auf der Alm oder der Wienwoche im Jugendheim, dass da fast jede Göre bei einer Freundin ihre Hand zwischen die Beine legte, harmlose Mädchenspiele eben. Da ich nie bei diesen Spielen dabei war, man aber doch neugierig war, ob die da überhaupt ein Mädchen oder vielleicht doch ein Bursche war, passten mich einmal vier Mitschülerinnen in der Gerätekammer ab, und unten war mein Rock.
Ich kann mich noch erinnern, dass ich zwischen Entrüstung und Weinen, Frechheit und man interessiert sich ja doch, Aufbegehren und einem gewissen sexuellen Empfinden geschwankt bin.
Als vermeintlich braves Direktoren-Töchterchen musste ich Entrüstung vortäuschen und hätte es doch nicht ungern gesehen, wenn auch bei mir eine Mitschülerin ihre Finger, oder gar ihre Zunge, in meine Möse gesteckt hätte. Wie man sich das eben in der Klasse so gegenseitig vergönnte. Also hielt sich meine Gegenwehr in Grenzen. Und als im Eifer des Scheingefechts die für mich netteste der Mitschülerinnen ihre Finger zwischen meinen heißen Schenkeln versenkte, war es mit meiner Zurückhaltung vorbei.
»Aaah« … tat irgendwie gut, im Kreise der Feministinen aufgenommen zu sein. Schockiert, lieber Leserin? Das war bei Mädchen damals ganz normal und eigentlich harmlos. Verhielt sich bei Buben wohl ähnlich. Ich hatte des Öfteren meine Brüder heimlich beobachtet, wie sie gegenseitig Hand anlegten und an ihren Schwänzen rieben, bis da etwas herausspritzte. Für mich war es besonders interessant, wenn meine Brüder das Motto ausgaben: „Wer spritzt am weitesten!“ Immer wieder schlich ich mich an sie heran, um diese männlichen Ergüsse zu beobachten. Auch aus diversen Klosterschulen und Internaten hatte man ja immer die tollsten Geschichten zu solchen erotischen Spielen vernommen, und nicht nur in entsprechenden Filmen. Zu Hause und an den Nachmittagen wurde die Schwester dann mit den Jahren stolz den Freunden präsentiert. Altersbedingt hatte ich ja schon recht frauliche Rundungen an den entsprechenden Stellen.
lang=DE style='color:black'>Das galt in der Runde dieser um ca. 2 - 3 Jahre jüngeren Clique als Sensation. Mädchen, die mit den Jungs ohne Hemmungen und Scheu herumspielten, waren nicht alltäglich. Und dass da ein Loch unter der bereits sprießenden Schambehaarung war, statt eines Schwanzes, machte mich für einige Wochen, Monate ja sogar Jahre interessant. Später erfanden die Jungs ein Spiel, bei welchem sie sich mit mir und zwei meiner weniger zickigen Cousinen im Kreis aufstellten. Der Anführer gab die Kommandos: „Eins, zwei, drei, Hosen runter … eins, zwei, drei Hand angelegt … eins, zwei, drei losgewichst.“ Wir Mädchen hatte nichts zum Handanlegen in diesem Sinne, also konnte wir nur die Finger in unsere Mösen stecken und die Hand wie die Jungs vor und zurück bewegen. Weil das damals irgendwie langweiliger war, als so einen Schwanz in der Hand zu halten, bettelten wir sogar darum, es den Jungs zu besorgen. Nach einiger Zeit war ich so in die Gruppe integriert, dass ich immer öfter den Schwanz eines der Jungen massieren durfte. Eines meiner täglichen Highlights in dieser Zeit. Erst viel später fand ich es auch geil, sich von einem der Jungs da eine Rübe, Banane, Gurke oder etwas Ähnliches hineinstecken zu lassen, mehr getrauten wir uns dann doch nicht, und ich hatte täglich mindestens einmal Lust darauf.
Ich kann mich noch an einen, heute recht prominenten Nachbarsjungen erinnern, bei dem ich als Mädchen Hand anlegen durfte, um da auch etwas Saft hervor zu holen. Er war am Verzweifeln, weil da bei ihm noch nichts herausspritzte und gab seiner mangelnden Technik die Schuld. Und so rieb und wichste ich seine Männlichkeit, bis diese rot und blau wurde. Wir sind dazu immer in unsere Schilfhütte am Inn gegangen. Nur dort fühlten wir uns ungestört. Bei Isidor scheiterte aber auch meine gefühlvolle weibliche Handtechnik. Kein Tropfen des männlichen Saftes kam aus dem geschundenen Aal unseres Freundes, obwohl dieser sogar besonders hart und standhaft war. Ich hatte am nächsten Tag sogar immer einen Muskelkater im Arm, beinahe wie vom zu viel Holz hacken. Das schafft man also auch mit Onanieren und ohne Holzarbeit.
Bei einer dieser Begebenheiten wurde mein Bruder von einer Biene am steifen Penis gestochen. Gott, was haben wir anfangs darüber gelacht. Auch ich, die als einziges Mädchen natürlich live am Geschehen teilhaben durfte und etwas beklommen dieses monströse Ungeheuer betrachtete. Erst als dieses ohnehin schon erigierte Glied wie ein Luftballon anschwoll und Othmar vor Schmerzen kaum noch stehen konnte, eilten wir zurück ins Elternhaus, um einen Arzt zu rufen. Als Erklärung hatte sich die Biene einfach in seine Hose verirrt. Wir schwankten zwischen „vor Lachen am Boden kugeln“ und blankem Entsetzen.
»Kann dieses männliche Instrument der Lust bei einer solchen Gelegenheit sogar platzen?« brachte ich als beteiligtes Mädchen meine Mutter, angesichts einer derart zu Megagröße angeschwollenen Männlichkeit, zur sprachlosen Verzweiflung. Auch der Arzt konnte oder wollte uns darauf keine Antwort geben. Nach dem Motto: »Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen«, war Othmar noch eine Zeit lang Anlass für viele Späße in Richtung ›Ballon-Schwanz‹.
Er konnte sich erst nach Tagen wieder an unseren jugendlichen Sexspielen betätigen und musste doch um einiges größere Hosen anziehen. Seine imposante Männlichkeit brauchte an diesen Tagen mehr Platz. Trotz dieser seltenen, spaßigen Highlights war die Mittelschule für mich ein einziger Angstschrei. Ich frage mich heute noch, wie man es überlebt, vier Jahre jeden Morgen mit Angst und Schrecken vor Schularbeiten und Prüfungen in die Schule zu fahren. Es war besonders der Stress mit meinen Lehrern, der mir Sorgen machte! Hervorgerufen durch das daraus resultierende extreme Unlustgefühl waren ja meine schulischen Leistungen alles andere als „Selbstwertgefühl steigernd“.
Es war sicher kein Zufall, sondern eine Fügung des Schicksals, dass ich Jahre danach wieder in eine Männerwelt eindrang, Martial Arts studierte, und sogar den 7. Dan in Kidokan machte. Ganz sicher würde ich jetzt mit 99 % meiner ehemaligen Mitschülerinnen und sogar mit den dickbäuchigen, biertrinkenden Ex-Mitschülern wahrscheinlich, nein sicher – »hau’ den Watschenmann« spielen. In einer Zeit jedoch, in der andere pubertierende Mädchen noch erste Erfahrungen mit Jungs machten, wie schüchtern Händchen halten, Kuss auf die Wangen und Küsschen auf den Mund, hatte ich alle Hände voll zu tun, meinem Rudel die Schwänze zu wichsen.
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Im Moment musste ich trotz meiner Situation über diesen Rückblick lachen. Eine riesige Welle rollte brüllend über mich hinweg, warf mich aus meinen Gedanken und aus dem vermeintlich sicheren Boot. Verzweifelt schrie ich auf, als die Sturzsee über mich hereinbrach. Ich hatte mich in der Zwischenzeit zum Glück mittels einer starken Rettungsleine mit meinem kleinen Schlauchi verbunden, und hing glücklicherweise immer noch daran, als die Mega-Welle mich wieder ausspuckte. Ich zitterte am ganzen Leib und zog mich an der Leine mit klopfendem Herzen wieder ans Boot heran. Am ganzen Körper verspürte ich, wie die Kräfte mich langsam aber sicher verließen. Jeder Zug an der Leine erforderte eine größere Überwindung, bei jedem Kraftaufwand schmerzten die Hände und die Arme mehr. Ich hatte das beklemmende Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen. Kam ich dem Dingi überhaupt näher, oder warf mich jede Welle wieder um Meter zurück? Ich war schon froh, die Leine, die es mir immer wieder fast aus der Hand riss, nicht endgültig zu verlieren. Das verzweifelte Klammern, das Reißen, Abrutschen und Zerren hatte zur Folge, dass die Haut meiner Hände immer mehr aufriss. Wie Fetzen hing sie in Streifen von meinen geschundenen Handflächen. Konnte ich den Schmerz überhaupt noch real verspüren oder waren die für den Schmerz zuständigen Nerven bereits abgestorben. Wurde mein Gehirn von einem Phantomschmerz gequält? War ein Teil meines geschundenen Körpers schon so gut wie tot? Wann würde der Rest folgen? Wann meine Seele? Ich driftete ab in einen Zustand der Gleichgültigkeit und Besinnungslosigkeit.
„Aua! Verdammt!!!“ Plötzlich hatte ich das Gefühl, von etwas getreten zu werden. Hier draußen? Unmöglich!!! Ich steckte den Kopf unter Wasser, um die Stelle sehen zu können, wo meine Beine waren. Ich öffnete die Augen, und da mich das Salzwasser brannte, musste ich warten, bis ich etwas erkennen konnte. Als ich endlich verschwommen sah, verkrampfte sich mein ganzer Körper. Wie ein Blitz durchfuhr mich die Angst. Ein eiskaltes Schwert durchschnitt meine Brust und verbreitete Kälte, die mich unkontrolliert erzittern ließ, über meinen ganzen Körper. Jetzt begriff ich, was mich gestoßen hatte. Was ich entsetzt erkennen konnte, war unglaublich, aber wahr. Der Wirklichkeit gewordene Alptraum. Was so ein Herz alles aushalten kann? Herzrasen war der falsche Ausdruck für das, was sich in meinem Brustkorb abspielte. Das glich schon mehr einem Herzflimmern. Zuerst hatte ich nur Schatten gesehen, aber schnell wurde es in meinem Großhirn zur Gewissheit und mein Emotionalgehirn schrie vor Verzweiflung. Überall unter mir waren Haie. Nicht ein Hai, es waren dutzende Haie, unzählige dieser fresslustigen Raubfische. Und sie waren so nahe, dass ich ihre Augen sehen konnte. Sekundenbruchteile später warf ich mich, getragen von einem gewaltigen Adrenalinschub ins Boot. Mit rasendem Herz lag ich für Minuten, alle vier Gliedmaßen ausgestreckt am Boden.
„Bloß nicht wieder umkippen, auf keinen Fall noch einmal kentern und ins Wasser fallen. Ooohhh … mein Gott, bitte lass den Sturm aufhören.“
Ich zitterte derart am ganzen Körper, dass sogar das Schlauchboot vibrierte. Eine Welle packte das Boot und hob es erneut hoch. Ich verlagerte sofort das Gewicht meines Körpers, um das Dingi zu stabilisieren. Mein Leben hing jetzt davon ab, dass ich das Boot in einer stabilen Lage hielt. Ich wollte auf keinem Fall, nein, ich durfte unter keinen Umständen noch einmal ins Wasser fallen. Nicht, solange diese mörderischen Ungeheuer um mein winziges Boot kreisten. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn ich jetzt noch einmal kenterte. Beunruhigend war vor allem, dass der Wind immer stärker wurde und damit auch die Wellenhöhe zunahm. »Ob ich aus dieser brodelnden Badewanne jemals wieder lebend herauskomme«?
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Wir schliefen damals im Sommer und anderen Ferienwochen zu neunt am Dachboden auf einem Matratzenlager, um unsere Zimmer an deutsche Gäste vermieten zu können. Wir hatten ja nur ein Eltern-und man höre, ein Kinderzimmer für sieben Kinder! Das Geld wurde von meinen Eltern dringend benötigt. Heute muss ich dem Schicksal der Fairness halber zugestehen, dass wir Hinterwäldler dadurch doch einiges von der großen, weiten Welt, auch wenn das in unserem Fall nur Deutschland war, mitbekommen haben. So unter anderem auch ein weibliches Wesen namens Elke, ein schon mit acht Jahren herrlich laszives Mädchen, und das sollte sich jedes Jahr steigern. Ein Mädchen mit Engelsgesicht, aber sehr frivol und durchaus nicht abgeneigt, meinen rauen Jungs und mir burschikosen Hexe ein bisschen etwas aus der erotischen Mädchenwelt beizubringen. Für uns war sie vergleichbar mit einem Wesen von der Venus. Ein absolut unbekanntes, geheimnisvolles, fremdartiges Terrain.
Wir durften dann alle in unserer Schilfhütte Elke küssen. Jedes Jahr von ihrem achten Lebensjahr an ein bisschen mehr, ja … sogar ich! Dabei blieb es nicht nur bei Zwickaküssen. Wir steckten auch unsere Zunge tief in den Mund des kleinen Mädchens. Aber auch Elke stand uns dabei in nichts nach. Auch spielten wir mit ihr und zwei inzwischen aufgewachten Nachbarsmädchen mit Begeisterung das „ eins, zwei, drei … Hose runter Spiel in unserer Schilfhütte. Elke war dann doch sehr enttäuscht, dass sie nicht so weit pinkeln konnte, wie ich und meine Burschen. Zumindest da hatte ich den zweifelhaften Vorsprung monatelangen Trainings in unserer Schilfhütte. Irgendwann befiel mich das Gefühl, dass ich als Mädchen besondere Chancen bei ihr hatte. Das wurde von Elke auch des Öfteren bestätigt, und war nicht nur mein kindlicher Glaube. Fortschritte beim Annähern wurden aber dadurch erschwert, dass ich, aus verständlichen Gründen, damals nur mit Jungs sexuelle Erfahrungen sammeln wollte. Elke nahm das mit dem Geschlecht nicht so ernst, sie wollte viel lieber Taten sehen, sie wollte ihren Spaß.
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Eine Welle, die mir über den Kopf schwappte, riss mich jäh aus meinen Gedanken.
„OOOHHH Gott, wie lange war ich jetzt schon im Wasser? Es war inzwischen heller geworden. Der Sturm hatte sich etwas beruhigt, die Wellen waren nicht mehr ganz so hoch und auch seltener, und ich lag zum Glück immer noch ausgestreckt am Boden meines kleinen Bootes. War ich vor Erschöpfung eingeschlafen? Dann mussten mich wohl tausende Engel beschützt haben in meiner ohnehin aussichtslosen Lage und umringt von fresshungrigen Haien. Da ich kein Land erkennen konnte und der Himmel sich immer noch wolkenverhangen zeigte, war es schwierig, die Zeit zu bestimmen, ohne den Stand der Sonne zu sehen. Eine gewaltige Woge brach wie aus heiterem Himmel über das Schlauchboot herein, und hätte mir beinahe den Notfallkoffer aus den Armen gerissen. Ich hatte sogar Mühe, überhaupt im Boot zu bleiben und es vor dem Kentern zu bewahren. Das Boot war augenblicklich voll Wasser. Ich machte mich sofort daran, es mit bloßen Händen auszuschöpfen. Ich war leichtsinnig geworden und hatte vergessen, dass ich mich immer noch in großer Gefahr befand, wieder ins Wasser zu fallen. Ein bisschen Wasser im Boot war nicht so schlecht, aber ein volles Boot bedeutete zu viel Tiefgang. Vor allem nicht kentern war jetzt die Devise. Eine neuerliche Welle konnte mich mit Leichtigkeit komplett überfluten, solange das Boot voll Wasser war. Ich brauchte Süßwasser, Trinkwasser, und war umgeben von einem riesigen Ozean voll Salzwasser. Vorsichtig nahm ich einen Schluck Wasser aus einer der Flaschen, die der Notfallkoffer enthielt.
»Wie lange konnte ich mit meinem geringen Wasservorrat wohl überleben«?
Ich hatte vor Jahren in der Zeitung gelesen, dass ein 20-jähriger Bursche in Vorarlberg eine Woche ohne Wasser überlebt hatte. Er trank, nachdem man ihn in einem dunklen Kellerloch vergessen hatte, immer nur seinen frischen, warmen Urin, immer wieder dasselbe Nass. Rundumlauf nennt man so etwas dann wohl. Ich kann mir aber nicht vorstellen, wie das hier in meinem Fall möglich sein sollte. Ich hatte ja keinen Schwanz, mit dem ich leichter in eine Flasche pinkeln hätte können. Als Frau wird es wohl etwas schwierig werden, an meinen Urin heranzukommen, so im Meer schwimmend. Ich wollte jede Stunde einen kleinen Schluck vom Wasser nehmen. »Hoffe, die Menge reicht zum Überleben,« machte ich mir Mut.
Mut, eine Eigenschaft, die ich mir aufgrund der Zugehörigkeit zu meiner Burschenclique, meinem Rudel, trotz der stark übertriebenen Fürsorge meiner Mutter, angeeignet hatte.
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Ich habe alles in meiner verspäteten Sturm und Drang Periode nachgeholt. Die Abenteuer mit Pickel und Steigeisen an den 45 bis 65 Grad steilen Eisflanken der Alpen, beim Extremskifahren im Tiefschnee in Steilrinnen, die Weltreisen mit dem Rucksack als Tramperin, die Weltumsegelung. Wovor immer meine Mutter ihr Mädchen fernhalten wollte, wurde spät aber doch von mir sehr intensiv, ja sogar exzessiv ausgelebt. Auch – und besonders – die bis dato nicht vorhandenen sexuellen Erfahrungen. Vorerst war da aber noch eine Hürde, sprich meine Mutter, zu überwinden, oder sollte ich sagen … Kerkermauern niederzureißen. Selbst eine deutsche Tante, die sich bei mir beliebt machte, indem sie meiner Großmutter, Mutter und den prüden Tanten gegenüber nachfolgenden Aufschrei tätigte, war nicht in der Lage, diese Hürde zu überwinden.