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Die Matte ist ein schmaler, lieblicher, schattiger Wiesengrund, etwa 150 Schritte lang. Auf der einen Seite fliesst die Limmat in schnellem Zuge vorüber, auf der andern erhebt sich ein grüner, mit Bäumen und Buschwerk bekränzter Rain. Gegen Westen ist sie ganz von einem dunkeln Buchenwäldchen eingeschlossen, durch welches über mancherlei Gestein ein enger, romantischer Fusssteig am Flusse hinab, ein anderer, breiterer, links aufwärts gegen die obere Matte führt. Jenseits der Limmat sieht man steile, von der Siggenthalerstrasse durchschnittene Traubenhügel, in welchen auf Kalksteingrund ein trefflicher geistiger Wein wächst, worunter der von der Müseck der vorzüglichste ist. Über den Traubenhügeln ruht die waldbewachsene Stirne des Hertensteins. Alles, was hier die Kunst zur Verschönerung der Natur getan hat, besteht in einem acht Fuss breiten, mit Sand bestreuten und mit Pappeln eingefassten Gang, einer Linde am Ende desselben, einigen andern hier und da gepflanzten Bäumen, nebst wenigen Bänken und einer Kegelbahn.22
Vor 25 Jahren liess Herr Oberst Burkhard aus dem Kirschgarten von Basel, der ein vorzügliches Talent zu einfachen und geschmackvollen Gartenanlagen besass und die Landökonomie aus dem Grunde verstand, auf eigene Kosten die Allee breiter machen, die Pappeln und einiges Buschwerk hinpflanzen, das Gesträuch, wo es nötig war, aushauen und reinigen, den ganzen Platz verebnen und überall Bänke hinsetzen. Er gab auch Anleitung, wie das ganze grosse Gut, ohne den Ertrag desselben zu vermindern und ohne bedeutenden Aufwand, in einen reizenden Park hätte umgeschaffen werden können. Allein aus den nämlichen Gründen, welche alle Verbesserungen im Hinterhofe selbst erschweren oder unmöglich machen, kam auch davon nichts zustande und ward Herrn Burkhards kleine Schöpfung fürs allgemeine Beste nicht gehörig unterhalten. Wenn Bänke abgehen oder gestohlen werden, was über den Winter oft geschieht, müssen die Kurgäste, welche gern im Grünen sitzen, etwas Geld zusammenschiessen, um auf den Stellen, die sich vorzüglich dazu eignen, ein paar Bretter flüchtig auf Pfähle nageln zu lassen, welche schon im nächstfolgenden Sommer meistens wieder verschwunden sind.
Wenn nicht gar zu viele Spaziergänger zusammentreffen, findet man auf der Matte, so klein sie ist, Raum genug nebeneinander. Bei gutem Wetter ist gewöhnlich gegen Mittag, an Sonntagen in grösserer Zahl die schöne Welt hier versammelt. Man kann auf und nieder gehend sich freier als im Zimmer mit seinen Bekannten unterhalten. Man mustert die Neuangekommenen, merkt sich die Gesichter, auf welchen der Blick am liebsten verweilen mag, und knüpft manche Bekanntschaft an, die in der Folge bedeutend werden kann.
In gänzlicher Ermangelung jedes andern Vereinigungspunktes trifft auch gegen Abend wieder ein Teil der Gesellschaft hier zusammen. Schon in den ältesten Zeiten war die Matte der Ort, wo die Badgäste sich vorzugsweise versammelten, zusammen speisten, pokalierten und sich mit mancherlei Spielen ergötzten. So beschränkt auch der Platz ist, so wurden dennoch Feste hier gefeiert, die wir in unseren Tagen nur noch dem Namen nach kennen. Gesandte fremder Mächte, besonders der Krone Frankreichs, die wegen der Eidgenössischen Tagsatzungen den Sommer über ihren Wohnsitz in Baden aufschlugen, gaben hier prächtige Gastmahle im Freien, zu welchen alle angesehenen Badgäste geladen, die Männer mit kostbaren Weinen bewirtet, die Frauen oft sogar mit goldenen Ketten und Armspangen beschenkt wurden, wodurch die Botschafter trachteten, sich und ihren Herren Freunde und Förderer für die Zwecke ihrer diplomatischen Sendungen zu gewinnen, die hauptsächlich auf Anwerbung käuflicher Schweizer in fremde Kriegsdienste zielten. Illuminationen und Feuerwerke dauerten bei solchen Gelegenheiten bis in die späte Nacht hinein. Wie die Kur daneben gebraucht ward, kann man sich vorstellen.
Wie manches kleine Liebesabenteuer mag wohl hier schon im Verstohlenen angesponnen worden sein, das den Stoff zu den anziehendsten Romanen hätte liefern können!23 Wie manche glückliche Ehe war die segensreiche Folge des ersten Erkennens gleichgestimmter Herzen in diesen Schattengängen! Wie manche Verbindung wurde dagegen auch hier in der Eile von Leichtsinn und Gefallsucht unauflöslich geknüpft, die nach bald verflogenem Rausche nur Ekel und Missmut zurückliess, welche kein Wasser mehr wegschwemmte! Wie mancher stiller Seufzer über physische und moralische Leiden, welche das Bad hätte heilen sollen und, ach, nicht zu bezwingen vermochte, und auch wie mancher innig empfundene Dank für wiedererlangte Gesundheit stieg schon seit Jahrhunderten aus diesem Raume zum Himmel empor!
Oft sieht man im Anfang der Kur manchen Badgast hier mühselig und jämmerlich an Krücken einherschleichen, der nach Verfluss einiger Wochen schon wieder auf eigenen, neu gestärkten Beinen rüstig davonschreitet. Die Gewohnheit unserer Alten, in Kapellen oder an Bäumen bei den Bädern, wo sie den Gebrauch ihrer Glieder wieder erlangten, die unnütz gewordenen Krücken aufzuhängen, hätte sich nicht verlieren sollen. Es war eine fromme, sprechende Übung!
Die kleine Kapelle, welche zwischen beiden nach der Matte führenden Toren mit der Mauer in einer Flucht steht und jetzt das Mattenkirchlein genannt wird, ist den heiligen drei Königen geweiht und einzig noch bemerkenswert, weil in früheren Zeiten nach ihr die ganze Anstalt das Bad der drei Küngen in Ober-Schwaben bei Schweiz hiess. Dass einst an dieser Stelle ein römischer Tempel bei den Bädern gestanden habe, ist zwar oft behauptet, jedoch nie gründlich bewiesen worden. Indes soll im Jahr 1550 hier ein steinerner Altar aus der Erde gegraben worden sein mit der Inschrift:
DEO INVICTO TIB. CASSIUS ET
SANCTUS ET TIB. SANCTEIUS
VALENS
IEVI --------- L.
aus welcher die Altertumsforscher zusammengesetzt haben: «Dem unüberwindlichen Gott (gewidmet) von Tiberius Cassius Sanctus und Tiberius Sanctejus Valens, des Jevi Freigelassene.»
Auf der Galerie über dem Eingang findet der Liebhaber dieser Kapelle ein paar bedeutende Überbleibsel altdeutscher Kunst. Diese schmalen, etwa zweieinhalb Fuss hohen Gemälde stellen die heilige Magdalena in einem weissen, bis auf die Füsse herabfallenden Schleier und die heilige Anna mit langen, goldenen Locken in einem roten Mantel dar. Von einem anderen Meister hängen unten in der Kapelle zehn Passionsgemälde, die nicht so gut wie jene beiden Heiligenbilder, aber dennoch weit besser sind, als man sonst von dergleichen Darstellungen in kleinen Kirchen gewohnt ist.
Gegen halb ein Uhr verliert sich die schöne Welt von der Matte, welche um diese Zeit nur noch von einzelnen Landleuten, die vor der Mittagsglocke gespeist haben, besucht wird.
DIE MITTAGSMAHLZEIT
Die den hungrigen Mägen wohlbekannte Glocke ertönt um halb ein Uhr; es ist das erste Zeichen, welches den Dienstboten im Hinterhof die frohe Kunde gibt, dass angerichtet werde. Hier treffen die alten Sprichwörter ein: «Wer zuerst kommt, mahlt zuerst», und «sero venientibus ossa». Die Speisen werden auf grossen Brettern in die Zimmer getragen.
Nach einer Viertelstunde erschallt das zweite Zeichen, welches die Herrschaften an die Wirtstafel ruft und nach Verfluss einer Stunde wird endlich dem aufwartenden Gesinde, das vom blossen Zusehen nicht satt werden kann, auch zum Essen geläutet. Im Staadhofe findet die gleiche Einrichtung statt.
Wer sich ohne Familie in Baden befindet, speist vorzugsweise an den verschiedenen Wirtstafeln, weil das Alleinessen selten schmeckt. Auch ganze Familien halten ihre Mahlzeiten häufig mit der grösseren Gesellschaft. Es kommt hierbei auf den Liebhaber an. Wenn auf der einen Seite das Zusammenspeisen aller Gäste die Geselligkeit fördert, so haben auf der anderen doch die Wirtstafeln, zumal in Bädern, auch ihre Nachteile. Wer vermag seine Gelüste immer so im Zaume zu halten, dass er nie in Versuchung geriete, sich durch den Genuss von mancherlei, oft gar nicht auf die Kur berechneten Leckerbissen den Magen zu verderben? Eine wahre Qual ist die Musik, welche an den Wirtstafeln das Gehör der Speisenden täglich betäubt und ihre oft ohnehin schon angegriffenen Kopfnerven mit pompösen Märschen und rauschenden Walzern erschüttert, als müsste man durchaus jeden Bissen nach dem Takte kauen und dürfte mit seinem Nachbar kein vernünftig zusammenhängendes Wort sprechen. Den Gästen werden nach chronologischer Ordnung, wie sie im Bad angelangt sind, ihre Plätze angewiesen, was überall eingeführt und allerdings nötig ist, um jeden Rangstreit zu verhüten. Allein dadurch kommt man sehr oft gerade neben Unbekannte zu sitzen, mit welchen man in keinerlei Beziehung steht und muss mit vergeblicher Sehnsucht ans andere Ende der Tafel auf befreundete Gestalten schielen, mit denen man gern ein unterhaltendes Gespräch anknüpfen möchte und welche auf ihrer Seite ebenso unpassend umgeben sind. Das Essen dehnt sich immer in die Länge. Man bricht nicht gern früher als die übrige Gesellschaft auf, man wird nach aufgehobener Tafel in weitschweifige Gespräche verwickelt und am Ende gibt es noch Einladungen zum Kaffee, die man nicht wohl ablehnen darf und bald nachher erwidern muss.
Wer hingegen ruhebedürftig, im Familienkreis auf seinem Zimmer speist, hat es im Grunde daselbst weit gemächlicher, nur so viel und gerade diejenigen Schüsseln, welche man vorzüglich liebt oder bedarf, und die Kinder, welche vor dem zwölften Jahr nie an Wirtstafeln mitgebracht werden sollten, können von keinen allzu gefälligen Nachbarinnen mit Naschereien überfüttert werden und hören keine Gespräche, die nicht für ihr Alter passen. Ich halte es für einen der grossen Vorzüge von Baden, dass es hier noch immer einem jeden frei steht, sich nach Willkür auf seinem Zimmer bedienen zu lassen.
Im Hinterhofe habe ich sowohl die Speisen an der öffentlichen Tafel als diejenigen, welche ich mir auf mein Zimmer bringen liess, immer gut zubereitet gefunden, auch sind die Portionen hinreichend für jeden, der nicht aus dem Geschlecht der Gargantua stammt. Und wenn im Staadhofe bei gleicher, vielleicht grösserer Mannigfaltigkeit der Gerichte die Kocherei nicht immer gleich sorgfältig behandelt werden kann, so ist das nur der Fall, wenn gar zu viele Gäste auf einmal bewirtet werden müssen. In andern Häusern habe ich noch nie gespeist. Wer indes einen hohen Wert auf Leckerbissen setzt und eine gastronomische Kur gebrauchen will, der muss von hier nach Schinznach reisen.
Gemüse, zumal feinere, sind in Baden noch immer etwas selten. Die Wirte haben nicht Zeit, dergleichen durch ihre eigenen Leute im Überfluss pflanzen zu lassen; sie müssen dieselben den Stadtbürgern, die allmählich anfangen, welche zu bauen, sehr teuer bezahlen, und die benachbarten Bauern verstehen nichts von Gartenkultur und denken nicht daran, dass sie damit ein einträgliches Gewerbe treiben könnten. Wer also feinere vegetabilische Nahrung andern Speisen vorzieht, tut wohl, sich alle Wochen ein paarmal frische Gemüse von Zürich kommen zu lassen, was durch die Schiffe bequem und wohlfeil geschehen kann.
Auf dem Zimmer speist man indes auch nicht immer ganz ungestört. Da ist des Anpochens kein Ende. Die Zuckerbäckerinnen machen um diese Zeit wieder ihre Runde, und Kinder von den benachbarten Weilern strecken ihre oft mit unreinen Händen gepflückten Erd-, Heidel- und Brombeeren auf schmutzigen, zinnernen Tellern durch die von ihnen selbst geöffnete Türe herein und räumen selten den Fleck, bis sie sich, ohne eigentlich arm zu sein, etwas Brot oder andere Lebensmittel erbettelt haben. Dergleichen Früchte sollten bloss auf bestimmten Plätzen feilgeboten werden, wie es mit anderem Obst auf dem heissen Stein vor dem Staadhofe geschieht.
Auf den Gassen wird man sonst hier durch keinerlei Bettel belästigt. Die überall verteilten Landjäger halten streng auf Zucht und Ordnung. Sie richten auch kleine Aufträge in der Nachbarschaft aus und überbringen den Gästen die mit den Schiffen anlangenden Pakete und Briefe.

Die Matte.
DER LITERARISCHE NACHMITTAG
Wer an keiner Wirtstafel gespeist hat und gleich nach dem Essen lieber ein stilles Stündchen im Freien zubringt, statt sich beim Nachtisch in den dumpfen, geräuschvollen Sälen zu verweilen und mit allerlei Badgästen in allen Winkeln stehen zu bleiben und zu plaudern, der findet bis gegen drei Uhr die Matte meistens einsam. Bei der grössten Hitze ist es da immer kühl und schattig im Grünen. Man setzt sich auf die untere Bank an die Limmat, wo der muntere Strom seine klaren Wellen rauschend vorübertreibt, auf welchen malerische Reflexe schwimmen und je nach der verschiedenen Beleuchtung in wechselnden Farben spielen. Oder man begibt sich auf die Bank unter der Linde am hintersten Ende des Platzes. Hat man Frau und Kinder bei sich, so spielen die Kleinen auf dem ebenen Wiesenplan, indes die liebe Gefährtin strickend die ausgelassene Jugend im Auge behält, dass sie sich nicht zu nahe an das reissende Wasser hinwage. Der Mann raucht gemütlich sein Pfeifchen, dazwischen wird traulich geplaudert oder etwas gelesen. Wer nähme nicht gern ein paar unterhaltende Bücher mit sich nach Baden? Die anziehendste Lektüre ist immer diejenige, welche von einem bedeutenden Orte handelt, an dem man sich eben befindet und Stoff zu Vergleichungen über Sitten und Gebräuche der Vorzeit mit der Gegenwart darbietet.
Die Literatur über Baden ist ziemlich reichhaltig. Es haben unter anderen davon geschrieben:
J.F. Poggio Bracciolini, genannt der Florentiner, im Jahr 1417.
Henr. Gundelfinger, Canonicus Ecclesiae Beronensis. 1489. Ein seltenes Manuskript.
Alexander Sytz, von Marbach: Menschliche Lebens-Art und Ursprung und wie man das befristen soll durch die Wildbäder zu Oberbaden. Auch von deren Kraft, Tugend und Eigenschaft, und wie man sich darinnen halten soll. Basel 1510.
Dieses Buch, obgleich es oft angeführt wird, ist selten mehr zu finden und eigentlich eher eine allgemeine Anleitung zum Gebrauch der Bäder als eine Beschreibung derjenigen von Baden insbesondere. Sytz scheint sich als Arzt und Geburtshelfer in Baden aufgehalten,* dort aber durch politische Umtriebe so unnütz gemacht zu haben, dass er auf Befehl der regierenden Stände durch den Landvogt eingezogen ward und das Urteil erging, er solle Urfehde schwören und das Land verlassen. Darüber erschraken die Frauen von Baden und erliessen eine Bittschrift an die Stände, welche ich ihrer Eigentümlichkeit wegen in einer Beilage am Ende dieses Buches einrücke. Das Original befindet sich in der Sammlung des Herrn Schultheiss von Mülinen zu Bern.
Sebastian Münster, in seiner Cosmographia universalis. 1550.
Conrad Gessner, in dem zu Venedig gedruckten Werk: De Thermis et Fontibus Medicatis Helvetiae et Germaniae. 1552.
Darin sind Auszüge aus Gundelfingers Werk und ist auch Alexander Sytz erwähnt.
Dr. Joh. Jac. Huggelin, in seinem Büchlein:* Von heilsamen Bädern des Teutschenlands. 1559.
Dr. Georg Pictorius in seinem Baderbüchlein. Ganz kurzer Bericht von allerhand einfachen und 38 komponierten mineralischen Deutschlands Wildbädern etc. 1560.
Dr. Heinrich Pantaleon. 1578.
Michel de Montaigne. 1580.
Ohne den Namen des Verfassers und ohne Angabe des Druckortes erschien im Jahre 1619 ein Buch in Folio unter dem Titel: Kurze und eigentliche Beschreibung des Ursprungs, Kraft, Nutzbarkeit und Gebrauchs des edlen, weitberühmten warmen Bads zu Baden im Aargau in der lobl. Eidgenossenschaft etc. Dasselbe ward im Jahre 1683 zum zweiten und 1730 zum dritten Mal in Baden wieder aufgelegt, ist selten geworden und soll kurze veraltete Sätze über den Gebrauch und die Kräfte dieses Bades enthalten.24 Matthäus Merian in seiner Topographie. 1642.
Joh. Jac. Wagner in seinem Mercurius Helveticus. 1688.
Salomon Hottinger: Thermae Argoviae-Badenses; d. i. Eigentliche Beschreibung der warmen Bäder zu Baden. 1702.
Abraham Ruchat in seinen Délices de la Suisse, 1714, unter dem geborgten Namen Gottlieb Kypseler de Münster. Dieses Buch ist in der Folge noch mehrmals aufgelegt und verbessert worden.
Joh. Jac. Scheuchzer, zuerst in seiner Hydrographia Helvetica. 1717. Ein Auszug aus Salomon Hottingers Werk nebst beigefügten eigenen Bemerkungen.
Dann in den Actis Academiae Naturae Curiosorum. 1730: Otia aestivalia circa Thermas Badenses Helveticas, und daselbst auch: De Salis Badensis thermalis effectu und von den sich gern in diesen Bädern aufhaltenden Heimchen (Grilli).
Ferner ein eigenes Werk in Quart nebst sechs Kupferstichen: Vernunftmässige Untersuchung des Bads zu Baden, dessen Eigenschaften und Wirkungen. 1732.
Und endlich in der zweiten Ausgabe seiner Naturhistorie des Schweizerlands. 1752.
Dav. F. de Merveilleux: Amusements des Bains de Bade en Suisse. 1739.
Hs. Heinr. Bluntschli in seinen Merkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft Zürich. 1742.
Und Anton Werdmüller in der Fortsetzung dieses Werkes. 1780.
Hs. Jac. Leu in seinem allgemeinen Helvetischen Lexicon. 1747–1764.
Und Hs. Jac. Holzhalb in seinen Supplementen zu Leus Lexicon. 1786.
David Herrliberger in seiner Topografie der Eidgenossenschaft. 1758.
Andreae in seinen Briefen aus der Schweiz nach Hannover geschrieben im Jahre 1763.
Joh. Conrad Fäsi in seiner Staats- und Erdbeschreibung der ganzen Helvetischen Eidgenossenschaft. 1768.
Joh. Conrad Füssli in seiner Staats- und Erdbeschreibung der schweizerischen Eidgenossenschaft. 1772.
C. F. Morell in seiner Chemischen Untersuchung der Gesundbrunnen und Bäder in der Schweiz. 1788.
Joh. Gottfr. Ebel in seiner Anleitung, die Schweiz zu bereisen. 1793, 1804 und 1809.
Hs. Rudolf Maurer: Lokalbeschreibung des Heilbads zu Baden in der Schweiz, im Archiv gemeinnütziger physischer und medizinischer Kenntnisse, herausgegeben von Dr. Joh. Heinrich Rahn, Kanonicus, III. B. 2te Abtlg. 1791, und in seinen Kleinen Reisen im Schweizerland. 1794.
Fr. Seb. Dorer: Wirkungen des natürlichen warmen Mineral-Bades zu Baden. 1806.
Ludw. Meyer, M. Dr., und dessen Sohn, in den Neujahrsgeschenken der Zürcherischen Jugend gewidmet von der Gesellschaft zum Schwarzen Garten. 1808 und 1809.
Zschokke in seiner Beschreibung des Kantons Aargau im Helvetischen Almanach fürs Jahr 1816.
Die Legionen von Reisebeschreibungen und Almanachen, welche auch von Baden etwas melden, anführen zu wollen, wäre ein beschwerliches und fruchtloses Unternehmen. Da nicht jedermann die angeführten Bücher gleich bei der Hand hat oder mit nach Baden schleppen möchte, so liefere ich hier zur Nachmittagsunterhaltung Auszüge verschiedener Schriften, welche von den hiesigen Sitten und Bräuchen früherer Zeiten und von einigen beinahe ganz vergessenen Merkwürdigkeiten Kunde geben, und erzähle zwischenein, was ich sonst darüber in Erfahrung gebracht habe.25 Hätten wir nur auch etwas Umständlicheres und mehr Charakteristisches aus den Zeiten der alles verschönernden Römer anzuführen, als was Tacitus nur mit ein paar Worten oberflächlich und unbefriedigend davon sagt.
Die Bäder von Baden wurden erst im Mittelalter, nachdem sie durch Eroberung an die Eidgenossen gekommen, zur Zeit der Konstanzer Kirchenversammlung allgemeiner und auch im Auslande bekannt. Indes in Konstanz religiöse und politische Zänkereien vorfielen, mächtige Fürsten in Acht und Bann getan und Ketzer verbrannt wurden, pflegte man in Baden des Leibes und ergötzte sich so harmlos und ungestört, dass viele fremde Prälaten und Herren aus der Kirchenversammlung dahin reisten, um von den Mühseligkeiten ihrer wichtigen Verhandlungen auszuruhen.
Auch Joh. Franz Poggio, genannt Bracciolini, geboren im Florentinischen im Jahr 1380, einer der grössten Wiederhersteller der Wissenschaften im 15. Jahrhundert und 40 Jahre lang Sekretär von zehn verschiedenen Päpsten, begleitete nebst dem Geschichtsschreiber Lionardo Aretino den Papst Johann XXIII. nach Konstanz, besuchte von dort aus die Bäder von Baden und beschrieb seinen Aufenthalt daselbst in einem zierlichen lateinischen Brief an seinen Freund Nicolo Nicoli, welcher ebenfalls ein grosser Gelehrter jener Zeit war. Obgleich dieser Brief in Poggios gedruckten Werken steht und durch verschiedene deutsche Übersetzungen sich in vielen Händen befindet, so lasse ich denselben dennoch seinem ganzen Umfange nach, so wie er im Helvetischen Almanach fürs Jahr 1800 erschienen ist, hier abdrucken, weil wir durch dessen Inhalt uns eine lebhafte Vorstellung von der damaligen Lebensart in Baden bilden können.
Als Poggio diese Reise machte, war er ein Geistlicher, vermählte sich aber nachher, starb erst im Jahre 1459 als Kanzler der Republik Florenz und hinterliess mehrere Söhne.
JOHANN FRANZ POGGIO AN NICOLO NICOLI, AUS BADEN IM JAHR 1417.
Ich schreibe Dir diesen Brief aus den hiesigen Bädern, wohin mich die Gicht an den Händen getrieben und denke, sie verdienen es, sowohl die Lage und Anmut derselben als die Sitten der sich hier aufhaltenden Gäste und ihre Badensweise Dir zu schildern.
Die Alten machten viel Redens von den Bädern zu Puteoli, wohin beinahe ganz Rom, um sich zu erlustigen, zusammenfloss. Allein nach meiner Meinung kamen dieselben in dieser Rücksicht den hiesigen nicht bei und leiden überhaupt keine Vergleichung mit ihnen. Dort trug die Schönheit der Gegend und die Pracht der umliegenden Landhäuser mehr als das Baden und die fröhliche Gesellschaft zu den Vergnügen des Ortes bei. Hier hingegen gewährt die Lage dem Gemüt keine oder doch nur sehr geringe Ergötzung. Alles andere aber hat so unendlichen Reiz, dass ich mir öfters träumen konnte, Cypria selbst und was sonst die Welt Schönes in sich fassen mag, sei in diese Bäder gekommen, so sehr hält man hier auf die Bräuche dieser Göttin, so sehr findest Du da ihre Sitten und losen Spiele wieder; und so wenig die guten Leute Heliogabals26 Rede gelesen haben, so vollkommen scheinen sie doch von Mutter Natur selbst hierin unterrichtet zu sein. Vor allen Dingen noch ein Wort vom Weg, der von Konstanz hierher führt, damit Du wissest, in welchem Teil Galliens27 unsere Bäder gelegen seien.
Den ersten Tag fuhren wir in einem kleinen Nachen auf dem Rhein bis Schaffhausen sechs Meilen weit, hernach mussten wir des hohen Falles wegen, den dort der Fluss über abgerissene schroffe Felsen macht, anderthalb Meilen zu Fuss gehen und kamen so zu dem jenseits des Rheins gelegenen Schloss Kaiserstuhl, wo, aus dem Namen zu schliessen, die Römer (der vorteilhaften Lage wegen auf einem hohen Hügel an dem Strome, wo Gallien mit Germanien durch eine kleine Brücke verbunden wird) einst ein Lager gehabt. Auf unserer Strasse sahen wir, wie gesagt, den Rhein von einem hohen Berg über dazwischen stehenden Klippen mit einer Wut und einem Getöse sich herabstürzen, dass man glauben sollte, er bejammere selbst seinen Fall. Hier fiel mir ein, was man von den Katarakten des Nils erzählt, dass nämlich die daran wohnenden Menschen von dem Geräusch und Geprassel taub werden, da man das schon von diesem Flusse, der doch gegen jenen nicht viel mehr als ein Waldbach ist, fast eine halbe Stunde weit hört.28
Endlich kamen wir nach Baden, einer ziemlich wohlhabenden Stadt, die in einem von Bergen rundum eingeschlossenen Tal an einem grossen, schnell laufenden Flusse liegt, welcher anderthalb Meilen unter dem Ort sich in den Rhein ergisst.
Ungefähr eine Viertelstunde von der Stadt nun, dicht am Flusse, hat man zum Gebrauch der Bäder einen schönen Hof angelegt, in dessen Mitte sich ein grosser Platz befindet, ringsum von prächtigen Gasthäusern umgeben, die eine Menge Menschen fassen können. Jedes Haus hat sein eigenes Bad, dessen sich nur diejenigen bedienen, die in demselben wohnen. Die Zahl der öffentlichen Privatbäder beläuft sich zusammen an die 30. Für die niedrigste Klasse des Volkes indessen sind zwei besondere von allen Seiten offene Plätze bestimmt, wo Männer, Weiber, Jünglinge und unverheiratete Töchter, kurz alles, was vom Pöbel hier zusammenströmt, zugleich baden. In diesen befindet sich eine die beiden Geschlechter absondernde Scheidewand, welche jedoch nur Friedfertige abhalten könnte; und lustig ist es anzusehen, wie da zugleich alte abgelebte Mütterchen und junge Mädchen nackt vor aller Augen hinabsteigen und das, was sonst jedermann sorgfältig verbirgt,29 den Mannsbildern preisgibt. Mehr als einmal hat mich dieser köstliche Spektakel belustigt. Die floralischen Spiele sind mir dabei eingefallen und ich habe bei mir selbst die Einfalt dieser guten Leute bewundert, die ebenso wenig ihr Auge darauf richten, als sie dabei das mindeste Arge denken oder reden.