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Beat Döbeli Honegger
Mehr als 0 und 1
Schule in einer digitalisierten Welt
ISBN Print: 978-3-0355-0927-4
ISBN E-Book: 978-3-0355-0928-1
2., durchgesehene Auflage 2017
Alle Rechte vorbehalten
© 2017 hep verlag ag, Bern
www.hep-verlag.com

Verweise in diesem Buch abrufen: www.mehrals0und1.ch
INHALT
Einleitung
1 Warum die ganze Aufregung?
2 Wie soll die Schule auf den Leitmedienwechsel reagieren?
3 Welche Allgemeinbildung wird im Leitmedienwechsel benötigt?
4 Warum gehört das Digitale in die Schule?
5 Welche Aspekte des Digitalen sind für die Allgemeinbildung relevant?
6 Wozu Informatik?
7 Wie kommt das Digitale in die Schule?
8 Wie viele Computer braucht es in der Schule?
9 Wie sieht die Zukunft von Schulbüchern aus?
10 Mehr als 0 und 1
Anhang
A Gesetze des Digitalen
B Argumente gegen die Digitalisierung in der Schule
Einleitung

Neues Lernen mit neuen Medien! Schule 2.0! Ende der Kreidezeit, Tablets statt Schiefertafeln, Revolution des Lernens! Seit mehr als dreißig Jahren wird die Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) als Auslöser von großen Veränderungen beim Lehren und Lernen ausgerufen. Computer, Internet, interaktive Wandtafeln, soziale Netzwerke, adaptive Lernprogramme oder Tablets sollen das Lernen motivierender, abwechslungsreicher, effizienter machen oder gar die Lehrkraft ersetzen. Auf der anderen Seite warnen zahlreiche Stimmen vor den verheerenden Konsequenzen, wenn digitale Medien nicht komplett vom Schulgelände verbannt werden und die Schule zum medialen Schonraum gemacht wird.
Der Blick ins Schulzimmer zeigt eine andere Realität. Vielleicht sind einige Computer vorhanden, aber der alltägliche Unterricht bleibt erstaunlich unberührt von der Omnipräsenz digitaler Medien in der Gesellschaft und im Leben von Kindern und Jugendlichen. In der Schule hat die digitale Revolution bisher nicht stattgefunden. Schon 1993 fragte Seymour Papert in seinem Buch mit dem bezeichnenden deutschen Titel Revolution des Lernens

Entscheidungshilfe
Vor knapp dreißig Jahren ist erstmals in der Schweiz ein Buch erschienen, das sich mit digitalen Medien in der Schule beschäftigte. Es stammt von Heinz Moser und trägt den Titel Der Computer vor der Schultür – Entscheidungshilfen für Lehrer, Eltern und Politiker

Kürze und Prägnanz waren auch ausschlaggebend für das bei diesem Thema vielleicht überraschende Publikationsformat Buch. Bei den ersten Überlegungen zur Ausrichtung und Gestaltung der vorliegenden Publikation waren drei Bücher prägend. Beim ebenfalls im hep verlag erschienenen Wirtschaftskrise ohne Ende?



Aufbau
Mehr als 0 und 1 ist in drei Teile und zehn thematische Kapitel gegliedert. Es beginnt sehr abstrakt und wird von Kapitel zu Kapitel konkreter. Im ersten Kapitel wird erklärt, warum und wie Computer und das Internet die Gesellschaft so grundlegend verändern, dass von einem Leitmedienwechsel gesprochen wird. Es gibt verschiedene Ansichten, inwiefern dieser Leitmedienwechsel die Schule betrifft. Das zweite Kapitel präsentiert das gesamte Spektrum an Reaktionsweisen, die der Schule vorgeschlagen werden. Es reicht von »Ignorieren« bis zur Forderung, die Schule abzuschaffen oder angesichts der kommenden Fähigkeiten der Computer gleich gänzlich auf menschliche Bildung zu verzichten. Im dritten Kapitel wird ein pragmatischer Mittelweg zwischen diesen Extremen eingeschlagen und gefragt, welche Kompetenzen angesichts des Leitmedienwechsels an Bedeutung gewinnen.

Abbildung 0.1: Kapitelstruktur des Buches
Im zweiten Teil des Buches geht es um die Bedeutung und die Rollen des Digitalen in der Schule. Das vierte Kapitel liefert vier Argumente, warum digitale Medien zwingend in die Schule gehören. Das fünfte Kapitel widmet sich den beiden Rollen digitaler Medien als Werkzeug und als Thema und stellt die drei thematischen Aspekte »Anwendungskompetenzen«, »Medien« und »Informatik« vor. Da Informatik als Thema in der Schule über fast keine Tradition verfügt, widmet sich das sechste Kapitel ganz der »Informatik in der Schule« und liefert dafür sowohl bildungspolitische Gründe als auch einen Überblick möglicher Themen sowie methodische Hinweise. Das siebte Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wie das Digitale in der Schule verankert werden kann und welche Herausforderungen dabei zu überwinden sind.
Im dritten Teil des Buches geht es schließlich konkret um Hard- und Software in die Schule. Das achte Kapitel gibt Antworten darauf, welche digitale Infrastruktur die Schule benötigt, und Kapitel neun fragt, was mit Schulbüchern passiert, wenn das Buch als Leitmedium durch den Computer ersetzt wird.
Was das Buch nicht bietet
Dieses Buch konzentriert sich auf die Schule, also auf die meist formale (Allgemein-)Bildung von Minderjährigen. Es enthält wenige Aussagen zur Hochschulbildung, da sich dieser Bereich in verschiedener Hinsicht von schulischer Bildung unterscheidet. Als Einstieg ins Thema »Hochschule in einer digitalisierten Welt« empfiehlt sich beispielsweise das Buch The Digital Scholar

Im vorliegenden Buch sind kaum mediendidaktische Hinweise zum Unterricht in einer digitalisierten Welt zu finden. Dazu ist schon gute und aktuelle Literatur verfügbar, so zum Beispiel:
› Dominik Petko (2014): Einführung in die Mediendidaktik

› Gabi Reinmann (2013): Studientext Didaktisches Design

› Michael Kerres (2012): Mediendidaktik

Dieses Buch ist auch kein Ratgeber für Eltern und Lehrkräfte mit Erklärungen, wie Jugendliche im digitalisierten Zeitalter denken und handeln. Auch dafür gibt es bereits viele gute Publikationen, so zum Beispiel:
› Eveline Hipeli (2014): Medien-Kids. Bewusst umgehen mit allen Medien – von Anfang an

› Philippe Wampfler (2013): Generation »Social Media«

› Tanja und Johnny Haeusler (2012): Netzgemüse – Aufzucht und Pflege der Generation Internet

› Thomas Pfeiffer und Jöran Muuß-Merholz (2012): Mein Kind ist bei Facebook – Tipps für Eltern

Biblionetz: Verweise in die Zukunft
In diesem Buch werden Sie mitten im Text ungewohnte Kürzel finden. Sie verweisen auf Beats Biblionetz, die 1996 begonnene Hypertext-Literaturdatenbank des Autors





Was bringt das?
Klassische Literaturverzeichnisse, Fuß- und Endnoten sind immer Verweise in die Vergangenheit, Hinweise auf bereits Gesagtes oder Geschriebenes. Solche Verweise sind auch in diesem Buch zu finden. Sie sind einerseits Ehrerbietung für Autorinnen und Autoren, welche die erwähnten Ideen und Gedanken bereits vor einem hatten. Sie sind andererseits aber auch Recherchehilfen für besonders Interessierte. Solche Referenzen weisen darauf hin, wo noch mehr zum Thema zu finden ist. Bei gedruckten Verzeichnissen ist es aber schade, dass nur auf Ideen und Werke hingewiesen werden kann, die es zum Zeitpunkt der Drucklegung bereits gab. Die Digitalisierung erweitert die Möglichkeiten einer Publikation. Indem die Online-Verweise aktuell gehalten werden, kann auch auf Informationssammlungen hingewiesen werden, die erst entstehen oder noch wachsen werden. Damit sind sozusagen Literaturverweise in die Zukunft möglich. Die Kürzel in diesem Buch verweisen oft nicht auf einzelne Publikationen, sondern auf Begriffe, Fragen oder Thesen. Die entsprechenden Biblionetzseiten enthalten bereits bei der Veröffentlichung des Buches relevante Informationen. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sie aber in Zukunft erweitert werden, sodass bald mehr als heute zu finden sein wird. Es sind somit weniger Literaturverweise, sondern Meme-Verzeichnisse

Dank
Die wenigsten Bücher, bei denen nur ein Autor auf dem Umschlag steht, werden tatsächlich allein geschrieben, zahlreiche Gedanken entstehen erst beim Schreiben und in Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen. Diese Gespräche im physischen und virtuellen Raum waren nicht nur sehr motivierend und bereichernd, sie haben vielmehr auch die These des veränderten Arbeitens im digitalen Raum beispielhaft gestützt. Ich bin Werner Hartmann, Marc Pilloud, Vincent Tscherter, Jacqueline Peter, Nando Stöcklin, Michael Hielscher, Oliver Ott, Andrea Cantieni und Nina Iten sehr dankbar, dass sie diesem Projekt ihre Aufmerksamkeit und ihre Ideen geschenkt haben. Auch dem hep verlag, insbesondere meinem Lektor Manuel Schär, gebührt ein besonderer Dank für die wohlwollende und kompetente Betreuung in allen Belangen.
Schließlich bin ich auch meinen Hochschullehrern Carl August Zehnder und Werner Hartmann zu großem Dank verpflichtet. Sie haben mir zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn die grundlegenden Perspektiven des Themas vermittelt, die mich noch heute begleiten.
Alle zitierten Quellen der Einleitung finden Sie unter

1 Warum die ganze Aufregung?

Die Aussage »Wir leben in einer Informationsgesellschaft« ist eine seit vierzig Jahren wiederholte Binsenwahrheit. Netzwerkgesellschaft, Mediengesellschaft, Informationsgesellschaft – zahlreich sind die Bezeichnungen für das Phänomen der Digitalisierung. In allen Variationen werden die Konsequenzen als Himmel und Hölle zugleich an die Wand gemalt. In unserem Alltag erleben wir diese Veränderungen zunehmend stärker. Erst hielt der Personal Computer (PC) Einzug in den beruflichen und privaten Alltag, dann das Internet und derzeit werden mobile Geräte wie Smartphones und Smartwatches allgegenwärtig. Trotzdem scheint es schwierig, die Bedeutung und Tragweite dieser Entwicklung abzuschätzen. Martin Lindner spricht deshalb vom digitalen Klimawandel


Digitalisierung – Automatisierung – Vernetzung
Mit dem Begriff »Digitalisierung«


Abbildung 1.1: Die Digitalisierung ermöglicht, alle Daten in einem einzigen Gerät zu speichern
So ist es beispielsweise bereits heute kein Problem mehr, das gesamte Leben eines Menschen als Video festzuhalten und dabei gleichzeitig alle seine Kommunikations-, Gesundheits- und Aufenthaltsdaten aufzuzeichnen und durchsuchbar aufzubereiten – und das wird bereits gemacht






Abbildung 1.2: Die grundlegenden Funktionen des Computers
Das mooresche Gesetz und die zweite Hälfte des Schachbretts
Treiber hinter dieser technologischen Entwicklung ist die als mooresches Gesetz


Abbildung 1.3: Auslöser, Konsequenzen und Herausforderungen des aktuellen Leitmedienwechsels
Ökonomische Konsequenzen: Es trifft nicht mehr nur langweilige Routinearbeiten
Es ist zwar im allgemeinen Bewusstsein angekommen, dass die Digitalisierung gewisse Wirtschaftsbereiche wie zum Beispiel die Musik- oder Fotoindustrie verändert hat. Die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verwenden unterdessen am Arbeitsplatz einen oder mehrere Computer, gewisse Berufe haben an Bedeutung verloren oder sind ganz verschwunden. Zumeist betraf die Automatisierung bisher aber vor allem monotone, standardisierte Jobs. Erst seit kurzem lassen sich zunehmend auch Tätigkeiten automatisieren, die bisher noch dem Menschen vorbehalten schienen. Dazu drei aktuelle Beispiele: selbstfahrende Autos, nachahmende Roboter und computergenerierte Texte.
Noch im Jahr 2004 wurde in einer renommierten Studie zur Zukunft der Arbeit


Baxter








