Geschichten aus dem Neuen Testament - Lyrisch interpretiert

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beim Schicksal von Maria bleiben.
Darüber doch – stellte ich fest –
sich nicht mehr viel erfahren lässt!
Über den weit’ren Lebenslauf
Marias schrieb man wenig auf.
Von den Chronisten – allen vieren –
gibt’s wenig zu interpretieren.
War sie denn – denke ich hier richtig –
für sie und Jesus nicht mehr wichtig?
Das, was man schrieb über sie doch,
fasse ich hier zusammen noch:
Man liest ganz nebenbei nur so, 2
dass sie mit nach Ägypten floh
mit Josef und mit ihrem Kinde,
wobei ich eigenartig finde,
dass ab jetzt Josef offenbar
für Gott der Ansprechpartner war.
Der Engel warnte nämlich ihn,
sie sollen nach Ägypten zieh’n.
Der sprach zu ihm: »Bleibe nicht hier,
nimm Kind nebst Mutter schnell zu dir;
Herodes Häscher zieh’n herum,
und bringen alle Knäblein um.
Dort, in Ägypten sollt ihr leben.
Ich werde dir Bescheid dann geben,
wenn die Bedrohung ist vorbei –
dann geht nach Hause alle drei.«
Jeder achtet wohl nicht darauf,
mir jedoch fiel es hierbei auf,
als Josef die Nachricht erfuhr,
dass dieser Engel einfach nur
von der Mutter des Kindleins spricht,
denn ihren Namen nennt er nicht.
Genau so drückte er sich aus
bei dem Gebot: »Nun geht nach Haus.«
Dann hatte Lukas noch beschrieben, 3
dass Jesus mal zurückgeblieben
nach einem Feste ehedem
im Tempel zu Jerusalem.
Denn als das Passahfest war aus,
zog alles Volk wieder nach Haus.
Wie es beim Volksgetümmel ist,
ward Jesus erst recht spät vermisst.
Die Eltern dachten wohl dabei,
dass er bei den Gefährten sei.
Doch bangten sie nach einer Zeit
um ihres Sohnes Sicherheit.
Unruhig wurden sie, darum
hörten sie sich bei Freunden um.
Unter der großen Menschenschar
er aber nicht zu finden war.
So sind die Eltern unter Bangen
den ganzen Weg zurückgegangen.
Drei Tage suchten sie jetzt schon;
dann endlich fanden sie den Sohn!
Sie war’n erstaunt darüber, dass
ihr Kind bei den Gelehrten saß.
Er stellte ihnen kluge Fragen
und wusste selbst auch viel zu sagen.
Und alle Lehrer, die zugegen
staunten, seines Verstandes wegen.
Doch als die Eltern ihn entdeckt,
war’n sie verärgert und erschreckt.
Drum sprach Maria ganz spontan:
»Sag, warum hast du das getan?
Warum bliebst du alleine hier?
Drei Tage suchten wir nach dir!«
Doch Jesus rechtfertigte sich –
fragte: »Warum suchtet ihr mich?
Ich konnte – logisch – doch allein
nur im Haus meines Vaters sein!«
Die Eltern dies nicht so empfanden,
weil sie zunächst es nicht verstanden.
Doch seine Mutter behielt schon
im Herzen, was gesagt ihr Sohn.
Und Jesus sah danach doch ein,
er könne froh und dankbar sein
für seine Eltern – die geduldig.
Er war ihnen Gehorsam schuldig.
Also ging er mit ihnen dann
nach Haus – ward ihnen untertan.
Dort hat Beachtung er bekommen,
da er an Weisheit zugenommen.
Darüber, was er tat zu Haus,
schweigt sich die Bibel leider aus.
Da man darob nichts lesen kann,
nehme ich folgendes mal an:
Er lernte – denke ich – recht fleißig
und blieb dort wohl bis er fast dreißig.
Er hat die Schriften wohl studiert
und in der Werkstatt assistiert.
Über Maria liest man dort
in diesem Zeitraum nicht ein Wort.
Jesus hatte sein Heim verlassen
und sich im Jordan taufen lassen.
Nachdem er dann im Wüstensand
etliche Prüfungen bestand
und dann nach Galiläa kam,
man von Maria was vernahm.
In Galiläa – ist zu lesen –
in der Stadt Kana sei’s gewesen, 4
regte sie bei 'ner Hochzeit dann
Jesus zum ersten Wunder an.
Dieses beschrieb Johannes nur;
bei andren davon keine Spur.
Was sich dort zugetragen hat,
berichte ich noch separat.
In Kapernaum – viel später dann –
hat Jesus Wunder auch getan.
Er heilte und trieb Teufel aus
und predigte in manchem Haus.
Als er in einem großen Saal 5
zu seinem Volke sprach einmal,
stand seine Mutter dort am Tor,
auch seine Brüder war’n davor.
Maria schickte einen Mann
in diesen Raum zu Jesus dann,
um ihm zu sagen, dass sie hier
ihn sprechen wollten vor der Tür.
Der ging zu ihm – und nicht alleine –
und sprach zu ihm: »Es stehen deine
Mutter und Brüder vor der Tür
dort draußen und fragen nach dir!«
Im Raum war es ganz still danach,
doch Jesus sah umher und sprach:
»Wer ist denn meine Mutter hier –
wer meine Brüder, sagt es mir!«
Er sah auf seine Jüngerschar,
welche sehr nahe bei ihm war
und sprach: »Hier sind sie allesamt –
Mutter und Brüder insgesamt!
Jeder, der Gottes Willen tut,
der ist für mich genauso gut
Bruder, Schwester und Mutter mein;
dies kann für mich hier jeder sein!«
Doch kein Evangelist notierte,
was nach der Szenerie passierte.
Ich fand – was dies Gescheh’n betrifft –
nirgendwo eine Niederschrift.
Mir drängten sich hier Fragen auf,
doch Antworten gibt’s nicht darauf.
Ich hab darüber nachgedacht,
was Jesus wohl danach gemacht.
Ist er zu ihr herausgekommen
und hat sie in den Arm genommen?
Fragte er seine Mutter nun:
»Sag mir, was kann ich für dich tun?«
Oder beachtete er nicht
die gottgewollte Sohnespflicht?
Hat er die Bitte ignoriert?
Da bin ich etwas irritiert!
Hiermit stelle ich fest – betroffen –
die Fragen bleiben leider offen.
Ab jetzt – und das vermiss ich sehr –
schrieb keiner von Maria mehr!
Erst als sie unterm Kreuze stand,
ich sie schriftlich erwähnt noch fand.
Was in der Zwischenzeit gewesen,
kann man im Bibeltext nicht lesen.
Johannes schrieb die Szenerie –
und ich interpretiere sie:
Als Jesus schon am Kreuze hing 5
und mancher dort zum Schauen ging,
stand an dem grauenvollen Ort
Maria – Jesu Mutter – dort.
Auch seine Tante stand daneben,
um Jesu Mutter Halt zu geben.
Maria – die aus Magdala –
stand ebenfalls verzweifelt da.
Was auffällt ist, dass offenbar
kein Jünger sonst zugegen war.
Wollten aus purer Angst die feigen
Jünger sich lieber dort nicht zeigen?
Nur einer bei Maria blieb.
Es heißt: Jesus hatte ihn lieb!
Als Jesus diesen dort gesehen
ganz nahe bei Maria stehen,
gab er von seinem Kreuz herab
die irdisch letzte Weisung ab.
Er sprach in fürsorglichem Ton:
»Weib, siehe, dieser ist dein Sohn!«
Und seinem Jünger zugewandt
er ebensolche Worte fand.
Er sprach: »Pass auf die Frau gut auf –
nimm sie als deine Mutter auf!«
Nach diesen Worten seines Herrn
tat der dies selbstverständlich gern.
So, wie’s Johannes niederschrieb,
hatte er diesen Jünger lieb;
den Namen gibt er nicht bekannt.
Doch für Maria –›Weib‹ genannt –
gab er ihm die Fürsorgepflicht,
dass Jesus sie lieb hatte, nicht.
Es sieht hier zwar schon danach aus,
doch sprach es Jesus jemals aus?
Jedenfalls schrieb’s kein Jünger nieder
und das verwundert mich nun wieder.
Nach dieser Episode kann
man kaum noch etwas lesen dann
über Maria in der Schrift –
nichts, was ihr Dasein noch betrifft.
Weder, als man sich sorgend regte
und ihren Sohn ins Grab dann legte,
noch, als man ihn später nicht fand,
wird Jesu Mutter noch genannt.
Wer hat Maria Trost gespendet,
nachdem ihr Sohn am Kreuz verendet
nach seinem allerletzten Schrei?
War sie denn nirgend mehr dabei?
Man kann an keiner Stelle lesen,
was sie für ihren Sohn gewesen.
Es fiel mir auf auch irgendwann:
Er sprach sie nie mit ›Mutter‹ an;
stets nur mit ›Weib‹ oder mit ›Frau‹.
Ich registrierte das genau.
An vielen Stellen steht zwar schon,
Maria liebte ihren Sohn
und litt gewisslich zu der Zeit
oft unter Sorgen und auch Leid.
Die vier Evangelisten schrieben
jedoch rein nichts mehr von der lieben
Mutter von Jesus! – Ist das fair? –
Sie fand keine Beachtung mehr!
Sie hat als Mutter Gott gedient
und mehr Erwähnung hier verdient!
Maria fand ich einmal doch 6
erwähnt kurz in der Bibel noch:
Nachdem Jesus gen Himmel fuhr,
fand ich Marias letzte Spur.
So kann man in der Bibel lesen,
bei einem Treffen sei’s gewesen
am Ölberg war man, zum Gebet.
Bei denen – die genannt dort – steht
am Schluss auch Jesu Mutter noch.
Dies ist der letzte Eintrag doch!
Heute doch wird sie mehr verehrt!
Was in der Bibel ihr verwehrt,
wird mittlerweile übertrieben.
Man hat ihr Einfluss zugeschrieben
bei Jesus als Fürsprecherin.
Ich frage: »Hat das einen Sinn,
da Jesus laut Johannes spricht:
›Ihr kommt zu meinem Vater nicht,
es sei denn nur durch mich allein!‹
Dies sollt'der einz’ge Weg nur sein!«
Damit man mich nicht missversteht,
schreibe ich hier, worum’s mir geht:
Maria war – wie ich’s beschau –
eine sehr vorbildliche Frau!
Sie war vom Herrgott auserkoren
und hatte Gottes Sohn geboren.
Sie tat getreulich ihre Pflicht!
Doch Mutter Gottes war sie nicht.
Ich möchte mich hier an den alten
Schriften der Bibel lieber halten!
Mutter war sie von Gottes Sohn,
Gott Vater gab es immer schon!
Trotz dieses Faktes betet man
sie doch als Mutter Gottes an.
Dass man sie heut' verehrt so sehr,
kommt aber nicht von Ungefähr:
Päpste trugen wohl dazu bei;
durch diese dann die Malerei.
Die Bildhauer nahmen sodann
sich ebenfalls des Themas an.
Die Kirche hat sie angestellt;
durch sie verdienten sie ihr Geld.
Nun kann man vor Maria treten,
um sie im Bildnis anzubeten.
So ist durch Kunst in vielen Landen
auch eine Darstellung entstanden,
die mittlerweile jeder kennt
und welche man Pietà nennt.
Maria stellt man dar dort groß
mit Jesu Leichnam auf dem Schoß.
Sie soll ihr Leid symbolisieren,
doch kann sie auch zum Fehlschluss führen.
In einem biblischen Bericht
gibt’s eine solche Szene nicht!
Maria wird verehrt sogar,
weil sie mit Zwölf noch Jungfrau war.
Die meisten Mädchen haben doch
selbst heut’ mit zwölf die Unschuld noch!
Zudem hatte sie in der Zeit
wohl kaum eine Gelegenheit
dort in Versuchung mal zu kommen;
die Möglichkeit ward ihr genommen.
Sie wusste kaum, wie’s ihr ergangen,
als sie in Unschuld einst empfangen.
Den Vorgang textlich zu erfassen,
hatte man leider unterlassen.
Erführe man darüber mehr,
fiele das Glauben nicht so schwer.
Wer glaubt schon Dinge einfach blind,
die logisch nicht begreifbar sind.
Nach der Geburt von Jesus dann 7
lebte sie ja mit ihrem Mann.
War sie mit ihm denn nie intim?
Ich denk, sie schlief dann schon mit ihm,
zumal das für ein Ehepaar
vor Gott ja keine Sünde war.
Wie aus der Bibel ich entnommen,
hat sie auch Kinder noch bekommen.
Päpste war’n es, die für die Welt
die neuen Lehren aufgestellt.
Dogmen – Enzykliken genannt –
wurden ans Christenvolk versandt.
Glaubten die Päpste zu der Zeit
selbst an ihre Unfehlbarkeit?
Doch so entstand – wie man’s heut kennt –
neu das Maria-Management.
Dadurch – so hör ich irritiert –
wird sie noch Jungfrau tituliert.
Jungfrau Maria nennt man sie
und fällt anbetend auf die Knie.
Vor Bildnissen – kunstvoll gestaltet –
so mancher seine Hände faltet
und fleht sie um Vermittlung an
und glaubt an deren Hilfe dann,
wobei es sinnvoller doch ist,
man betet gleich zu Jesus Christ!
Ich frag': Ist am Marienkult
allein jetzt nur der Klerus schuld?
Durch unsre Bibel ist da eben
nicht eine Grundlage gegeben!
Nun meine ich, dass ich zum Schluss
folgendes noch erwähnen muss –
und zwar: Maria Himmelfahrt.
Vielleicht scheint die Erkenntnis hart.
Von dem, was diesen Part betrifft,
steht gar nichts in der Heil’gen Schrift!
Den Glauben gibt’s – was kaum verwundert
bereits seit dem sechsten Jahrhundert.
Gefestigt ward er mit der Zeit
durch manch’ gehob’ne Geistlichkeit.
Darüber hab’ ich dann gelesen,
Pius, der zwölfte wär’s gewesen,
der die Legende mit Bedacht
zum wahren Dogma hat gemacht
für alle Katholiken künftig –
und das erst Neunzehnhundertfünfzig!
Damit der Glaube überdauert,
hat dieser Papst ihn fest ummauert.
Evangelisten schrieben’s nicht;
in keinem einzigen Bericht!
In Ihrer Zeit doch wär’ das schon
eine sehr große Sensation.
Sie hätten das, was schwer zu fassen,
wohl sicherlich nicht ausgelassen.
Wäre dies tatsächlich passiert,
hätten sie’s sicherlich notiert!
Wann – wo Maria einst verschied,
man auch nicht aufgezeichnet sieht.
Wann – wo Maria ward begraben,
auch nirgendwo vermerkt sie haben.
Nun – wie ich schon beschrieb vorher –
erwähnt Maria keiner mehr.
Nach dem, was Forschungen ergeben,
führte sie wohl ein frommes Leben.
Dieses doch war vom Kleinkind gleich
bescheiden und entbehrungsreich.
Ein Mensch war sie. – Von Gott erkoren
hat sie einst Gottes Sohn geboren.
Sie nutzte diesen Vorzug nicht
und stellte sich nicht selbst ins Licht!
Sie sorgte treu – so nimmt man an –
für ihren Sohn und ihren Mann,
für Jesu Schwestern auch und Brüder.
Doch darüber schrieb man nichts nieder.
Wie sie Ihr Schicksal trug – beschwert,
ist überaus bewundernswert!
Fazit: Maria zu verehren,
sollte man niemandem verwehren!
Dies sollte man jedoch ganz klar
für das, was sie laut Bibel war!
Für alles, was die Frau erduldet,
sei ihr viel Hochachtung geschuldet!
1 Lukas 2, 1 – 7 / 2 Matthäus 2, 13 – 23 / 3 Lukas 2, 41 – 50 /
4 Johannes 2, 1 – 12 / 5 Markus 3, 31 – 35 /
6 Johannes 19, 25 – 27 / 7 Apostelgeschichte 1, 14
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