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Moritz hatte von Anfang an ein freundliches Bild von Agnes. In einem Brief an Landgraf Philipp lässt er 1540 das lebliche (lebensvolle, lebenslustige) Frauenzimmer grüßen. Die Neigung zwischen Moritz und Agnes ist immer beständig geblieben. Auch in späteren eigenhändig geschriebenen Briefen von Moritz stehen zärtliche Formulierungen, zumeist nur der Empfängerin wirklich verständlich. So heißt es im Oktober 1550: jn soma jch will diesen winter bey dir bleiben vnd wollen mit einander birn braten wan sie chussen so wollen wir sie aus nehmen vnd mit gottes chulff ein guts mutlein haben amen.
In einem seiner letzten Briefe schreibt Moritz: ist es meglich so kom ich zu dir kann es aber nit sein vnd du wollest mich ihe ansprechen so magstu in die nehe zu mir komen so will ich fleis vorwenden das ich dir mog das badt gesegne ich befil dich got der helf vns mit freuden zusamen vnd geb uns genad das wir hinfuro lang lang lang mogen besamen wonen vnd das vorrichten das wir lang beidt gewunst haben amen. Agnes weilte da längere Zeit in Bad Ems zur Kur gegen Unfruchtbarkeit.51 Es ist eine Last für Agnes und Moritz gewesen, dass ihnen nach der Tochter Anna, 1544 geboren, und dem Sohn Albrecht, der nach knapp einem halben Jahr 1546 schon starb, keine anderen Kinder geschenkt wurden. So kann Landgraf Philipp ermahnen, als er ihr im Brief gestattet, seinen kleinen Sohn Georg nach dem Tod der Landgräfin in Pflege zu nehmen: Sie sollten nicht so faul sein wie in den letzten Jahren und selbst zu einem Sohn kommen.52
Es ist möglich, dass zwischen Moritz und seiner Frau eine Rhesusunverträglichkeit bestanden hat. Das erste Kind wuchs normal heran, das zweite Kind war auf Dauer nicht lebensfähig. Danach hat Agnes nur noch Fehlgeburten gehabt. Herzogin Katharina von Mecklenburg schrieb ihr am 5. Juli 1550, sie wünschte ihr von Gott Gesundheit, da Agnes von einer „Leibesschwachheit“ befallen wäre. Sie sollte ihr berichten, dann wollte sie dazu „mütterlich“ raten. Es handelte sich wohl wieder um eine Fehlgeburt.53 Nachdem Agnes nach Moritz’ Tod 1555 Herzog Johann Friedrich den Mittleren, einen Sohn Johann Friedrichs d. Ä., geheiratet hatte, erlitt sie im Oktober wieder eine Fehlgeburt. Ihr Tod kurz danach am 2. November 1555 hatte aber seinen Grund im Lungensiechtum, wie ihr Mann ausführlich an Landgraf Philipp berichtete.54
Bis zuletzt bestand eine tiefe und intime Zuneigung von Moritz zu Agnes. Zwischen den Eheleuten hat es eine Art Privatsprache gegeben, ganz persönliche Sprachformen, die in den üblichen Wörterbüchern nicht zu finden sind. Was steckt hinter dem gemeinsamen birn braten wan sie chussen?55 Ist Moritz der Hahnfürst, wenn er an Agnes schreibt und befil hier mit got meine hunner furstin?56 Moritz bittet Agnes zu berichten, wie es deinem Forbrig gat desgleichen wie die gerten sthan.57 Sehr frei kann er ihr schreiben: du kenist mein Sitten das ich so gern schreib als ich bet darumb sols tu vnbekemertsein das ich nit mer geschriben hab Ich hoff zu got Ich will die botschafft baldt selber bringen vnd nit von dir stellen dan ich bin der grossen herren dinst fast mudt vnd beger nit mer als Rug vndt frid.
Eigenhändig schreibt Moritz März 1551: herzliebes weib ich hab dein treuherzig schreiben empfangen und alles inhalts gelesen. Das ist zwar eine unter bürgerlichen Eheleuten dieser Zeit übliche Anrede, doch Moritz verwendet diese nicht immer, und sie hat damit hier größeres Gewicht.58 Als er einmal erfährt, dass er die Saujagd lieber haben solle als Agnes, wie diese ihm schreibt, verfasst er selbst eigenhändig einen wütenden Brief.59 Er fällt in seinem Zorn aus der üblichen Grammatik: das du (dir) solchs durch vorlogen meuler mus angetzeiget sein. Die kurzen Sätze zeigen Erregung. Zum Ende des Briefes aber schreibt er selbstkritisch: ich will den abschit halden und dich auf den neuen bau (das Schloss in Dresden) erfordern. Das du begerest da ich nit bey dir wer das ich deyner im hertzen nit vorgesen wolt, bin ich gantz geneiget allein weis ich nit ob ich nue mer in dem glauben kegen dir stehe hie mit got befohlen.
Moritz hatte volles Vertrauen zu Agnes. In ihrer Truhe im Schlafzimmer ließ er die für ihn wichtigen Akten, die geheim bleiben sollten, verwahren: Die wollen E. L. In ihre Trohne legen vnd darinnen wolvorwart behalten.60 Noch sein allerletzter Brief gilt dieser Geheimhaltung: sich aber im veld leichtlich ein vnrath mit brieuen zutragen kann, So haben wir dieselbigen Inn ein paketh zueinander machen lassen … vnnd begerend E. L. wolle dieselbigen brieffe also versecretiert bei sich in gutter verwahrung behaltenn, vnnd die niemand zustellenn wir schreiben E. L. Dan mit eigen handen vnterzaichent.61
1 Paul Schreckenbach und Franz Neubert: Martin Luther, ein Bild seines Lebens und Wirkens. Leipzig 1921, S. 169.
2 PKMS 1, S. 72 Nr. 63, 6.7.1540, Hz.in Elisabeth an Lg. Philipp. Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen Bd. 1: Bis zum Ende des Jahres 1543/hrsg. von Erich Brandenburg. Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1900/mit einem Vorwort von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg. Berlin 1982. Bd. 2: Bis zum Ende des Jahres 1546/hrsg. von Erich Brandenburg. Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1904/mit einem Vorwort von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg. Berlin 1983. Bd. 3: 1. Januar 1547 – 25. Mai 1548/bearb. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg. Berlin 1978. Bd. 4: 26. Mai 1548 – 8. Januar 1551/bearb. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg. Berlin 1992. Bd. 5: 9. Jan. 1551 – 1. Mai 1552/bearb. von J. Herrmann, G. Wartenberg und Christian Winter. Berlin 1998. Bd. 6: 2. Mai 1552 – August 1553/bearb. von Johannes Herrmann, Günther Wartenberg und Christian Winter. Berlin 2006 (alle Bde. zitiert: PKMS 1–6).
3 Simon Ißleib: Aufsätze und Beiträge zu Kurfürst Moritz von Sachsen (1877–1907), mit einem Vorwort sowie Personen- und Ortsregister von Reiner Groß, 2 Bde. Köln–Wien 1989, Bd. 1, S. 174.
4 Friedrich Albert von Langenn: Moritz, Herzog und Churfürst zu Sachsen, eine Darstellung aus dem Zeitalter der Reformation 1. Leipzig 1841, S. 51.
5 PKMS 4, S. 763 Nr. 667, Auszüge aus den Anweisungen Lg. Philipps.
6 PKMS 1, S. 489 f. Nr. 400; PKMS 5, S. 412 Nr. 207, Hessisches Protokoll der Lochauer Verhandlungen; PKMS 6, S. 136 Nr. 100, 1.6.1552.
7 PKMS 6, zu 12.7.1553, Hz. Johann Albrecht an Kf. Joachim – : Wolfenbüttel 13.7.1553, Christoph von Karlowitz an Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg.
8 Günther Wartenberg: Landesherrschaft und Reformation, Moritz von Sachsen und die albertinische Kirchenpolitik bis 1546. Weimar 1988, S. 103 (Wartenberg: Landesherrschaft).
9 Ebd.
10 PKMS 1, S. 5 f. Nr. 1, Januar 1529. Bohunka von Pernstein, verehel. Ungnad von Sonneck († 1548).
11 PKMS 1, S. 7 f. Nr. 4, 3.3.1533.
12 PKMS 1, S. 196 Nr. 201.
13 PKMS 1, S. 6 Nr. 2.
14 PKMS 4, S. 456 Nr. 402, Dresden 21.7.1549.
15 PKMS 1, S. 7 Nr. 3, Januar 1533.
16 Oswald Artur Hecker: Schriften Dr. Melchiors von Osse. Berlin 1922, S. 112: also ist die Keis Mjt. Von danne nach Turgau, do dan das haus I. Mjt. wolgefallen. (Hecker: Ossa).
17 PKMS 1, S. 35 Nr. 30, 16.3.1539; PKMS 1, S. 37 Nr. 33, 26.3.1539.
18 PKMS 1, S. 16 f. Nr. 14, 1.5.1538.
19 PKMS 1, S. 28 Anm. 4, 26.11.1538, Hz.in Elisabeth an Lgf. Philipp.
20 PKMS 1, S. 26 Nr. 21, 18.11.1538, Georg von Karlowitz an Hz.in Elisabeth.
21 PKMS 1, S. 27 Nr. 21, 23.11.1538, Hz.in Elisabeth an Kf. Johann Friedrich.
22 Erich Brandenburg: Moritz von Sachsen, Bd. 1: Bis zur Wittenberger Kapitulation. Leipzig 1898, S. 32.
23 PKMS 1, S. 32–35 Nr. 27–30.
24 PKMS 1, S. 36 Nr. 32, 21.3.1539, Hz. Moritz an Georg von Karlowitz.
25 PKMS 1, S. 29 Nr. 24, 28.2.1539, Hz. Elisabeth an Hz. Moritz.
26 PKMS 1, S. 28 f. Nr. 24, 28.2.1539, Hz.in Elisabeth an Hz. Moritz.
27 PKMS 1, S. 29 Nr. 25, 6.3.1539, Moritz an Elisabeth.
28 Friedrich Albert von Langenn: Moritz, Herzog und Churfürst von Sachsen: eine Darstellung aus dem XVI. Jahrhundert. Leipzig 1854, Bd. 2, S. 192 f. (Langenn 2).
29 PKMS 2, S. 132 f. Nr. 640.
30 PKMS 1, S. 48 Nr. 43, 13.12.1539, Hz.in Elisabeth an Lg. Philipp.
31 Langenn 2, S. 195, Moritz an die Räte in Leipzig, 12.1.1541. PKMS 1, S. 89 Nr. 86.
32 PKMS 1, S. 49 Nr. 43, 13.12.1539, Hz.in Elisabeth an Lg. Philipp.
33 PKMS 1, S. 55 Nr. 49 Anm. 1.
34 PKMS 1, S. 51 Nr. 45 Anm. 1.
35 PKMS 1, S. 51 Nr. 45, Hz.in Elisabeth an Lg. Philipp Anm. 1.
36 PKMS 1, S. 62 Nr. 53.
37 Langenn 2, S. 193, 10.1.1541, Lg. Philipp an Hz.in Katharina.
38 PKMS 1, S. 80 Nr. 69.
39 PKMS 1, S. 81 Nr. 69, Anm. 1, Beilage des Hans von Schönfeld, 2.11.1540, zum Brief des Hz. Moritz an Lg. Philipp.
40 PKMS 1, S. 78–80 Nr. 68.
41 PKMS 1, S. 67 Nr. 62, 2.7.1540, Moritz an Lg. Philipp.
42 Langenn 2, S. 186. Dieser und die folgenden Briefe sind in PKMS 1 nur als Überschrift ohne Text notiert, deshalb ist auf den Text in Langenn verwiesen.
43 Langenn 2, S. 189 f.
44 Langenn 2, S. 190.
45 Langenn 2, S. 190 f.
46 Langenn 2, S. 197, 13.1.1541, Lg. Philipp an Hz.in Elisabeth.
47 PKMS 1, S. 87 Nr. 83, Marburg 10.1.1541, Hz. Moritz an Hz.in Katharina.
48 Langenn 2, S. 192–194, 10.1.1541.
49 PKMS 1, S. 149 f. Nr. 164
50 Langenn 2, S. 191 f.
51 PKMS 6, Nr. 605, 20.6.1553, Kf. Moritz an Kf.in Agnes.
52 PKMS 4, S. 617 Nr. 537, 27.4.1550, Lg. Philipp an Kf.in Agnes.
53 Staatsarchiv Weimar D 224, Reg. D pag. 149, Bl. 5ab, 5.7.1550, Hz.in Katharina von Mecklenburg an Kf.in Agnes.
54 Staatsarchiv Weimar, ebd. Bl. 18a-22a, Weimar 26.10.1555, Hz. Johann Friedrich d. M. an Lg. Philipp.
55 Chussen = Kissen, d. h. wenn die Birne sich im Feuer aufbläht, soll das Kernhaus herausgenommen werden? Oder steckt hinter dem chussen das Küssen? Was wird dann ausgenommen?
56 PKMS 5, S. 106 f. Nr. 42, Calbe 12.3.1551.
57 PKMS 5, S. 877 Nr. 531, Linz 28.4.1552. Handelt es sich dabei um den Frühling in den Schlossgärten? Oder ist Forbrig so etwas wie Bäuchlein heutzutage?
58 PKMS 4, S. 106 Nr. 42, Calbe 12.3.1551, Kf. Moritz an Kf.in Agnes.
59 PKMS 4, S. 206 Nr. 159, Colditz 13.11.1551, Kf. Moritz an Kf.in Agnes, egh.
60 PKMS 4, S. 887 f. Nr. 770, 8.12.1550, Kf. Moritz an Kf.in Agnes.
61 PKMS 6, S. 1022 Nr. 648, Feldlager bei Einbeck 3.7.1553, Kf. Moritz an Kf.in Agnes.
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